"Wie in der Ukraine"

Berlin, 7. Mai 2012. Der Protest der Ernst Busch-Studenten für ein neues Schulgebäude hat es gestern Abend auf die ganz große Bühne geschafft: Vor Millionen Fernsehzuschauern unterbrach ein junger Mann mit lauten, für den Zuschauer vor der Mattscheibe allerdings akustisch unverständlichen Rufen den von Günther Jauch moderierten Wahlabend-Talk zu den Landtagswahlen in Schleswig-Holstein und stürmte das zentrale Rund im Gasometer. Er wurde von mehreren Security-Männern überwältigt und vor laufenden Kameras einigermaßen brutal abgeführt.

"Dieser Einsatz ist irgendwie ein bisschen sehr hart", bezog Renate Künast als erste in der verdutzten Spitzenpolitiker-Runde Stellung zu dem Vorfall. Günther Jauch guckte kurz ratlos und wies dann die Security an, den jungen Mann wieder ins Studio zu holen: "Hier wird keiner einfach aus der Sendung wie in der Ukraine rausgehauen." Anschließend erklärte Klaus Wowereit den Anwesenden, worum es gehe, und zog sich aus der Verantwortung: Nicht er, sondern das Parlament entscheide über den Haushalt.

Der Protestler musste sich, zurück im Studio, eine kleine Mahnung von Günther Jauch anhören – in Berchtesgaden, Flensburg oder Köln interessiere sein Anliegen auch nicht so furchtbar viele Leute –, die er mit bebenden Nasenflügeln über sich ergehen ließ. Jauch machte ihm das Angebot, nach der Sendung ein Gespräch zu vermitteln. Da dürfte sich also zeigen, wie weit es tatsächlich mit der ständigen persönlichen Erreichbarkeit der Spitzenpolitiker her ist, die sie in Jauchs Runde alle wiederholt betonten – schließlich saß auch ein Pirat dabei, der neue Geschäftsführer der Partei Johannes Ponader, der sich während der Sendung nach eigenen Angaben in ständigem Kontakt zu seinen Twitter-Followern befand. Was die wohl zu der ganzen Sache sagen?

(sd)

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