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Es gibt kein großes weißes Wir

von Nikolaus Merck

9. Mai 2012. Eigentlich wussten wir es, seit die deutsche "Internationalmannschaft" bei der Fußballweltmeisterschaft in Südafrika 2010 so begeisternd aufspielte: Das große weiße Wir in Deutschland gehört der Vergangenheit an. Migrantenkinder prägen das Bild der neuen Nation.

Was die alte Nation nicht davon abhielt, sich, kaum war die erste Liebe zu den Ballzauberern verflogen, sogleich in eine Debatte zu stürzen, warum die Özil, Khedira und Boateng nicht lippen- und herzenbewegt vor ihren Auswahlspielen die deutsche Nationalhymne mitsängen. Identifizieren sich die "Ausländer" etwa nicht mit Deutschland, fragte der Boulevard. Und passte in dieses Zweifelbild nicht auch das Foul, mit dem Kevin-Prince Boateng (der "englische" Bruder des Nationalmannschafts-Boateng) beim englischen Cup-Finale Michael Ballack so schwer verletzte, dass der Kapitän des deutschen Nationalteams das Turnier in Südafrika absagen musste? Kurz zuvor hatte Boateng verkündet, weil der DFB ihm keine Chance gebe, laufe er eben für Ghana auf, einen WM-Gegner der deutschen Mannschaft. Wollte das enfant terrible aus Berlin den "Capitano" etwa vorsätzlich verletzen? 

Die schwierigen Verhältnisse

In "Die Brüder Boateng. Drei deutsche Karrieren" untersucht Michael Horeni, Fußball-Experte der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, Vorgeschichte und Hintergründe dieser Debatten. Sie bilden die Folie für den umwegsamen Aufstieg des Mittelfeldstars des AC Milan, Kevin-Prince Boateng, den Horeni mit dem Werdegang seines älteren Bruders George und dem des Halbbruders Jérôme kontrastiert.  

boatengDrei Söhne aus zwei Ehen hat Prince Boateng, der Anfang der achtziger Jahre mit einem Universitäts-Stipendium aus Ghana nach Berlin kommt, auf dem Bau landet und später als DJ reüssiert. Zwei von ihnen wachsen im Wedding auf, ein sogenannter sozialer Brennpunkt mit überdurchschnittlichem Ausländer- und Immigrantenanteil, einer im bürgerlichen Wilmersdorf. Fußball-Großtalente sind alle drei.    

Als der 1982 geborene George in den frühen neunziger Jahren bei Hertha BSC Berlin spielt, trainieren die Jugendmannschaften noch auf einer Wiese zwischen Hundehaufen. Es war die Zeit, schreibt Horeni, in der die "Selbstzufriedenheit im DFB und der Bundesliga grenzenlos" war. Kein Gedanke an gezielte Nachwuchsförderung, schon gar nicht bei schwierigen Jungs wie George Boateng, der mit "unglaublich viel Talent, aber schwachem Willen zur Anpassung, versuchte Profi zu werden". Auch bei Hertha nimmt sich niemand des Jugendlichen aus "schwierigen Verhältnissen" an, von Unterstützung in der Schule ganz zu schweigen. Obwohl der Trainer ihn für das größte Talent seit Jahren hält, kommt er mit George nicht klar. Er wird im Verein aussortiert, bricht die Schule ab, hängt rum, landet im Knast.

Die Abwesenheit des Vaters

Der fünf Jahre jüngere Kevin, mütterlicherseits ein Großneffe des Helden von Bern Helmut Rahn, profitiert davon, dass George nach seinem Knastaufenthalt beschließt, auf seine kleineren Brüder aufzupassen. Der Straßenfußballer Kevin Boateng, schreibt Michael Horeni, war damals das vielleicht größte Talent des deutschen Fußballs. Er durchläuft alle Jugendnationalmannschaften, erhält zweimal die Fritz-Walter-Medaille für besondere Leistungen und wird mit 18 Jahren Profi bei Hertha BSC.

Doch auch für Kevin ist die Abwesenheit des Vaters eine schwere Belastung. Das harte Pflaster im Wedding, der Rassismus, demnach schwarze Deutsche ganz unten in der Werte-Hierarchie rangieren, bilden schlechte Voraussetzungen, um sich erfolgreich anzupassen. In der  Pubertät verliert Kevin auf einen Schlag alle männlichen Bezugspersonen, der aufgeweckte und ordentliche Schüler wird "verhaltensauffällig". Als der Jung-Profi Geld in die Hände bekommt, verwechselt er sich alsbald mit dem Bild des Gangsta Rappers, das der Boulevard von dem tätowierten Muskelprotz zeichnet. Falsche Berater, Verletzungspech, Ausschluss aus der Juniorennationalmannschaft folgen. Der Hochbegabte steht vor dem vorzeitigen Ende seiner Karriere.

Der empfindliche Stolz

Jérôme, der 1988 geborene jüngste Bruder, aus der zweiten Ehe des Vaters hat es leichter. Nach dem Niedergang des deutschen Fußballs um die Jahrtausendwende verordnet der DFB den Vereinen den Neuaufbau der Jugendarbeit. Jetzt gibt es Unterstützung und Betreuung. Auch den Rassismus in den Stadien gibt es immer noch, aber der DFB ächtet ihn mit Strafen. Wie George für Kevin zum Vorbild wurde, wird jetzt Kevin zum Vorbild für Jérôme. Aber: Jérôme wächst bei seiner Mutter, einer Stewardess, in halbwegs intakten Verhältnissen auf.

Wedding und Wilmersdorf sind nicht nur unterschiedliche Wohnorte, sondern Chiffren für verschiedene Lebenshaltungen. Selbstverständlich schickt die Mutter Jérôme zur Psychotherapie, als er nach der Trennung der Eltern krank wird. Häufig begleiten sie oder der Vater den Sohn zu Auswärtsspielen und trösten und beruhigen ihn, wenn die Gegner ihn mit rassistischen Sprüchen provozieren.

Der empfindliche Stolz vieler schwarzer deutscher Fußballer, schreibt Horeni, kommt wohl aus dieser Erfahrung der Demütigung. Vielleicht gibt es ja neben den lukrativen Verträgen doch noch andere Gründe dafür, dass Mesut Özil, Sami Khedira und Jérôme Boateng nach der Weltmeisterschaft in Südafrika schleunigst ins Ausland abwandern, während Lahm, Schweinsteiger und Müller in Deutschland bleiben.

Die Debatte um Blackfacing

Thilo Sarrazin glaubt, der Immigrant oder seine Kinder seien böse, dumm oder wenigstens faul. Michael Horenis Buch erzählt eine andere Geschichte. Es handelt von immensem Fleiß und harter Aufstiegsarbeit und es schildert, wie schwer es die deutsche Gesellschaft den Nachkommen der Einwanderer macht, ein Leben in Respekt und Anerkennung zu führen. Es erzählt auch von Regeln, fehlenden Grenzen und der unersetzlichen Rolle der Väter.

Die Weigerung vieler Kommentatoren, zur Kenntnis zu nehmen, dass sich die bundesdeutsche Gesellschaft grundlegend verändert hat, war eines der Probleme, das der Blackfacing-Debatte auf nachtkritik.de zugrunde lag (hier und hier und hier und hier).

Die Städte sind bunt, der so genannte Ausländeranteil in den Großstädten des Westen und Südens beläuft sich auf ein Viertel der Einwohner, in den Schulen beträgt der Anteil der Kinder mit "Migrationshintergrund" bis zu 60 Prozent. Das große weiße Wir in Deutschland gibt es nicht mehr. Die Sarrazins wie die Kulturkämpfer wider den Islam reagieren darauf mit einer Mischung aus Furcht und Rassismus. Es wird ihnen nicht helfen. Die Geburtenraten sinken, der Facharbeitermangel führt bereits jetzt dazu, dass die Industrie energisch mehr Einwanderung fordert.

Diesen Veränderungen wird sich auch das deutschsprachige Sprechtheater stellen müssen. Es wird lernen müssen, die ihm lange Zeit fremden Erfahrungen der Migranten und Postmigranten auf der Bühne zu repräsentieren. Denn: Wenn das große weiße Wir nicht mehr existiert, genügt es auch nicht mehr, sich schwarz anzumalen, um das "ganz Andere" der Erfahrung, um "den Fremden" ins Bild zu bringen.

Schwarz zählt heute genauso zum Wir wie Weiß. Dass das Theater die Zeichen der Zeit erkannt hat, legen der Erfolg des "postmigrantischen" Ballhaus Naunynstraße und die Debatte über die Zukunft des Stadttheaters nahe. Auch das nachdenkliche Einlenken des Deutschen Theaters bei der Debatte um das Blackfacing in Michael Thalheimers Inszenierung von Dea Lohers Unschuld ist in diesem Zusammenhang ein Zeichen, das optimistisch stimmt.

 

Michael Horeni
Die Brüder Boateng. Drei deutsche Karrieren
Tropen bei Klett-Cotta, Stuttgart 2012,
268 Seiten, 18,95 Euro.

 

Kommentare  
Monatsbuch Mai: Ballack in England
Hat da "Schiedsrichter Merck" noch ein paar Minuten Verlängerung
der "Blackfacing-Debatte" im Sinn ?
Stehen jene "uneinsichtigen Kommentatoren" (bei Bühnenwatch ganz massiv ja auch der Kritiker Michael Laages !) jetzt in Reih und Glied mit Sarrazin, NRW-Faschos und einigen Hooligans ??
Ist nicht auch Ballack nach England gegangen ???
Naja, bei der Deutschen Meisterschaft der Theatermannschaften im Fußball (19.5.2012 in Mümmelmannsberg , Spielbeginn 9 Uhr -siehe Programm des HH-Schauspielhauses) wird man die Aufstellungen wohl gezwungenermaßen auch unter obigen Gesichtspunkten mustern..
Monatsbuch Mai: Pass auf, Arkadij!
Arkadij red keinen Unsinn und Pass auf, dass du hier nicht den rechten Rand repräsentierst!!
Monatsbuch Mai: hintertor am Spielfeldrand
@ 2
Sie werden lachen, aber gerade da liegt das Problem, wenn Leute wie Herr Laages oder auch meine Wenigkeit, die nix mit dem rechten Rand zu schaffen haben, da noch in Sonderheit ganz besonders aufpassen müssen/müßten !
Das damalige Boateng-Foul hatte mit Fußball in etwa soviel zu tun wie der Eisenstangenanschlag Tonja Harding/Nancy Carrigan (ich glaube, so hießen die beiden US-Eisprinzessinnen) oder Schumacher/Battiston oder das legendäre "Wiese-Foul", das bei youtube unter "Mordversuch" firmiert; von der anschließenden "Verschwörungstheorie gegen Boateng" in der Boulevardpresse (die lächerlich war !) hielt ich schon deswegen nichts, weil so ein Foul bei weitem mehr in Kauf nimmt, als nur eine WM-Teilnahme zu verpassen. In Ballacks Fall aber war das schon ziemlich tragisch,
zumal sich dann gewissermaßen seine Demontage durch Löw und Konsorten ziemlich unmittelbar daraufhin vollzogen hat, und auch Ballacks Weg von Görlitz in die Premiere-League wäre gewiß ein Buch wert: schleierhaft, was das mit dem rechten Rand zu schaffen
hat - also, nur zu, werden Sie deutlicher ! Vielleicht können Sie
"uns" (Vorsicht, Anagramm !) ja noch vors "Basalgericht" zitieren in Köln-Ehrenfeld , wenn es (siehe "Hundsprozesse") noch stehen sollte ! Im übrigen findet jene "Fußballmeisterschaft der Theatermannschaften" wirklich am nächsten Samstag statt, habe diesbezüglich zumindestens keinen Unsinn fabriziert !, und so werde ich mir das wohl vom linken oder rechten Spielfeldrand oder von hintertor zu Gemüte führen als "Fan der Mannschaft des Dt. Schauspielhauses": EINS-ZWEI-DREI gleich beißt der kleine Hey !.
Brüder Boateng: sich der Wirklichkeit stellen
Vielen Dank, Herr Merck für Ihre bemerkenswerten Gedanken, denen man zu 100 % zustimmen muss.
@ Zarthäuser...Es geht mitnichten um irgendeine Verlängerung einer hier schon bis auf den letzten Tropfen ausgepressten Debatte. Es geht um die Wahrheit, nichts anderes.
Ich schlage vor, dass der Fußball seine peinliche Rückständigkeit in Bezug auf Homosexualität bedenkt und sich ebenso einer Wirklichkeit stellt wie das deutsche Sprechtheater möglichst schnell es schafft, ohne Vorbehalte jene auf der Bühne zu (re-)präsentieren und sich nicht weiter lächerlich zu machen.

Da kann es so langsam mal auch keine Diskussion darüber mehr geben; weder im Fußball, noch im Theater.

P.S.: Das Boateng-Foul mit der Harding-Affäre gleichzusetzen, zeugt mindestens von völliger Unkenntnis von Spielsituationen innerhalb eines Fußballspiels....
Brüder Boateng: Empfehlung aufgenommen
find ich gut, dass das buch besprochen und empfohlen wird, auch wenn es auf den ersten blick nicht viel mit theater zu tun haben scheint. ich werde es mir bestellen nach dieser besprechung.
Brüder Boateng: bitte erläutern
@ Arkadij Zarthäuser:

Von was reden/schreiben Sie da eigentlich? Verstehe Ihren Standpunkt einfach nicht....Können Sie da mal mehr erläutern?
Brüder Boateng: Bitterkeit
Ja, viele weigern sich, die Veränderung zur Kenntnis zu nehmen, und es muss geändert werden, dass faktisch eine Gruppe für alle sprechen soll. Viel Bitterkeit in diesen Diskussionen rührt daher, dass von dieser Anmaßung nicht gelassen wird.
Brüder Boateng: ausflüchtige Antworten
@ 4

Haben Sie sich das Boateng-Foul wirklich noch einmal angetan ?
Auf "Spielsituation" sich im Fußballsport "herauszureden" geht recht fix, ebenso fix geht es, die "Spielsituation" nicht recht zur Kenntnis zu nehmen, um zu schnellen Urteilen zu
kommen: da haben Sie natürlich recht, und Harding/Carrigan hatte ich eigentlich auch nur provikativ in den Raum werfen wollen, gerade um auf eine Einzelsituation und ihre Würdigung zurückzukommen.
Das Foul an Ballack ging in meinen Augen aber wirklich eher in Richtung des kürzlich zu bewundernden Gerrero-Fouls: Wer in bestimmten Spielsituationen zu einer bestimmten Art von "Foul" greift, der hat sich oftmals schon lange zuvor "entsichert" für derlei, und es ist nur eine Frage der Zeit, bis soetwas dann offenbar wird.
Ich glaube ja auch nicht, daß das Foul an Ballack persönlich addressiert worden ist, es hätte meines Erachtens auch einen x-beliebigen anderen Spieler treffen können (es geht mir also schon um "Spielsituationen" und um soetwas wie "Hemmschwellen", denn soviel verstehe ich schon von Fußball, daß da nicht jeder gefoult hätte wie
Boateng seinerzeit, jedenfalls bezogen auf die wirksamen Parameter einer Spielsituation); bei Harding/Carrigan (in einer "Individualsportart", ich bin extra weit weg vom Fußball gegangen) ist "man" eher geneigt, die "persönliche Addresse" an die Konkurrentin ganz besonders zu betonen: aber, und darauf wollte ich hinaus, ist nicht auch hier das "Opfer" austauschbar ?, und geht es nicht auch hier um "Hemmschwellen", die zugunsten übersteigerten Ehrgeizes herabgesenkt worden sind bzw. der schleichenden Erosion anheimgefallen ??

Ansonsten empfehle ich Ihnen noch einmal, sich die Blackfacing-Threads genau durchzulesen, dann stoßen Sie möglicherweise auch auf ua. meine damalige Bereitschaft, die Inszenierung von "Unschuld" etwa noch genauer und weiter zu diskutieren und zu befragen, währenddessen andere diese "Debatte" schnell beenden wollten. Ich war es ein wenig leid, daß sich Leute aus dem DT-Umfeld sich diese Vorwürfe haben unterschieben lassen, und ich war es leid, auf konkrete Fragen keine oder ausflüchtige Antworten zu erhielten.

@ 6
Zu Ihnen etwa das Vorangegangene.
Jedoch ging es mir auch ganz einfach um den Hinweis auf jene Meisterschaft und die Möglichkeit, sich tatsächlich selbst ein Bild zB. der "Besetzungsfragen" zu verschaffen. Ich habe nichts grundsätzlich gegen die Ausführungen von Herrn Merck (ich selbst habe eine teilweise positive Sicht auf die Veränderung der "Unschuld"-
Inszenierung geäußert, wenngleich Skepsis bei mir überwiegt, eine Skepsis allerdings, für deren Äußerung ich mich nicht sogleich am rechten Rand wiederfinden möchte, und leider "diskutier(t)en" hier und dort und dort einige so: dagegen wehre ich mich im Ansatz, nicht mehr und nicht weniger) und bin durchaus bereit, gegebenenfalls auf "Unschuld" von Dea Loher zurückzukommen, hier freilich sollte es dann vielleicht schon irgendwann eher um das Buch gehen, denke ich- allzu zwingend fand ich die Verlinkung zur "Blackfacing-Debatte" eigentlich nicht, aber die Lektüre des Buches mag mich da eines Besseren belehren, auch dahingehend dürfen Sie meine kurzen Striche gerne verstehen.
Brüder Boateng: schon gelesen?
Hat eigentlich irgendwer das Buch schon gelesen?
Brüder Boateng: Tellerrand
@ 9

Herr Merck.

@ alle

"Die Brüder Boateng" - das ist (wie es aussieht) jedenfalls ein Stoff (ein Titel wie "Rocco und seine Brüder" bietet sich geradezu an, hier mitantzuklingen) , der auch in anderer Weise für das Theater interessant sein
könnte (es muß nicht unbedingt eine Adaption sein), und ich werde dieses Buch lesen. Zum "Warmmachen" möchte ich gerne noch auf den
FAZ-Artikel "Wenn zwei Würfel fallen" von Horeni (dem Autor des
Buches) und Jauer verweisen, der gewissermaßen den Vorlauf zu dem jetzigen Buch markiert (FAZ, 13.6.2010). Daß dieser Artikel auch,
in seiner differenzierten Art und Weise !, noch weitere Fouls ähnlicher Artung seitens Kevin-Prince Boateng zu nennen weiß, sei
in Anbetracht der obigen "Diskussion um Spielsituationen" hier allerdings noch mal (am Rande) erwähnt. Wer sich an diese unsäglichen "82 Millionen gegen Boateng"-BILD-Aufmacher erinnern
kann, sollte allerdings bei diesen Fouls keineswegs stehenbleiben, und wenn doch ein wenig, sie als "systemimmanent" befragen (siehe
Wiese-Fouls, Paul "Gascoine" -weiß jetzt nicht, wie dieser geschrieben wird-) und durchaus über den deutschen Tellerrand hinaussehen (auch gerade angesichts der immensen Überschuldungspraxis zB. in der Spanischen Division)..
Brüder Boateng: vielleicht nicht gerade das Ballhaus
@ Zarthäuser

Gut, jetzt weiß ich mehr, danke. Der Vorschlag, aus dem Buch etwas fürs Theater zu machen, klingt sehr gut( auch wenn ich es noch nicht gelesen habe), warum keine Adaption? Und vielleicht nicht gerade vom Ballhaus/Naunynstrasse, das wäre allzu erwartbar...Paul Gascoigne schreibt der gute Mann sich.
Brüder Boateng: Off-Topic
Apropos, vielleicht etwas zu Off-Topic, nach den gestrigen Vorfällen rund um das Relegationsspiel Fortuna Düsseldorf- Hertha BSC Berlin, da böte sich doch eine kleine feine Idee an , Theater und Fußball mal auf einer Bühne entgegenzustellen. Vielleicht ein parallel ablaufender Inszenierungsbattle Düsseldorfer Schauspielhaus vs. Schaubühne Berlin (oder DT, oder Maxim Gorki, oder Volksbühne...). Mehr Drama und Theater als gestern Abend in Düsseldorf geht ja wohl nicht.
Brüder Boateng: Fiktion weitet den Spielraum aus
@ 11

Gascoigne ! Danke. Ich bin nicht grundsätzlich gegen Adaptionen; allerdings gibt es davon einerseits zuhauf, andererseits würde mich
eine genuin schriftstellerische Leistung, hier in etwa die "Familiengeschichten Berlin", eine schrittweise und vorstellende Annährung an so einen Stoff schlichtweg mehr interessieren, auch sehe ich die Gefahr, daß sich Spiel und "reale Personen" (die immerhin im Zuschauerraum sitzen könnten etcpp.) nicht zum Nutzen der freien Ausgestaltung des Stoffes eher auf den Füßen stehen könnten, ein bißchen Distanz tut nicht nur hier, glaube ich, allemal ganz gut. Auch ermöglichte eine Fiktion, die sich an den Boateng-Stoff gut anlehnen könnte, der Autorin/dem Autoren (die selbst Migrationshintergrund haben mag/mögen) auf spezifische Erfahrungen zB. aus ihrem Umfeld zurückzugreifen. Die Spieler könnten nun auch Iworer, Moldawier, Rumänen oder Venezuelaner sein, Fiktion könnte also den "Spielraum" entscheidend ausweiten.
Wenn PoC (Herr Schweers benutzt diesen Ausdruck selbst keineswegs durchgehend ...) nun die Rolle zB. moldawischer Brüder spielen würden, wäre das gewiß auch sehr interessant.

@ 12

Die Idee hat einen gewissen Charme. Vielleicht sollte man spontan zwei Gerichtsverhandlungen für das jeweilige Düsseldorfer und Berliner Haus erarbeiten, ob das Spiel nun wirklich gültig sein soll oder aber zB. in einem "Geisterspiel" (ohne Publikum) das Rückspiel zu wiederholen ist !
Nicht weil ich in etwa ein Hertha-Fan wäre, tendiere ich persönlich tatsächlich zur zweiten Option, da ich den Wiederanpfiff
nach etwa 20 Minuten nach dem "Dammbruch" für eine ziemliche Farce halte, nicht nur wegen "kalt" gewordener Spieler. Die Sicherheit der Spieler war ja, als die Barrieren überwunden worden waren, in der Tat ziemlich gefährdet, jedenfalls sieht die DFB-Regelung, denke ich, wohl vor, bei so einem massenweise Übertritt das Spiel zu unterbrechen (das wäre schon opportun gewesen, bevor dann die Leute auch noch auf den Rasen liefen); dies geschah leider erst anderthalb Minuten vor Spielende.
Im übrigen wird, denke ich, zu wenig der Bezug hergestellt zu jenem unsäglichen Zufrühabpfiff in der Verlängerung von Dortmund-Fürth (wohl eine Art Präzedenzfall)nach dem Dortmunder Führungstreffer (DFB-Pokal-Halbfinale). Wer jetzt einfach nur von einem vermeintlichen "Abpfiff" ausgeht, der die Massen versehentlich auf das Spielfeld rennen sah, verkennt meineserachtens, daß es sich ebenso um Erpressung des Endes im Stile Dortmund-Fürth handeln könnte. Düsseldorf trägt die Verantwortung dafür, ob es Massen auf das Spielfeld schaffen oder nicht, Düsseldorf sollte diese Verantwortung auch tragen..
Brüder Boateng: Meisterschaft der Theater-Mannschaften
@ 12

Naja, und soweit "Off-Topic" ist Ihr Aufmachen eines "Nebengleises"
nun auch wieder nicht; immerhin hat sich auch der Autor des "Boateng-Buches" heute in der FAZ kritisch zu Wort gemeldet in seinem Artikel
(mit sprechendem Titel) "Inakzeptabler Ausgang" -Kreise schließen sich immer wieder, der Ausgang des heutigen DFB-Spielausschuß-Verfahrens allerdings ist nach über dreistündiger Verhandlung immernoch offen-. Ich kann Herrn Horeni nur beipflichten: das Grundproblem ist der übersteigerte Stellenwert des Fußballs in unserem Land (ob man das Spiel nun liebt, mag, gelegentlich schätzt) -siehe Spielerunterschriften im "Goldenen Buch der Stadt Düsseldorf" -Horenis Beispiel-; wer immer nur die Kultur-Kosten beklagt, sollte zum Vergleich möglicherweise die Kosten aus Steuergeldern für Sportveranstaltungen dagegenhalten - nicht ganz von der Hand zu weisen, was so wäre, wenn die Vereine aus eigener Tasche für all die "Sicherheit" aufkommen müßten ?!
Ob auch die morgige "Theatermannschaften-Meisterschaft" ein Gegenstand der öffentlichen Berichterstattung sein wird ? Gar durch Horeni oder einen Kollegen ?? Bleibt abzuwarten. Jedenfalls finde ich MÜMMELMANNSBERG (auch gerade mit Seitenblick auf das Buch und ein wenig auch -aktuell- im Zusammenhang mit Volker Lösch)
einen gut gewählten Ort dafür, und es wird interessant sein, ob ein Funke in den Stadtteil überspringt oder Ähnliches..
Bücher; Brüder Boateng: siehe Ronaldo & Julia
Es gab mal vor Jahren eine Romeo & Julia Adaption in Herne mit dem Titel "Ronaldo & Julia". Da waren die Capulets eingefleischte Bvb- Fans und die Montagues .....natürlich Schalke 04 Anhänger. Habe es aber leider nicht gesehen und zählt wohl auch nicht zum Theateradel, aber die Idee finde ich schon auch ganz nett, zumal in Bezug auf die derzeitige Gewaltdebatte im deutschen Fußball...
@ Zarthäuser
Wären Sie so nett, die Ergebnisse dieser Theatermeisterschaft hier zu posten? Fände ich klasse....Grüße
Buch, Brüder Boateng: Essen Dt. Meister der Theatermannschaften
@ 15

Lieber Fan2 !

Die Deutsche Meisterschaft der Theatermannschaften ist in diesem
Jahr an die Mannschaft des Theaters und der Philharmonie ESSEN
gegangen, welche sich im Finale gegen die Oper Hannover im Elfmeterschießen durchsetzen konnte, nachdem es in der regulären Spielzeit 1:1 geheißen hatte. Nach den ersten 5 nominierten Elferschützen stand es (eingerechnet das 1:1) 5:5, die sechsten Elfmeterschützen brachten dann das Ende, indem der starke (und sich nie zu früh bewegende !!) Essener Keeper den Hannoveraner Ball parierte und der Essener Schütze hiernach nervenstark traf !
Auch das Spiel um Platz 3 und 4 mußte nach einem 0:o in der regulären Spielzeit zwischen dem Schauspiel Köln und dem Staatstheater Wiesbaden ins Elfmeterschießen, in dem die Kölner das bessere Ende für sich hatten.
Der Vorjahressieger und Ausrichter, die Mannschaft des HH-Schauspielhauses, hinterlies in der Vorrunde einen bärenstarken
Eindruck, verlor in dieser allerdings sein letztes Vorrundenspiel
gegen Wiesbaden (das für mein Dafürhalten schönste der Spiele, freilich konnte ich nicht alle sehen, rechnete nach der Vorrunde aber mit der Titelverteidigung trotz des 0:1 gegen Wiesbaden) und
kam dann in der Finalrunde nicht wieder in den selben Schwung, so daß das Spiel gegen die sehr massiert und diszipliniert agierenden Essener verloren ging und auch das "Rückspiel" gegen Wiesbaden ein Unentschieden sah, währenddessen das Spiel gegen das DT in Göttingen gewonnen werden konnte (Schauspiel Hamburg ist als Dritter der Finalgruppe A mit dem Dritten der Finalgruppe B, Schauspiel Hannover, sozusagen 5.-6., 7. und 8. sind die jeweiligen Finalgruppenvierten : das DT in Göttingen und das Stadttheater Heidelberg. Auf nächstes Jahr in Essen (der Meister richtet aus) darf man sich also schon sehr freuen, denn es ist ein wirklich zu empfehlender Fußballtag, der auf der Anlage in der Kandinskystraße zu Mümmelmannsberg einen perfekten Austragungsort
erhalten hat. Warum die Organisation allerdings in der Finalrunde
Wiesbaden und Köln die ersten drei Spiele ihrer jeweiligen Final- Gruppe hat "lückenlos" durchhetzen lassen, ist ein wenig schleierhaft.
Das DT in Berlin hat im übrigen kurzfristig abgesagt, so daß von der Warteliste kein 20. Team nachrücken konnte.
Zu lernen gab es für mich obendrein: Als nämlich bei einem Elfmeter
ein Kampnagelschütze den Ball an den Pfosten schoß, dann aber den abprallenden Ball verwandelte, wurde dieses Tor nicht gegeben; hätte ein benachbarter Spieler geschossen -den gab es sogar !-, wäre der Treffer aber wohl regulär gewesen.
Auch Peter Lohmeyers ("Das Wunder von Bern") Einsatz für das Team des ST. Pauli-Theaters verdient an dieser Stelle meineserachtens noch einmal ausdrückliche Erwähnung, zumal Sönke Wortmann ja auch mit "Kleine Haie" ebenso einen "Theaterfilm" gedreht hat: Kreise schließen sich manchmal..
Brüder Boateng: Kopfball von Drogba
Vielen Dank für diesen tollen, ausführlichen Bericht.
Also Fußball und Theater, ja, da müsste noch mehr möglich sein. Auch die Dramaturgie des gestrigen Champions-League-Finales kann man so im Theater wohl nur selten vorfinden. Boateng übrigens mit allzu mäßiger Leistung (wobei er beim Kopfballgegentreffer von Drogba wohl nicht viel hätte machen können).
Buch Brüder Boateng: moralisch gesehen
@ 17

Da sagen Sie etwas: "...kann man so im Theater wohl nur selten vorfinden". Ich muß dem garnicht unbedingt zustimmen, um doch zugeben zu
müssen, daß sich erstens Kreise nicht nur so schließen, wie es einem gefallen mag, zweitens wir es bei den "fiktiven Gerichtsverhandlungen" (siehe oben) kaum so weit gebracht hätten wie das "authentische" DFB-Sportgericht. Wie war das noch gleich:
"Positiv besetzter Platzsturm !" (??) Das "Unwort" des Jahres dürfte hiermit wohl schon annährend feststehen. Das DFB-Gericht hat
es tatsächlich fertiggebracht, daß Hertha sich jetzt geradezu (sogar moralisch gesehen, denke ich) gezwungen sehen muß, in die Revision zu gehen. Daß es mir ein Rätsel ist, wenn man die Parallelen Dortmund-Fürth zu Düsseldorf-Berlin nicht sehen will, erwähnte ich bereits: Was, wenn die Ersten, die auf das Feld liefen, schlichtweg durch den Präzedenzfall ermutigte Erpresser eines vorzeitigen Spielendes gewesen sein sollten ? Ach, beweisen kann man das nicht ?! Nun ja, aber scheinbar dann doch jene "übermütigen Glücks- und Siegesgefühle", die diese Übergriffigkeiten gen Ende des Spieles, ach so- hört,hört !!, positiv besetzt (der Zug zu "vollendeten Tatsachen" und zum Vordrängeln, der unser Alltagsleben immer stärker in die Defensive drängt und den Fußgänger zur aussterbenden Spezies degradiert, hat ihr ein weiteres Gerichtsurteil für sich: fatal.)haben; diese Gefühle fühlt der Richter also nach: alle Achtung. Und seine Psychologie: kostbar, köstlich: "Todesängste bei der Hertha ? Die haben doch viel mehr selbst die Hatz betrieben." Was scheinbar so einleuchtend daherkommt, suggeriert, daß sich Leute in Angstzuständen weniger aggressiv verhalten als in entspannteren; wenn das nicht auch für das Theater fruchtbar ist !
Die Krönung ist dann aber, daß der Richter in seinem Beispiel, warum auf das "Gefühlsargument" der Berliner nicht eingegangen werden könne, tatsächlich den Bogen schlägt zum Rassismusthema, frei nach dem Motto "Was, wenn ein dunkelhäutiger Spieler beleidigt wird, und in der Folge keinen Ball mehr trifft ?". Das ist wirklich ein Hammer vom Richter, da werde ich aber umgehend auch zum "Bühnenwatcher" (zweiter Klasse, versteht sich): Da wird also eine etwaige Beleidigung eines PoC (offenbar geht der Richter davon aus, daß man schon weiß, was das für eine Beleidigung unfehlbar sein muß ...) -der sich in der Folge mal nicht so anstellen soll wie jetzt die Hertha, oder wie ??- tatsächlich gleichgesetzt mit jenem (sehr körperlichen !) "positiv besetzten Platzsturm"; tut mir leid, aber ein Urteil von einem Richter, der es sich so ach nicht leicht gemacht habe, extra noch vertagen ließ, und solche DAMMBRÜCHE in seinem Urteil zuläßt, ja, bewerkstelligt, muß sogar dann angefochten werden, wenn man sich zuvor seitens Herthas sogar vorgenommen haben sollte, bei einem abschlägigen Bescheid die Sache auf sich beruhen zu lassen. Jetzt ist der Fußballskandal, so sehe ich das, allemal auch gut dafür, ein DFB-Gerichts-Skandal zu werden..
Buch Brüder Boateng: fertig wäre ein Stück
Eben darum bräuchte es jetzt noch einen gescheiten Autoren, dazu einen kompetenten und fantasievollen Dramaturgen und fertig wäre ein Stück, das, sagen wir einmal, bei dieser seltsamen Thalia Zuschauerwahl, sicherlich mit auf den vorderen Plätzen zu finden gewesen wäre.
Buch Brüder Boateng: Platzregen
Das Stück wird vermutlich nicht geschrieben werden; und Friedrich Thalia Wilder, ein vom Thalia gesuchter "geheimer Held" im übrigen, wüßte dies schon zu verhindern.
Aber die "Realsatire" wird leider noch einige Blüten treiben, fürchte ich.
In "Feiert nur weiter ?" hat sich auch Michael Horeni noch einmal zum "positiv belegten Platzsturm" und den anderen (fatalen) Merkwürdigkeiten in der gestrigen FAZ zu Wort
gemeldet. So zB. wie der selbe Richter einen vergleichbaren Fall in Dresden besonders hart bewertete (Dynamo Dresden-Pokalsperre) und von einer höheren Instanz dieses Urteil wieder kassiert !
"Positiv besetzter Platzsturm" - sprachlich schon bemerkenswert: kommt daher wie ein Naturphänomen- steht neben "Platzregen", und wer beschäftigt sich so kurz vor einer sonnigen EM gerne mit Sturm und Regen ??
Buch Brüder Boateng: kleiner EM-Kader
Jerome Boateng gehört dem endgültigen EM-Kader an. Aber einen Schauspieler mit ähnlichem Hintergrund finde ich - abgesehen von Michael Klammer am Gorki-Theater- nirgends in Deutschlands Ensembles....Traurig, traurig...
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