altRed-Bellying contra Black-Facing

von Matthias Schmidt

Halle, 18. Mai 2012. Auf der Facebook-Seite des neuen theaters Halle ging es in den letzten Tagen heiß her. Teilweise wütend wurde diskutiert, ob sich bereits aus dem Untertitel der Inszenierung, "Venedigs Neger", ein Rassismusvorwurf ableiten lasse. Das Team um Regisseur Wolfgang Engel erlebte hier – und das schon Tage bevor jemand die Inszenierung gesehen hatte – was in diesen Tagen inflationär als shitstorm bezeichnet wird (ein Scheiß-Wort, ganz nebenbei gesagt). Intendant Matthias Brenner versuchte moderierend einzugreifen, so heftig ging es zur Sache, und Schauspieler Martin Reik, der den Othello spielt, verteidigte sich und die Freiheit der Kunst mit energischen Worten. Und nun, nach der Premiere? Kann man mit Shakespeare sagen: viel Lärm um Nichts.

othello1 280 gert kiermeyer uSchwarz und Weiß: Martin Reik und Bettina Schneider in "Othello" © Gert KiermeyerDieser "Othello" war kein Skandal. Natürlich nicht. Im Gegenteil. Die Übersetzung des Textes von Werner Buhss, daher kommt der Untertitel ja, gibt einen Weg frei, das Phänomen des Rassismus etwas tiefgründiger zu betrachten, als es jeder politisch korrekte Empörungsreflex kann. Genau darum geht es, um Ausgrenzung und Identität und die Frage, wann und warum jemand beispielsweise "Neger" sagt und es als Schimpfwort meint. Das trifft übrigens ebenso auf die sexistischen Beschimpfungen zu, denen Desdemona und Bianca ausgesetzt sind: Nutte, Hure, so werden sie geschmäht, und zwar immer aus Kalkül. Das ist sehr spannend, in welchem Kontext die Venezianer ihren an sich hochverehrten General Othello "Neger" nennen: zum ersten Mal, als er sich in die Tochter Brabantios verliebt und diese gleich noch heiratet. So geht es ja wohl nicht, sagen die ehrenwerten Venezianer.

"Neger" und "Hure"

Und wir? Erwischt! Man muss an die so genannten Ehrenmorde denken, an die Debatten über fremde Kulturen, die unsere Werte bedrohen, dabei haben sich hier nur zwei ineinander verliebt. Dann natürlich, nachdem Othello Desdemona erwürgt hat. Wie war das gleich noch mit dem Verhältnis von Migrationshintergrund und Kriminalität? Engels Inszenierung arbeitet das fein heraus, wie wir – was ich nicht wieder mißzuverstehen bitte – die Klischees im Fremden suchen und oft genug aus niederen Beweggründen regelrecht froh zu sein scheinen, sie gefunden zu haben. Der kriminelle Mohr ist dann eben der "Neger", und die als Ehebrecherin verleumdete Frau – eine Hure.

Jetzt aber mal von vorne, die Qualität dieses Abends ist glücklicherweise komplexer. Zumindest bis zur Pause ist es ein echter Shakespeare, voller Schwelgen in den dialektischen Bildergefechten seiner Sprache, voller kleiner Spiel-Späße. Der Doge ist eine Frau, ebenso Jago. Die Souffleuse wird angesprochen, Übersetzungskalauer sorgen für Lacher. Es ist ein Abend der Spielfreude, gesungen wird und getanzt: geistliche Lieder und Rock, und nach dem Sieg über die Türken endet die trunkene Siegesfeier in einer Art Pogo. Vier Melonen werden genüsslich zermatscht, die zahlreichen Türen der halbrunden Bühnenrückwand haben reichlich zu tun, und nichts davon ist zuviel. Was auf dem in den Saal des neuen theaters hineingebauten Podium stattfindet, ist eine gelungene Gratwanderung zwischen Volks- und Regietheater.

Bauchmensch Othello

Den 4. und 5. Akt erleben wir dann als eine Art Standtheater. Das Türenklappern hat ein Ende. Alle stehen bzw. sitzen in einem Halbkreis, in dessen Mitte die bösen Intrigen Jagos auf das bittere Ende hinführen. In dieser Mitte haben sie nun fast alle ihren großen Auftritt: Petra Ehlert als Jago, skrupellos und falsch – ein toller Klischee-Bösewicht. Bettina Schneider als Desdemona, blind vor Liebe bis zum Schluß und doch – was für ein Glück – nie ein blondes Dummchen. Nicoline Schubert als Jagos Frau Emilia, die mehr vom Leben weiß, als sie zeigen darf – und sich schließlich kraftvoll aus der Deckung wagt.

othello4 560 gert kiermeyer uBauchmensch Othello: Martin Reik. © Gert KiermeyerSchließlich Othello. Martin Reik gibt ihn tatsächlich als Bauchmensch, in jeder Hinsicht. Er ist eine ehrliche Haut, voller Tatendrang, aber ein wenig naiv. Verführbar durch einen wie Jago. Als er erkennt, dass er Jago auf den Leim gegangen ist, hat er natürlich Wut im Bauch, was bei Reik, mit Verlaub, eine ganze Menge Wut ist. Es ist ein herausragender Othello: mal brachial, mal cool, mal nachdenklich, nie intellektuell und immer echt.

Um es nicht zu vergessen – nein, Othello ist nicht ge-blackfaced, als er die Bühne betritt. Ganz am Ende macht er es dann doch, bevor er sich umbringt. Dann malt er sich noch schnell den Bauch blutrot an, was ein Schmunzeln durch die Reihen gehen lässt, denn dieses red-bellying darf gerne als kleine Spitze auf eine der Debatten des Theaterfrühjahrs verstanden werden.

"Othello" war Wolfgang Engels Premiere in Halle, und auffallend viele Schauspieler und Kollegen saßen im Publikum, angereist unter anderem aus Berlin, Chemnitz und Leipzig. In Halle tut sich was. Gut so.

 

Othello. Venedigs Neger
von William Shakespeare.
Deutsch von Werner Buhss
Regie: Wolfgang Engel, Bühne und Kostüme: Hendrik Scheel, Dramaturgie: Henriette Hörnigk, Musik: Sebastian Herzfeld
Mit: Hannelore Schubert, Hilmar Eichhorn, Jörg Simonides, Peer-Uwe Teska, Martin Reik, Fabian Oehl, Petra Ehlert, Jonas Schütte, Joachim Unger, Maximilian Wolff, Bettina Schneider, Nicoline Schubert, Laura Lippmann.

www.kulturinsel-halle.de

 

Kritikenrundschau

Grundsätzlich nobel und klar inszeniert findet Andreas Montag für die in Halle erscheinende Mitteldeutsche Zeitung (19.5.2012) diesen Shakespeare. Die auf den Titelzusatz bezogenen Rassismus-Vorwürfe im Vorfeld der Premiere bezeichnet er als "töricht". "Eigentlich sollte es ja jedem Schulkind einleuchten: Nicht der ist ein Rassist, der den alltäglichen Rassismus, die Jagd auf den schwarzen Mann, zum Thema macht. Und nicht der verachtet Menschen anderer Herkunft, der die Vorurteile, die ihnen in der Gesellschaft entgegengebracht werden, beim Namen nennt." Trotz der klaren Inszenierung Wolfgang Engels stimmt aus Sicht des Kritikers der Rhythmus des Abends nicht immer. Bisweilen scheint Sonntag, "als bliebe die Inszenierung hinter der deftigen Sprache der Übersetzung von Werner Buhss zurück. Die könnte auch eine straffere, radikalere Interpretation vertragen, es dürften ein paar Türen weniger klappern, einige Auf- und Abgänge wären verzichtbar gewesen." Erst nach der Pause komme die Inszenierung wirklich zu sich.

Kommentare  
Othello, Halle: zum Schimpfwort
Zu der Aufführung will ich gar nichts sagen.

Herr Schmidt stellt nämlich den Protest falsch dar. Es ging nicht um die Inszenierung, sondern die Verwendung des Begriffs N... .

Es ging auch nicht um Blackfacing.

Seltsam, jeder schustert sich seine Geschichte zurecht.

Die Kritik richtete sich gegen den unbedachten Gebrauch des Wortes N.... Dagegen, dass Othello auf deutschen Bühnen meist als "N..." dargestellt wird, das heißt als schwarzer Außenseiter (gerne von schwarz geschminkten Schauspielern dargestellt, was hier nicht der Fall war, was auch die Kritiker vorher wussten).

Ich darf zart daran erinnern, dass es durchaus strittig ist, ob Shakespeare dem Othello überhaupt eine schwarze Hautfarbe zuschrieb. Vor diesem Hintergrund darf es fragwürdig anmuten, wenn

a) deutsche Bühnen sich nahezu zwanghaft den Othello immer schwarz vorstellen,

b) sich im Fall des nt herausnehmen, diesen mit einem rassistischen Schimpfwort zu belegen, das nur Schwarzen gilt.

Ist es so schwer zu verstehen, dass nicht von einer Seite, nämlich der weißen, diktiert werden kann, wann und wie ein Wort, das eine schlechte Geschichte hat, zu verwenden und zu verstehen ist?

Gut gemeint ist nicht gut gemacht. Es kommt nicht darauf an, dass Othello ein großartiges Stück und Herr Reik ein guter Schauspieler ist. Es kommt darauf an, dass Weiße, leider ist es so, bei der Darstellung von Rassimus meist auf die Mittel zurückgreifen, die sie kennen, und das sind die, mit denen Rassimus umgesetzt wird. Sie wiederholen ihn und sind sich nicht bewusst, dass es anders geht und anders gemacht werden sollte.

Das erinnert mich eher assoziativ daran, dass Deutsche sich gern obesessiv mit Nazitätern beschäftigen (war Hitler schwul? Speer war Nazi!), viel mehr als mit den Opfern.
Othello, Halle: solche Diskussionen nerven
Schön Herr Schweers,

es wäre ja auch mal ein Wunder, wenn sich keiner aufregen würde.

Solche Diskussionen nerven! Diesem Wort wird, im Bezug dessen, mehr Bedeutung zugeschrieben als notwendig.

Ach ja : "Das erinnert mich eher assoziativ daran, dass Deutsche sich gern obesessiv mit Nazitätern beschäftigen (war Hitler schwul? Speer war Nazi!), viel mehr als mit den Opfern."

Das musste ja auf jeden Fall noch zur Sprache kommen, ansonsten hätte etwas gefehlt.

Liebes nt Ensemble...Danke für die tolle Premiere.

T.
Othello, Halle: für wen ist das Stück gemacht
Die Verwendung des Wortes nervt, sehr geehrte Frau Schuwerack, weitaus mehr.

Möglicherweise nervt am meisten, dass Herr Schmidt glaubt, mit der Verwendung des Wortes ließe sich der Rassismus "tiefgründiger" betrachten als mit einem "Empörungsreflex". Am tiefgründigsten, sehr geehrte Frau Schuwerack, lässt sich das Phänomen des Rassismus anhand der Ignoranz des nt und der Beglaubigung durch Herrn Schmidt betrachten.

Ich veranschauliche das Mal. Es gab kürzlich ein Interview mit Rene Pollesch in der SZ. Ein Auszug:

"Gibt es Rassismus in der Theaterszene?

Ja, aber nicht, wie Sie ihn im Kopf haben. Vor zehn Jahren hatte in Berlin ein antirassistisches Stück Premiere, in dem es um Abschiebepraktiken in der Bundesrepublik Deutschland geht. Die Hauptrolle bekam ein schwarzer Schauspieler. Nach der Vorstellung wird er im Publikumsgespräch von einer Frau gefragt, wie es ihm während der Proben gegangen sei. Im Stück gab es nämlich Szenen, in denen ihn weiße Schauspieler, die Polizisten spielen, ausziehen und seinen Hintern nach Drogen untersuchen. Szenen, die unter Anleitung eines weißen Regisseurs geprobt wurden. Wissen Sie, was er geantwortet hat? »Es war die Hölle.«"

Glauben Sie, dass weiße Publikum hat es auch als Hölle empfunden?

Vielleicht können Sie die Ausführungen von Pollesch selbst auf den Streitfall hier übertragen.

Für wen ist das Stück gemacht?
Othello, Halle: Empörungsreflex?
Danke Theresa für die klaren Worte, damit ist in aller Kürze gesagt, was vom Kommentar Hernn Schwenks zu halten ist. Das größte Problem am Rassismus sind Menschen, die durch - wahrscheinlich pathologisch bedingtes - Moralisieren Zündstoff in das Thema bringen, der gar nicht sein müßte. Mit dem Stigmatisieren von Menschen als Rassisten, die sich bloß des Wortes Neger bedienen, um damit ein ethnisches Merkmal hervorzuheben oder auf künstlerische Weise Akzente setzen wollen, macht man sich seinerseits der Diskriminierung schuldig und fördert zugleich jenen - wie es im Bericht so schön heißt - politisch korrekten Empörungsreflex, der jede sachhaltige Diskussion zu diesem Thema im Keim ersticken lässt.
Othello, Halle: wie Rassismus in die Welt kommt
Ja, Herr Carsten, so ist es. Das Problem am Rassimus sind halt die Schwarzen. Wenn die sich nicht aufregen würden, gäb es den Rassismus gar nicht.
Othello, Halle: kleine Kritik der Kritik
Hallöchen! Hier kommt meine Kritik der Kritik. Ich nehme mir nur mal ein paar Zeilen vor. Hab ja nicht den ganzen Tag Zeit ;-)

"Die Übersetzung des Textes von Werner Buhss, daher kommt der Untertitel ja, gibt einen Weg frei, das Phänomen des Rassismus etwas tiefgründiger zu betrachten, als es jeder politisch korrekte Empörungsreflex kann." = 1. Offenbar empfindet der Autor ein wenig Schuld und schiebt sie weg. ("daher kommt der Untertitel ja"), 2. Er trennt die Vernunftebene vom Körper, er spricht bestimmten Akteuren die Vernuft ab. Damit handelt es sich hier schon um eine stigmatisierende Entmenschlichung, denn Menschen verfügen über Vernuft ("Empörungsreflex"), 3. Er basht Politisch Korrekte, die Entwicklungswege blockieren würden (der Autor hingegen "gibt einen Weg frei") - dieser Punkt ist einfach zu schräg, 4. Er löst das "Phänomen" Rassismus von den Diskriminierungserfahrung der Betroffenen, als ob es von allen in gleicher Weise diskutiert werden könnte. Auch völlig absurd.

So. Gern geschehen, I love Sprache. Freu mich über andere textbasierte Interpretationen!
Othello, Halle: zum N***-Wort
Aber Leute, Leute was ist denn das wieder?

"Lässt sich aus dem Wort "N***" ein Rassismusvorwurf ableiten", fragt Matthias Schmidt?
Nun, lässt sich aus dem Wort "Sauj***" oder "Kümmelt***" ein Rassismusvorwurf ableiten?
Wohl ja, auch wenn es in einen Stücktitel geschrieben wird.
Die Frage muss also heißen: weiß Werner Buhss, weiß Halle, weiß Wolfgang Engel wirklich ganz genau was sie tun? Schriebe Werner Buhss auch "Shylock der Sau*** von Venedig" in einen Stücktitel? Würde das Stück in Halle aufgeführt? Von Wolfgang Engel inszeniert? "Shylock der Sau*** von Venedig" inszeniert von Wolfgang Engel?
Vielleicht doch nicht.
Denn genau diese Wertigkeit hat eben das N-Wort.
Es wäre schön, die weiße Gesellschaft in diesem Lande würde es einmal zur Kenntnis nehmen. Auch die weiße Gesellschaft im Osten.

Matthias Schmidt schreibt weiter: " Genau darum geht es, um Ausgrenzung und Identität und die Frage, wann und warum jemand beispielsweise "N***" sagt und es als Schimpfwort meint." Also gibt es auch die Situation, in der jemand "N***" sagt und es nicht als Schimpfwort meint? Offenbar. Das ist aber dann dumm. Weil "N***" immer ein Schimpfwort ist, egal wie es jemand meint.

Man könnte einmal, auch wenn man weiß ist und also "nicht betroffen" etwa bei Wikipedia nachschlagen, dort fände man dann folgendes:

"Neger (span. negro, frz. nègre von ursprünglich lat. niger für schwarz) ist ein im 17. Jahrhundert in die deutsche Sprache eingeführter Begriff, der Menschen dunkler Hautfarbe bezeichnet und mit ihnen weitere Merkmale verbindet. Das Wort fand zunächst begrenzt Verwendung und bürgerte sich ab dem 18. Jahrhundert mit der Etablierung von Rassentheorien und der inzwischen überholten Vorstellung einer „negriden Rasse“ ein. Sie ist eng mit der Geschichte von Kolonialismus, Sklaverei und Rassentrennung verbunden und erlangte weite Verbreitung, sowohl in der Gelehrten- als auch in der Literatur- und der Alltagssprache.
Nach dem Ende des Kolonialismus in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts kam es zu einem Bedeutungswechsel vom deskriptiven zum wertenden Begriff. Seitdem ist seine Verwendung stark zurückgegangen und beschränkt sich heute im Wesentlichen auf die Umgangssprache. Insbesondere in rechtsextremen und rassistischen Kreisen ist die Bezeichnung unverändert Bestandteil des Vokabulars."


Gruß
Othello, Halle: Stellungnahme von Bühnenwatch
Stellungnahme an das neue theater Halle von Bühnenwatch

Sehr geehrtes neues theater halle,

mit Erstaunen verfolgen wir die Diskussion, die um Ihre Inszenierung "Othello. Venedigs N…" entflammt ist. Es ist uns nach wie vor unklar, weshalb der Titel des Stücks sowie die Plakate, die es in der Stadt Halle bewerben, mit einem rassistischen Begriff versehen worden sind.

Der Begriff "Neger" hat in Deutschland eine lange, traurige und gewaltvolle Tradition und steht auch heute noch sowohl für die systematische Entmenschlichung und folglich Entrechtung Schwarzer Menschen sowie die Konstruktion einer weißen, überlegenen Identität. Fakten, die die Lebensrealitäten von Schwarzen und weißen Menschen prägen. Es leben heute mehrere hunderttausend Schwarze Menschen in Deutschland, für die das N-Wort nur einer von vielen Aspekten des Alltagsrassismus ist, mit dem sie sich konfrontiert sehen. Zahlreiche Schwarze Initiativen, darunter Brothers Keepers e.V., der unter anderem auch Xavier Naidoo angehört, und die Initiative Schwarze Menschen in Deutschland (ISD) haben sich in den letzten Jahrzehnten gegen den Begriff und seine Verwendung ausgesprochen. Auf Ihrer Facebook-Seite finden Sie zudem ausführliche Hinweise zu (meist) online frei zugänglichen Artikeln und wissenschaftlicher Literatur zu diesem Thema. Jüngste Ereignisse in Deutschland (wie etwa die NSU-Morde oder das Auftauchen rassistischer Karikaturen in Polizei-Kalendern) dürften deutlich gemacht haben, dass Rassismus in Deutschland ein noch lange nicht bewältigtes Problem darstellt. Auch die Positionierung des nts in der Diskussion um den Titel des Theaterstücks zeigt, dass eine wirkliche Beschäftigung mit Rassismus als Struktur - und Weißsein als privilegierter Position innerhalb dieser Struktur - nicht stattfindet.

Die Berufung auf die "künstlerische Freiheit" greift hier zu kurz, zumal es sich bei der Kritik zunächst um eine Aufforderung zum verantwortlichen und respektvollen (sprachlichen) Handeln und nicht - wie so oft unterstellt - um eine Inquisition oder die Forderung nach einem gesetzlich verankerten Verbot handelt. Gerne wird auf die Rolle von Künstler_innen als Aufrührer_innen und Provokateur_innen verwiesen. Es erschließt sich nicht, welchem Zweck diese "Provokation" (Hörnigk) dient, wenn sie keine herrschaftskritische Auseinandersetzung mit den vorherrschenden gesellschaftlichen Strukturen und der eigenen Positionierung als Individuum bzw. Institution darin leistet, sondern, im Gegenteil, diese Strukturen affirmiert: Eine Provokation/Beleidigung/Traumatisierung von Menschen, die in ihrem Alltag mit struktureller Gewalt und Diskriminierung zu kämpfen haben, kann nicht zielführend sein und dient letztlich ausschließlich dem Erhalt jener bereits vorhandenen gesellschaftlichen Machtstrukturen und weißer Privilegien.

Auch die Aufforderung seitens etlicher Kommentator_innen in der Diskussion auf der Facebookseite des neuen theaters, "sich das Stück doch erst einmal anzusehen", bevor man Kritik üben dürfe, geht leider an der Problematik vorbei, da die Verwendung und Wirkung eines rassistischen Begriffs auf Plakaten im öffentlichen Raum/innerhalb eines Stücks/Titels nicht durch den Inhalt des Stückes oder die Intention der Macher_innen aufgehoben werden kann. Abgesehen davon, dass ein entstandener Schaden (z.B. bei einem Schwarzen Kind, dem das N-Wort im Alltag auf gewaltvolle Weise immer wieder begegnet, und das auf dem Weg in die Schule an diesen Plakaten vorbei muss) durch die dahinter stehende Absicht nicht vermindert wird, ist diese so oder so völlig unüberprüfbar und somit irrelevant.

In Ihrer Stellungnahme auf Facebook haben Sie außerdem selbst Wert auf die Aktualisierung (bezogen u.a. auf die "Moral und sprachliche Entwicklung") der Shakespeare-Thematik Wert gelegt: Kunst entsteht nicht im luftleeren Raum, sondern wird immer aus und in Auseinandersetzung mit den gesellschaftlichen Strukturen heraus geschaffen, die sie umgeben. Insofern ist es auch Aufgabe der Kunst, sich mit den Stimmen, die zunächst überhört werden, aber immer lauter sprechen, den Dingen, die zunächst übersehen, aber immer offensichtlicher werden, und vor allem mit der eigenen Positionierung auseinanderzusetzen. Eine Verwendung rassistischer Begriffe als Mittel der Provokation ist in unserer Zeit so unangemessen und inakzeptabel wie schon immer.

Wir kommen Ihrer Aufforderung, uns das Stück anzusehen, daher gerne nach, sobald der Titel und die Plakate geändert wurden, worin sich dann die Intention, niemanden zu verletzen, materialisieren würde.

Andernfalls werden wir leider von einer weiteren direkten Kommunikation mit dem nt absehen.

http://buehnenwatch.com/sehr-geehrtes-neues-theater-halle/

Mit freundlichen Grüßen
Othello, Halle: nochmal das N***-Wort
Carsten,
Wie sähe denn eine "sachhaltige" Diskussion zu diesem Thema Ihrer Ansicht nach aus? Ersetzen Sie doch das Wort "N****", dass inzwischen laut aller gängigen Definitionen als rassistische Beleidigung gesehen wird (Ihre Definition ist eher aus dem letzten Jahrhundert), durch ein beliebiges Schimpfwort für einen Juden. Vielleicht geht Ihnen dann ein Licht auf, und Sie merken, dass hier zu allererst mal die mit "N****" Angesprochenen stigmatisiert werden, nicht irgendwelche weißen als "Rassisten".
Die angeblich so gewünschte "Diskussion" mit einer Beleidigung anzufangen und sich dann darüber zu beschweren, dass viele das Spielchen nicht mitmachen wollen, ist schon ziemlich ironisch.
Othello, Halle: Halle wäre dämlich ....
@ Bühnenwatch: das ist eine krasse Erpressung. das neue theater Halle wäre dämlich, sich von euch unter Druck setzen zu lassen.
Othello, Halle: Ihr macht Euch nur Feinde!
Hallo !
Da gebe ich Stefan recht ! Ihr bedient euch der mittel , die ihr verschwunden haben möchtet !
Ihr müsst sehr unerfahren sein auf dem Pflaster auf das ihr wollt , oder doof , oder beides .
So macht ihr euch nur feinde . Und zwar Demokratie - Liebende ! Seid auf der Hut !
Dies ist eine Warnung ! Wir machen nämlich auch ohne euch Theater und gucken uns welches an , dass ihr nicht mögt , wenn ihr unsrer Freiheit einschränkt !
Wir lassen uns nicht verbieten und nichts vorschreiben !
Wir sind leidenschaftliche Theater Liebende und Theater erhalter .
Leute ! Leidenschaftliche ! Steht auf gegen Bühneneatch ! Das sind Faschisten ! Die wollen eine Einschränkung der künstlerischen Freiheit ! Lasst uns für unsere Freiheit kämpfen !!!
Rudi
Othello, Halle: erpressen kann nur jemand der Macht hat
@ Stefan: warum ist es erpressung, bei einer beleidigung / beschimpfung eine "einladung" abzulehnen? - erpressen kann nur jemand der macht hat. schwarze und people of colour in deutschland haben das nicht. sonst wäre es nicht möglich herabwürdigende begriffe für menschen zu benutzen. offensichtlich ist es dem neuen theater egal, ob sich menschen verletzt fühlen oder nicht. angeblich möchte es diskutieren und sich auseinandersetzen, aber nur zu bedingungen die es selbst gesetzt hat. das nenne ich erpressung.
Othello, Halle: soll provozieren
"Venedigs Neger" ist ein provokativer Titel, und Kunst darf und soll provozieren. Wer sind den "Bühnenwatch"? Leute die meinen, sie könnten die Verwendung von bestimmten Worten verbieten ("Neger", "Neger", "Neger" - ich sage es gerne dreimal), sind doch nun wirklich nicht ernst zu nehmen.
Othello, Halle: wie nachtkritik.de
12. so wie nachtkritik. sie lässt diskutieren und auseinandersetzungen zu,
aber nur zu den bedingungen die sie selber setzt.
Othello, Halle: wenn ich mal groß bin
In einem Kinderbuch von Peter Brock (DDR) habe ich - vor etwa 40 Jahren - gelesen, wie ein kleiner Junge sich in Berlin verlaufen hatte, und er hat dann Paul Robeson getroffen, einen kubanischen Sänger, der hat ihm geholfen, die beiden haben sich angefreundet, und die letzte Zeile, der "Kleine Kuno" lag im Bett und schlief ein, träumte von seinem neuen Freund, und die letzte Zeile also lautete: "Wenn ich gross bin, werde ich Neger."
Othello, Halle: Wie in der DDR
Auf der Facebookseite "neues theater Halle" kann man über 200 posts lang verfolgen wie die "Postkolonialisten" und "Antirassisten" sich gegenseitig zerfleischen. man merkt auch, dass Bühnenwatch und Co. gern das Theater und die Gesellschaft, die den geschützten Titel der Übersetzung von Herrn Buhss "Venedigs Neger" benutzen, an den rechten Rand drücken wollen. Das ist gefährlich, denn Zensur, wie sie sie wollen, gab es zuletzt in der DDR...Auch Herr Engel fühlte sich daran erinnert.
Othello, Halle: Ossis sind keine Ethnie
Danke sehr, nun kommen wir dem Kern der leidigen Debatte schon näher - allerdings sind "Ossis" keine Ethnie... - kann das so ein Argument sein? Heiner Müller hat tolles darüber gesagt, was der NEGER ist - jemand in Bittstellung - sozial schwach gestellt - und in dieser Position verhaftet - Ich frage mich, ob ein Wolfgang Engel mit so einem Quatsch in Köln, München, Hamburg Erfolg hätte - ich denke, nein... sonst wäre er dort. Wenn das NT Halle eine ernsthafte Debatte wollte, müsste doch mal Dirk Laucke "Manderlay" inszenieren. (...)
Othello, Halle: Wirkung eines Wortes
@Stefan: Warum ist es Zensur, wenn man auf die Wirkung eines Wortes aufmerksam macht und darauf, dass sich aus der Wirkung heraus der Gebrauch zu nichts Gutem führen kann?
Othello, Halle: Frage
Hallo Bühnenwatch, eine Frage: wenn ein Schwarzer, wie ich einer bin, schreibt "Othello. Venedigs Neger", ist das dann Rassismus?
Ich bitte um eine Antwort.
Danke
Othello, Halle: es gibt alternativen zum N-Wort
Ich kann in der Verwendung jenes Wortes keine Provokation erkennen. Es ist ein langweiliges, elendes Wort mit einer langen Geschichte und verletztend dazu. Wenn es in meiner Gegenwart ausgesprochen wird, stört und verletzt es auch mich. Denn es gibt Alternativen, die nicht so belastet sind. Ich verwende es nie. Darauf muss ich nicht stolz sein. Es ist auch kein großes Ding auf jenes Wort zu verzichten. Eher so ein kleiner Beitrag um einer allzu großen Rotzigkeit und Schnodderigkeit zu entgehen. Aber wer es benutzen möchte, sollte dies tun. Meine Liebe kann er damit nicht gewinnen. Es ist ein Wort, dass ich nicht einmal in Ausnahmefällen benutzen wollte. Warum sich Theater damit auf Plakaten zieren wollen, ist mir schleierhaft. Zu mal es ja einen guten alternativen Titel gibt: Othello.
Othello, Halle: Engel in Essen
@Marlene: was ist an München und Hamburg besser als an Halle oder Dresden? Achso, Herr Engel inszeniert glaube ich demnächst in Essen. Toll oder?
Othello, Halle: wer kann Rassist sein?
@Frage.

Wieso sollten Farbige keine Rassisten sein?
Othello, Halle: beim nächsten Ben Jonson?
Wie im Pressespiegel aus Montag Sonntag wird, ist natürlich schon
ganz schön. Bei "Bühnenwatch" kann einem so langsam nichts mehr
einfallen: bin aber schon gespannt, was denen so zum nächsten Ben
Johnson einfällt (der unfehlbar kommt ...).
Othello, Halle: von Deutschland
ein bayrischer liedermacher hat einmal gesagt:
wir bayern sind die neger von deutschland -
Othello, Halle: das gilt es auszuhalten
eine hypothese: buhss gehört zu einer generation von ostsozialisierten künstlern, denen ist political correctness ziemlich schnuppe. und da greift man auch gern mal provokativ mit beiden händen in den falschen eimer, schmeißt die rassistische scheiße an die wand, besieht sich schmunzelnd dreck und reaktionen - und geht sich dann die hände waschen. ich erinnere mich an eine publikumsdiskussion mit dimiter gotscheff an der volksbühne nach seinem koltès-abend. die volksbühne hatte tagelang eine "Neger"-bauchbinde getragen als kurzformel für "Kampf des Negers und der Hunde" - so heißt das stück in deutscher übersetzung. die (ost-)dramaturgie war völlig unvorbereitet auf die empörung, die damals losbrach. argumentativ wohlpräparierte anti-rassismus-aktivisten zerpflückten das ensemble in der diskussion - sieg auf ganzer linie. darsteller, dramaturgie und regie saßen total bedröppelt und sprachlos da. vereinzelt anwesendes stammpublikum versuchte mit "ihr wollt doch dem castorf-theater jetzt keinen rassismusvorwurf machen" hilflos einen rettungsversuch. irgendwann platzte gotscheff der kragen und er schrie (sinngemäß): "ich hab doch keine ahnung, wo das affenkostüm plötzlich her kam! solche dinge passieren, wenn man probt! da bringt dann halt irgendwer ein affenkostüm mit! wer hat das affenkostüm mitgebracht? (fragender blick richtung darsteller und dramaturgie, achselzucken. dann zu den aktivisten:-) sie haben ja keine ahnung von kunst! außerdem bin ich der neger! ich bin bulgare und neger. alle unterdrückten sind neger!!!" - ich fand das damals ziemlich katastrophal komisch. es gibt diese haltung noch immer (bei uns debattenerprobten biodeutschen wessis seltener), dass man sich nicht vorschreiben lassen will, "afrodeutscher" oder "postmigrant" zu sagen. vielleicht aus einer borniertheit heraus, vielleicht auch, weil man sich nicht mit (west-)diskussionen aufhalten will, wo revolutionäre kraft sich in korrekten bezeichnungsfragen verausgabt. kunst darf auch neger sagen, finde ich. das gilt es auszuhalten - und dann muss darüber gestritten werden. buhss ist kein rassist, er nutzt kalkuliert ein aufgeladenes rassistisches schimpfwort als synonym für "unterdrücktsein". buhssens titel will in diesem sinne eine lesart des stückes nahelegen. vermute ich mal. - servus.
Othello, Halle: Haare zu Berge
Es ist schon erstaunlich, dass von einigen hier einfach nicht begriffen wird, dass die Bedeutung und Wirkung eines Wortes vor dem Gebrauch zu klären ist und von dem Gebrauch abgesehen werden sollte, wenn die Wirkung kontraproduktiv ist. Und dabei handelt es sich um Theaterbesucher und -macher, also Kunstfreunde (nehme ich mal an).Da stehen einem schon die Haare zu Berge.
Othello, Halle: rassistische Textbasis?
@ 8

Lieber Herr Hensel, denken Sie, Herr Baucks hätte einen ähnlichen Kommentar zum
"Sauj..." geschrieben ? So weit zur "gleichen Wertigkeit".

@ alle

Aber, es stimmt schon, solche "Substitutionsspielchen" können -in therapeutischen Dosen genossen- ganz interessante Aspekte freilegen helfen, also: nur zu !
Den Schoko- oder Schaumkuß sollte "man" den Bühnenwatchern zu Ehren möglicherweise jetzt "Bühnenwatsch" (Mehrzahl: Bühnenwatschen) nennen, wie gesagt: Substitutionsspielchen sind nicht (notwendig) reizlos !!
Ansonsten kann ich Stefan nur beipflichten, der direkt auf den Kern der Sache zusteuert, wenn er von "Erpressung" spricht. Wer die Kommentare überfliegt, stößt ja auf Sätze der Artung "Solange das N-Wort steht, gehe ich nicht in diese Inszenierung." Nun, das mag jeder Einzelne halten wie er will, bei "Bühnenwatch" darf man, glaube ich, mehr vermuten: in etwa die Bestrebung eines "Erfolges" wie bei
"Unschuld" am DT in Berlin. Dort gab es auch noch einen gewissen Anlaß, die DT-Entscheidung (wie etwa Herr Merck oder jetzt in "Die Deutsche Bühne" Herr Brandenburg) nicht einseitig als eine Kapitulation vor dem Holzhammervorwurf
"Rassismus" zu werten, aber, offen gestanden, liegt der Fall in Halle für meine Begriffe ein wenig anders. Es sieht doch merkwürdig aus, wenn es für die "BühnenwatcherInnen" reichen sollte, das "N-Wort" im Titel zu streichen, währenddessen dieser weiterhin leicht nachzuschlagen ist, um diese Inszenierung zu frequentieren: dann sollten sie (die Bühnenwatcher) auch konsequent sein und sagen:" Da können wir aus unseren Gründen keineswegs hingehen, weil man unsereserachtens auf "rassistischer" Textbasis keine Inszenierung aufbauen sollte." Ist es nicht verdächtig, daß das hier nicht so klipp und klar gesagt wird ??
Othello, Halle: Kämpfer, denen es nur um die Sache geht
schade, dass auf meine Frage nicht geantwortet wurde bislang.
@ bühnenwatch: ich als ein Schwarzer, der seit über 30 Jahren in Deutschland lebt, fühle mich durch Ihr Auftreten nicht vertreten und repräsentiert. Ich finde Ihre dogmatische Art und Weise sehr unangenehm. Ich finde auch sehr anmaßend, dass Sie für alle uns Schwarze sprechen wollen. Ich habe Rassismus in Deutschland erlebt, ja, aber ich habe auch Kämpfer gegen den Rassismus erlebt, denen es nicht um die Menschen, sondern nur um die Sache ging.
@ stefan schweers. ich finde das auch erschreckend. aber ich finde auch erschreckend, dass sie wie ein kalter technokrat argumentieren. das macht mir genauso angst. wer die gerechte welt so durchsetzen will, geht einen stalinistischen weg. mir helfen sie damit nicht.
Othello, Halle: auf das Spiel kommt es an
Ich kann inhaltlich leider nicht viel zur Debatte beitragen, da ich die Inszenierung nicht gesehen habe, es aber vielleicht noch nachholen werden. Ich halte es aber für problematisch das N-Wort im Titel zu benutzen, da der im Shakespeare-Original benutzte "Moor of Venice" ursprünglich durchaus eine andere Konnotation haben könnte und es nicht eindeutig ist, ob man es überhaupt mit einem Schwarzafrikaner zu tun hatte. Zaimoglu/Senkel hatten es in der Münchner Inszenierung von Luk Perceval auch nicht nötig, das Wort Neger zu benutzen. Der Text spielte auch da bewusst mit Rassismen aller Art. Auf das Spiel kommt es nämlich an, nicht nur auf die explizite Wortwahl. Was man im Spiel nicht darstellen kann, wird durch das Benutzen der Worte nicht besser. Von den Aussagen des anderen "Stefan" möchte ich mich hier entschieden distanzieren.
Othello, Halle: Klassenziel Exklusion
Na, Herr Schmidt, das ist doch alles ganz schön von Ihnen zusammengefaßt: Sie und weitere Angehörige der Weißen Dominanzkultur treffen sich, um das "Phänomen Rassismus tiefgründiger zu betrachten" und sie /Sie können stolz darauf blicken, daß ihr/Ihr Rechtfertigungsdruck "Klischees im Fremden (zu) suchen" und daß sie/Sie "oft genug aus niederen Beweggründen regelrecht froh zu sein scheinen, sie gefunden zu haben" so "fein durch Engels Inszenierung herausgearbeitet" wurde. Schön auch, daß sie/Sie für diese Erkenntnis gänzlich auf Rassismus-Expert_innen dabei verzichten konnten. Deren reflexhaftes Empören stört eh nur beim Schmunzeln. Nicht nur, daß das Theater in Halle beweisen konnte, daß es "avantgard" (Henriette Hörnigk) ist und "sich in Halle was" (auch immer) "tut", sondern ein zweites Klassenziel wurde gleich mit erreicht: Exklusion! Die, die durch ihr/Ihr Sprechen und Tun verletzt werden, werden nicht benötigt, damit sie/Sie sich erklären können, warum sie/Sie das tun. Etwas Besseres als diese Veranstaltung können sich Weiße Menschen gar nicht wünschen. Es sei denn sie reflektierten, dann könnte ihnen allerdings das Kotzen kommen. (Kein Problem! Kann wieder aufgewischt werden.)

Sehr geehrter Herr Schmidt, vielleicht erlauben Sie mir aber, doch noch ein klein wenig Kritik an Ihrer Analyse der Ereignisse vor und während der Premiere zu äußern. Hier ein link zu einer Worterklärung: http://de.wikipedia.org/wiki/Phänomen, denn ich bin mir nicht klar darüber wie Sie DAS Werkzeug für Jahrhunderte lang immer und immer wieder begangenen Mord, Völkermord, Jahrhunderte lang währende Versklavung, Apartheid, Diffamierung, Diskreditierung, heute existierende Ausgrenzung, Körperverletzung, Mord, Neo- und Rekolonialisierung als Wahrnehmung eines singulären Ereignisses bezeichnen können. Aber vielleicht ist das auch eine zu vernachlässigende Nebensächlichkeit, die nicht weiter thematisiert werden sollte. Schon gar nicht auf deutschen Bühnen! Wie ließe sich da der „echte Shakespeare“ genießen?! Wie sollte mensch „schwelgen (können) in den dialektischen Bildergefechten seiner Sprache“. (Ach und, war Shakespeare nicht Engländer? – Egal! Nebensächlich? Eh nicht mehr genau zu erforschen. Auch hat er doch England nie verlassen, soweit bekannt ist, oder? – Egal! Nebensächlich!)

Also Bravo an Herrn Buhss, Herrn Brenner, Herrn Engel, Herrn Scheel, Herrn Reik, Frau Hörnigk und alle anderen Beteiligten. Und um ‚Stefan‘ beizupflichten: Lassen Sie sich in Halle am nt um Himmels Willen nicht erpressen! (Im Englischen nennt mensch das to blackmail (sic!)
Othello, Halle: ein Link
Hallo Herr Baucks,
hier ein link zum besseren Verständnis für Begriffe in öffentlich geführten Debatten: http://www.publikative.org/2007/03/03/leitfaden-rassistisch-fremdenfeindlich-oder-rechtsextrem-schwarze-weise-oder-farbige-menschen/
Othello, Halle: Zitat Monika Maron
Monika Maron, Schriftstellerin:
"Wir erleben einen antideutschen Rassismus, alle Länder der Welt erlauben es sich, die Deutschen zu beleidigen, und ich frage mich manchmal, ob wir nicht völlig verrückt sind, daß wir uns nicht zu wehren wagen."
Othello, Halle: Etymologie des Wortes
Abgesehen davon, dass ein beleidigends Wort wie N... überhaupt nicht verwendet werden sollte, ist es in diesem Fall zusätzlich sachlich falsch. "The Moor" bezeichnet im Englischen der Shakespeare-Zeit einen muslimischen, arabisch-stämmigen Menschen aus Al-Andalus. The Moor/ der Maure war während des gesamten Mittelalters bis zur vorkolonialen Neuzeit mitnichten ein Opfer von rassistischer Unterdrückung sondern im Gegenteil ein überlgener Zivilisationsträger. Das vergißt der weiße Europäer natürlich gerne, weil er andere Menschen entweder als minderwertig wahrnimmt oder als zu bemitleidendes Opfer. Beides ist rassistisch.
Othello, Halle: Wo denn?
@ Süden: Danke für den Kommentar.

@ Ausländer: Wo erleben wir hier einen antideutschen Rassismus?
Othello, Halle: Realitätsverlust
Ups, habe ich tatsächlich "Ben Johnson" geschrieben, nicht nur falsch
(da Ben Jonson) und Koltes (wie in 25 richtigerweise in die Diskussion eingebracht) gemeint ? Au weia, so ist es.
Das verquirlte sich wohl irgendwie mit "Volpone", Gotscheff und Finzi: natürlich - KOLTES !
Dennoch: Was "Bühnenwatch" hier abzieht, in selbstzugeschriebener Repräsentanz (ja, lieber Poster 28, die sehe ich nämlich auch nicht so, wie Bühnenwatch sie ganz offenbar reklamiert, auch das damalige, von Prospero zitierte Interview eines Gorkij-Schauspielers gab Bühnenwatch nicht zu denken) , dem Gegenüber beliebig abschlagend, was man sich selbst ausbedingt (ein sicheres Kriterium für Ideologen), ist dazu geeignet, Unterschiede gerade dort einzuebnen, wo es diese eigentlich zu erkennen gilt. Wer "Neger" und "Saujud" im Sprachspielfeld tatsächlich als "gleichwertig" betrachtet, verdient bzw. benötigt, denke ich, längere "Unterrichtung" als es im Umfelde eines solchen Inszenierungsthreads es mir für möglich beziehungsweise sinnvoll erscheint. Wer auf die Seite von "Bühnenwatch" schaut und allerlei Facebookkommentare von denen sich antut, wird ohnehin so viele Belege von, tut mir leid, Doppelsprech und Selbstherrlichkeit/Selbstgerechtigkeit/Selbstgefälligkeit finden, daß eine mögliche Diskussionsbasis mehr als fraglich mir zudem erscheint. Wie in etwa das Laages-Interview behandelt wird,
wie der Interviewer angeblich nicht kritisch fragt undsofort, sondern Herrn Laages "zuarbeitet", spricht dann Bände über "Bühnenwatch", wenn "man" sich das Interview gönnt, daß zwei Bühnenwatchaktivistinnen einem Online-Radio gegeben haben: Wie da in einer halben Stunde geschleimt und geseiert wird, sorry, ich finde keine passenderen Ausdrücke, und ein halbstündiges (!) Interview weniger zutage fördert als die Internetdiskussionen zuvor, sie nur schlecht wiederholt, zu bei weitem handverleseneren Fragen, das ist irgendwie schon auch wieder ne Leistung , es geht ja -absurderweise- so weit, daß man am liebsten gleich den Loher-Text hergenommen hätte, um diesen zu bereinigen; ja, die Theaterwissenschaft bringt halt die eigentlichen DramatikerInnen und die Sprachwissenschaft die kompetentesten AlltagssprecherInnen hervor: welch Vermessenheit und Naivität, welch ein Realitätsverlust offenbar, aber, ich denke, hierbei kaum zu übertreiben (es kann ja jeder/jede noch einmal selbst nachlauschen; mitunter hört das Ohr ja eh noch mehr !).
Wie sieht es eigentlich in anderen Ländern mit dem Othello aus, zB. in Finnland, Moldawien, Serbien, Belgien, Irland oder Griechenland, Frage an die Fachleute: Kein "N-Wort" dort, kein angebliches "Blackfacing" (im Sinne der anglo-amerikanischen Tradition), und ist es nicht wirklich komisch, sich dann ausgerechnet die Herkunftsländer der Minstrel-Praxis jetzt zum Vorbild zu machen (ich erspare mir hier das "erinnernde Assoziieren", sonst bin ich ja fast schon bei Günther Grass ...) und wenn nur von denen die Rede ist (Laages weißt darauf hin !), uns das "PoC"-Sagen zu lehren und noch sinnvollere Dinge ??
Othello, Halle: Zitat Wolffsohn
Der Antigermanismus als Instrument zeichnet, verzeichnet und überzeichnet das heutige Deutschland ebenso wie einst der Jude nur als Fratze dargestellt wurde. Seit Jahrtausenden leben die Juden mit dem Antijudaismus. Die Deutschen werden sich,
wohl oder übel, an die Allgegenwart des Antigermanismus gewöhnen müssen.
(der jüdische Historiker Michael Wolffsohn)
Othello, Halle: was ist mit solchen Besetzungen gemeint?
@f.e.

Ich habe meinen Kommentar ja nicht geschrieben, um zu belegen, dass ich mich korrekt verhalte, denn das tue ich nicht. Ich kann das gar nicht, weil ich ein Künstler bin. Es gelingt mir nicht so oft, würde ich vorsichtig formulieren. Aber es gibt Momente in denen ich mich bemühe. - Das Wort "farbig" benutze ich gerne, weil es etwas beschreibt. Auch ich bin farbig. Dies wird mir ganz besonders dann bewusst, wenn ich in Dakar über den Platz der Unabhängigkeit gehe. Jeder kann mich auf Grund meiner Hautfarbe heraus erkennen und das bleibt nicht folgenlos. An Integration ist dort für mich kaum zu denken. Ich sage dann zu meiner Begleiterin Dinge wie: Das ist schon ein hartes Brot, wenn man so als einziges weißes Brötchen hier über den Platz geht und jeder einen als ein solches erkennen kann.

Keine Ahnung, ob ein solcher Satz korrekt ist. Weiß ich nicht. Aber meine Probleme liegen letztendlich ganz woanders. - Natürlich kann es einen befreienden Moment bedeuten, wenn man mal ein Kraftwort benutzt, aber dieser Moment ist von sehr kurzer Dauer. Danach fühle ich mich meistens sehr fad. Unter echter Freiheit, auch Kunstfreiheit verstehe ich etwas ganz anderes. Also ich sehne mich jetzt nicht danach durch die Welt oder über die Bühne zu hüpfen, um dabei Kraftworte auszuspeien. Dies ist eine Art Freiheit, die mir nicht so liegt, die ich eher so im Bereich eines Torette Syndroms ansiedeln würde. Kann auch Spaß bringen, aber ist nicht mein Ding.

Nein, mein Problem liegt einfach bei der Besetzung. Das letzte gemischte Paar, welches ich kennenlernte, war die Leiterin des Montessori Kindergartens in Dakar, eine weiße Französin aus einer der besten Familien, wie man mir sagte, und ihr senegalesischer Freund, zu dem ich ungern Schwarzafrikaner sagen möchte, denn die Hautfarben dort sind auch im Bereich "schwarz" sehr unterschiedlich. Nun, die beiden sind ein hoch attraktives Paar, man könnte neidisch werden, aber Neid gehört nicht zu meinen großen Talenten. Beide sind hochgewachsen, sehr schlank und mit einer Gesichtszeichnung ausgestattet, die einem schon aus der Ferne auffällt. Nun ja, und da sind wir schon bei einem sehr leidigen Thema, deutsche Ensemble...bilden allzu gerne einen vermuteten Publikumsgeschmack ab, was die Wahl ihrer Menschen betrifft. Im Grunde geht dies schon in den Schauspielschulen los. Und da tauchen solche Paare einfach nicht auf und schlussendlich muss ich mir dickbäuchige und bärtige Darsteller als Othello anschauen von Wiesbaden bis Halle und häufig grobschlächtige weiße Frauen, dies trifft auf Wiesbaden 100% zu, die sich als Desdemona ausgeben. Tja, und da habe ich einfach keine Lust hinzugehen. So einfach ist das. Ich weiß nicht was mit solchen Besetzungen gemeint sein soll. Und ein rot angemalter deutscher Bauch ersetzt mir nicht den farbigen Darsteller, den ich mir vorstelle. Und eine weiß angemalte weiße Deutsche sagt mir gar nichts, außer, dass sich Herr Engel wohl ein paar Gags zu einem Diskurs hat einfallen lassen und dies ist mir viel zu wenig.

P.s.: Lieber Zarthäuser, sie haben recht, bei dem von ihnen angesprochenem Wort, wäre mein Kommentar noch schärfer ausgefallen.
Othello, Halle: Theater ist unbeabsichtigter Klassenkampf
Weiße spielen Othello.
Blonde spielen Süditaliener.
Räteromanen spielen Norweger.
Frauen spielen Männerrollen.
Alles in Ordnung am Theater...aber wehe jemand will Hamlet mit einem guten Schauspieler besetzen, der zufällig auch noch schwarz ist.
Dann fragt jeder, wie ist das gemeint?
Und die Dramaturgen fangen wieder das Rauchen an.
Und wenn der Othello weiß ist, wird auch wieder argumentiert dass Shakespeare es vielleicht gar nicht so gemeint hat... Mohr, Maure, Mauretanien, Magrebh... blablabla

Das deutsche Theater bleibt eine weiße germanische Veranstaltung von Akademiker-Kindern die "Neger" nicht mehr sagen, aber die auch Schwarze Deutsche nur aus dem Fernseh kennen und nicht mal wüssten wie man auf türkisch Danke sagt.
Da bin ich am Theater wohl verloren, der ich mit ohne 'Migrationshintergrund' und aus nicht-akademischen Haushalt, jedoch mit der immigrantischen Community mehr Verbindung habe, da ich mit ihnen mein Leben teile.
Theater ist unbeabsichtigter Klassenkampf.
Ihr habt nichts verstanden.
Othello, Halle: Besetzungsfragen und gleiche Eignung
@ 37

Der Hinweis zu den Besetzungen trifft das -ja nicht unnachvollziehbare !- erste
Anliegen, das ich von "Bühnenwatch" her vernommen habe, seitdem diese Organisation im Nachtkritikrahmen aufgetaucht ist, ziemlich genau.
Und dem Augenschein nach ist es auch nicht ganz von der Hand zu weisen, daß der
Anteil solcher Personen -nennen wir es einmal so- mit "Migrationshintergrund" im
Schauspiel geringer ausfällt als in den übrigen darstellerischen Sparten.
Da wohl kaum schon bei den Schulbewerbungen eine Statistik vorliegen dürfte, welche detailliert zwischen "Mit- und Ohnehintergrund" (möglicherweise auch noch in allerlei Abstufungen) unterscheidet (was wohl erst recht furchtbar wäre), ist es natürlich auch schwer, irgendwie mit Zahlen zu operieren und stichhaltig herauszuarbeiten, daß der Anteil der abschlägigen Bewerbungen bei Personen mit "Migrationshintergrund" signifikant höher ausfällt als beim (auch furchtbar dieser Ausdruck) Ottonormalbewerber aus altem zB. holsteinischen Landadel. Was wir wissen, ist, daß sich eh viele an den Schauspielschulen bewerben, und nur wenige genommen werden. Wenn sich eh immernoch zu wenige Interessierte mit "Migrationshintergrund" bewerben sollten (ist das so unmöglich, andere handeln Schauspiel als gefallenes Gut, und da soll der "Migrant" sogleich die größte Hoffnung auf das Schauspiel verwenden ??), deshalb damals mein Biathlonbeispiel,
dann ist natürlich bei "gleicher Eignung" der Anteil immernoch ziemlich mager, ich finde, ohne daß "man" sogleich Rassismus befördernde Strukturen anzunehmen verpflichtet wäre. Klar, wären die "Quoten" in etwa so wie bei der Fußballmeisterschaft am Samstag, so würde das dem Straßenbild in puncto Repräsentation mehr entsprechen, und wenn wir es schaffen, die Schauspielhäuser lang genug zu erhalten, so wird diese auf den Fußballfeldern des Theatersports bereits angekommene Entwicklung ganz sicher auch auf den Besetzungszetteln durchschlagen, schon, weil es gar kein Zurück geben kann, und sich, ich glaube das ist der Trend, eh immer mehr junge Menschen mit "Migrationshintergrund" auf den Bühnenweg trauen (ich denke, dazu ist nicht einmal eine Quotierung vonnöten, sondern ein "Bei-gleicher-Eignung" reicht völlig hin): so fürchterlich "schwarz" sehe ich da, ehrlich gesagt, garnicht (zB. wenn ich auch Schulschauspiel-AGs und Studententheater heranziehe, so ist der Anteil der PoC dort höher als vor einigen Jahren).
Gegen einen "dicklichen" Othello habe bzw. hätte ich garnichts, und warum das Publikum gerade nach einem solchen verlangen sollte, ich denke, dem es nicht so,
weiß ich obendrein eigentlich auch nicht recht.
Eigentlich gab es ja sogar einen gewissen Durchbruch gewisser Normierungen bei der Besetzung von Rollen zB. schon seit Zadek mit seinen dezidierten gegen das "prima facie" Besetzen. Auch Castorf hat viel dazu beigetragen, daß, wäre ich ein Schauspieler, mir nicht nur Hoffnung machen könnte, Porfiri oder Swidrigailow zu spielen, sondern wohlgar Raskolnikow oder Rasumichin, und eigentlich setzt sich dieser Trend mit den "Transgenderbesetzungen" (siehe Jana Schulz etwa) immernoch eindrucksvoll fort; andererseits verblüffen auch immer wieder Punktlandungen bei einer Rolle, auf die bestimmte SchauspielerInnen geradezu notwendig über Jahre hin zusteuern (ich habe nichts gegen Constanze Becker, aber
bei ihr war ich zuletzt auf diese Weise verblüfft) und der Ausbildung mitunter auch eher Recht zu geben scheinen: auch dieses Feld scheint mir also weiter zu sein,
als es in zwei Strichen abzuhandeln.
Wenn es so wäre, daß es Wolfgang Engel hier nur um ein Paar "Gags" oder um halbseidene Anspielungen gegangen ist, so wäre dieses in der Tat ein wenig
dünn ; dazu wäre es natürlich dienlich, was ich bislang nicht konnte, diese Inszenierung gesehen zu haben (vielleicht konterkarriert das Spiel ja das Wort, und Stefan II spricht doch vom Spiel ...). Was mich auch ein wenig wundert, ist, daß bislang noch kein Wort, soweit ich es sehe, hier über das Programmheft zum Stück gesagt wurde, wie es in solchen, eine Inszenierung würdigen wollenden, Diskussionen eigentlich ziemlich üblich ist. Wie ist das genau mit den Vor- und Nachgesprächen zum Stück, etwaigen Stückeinführungen, sind in diesem Thread wirklich schon hinreichend viele Möglichkeiten berücksichtigt worden, sich ein genaueres Bild zu verschaffen ?
Othello, Halle: Identifikation ohne Auseinandersetzung
@Ödön: Bulgare UND N: Finzi erzählte damals am Ende in diesem völlig beknackten Witz (der für Schwarze Deutsche aber verdammt alltäglich und alles andere als witzig ist): Ich bin doch kein N, ich bin doch Bulgare",sicherlich eine Anspielung auf eigene Erfahrungen in D, wenn er sagt, dass er es leid war/ist, zunächst als Bulgare und DANN erst als Schauspieler angesprochen zu werden (äußerte er im DT auf einem Podium). Und klar: die 'östliche' Tradition à la Heiner Müller "Ich bin ein "Neger"" scheint fortzuwirken und damit die Kunst der Freiheit per se heraus zu schreien. Welch Weisheit: alle N sind unterdrückt, ja sie müssen stehen für Fremdheit überhaupt! Und: Achso, ja klar: auch Weiße können N sein. Warum existiert dieses Bedürfnis sich mit Erfahrungen Schwarzer Menschen (oder 'kolonialen Opfern' siehe Müllers "Auftrag") identifizieren aber bloß nicht wirklich auseinander setzen zu wollen? JA, es IST borniert, wenn Weiße immer wieder auf ihr angebliches Recht pochen 'Andere' zu definieren.Und warum stehen nationale Zugehörigkeit und Schwarzsein als 2 gegensätzliche Marker gegenüber (so wie es die ironisch gewollte Brechung -aber in meinen Augen alles andere als gelungene- Essenz des Witzes aussagen wollte?): Gibt es keine Schwarzen Bulgaren? oder wie Gotscheff ja auch gerne sagt, es ist egal, ob ein Mensch braun, orange oder sonstwas ist (ja, leider IST es eben NICHT egal, wenn Eigenbezeichnungen von Schwarzen konsequent ignoriert werden und sie per se als Unterdrückte oder Opfer herhalten müssen!)Ich bin auch dafür, dass eine Gesellschaft Dinge aushalten muss und Kunst als Spiegel und (hoffentlich) dynamisierende Kraft auch. Aber wer ist DIE Gesellschaft? Was ist das für eine Provokation, wenn Wörter benutzt und auf das verlogene PC-Konzept geschimpft wird, wenn sich aber keine tiefgreifenden Debatten (die eben erst mit einer Sensibilisierung über Sprachverwendungen stattfinden) ergeben? Das ist für mich dann die immer selbe bornierte Ignoranz... @Stefan Schweers: Danke für deine Statements und auch die von BW!
Othello, Halle: das Problem sind nicht die Wörter
von der etymologie ist N... wertfrei. es bedeutet nichts anderes, als "person mit schwarzer hautfarbe. "saujud" ist da offensichtlich schon etwas anderes. was das N-wort zu einer beleidigung macht, ist sein historischer gebrauch. man kann auch "farbig", "maximalpigmentiert", "afroamerikanisch" etc. zu einem schimpfwort machen - durch abschätzigen gebrauch. solange menschen geringgeschätzt werden, werden wir nach immer absurderen neuen wörtern suchen, die die political correctness wiederherstellen. OTHELLO, VENEDIGS AFROAMERIKANER. oder OTHELLO, DER VENEZIANER MIT MAURISCHER ABSTAMMUNG. auf dauer greift das zu kurz, denn das problem sind nicht die wörter. ich halte im vorliegenden fall auch nicht die provokation oder die künstlerische freiheit für das hauptthema. absurd ist bloß, dass dem theater möglichkeiten genommen werden, etwas über rassismus zu erzählen, aus angst, politisch inkorrekt zu werden. es liegt in der natur der sache, dass auch in kritischer auseinandersetzung das theater die kritischen themen sinnlich benennen muss. und es ist bis heute erstaunlich verbreitet, die schauspieler mit ihren rollen, die regisseure mit dem gezeigten und das theaterplakat mit dem konzept eines stücks zu verwechseln. ich warte darauf, dass sich alice schwarzer hier meldet und verlangt, alle gegenwartsstücke, in denen wörter wie "votze" o.ä. vorkommen, aus naheliegenden gründen zu überarbeiten.
Othello, Halle: Wortverbote sind nicht wirksam
ist doch komisch, dass sich vor 10-15 jahren niemand derart über das wort "neger" empörte.

heute dozieren in D geborene leute über mistrel-shows, von denen sie vermutlich bis vor kurzem keinen schimmer hatten, und bestehen drauf, PoC genannt zu werden. imortiert aus USA hat man ein beleidigungspotenzial erschlossen und kann es der mehrheitsgesellschaft mal so richtig auf die moralische tour besorgen. wer das kritisiert, ist ein nazi, klarer fall.

ja, es gibt in D rassismus. aber nicht auf theaterplakaten oder renommierten bühnen. der rassismus findet woanders statt. wortverbote und beleidigte posen sind dagegen nicht wirksam.
Othello, Halle: Rassismus ist immer woanders
@ empört: Auch vor zehn Jahren haben sich Leute daran gestört, sie wurden nur nicht wahrgenommen.-

Die hervorstechendste Eigenschaft von Rassimus ist die, dass er grundsätzlich woanders stattfindet. Für Wessis im Osten, für Ossis im Westen, für Künstler beim Spießbürger, für den Spießbürger - gar nicht?-, für alle aber ganz bestimmt, wenn überhaupt, in den USA. Wenn er denn in Deutschland vorkommt, dann als bedauerlicher Einzelfall oder in der Vergangenheit, oder er ist nicht so gemeint...oder ein Kunstwerk!
Othello, Halle: kann man sich sparen
Henriette Hörnigk auf RADIO CORAX - Ein Gespräch über "Othello" am nt in Halle

Sehr zu empfehlen, danach kann man sich, so glaube ich einen Besuch sparen.
Othello, Halle: früher nannte man das Ablasshandel
"Auch vor zehn Jahren haben sich Leute daran gestört, sie wurden nur nicht wahrgenommen."

stimmt, das empörungpotenzial lag quasi brach. es wurde weder aufmerksamkeit noch moralische dividende generiert und auch die auf diesem ticket mitreisenden waren noch zu fuß unterwegs. besonders praktisch am "N-wort" ist der umstand, dass man sich nur an einem wort abarbeiten und die hände nicht an tatsächlichem rassismus schmutzig zu machen braucht. früher nannte man das ablasshandel.
Othello, Halle: motiviert
@ Martin Baucks: Falsch, mich hat es motiviert, sich die Vorstellung anzuschauen.
Othello, Halle: tatsächlicher Rassismus
@ empört: die benutzung eines erniedrigenden schimpfwortes ist also kein "tatsächlicher rassismus"? ich setze mich über die gefühle und empfindungen von einzelnen hinweg und das ist nicht diskriminierend? – ab wann ist denn etwas "tatsächlicher rassismus"?
Othello, Halle: nicht angesprochen fühlen
@Udo Israel: Wenn man sich nicht angesprochen fühlen und sich nicht ändern muss.
Othello, Halle: nicht verifizierbar
@Udo Israel

die gefühlte empfindung von einzelnen sind subjektiv und nicht verifizierbar. jeder kann vorgeben, wie auch immer geartete gefühle zu haben. jeder mensch wird schon erlebt haben, dass sich über seine gefühle hinweggesetzt wurde. diskriminierung ist das nicht.

zu einem großen teil entstehen gefühle im kopf des empfindenden. zu einer beleidigung gehört nämlich immer auch jemand, der sich beleidigen lässt / lassen will, jemand, der sich den schuh anzieht und sich gemeint fühlt, wo er gar nicht gemeint ist. das wird in diesen fällen besonders deutlich. die meisten empörten sind gar keine schwarzen. sie empören sich aus anderen motiven. es sind gar nicht ihre verletzten gefühle, die hier zur debatte stehen.

tatsächlicher rassismus ist, wenn schwarze auf grund ihrer hautfabe faktisch und nachprüfbar benachteiligt werden.
Othello, Halle: oft verwendet
nun haltet mal die bälle flach! ein NEGER macht noch keinen rassismus! diese über-korrektheit nervt - kunst darf und muss provozieren, und das, was es hier auslöst, sprich doch für sich!
sebald verwendete das wort neger, bei celine kommt es vor, gut der war später ein übler antisemit, aber sein frühwerk ist brillant!!!
so, ich gehe jetzt mal einen negerkuss essen. legggger
Othello, Halle: kleines Ein mal Eins
@Kai.

Himmler auf einer Rede vor Reichs- und Gauleitern in Posen am 6.10.1943:"...In Deutschland haben wir nämlich so viele Millionen Menschen, die ihren einen berühmten anständigen Juden haben..."

Diese Formulierung von Henriette Hörnigk: "Wir haben Juden.", die fast deckungsgleich ist mit dem Sprachgebrauch eines der größten Rassisten und Antisemiten, viel mir als erstes ins Ohr, es klingelte sozusagen ein wenig in meinem Gehör. Hysterie? Ich denke nicht. Vielleicht nur ein feines Gehör. - Noch schwerer aber wiegt diese Antwort deshalb, weil es die Frage danach beantworten sollte, ob es den in Halle "Schwarze" oder eben "people of color" im Ensemble gäbe? Genauso gut hätte Frau Hörnigk darauf antworten können: "Wir haben Christen." Denn auch sie bilden eine vielfarbige gemischte Religionsgemeinschaft ab, ebenso, wie Menschen jüdischen Glaubens eine vielfarbige gemischte Religionsgemeinschaft aus vielen Nationen abbilden, aber keine Rasse. Verstehen sie, keine farbige Rasse. Falls man das Wort Rasse überhaupt für Menschen noch verwenden möchte.

Dies ist sozusagen das kleine Ein mal Eins im Umgang mit dem Thema Rassismus, dass hier nicht beherrscht wurde. Und das nach dem Privileg, wie ja glücklich betont wurde, sich mit dem Thema acht Wochen auseinander setzen zu dürfen. Jüdische Spitzfindigkeit meinerseits? Wohl kaum.

Denn auch wird mir erklärt, wie man normal aufwächst, nämlich dann, wenn man das Wort "Negerkuss" ganz normal von Kindheit an benutzt. Alles andere ist folgerichtig unnormal. Jede Ausdifferenzierung nicht natürlich. Sicherlich hat Frau Hörnigk dies nicht so gemeint, aber leider so gesagt. Naja, nehmen wir es locker. Cool. Warum eigentlich? Um sich zur Perepherie einer Inszenierung machen zu lassen in dem man hier debattiert. Denn hier liegt ja der tiefere Grund für die Verwendung jenes Wortes. Man wil sich an die Berliner Debatte ranhängen, um Leute in Halle ins Theater zu provozieren, und da benutzt man gerne mal so ein rassistisches Wörtlein um, ja um was eigentlich, um uns eine Gruppe von Weißen vorzuführen, die ein Problem untereinander haben sollen, das darin besteht, dass andere noch weißer sind. Und hier für mißbraucht man gerne mal dies "Wort", um auf sich selber aufmerksam zu machen?

Aber gut, auch dies nur Spitzfndigkeiten aus dem "klassischen Kanon" Berlins, was immer das auch sein soll. Da draußen in Halle, an der frischen Luft, im "realen Kanon" sozusagen, da wird die Wahrheit gelebt. In Berlin lebt und atmet man elitär. Und auch gleich die Absicherung, dies sei ja nicht depektierlich gemeint, nein nein...

Was heißt das denn jetzt alles? Das man den Hallensern keinen schwarzen Othello zumuten kann, wo er doch in jedem drittklassigen Movie alle möglichen Farbigen sieht? Das man einfach keinen hatte? Aber man hat ja Juden und übrigens auch Ost- und Westdeutsche. Kreisch! Und die allergrößte Sensation in Halle: Othello ist weiß. Ein Weißer. Das haben wir ja noch nie gehabt. Wenn doch dann folgerichtig wenigstens alle anderen Darsteller "Schwarze" wären. Aber nein, sie sind noch weißer. - Fast immer wird Othello von einem Weißen gespielt. Und hier liegt das eigentliche Problem.

Dann noch so eine kleine Äußerung, bei der ich hellwach wurde. Der ganze Mord und Selbstmord ist ja nur darin begründet, laut Hörnigk, weil dort zwei Welten zusammenkommen, die nicht zusammen gehören. Na dann all ihr Menschen, die ihr in Mischehen lebt, trennt euch mal schleunig, denn das führt nur zu Mord und Selbstmord, weil zwei Welten auf einanderstossen, die nicht zueinander gehören! Ich dachte immer alldies geschähe als Folge einer Intrige. Wie dumm von mir.

Ich weiß schon, alles nicht so gemeint, nur so gesagt von einer Abgängerin der Ernst Busch, die ja ausschließlich Weltklasse produziert, wie ich neulich hier lernen durfte.

Nein! Es zieht mich nicht nach Halle.
Othello, Halle: Vergleich hinkt
Meine ehemalige Mitbewohnerin Susanne hat mal einen Notizzettel auf dem Küchentisch liegen lassen, auf welchem geschrieben stand: "Der schwarze Diktator ist ein Oberossi." In welchem Kontext steht in dieser Inszenierung die Gleichsetzung von Othello bzw. eines Schwarzen mit einem DDR-Bürger bzw. -Funktionär? Wenngleich möglicherweise als Metapher gemeint, hinkt der Vergleich für mich doch sehr.
Othello, Halle: Meinungsfreiheit?
Alle die gerne N... sagen, auf Plakate drucken, als Bezeichnung für Othello benutzen wollen, berufen sich auf Meinungs- und Kunstfreiheit. Meine Meinungsfreiheit und die anderer ist es zu sagen, dass diese Handlungsweisen rassistisch sind. Seltsam, dass uns dann Verbotsmentalität unterstellt wird. Darf ich sagen, dass N... ein rassistischer Ausdruck ist oder ist das undemokratisch, empört, Ausländer etc.?
Othello, Halle: Sprachpolizei
wir brauchen keine sprachpolizei. erst recht keine, die suggeriert, wir ostdeutschen seien offenbar zu unerfahren, um den vom so genannten bühnenwatch definierten Regelwerk zu entsprechen. was für eine zeitverschwendung!
Othello, Halle: Meinungsfreiheit II
du darfst fast alles sagen, Stefan Schweers. musst aber damit leben, dass andere es anders sehen. DAS ist meinungsfreiheit.
Othello, Halle: Bühnenwatch antwortet mir nicht
ich stelle hiermit fest: Bühnenwatch schweigt zu meiner Frage (Post 19 & 28). Das spricht für sich. Damit weiß ich jetzt Bescheid. Ich hatte es ja schon befürchtet: sie machen aus ihrem kampf gegen rassismus eine ideologie. vor solchen leuten habe ich mich immer gefürchtet, auch wenn sie für eine gute sache kämpfen.
Othello, Halle: Sarah Kuttner wird angezeigt
http://www.express.de/promi-show/-negerpuppe--rassismus--sarah-kuttner-angezeigt,2186,16085176.html

Da wird die Sarah Kuttner, die ich ansonsten sehr mag, angezeigt wegen jenem Wort. Finde ich richtig. Warum fühlt man sich freier, wenn man dieses Wort benutzt? Kann mir das mal jemand sagen! Was meint dieses Wort? Was beschreibt es?
Othello, Halle: Kontext des Gebrauchs
@ martin baucks: Kommt es nicht immer darauf an, in welchem Kontext bestimmte Begriffe gebraucht werden? Zufälligerweise habe ich früher auch mit so einer "Negerpuppe" gespielt. Damals machte die Farbe für mich keinen Unterschied. Heute bin ich mir bewusst darüber, dass dieser Unterschied einen Unterschied macht, und zwar über die sprachliche Konstruktion damit verbundener Zuschreibungen. Worte bedeuten zugleich alles und nichts. Nach Wittgenstein ist die Bedeutung eines Wortes sein Gebrauch IN DER SPRACHE, andererseits verweisen Worte auf Wirklichkeit und damit auch auf historische Zusammenhänge.
Wäre es nicht eher problematisch, wenn Sarah Kuttner diesen Begriff "Negerpuppe" aktuell gegenüber einer (schwarzen) jungen Frau verwendet hätte? Letztlich geht es doch immer darum, ob man das Gesagte auch so lebt bzw. wonach man handelt. Anders und etwas überspitzt gefragt: Was bewirkt eine Anzeige in Bezug auf den Gegenstand einer Puppe? "Neger" sagt man nicht. Gut. Und jetzt fair handeln.
Othello, Halle: ganz anders
http://www.mopo.de/nachrichten/eklat-um--negerpuppe--hamburger-zeigt-tv-moderatorin-sarah-kuttner-an,5067140,16084996.html

Das ist etwas völlig anderes als das, was im neuen theater Halle mit einem Theaterplakat passiert ist!!!!!!!!!
Othello, Halle: Inkompetenz des Kontexts
@Inga

Na, ich würde sagen, um die Leichtigkeit nicht zu verlieren: Arme Sarah Kuttner, Pech gehabt, geschieht dir aber recht, wenn du ein Wort so reitest.

Warum sollte dieses Wort denn nur einer schwarzen jungen Frau missfallen? Dies finde ich sehr erklärungsbedürftig.

Aber in Halle steht es auf einem Plakat und macht dort keinen Sinn. Kontext hin oder her. Und das finde ich dumm und abstossend.

Wahrscheinlich soll es heißen, da wird jemand zum "..." gemacht. Aber das ist die äußerste Oberfläche einer Auseinandersetzung, die viel tiefer gehen muss. Bei den geistigen Fähigkeiten der Dramaturginn schwindet da schnell mein Vertrauen.

Wenn ich nur daran denke, dass sie auch noch sagte, die Franzosen und Engländer würden uns darum beneiden, dass wir Moliere und Shakespeare übersetzt spielen dürfen und sie, die Engländer und Franzosen nur im Original. Was soll denn bitte einen Franzosen daran hindern ein englisches Stück ins Französische zu übersetzen und umgekehrt. Dann trumpft sie noch sehr deutsch auf, dass sie ja auch demnächst Wedekind in eine sprachlich neuere Version übersetzen würden. Als ob die Engländer keine moderne Fassung eines Shakespeare Stückes erabeiten könnten. Soviel latenter Nationalismus war nie. Aber wahrscheinlich gehe ich zu weit, wahrscheinlich ist es einfach nur Dummheit.

Das dort ein kompetenter Kontext erzeugt wird, dafür spricht es allerdings nicht.
Othello, Halle: Linkhinweis
@Martin Baucks:
vielleicht ist das interessant:
http://www.gradakilomba.com/nword.htm
Othello, Halle: mit Freiheit ausgesprochen
Als ich diesen Text schrieb, musste ich zunächst überlegen, wie ich das N-Wort benutzen kann, denn das Wort ist schmerzhaft. Wenn ich in diesem Artikel statt des Euphemismus ‘N-Wort’, den Begriff ‘N.’ ausschreibe, dann, um ihn zu dekonstruieren. Das ist eine für mich schwierige Entscheidung, verletzend sogar, denn das N-Wort ist kein neutrales Wort, es ist ein weißes Konzept – ein Begriff, der mich in eine koloniale Ordnung festschreibt.

Liebe Tine,
Der Begriff ‘N.’ soll alle südlich der Sahara lebenden AfrikanerInnen kategorisieren und wurde während der europäischen Expansion* erfunden. Das N-Wort ist also in der Geschichte der Versklavung und Kolonisierung situiert, d.h. es ist ein Begriff, welcher mit Brutalität, Verwundung und Schmerz einhergeht. Diese Erfahrungen werden in der Psychoanalyse als Trauma defeniert.

Das ist tatsächlich ehrlich und schön geschrieben...aber ich meine mehr, was bedeutet dieses Wort, wenn es mit dem Gefühl der Freiheit ausgesprochen wird, wenn es das Gefühl der Freiheit beim Aussprechen erzeugt...
Othello, Halle: positiv besetzen
@ martin baucks: Leider sind Missverständnisse offenbar immer wieder vorprogrammiert. Mein Kommentar implizierte natürlich, dass auch ich den Gebrauch des Wortes "Neger" (race-Thematik) auch nicht gut finde. Ebenso wenig wie ich als Frau (gender-Thematik) "Schlampe" oder "Fotze" genannt werden möchte, jedenfalls in der realen Begegnung. Im Stück "Stoning Mary" von Debbie Tucker Green gibt es dagegen einen unbedingt positiv besetzten Begriff der "Schlampen". Mann, ist das alles schwierig!
Kai: Was ist denn mit dem Plakat? Da ich nicht in Halle wohne, weiss ich nicht, wie das gestaltet ist. Kann das mal einer posten oder beschreiben, wo da das Problem liegt?
Othello, Halle: geschlechtsneutrale Puppe
@Inga

Ja, das ist schwierig, aber warum fällt es uns schwer? - Also ich meinte nur, dass Wort "Puppe" ist doch weder männlich, noch weiblich...da bin ich mir jetzt aber ziemlich sicher!
Othello, Halle: wie einfach
"Als ich diesen Text schrieb, musste ich zunächst überlegen, wie ich das N-Wort benutzen kann, denn das Wort ist schmerzhaft. Wenn ich in diesem Artikel statt des Euphemismus ‘N-Wort’, den Begriff ‘N.’ ausschreibe, dann, um ihn zu dekonstruieren. Das ist eine für mich schwierige Entscheidung, verletzend sogar, denn das N-Wort ist kein neutrales Wort, es ist ein weißes Konzept – ein Begriff, der mich in eine koloniale Ordnung festschreibt."

nehmen sie es mir nicht übel, martin baucks, aber dieser sprachliche eiertanz ist von einer unfreilligen komik, die ihresgleichen sucht. erinnert an graue vorzeit, als die unterhose "unaussprechliche" genannt wurde. aber sie haben bestimmt ein richtig gutes gefühl, jetzt wo sie das N-wort so erfolgreich vermieden und schwarz auf weiß bewiesen haben, dass sie kein rassist sind. toll, wie einfach das sein kann.
Othello, Halle: Untertitel
Auf dem Plakat in Halle steht halt der Untertitel "Venedigs Neger" (zu sehen ist ein weißer Schauspieler --> Othello). Daher diese Empörung. Und allgemein dafür, dass dieser Titel benutzt wird
Othello, Halle: wer das N-Wort wie benutzt
"Hallo Bühnenwatch, eine Frage: wenn ein Schwarzer, wie ich einer bin, schreibt "Othello. Venedigs N-Wort", ist das dann Rassismus? "

Hallo Frage, ich bin Bühnenwatchaktivistin und selber Schwarz und würde deine Frage kurz wie folgt beantworten: Es ist auf jeden Fall ersteinmal nicht dasselbe, wenn eine Schwarze Person sich entschließt, das N-Wort zu verwenden, als wenn es eine weiße Person tut. Der Trick dabei ist eben, dass das Wort von Weißen erfunden wurde und zwar als Teil einer Propaganda, die durch Entmenschlichung versuchte, Verbrechen zu rechtfertigen, die sich eigentlich mit westlichen Moralvorstellungen nicht vereinbaren ließen (weisst schon: Landnahme, Versklavung, Völkermorde wie die an den Herero und Nama etc.). Ich als Schwarze Frau verwende das N-Wort überhaupt nicht, weil es mir nach wie vor im Alltag als Beleidigung ins Gesicht geworfen wird, also auch direkt, abgesehen davon, wo es sonst noch ständig so auftaucht. In momenten akuter Bedrohung durch Rechte war das Wort immer da. Und da ich weiß, dass sobald ich es verwende, irgendwo eine weiße Person das zum Anlass nehmen wird, um damit um sich zu werfen, wie man auch hier und auf Sarah Kuttners Seite sehr schön sehen kann, lasse ich es halt ganz bleiben. In den letzten Jahrzehnten wurde das N-Wort von Schwarzen Menschen teilweise Verwendet, in dem Versucht, die negative Bedeutung umzukehren oder zu entschärfen. Ob das funktionieren wird, darüber lässt sich streiten. Auf jeden fall kann diese Umkehrung nicht von weißen Menschen herbeigeführt werden. Für mich persönlich, ist die Verwendung in jedweder Form immer ein Schlag ins Gesicht und ich würde auch meiner Tochter beibringen, das Wort nicht zu verwenden und auch nicht in ihrer Nähe verwenden zu lassen. Weiße Menschen, die davon nicht lassen wollen müssen halt dann auf meine Freundschaft/Bekanntschaft verzichten. Meistens ist diese denen dann aber eh nicht so wichtig.
Also in a nutshell: wo das N-Wort ist, da ist auch ein Bezug zu Rassismus. Wie dieser konnotiert ist, hängt unter anderem davon ab, wer das Wort ausspricht.

Falls du mehr Info möchtest, hier entlang: http://www.gradakilomba.com/nword.htm

Ich hab die Frage jetzt mal aus meiner Perspektive beantwortet. Bühnenwatch besteht ja aus ganz vielen verschiedenen Menschen, Schwarzen und Weißen aber ich denke, dass diese Antwort so in etwa im Sinne der meisten anderen ist.
Othello, Halle: die Bälle zuwerfen?
@ Martin Baucks

"Wir haben Juden", klar, das klingelt im Gehör, und Sie haben vollkommen recht damit,
daß dies als Antwort auf eine Frage wie "Haben Sie PoC im Ensemble ?" ziemlich schräg
daherkommt; andererseits ist eine Antwort mit "Haben" auf eine Frage mit "Haben" für meine Ohren etwas ganz Anderes als jene völlig unbefragt zu "erhaltenen" Antworten einer Himmler-Propaganda-Rede vor Gleichgesinnten; hier war von Sprachspielen die Rede: die Verwendung im Interview ist unglücklich, allemal, aber nur sehr oberflächlich gesehen wirklich ähnlich.
Wer hat eigentlich in einem vorangegangenen Thread die Lehre erteilt, daß an der
Busch nur Weltklasse produziert werde ? Habe ich nicht mitbekommen.
Daß Frau Hörnigk die Tatsache so sehr betont, daß kein "PoC" den Othello spielt,
finde ich, obschon es in dieser Diskussion mehr am Rande um die Besetzungen ging, und tatsächlich vor allem um das "N-Wort" ("Neger" also), auch ein wenig
merkwürdig; auch gefällt mir der implizite Marketingslang der Sache keineswegs
(sieht ja im übrigen so aus, als würden Bühnenwatch und das Neue Theater Halle sich eher zum gegenseitigen Nutzen Bälle zuwerfen, auch eher fröhlich-heiter als annährend verfolgt beziehungsweise "verfolgend", denn ich werde den Eindruck nicht los, daß die Spitzen der Diskussion hier eigenartig abgerundet daherkommen, will sagen, daß da, wo es in der Debatte wieder interessant werden könnte, ganz schnell wieder nichts aus Halle oder von Bühnenwatch zu hören gibt), zu dem, da stimme ich Ihnen nochmals zu, auch diese merkwürdigen Auseinanderhaltungen der
"Berliner Welt" und der "Hallenser Welt" gehören, zumal die Provokation ja eher auf die Berliner in Halle gemünzt zu sein scheint.
Allerdings, blicke ich gen Deutschlandradio-Kultur-Besprechung von Michael Laages,
und lese ich den inhaltlichen Teil der Nachtkritik und nehme die akzeptableren Stellen des Hörnigk-Interviews hinzu, so könnte mich diese Inszenierung schon reizen.
Ich mußte auch noch einmal über die Plakate nachdenken: Steht da jetzt "VENEDIGS NEGER" wie auf der Homepage des nt Halle oder "Venedigsneger". Sorry, aber allein dies würde ja für meine Ohren und Augen auch schon einen Unterschied machen.
In die Nachtkritik-Charts hat es "Othello" sogleich auf Platz 3 geschafft, Nachtkritiker Schmidt hatte ja auch viele Kollegen gezählt; dafür ist allerdings der nk-Pressespiegel noch erstaunlich überschaubar. Obs die "reale Lebenswelt" Magistrale Neustadt rauf und runter provozieren wird, egal ob es heißt "Othello"-"Othello- Venedigs Neger"-
"Othello- Venedigsneger" ?, den nachtkritik-Algorithmus (und nicht nur diesen) scheint es angeregt zu haben: ein "positiv besetzter Platzsturm" auch hier ??
Othello, Halle: Bühnenwatch nicht Big Brother
@ frage: ps. bühnenwatch ist übrigens nicht bigbrothermäßig überall gleichzeitig und bekommen alles mit sobald man unseren namen ausspricht. wir sind ganz normale menschen, teilweise mit jobs und kindern und kümmern uns in dieser sache ehrenamtlich. auch sind nicht alle, die sich rassismuskritisch äußern teil von bühnenwatch.
wenn du uns direkt erreichen willst, dann tust du das am besten über unseren blog http://buehnenwatch.com/
Liebe Grüße
COMMENT_TITLE_RE Othello. Venedigs Neger – In Halle schaut Wolfgang Engel hinter den korrekten Empörungsreflex
der untertitel dieser kritik ist erschreckend einfältig. der autor schreibt das so dahin und hat sich offensichtlich mit dem thema rassismus noch nie intensiv auseinander gesetzt. da regiert nur der gegenreflex, so günter grass mäßig, "man wird doch wohl mal sagen dürfen..". nein, ich möchte in deutschland nicht wieder poster hängen sehen in denen unreflektiert und unkommentiert rassistisch besetzte begriffe auftauchen. und ja, ich bin sehr froh das es da mitlerweile einen reflex gibt, bevor deutschland wieder "normal" wird.

(Werte(r) su,
die Überschrift wie die Unterüberschrift und die Zwischentitel gehen selten auf das Konto der Autoren, sondern zumeist auf das der morgendlichen Redakteure. In diesem Fall stammt sie von mir, weil mir schien, dass ich damit die These unseres Autors auf den Punkt bringe.

MfG, Georg Kasch / Die Redaktion)
Othello, Halle: Beschäftigung mit Rassismus verbieten?
Langsam geht mir diese Pseudo-Rassismusdebatte gehörig auf die Nerven. Es geht hier nämlich gar nicht darum, vermeintlichen Rassismus anzuprangern, es geht darum, eine mögliche künstlerische Rassismus-Debatte im Keim zu ersticken. Ich weiß nict, ob die Leute von Bühnenwatch & Co. der Meinung sind, wenn keiner über rassistische Vorurteile redet (und Themen wie Blackfacing oder Begriffe wie der hier inkriminierte sind ja nichts anderes als Ausdrücke dieser Vorurteile), gehen sie weg und den "Betroffenen", die natürlich eine ebenso homogene wie stumme Gruppe darstellt, weshalb sie natürlich "weiße" Fürsprecher braucht (merken Sie etwas?), wird Schmerz erspart. Letztlich geht es darum, der Kunst die Beschäftigung mit Rassismus zu verbieten. Inwiefern das helfen soll, erschließt sich mir nicht. Um es kurz zu machen: Hier wird im besten Fall Rassismus gefördert, indem die Diskussion über das Thema abgewürgt wird, und im schlimmeren Fall Rassismus praktiziert, indem sich einige anmaßen für "die Schwarzen" zu sprechen und bestimmen wollen, wie diese sich zu fühlen haben und was ihnen zugemutet werden darf.

Im Übrigen sind Freiheit der Kunst und Meinungsfreiheit vom Grundgesetz verbriefte Grundrechte (Art. 5).
Othelo, Halle: sich informieren hilft
sascha krieger: mir ist nicht klar, wieso so viele weiße männer immer davon ausgehen, es wäre hier weiße am werk und keine schwarzen. haben sie die diskussion verfolgt? der unterschied ist, die weißen kritiker_innen des n-wortes haben tatsächlich mal schwarzen menschen zugehört. wir sprechen die ganze zeit, Sie hören nur nicht zu. sehr bezeichnend, dass sie uns als "stumme" gruppe wahrnehmen. wir SIND bühnenwatch. und zum sprechen über rassismus, wenn sie sich mal ein paar tage zeit nehmen, verstehen sie von alleine, warum blackface auf deutschen bühnen und dasn-wort im stadtraum nicht dabei helfen, rassismus zu bekämpfen. das wurde nun echt schon oft genug erlärt... sich informieren hilft.
Othello, Halle: schön derb rein
@empört

Der Text ist nicht von mir, sondern unter "http://www.gradakilomba.com/nword.htm" nachzulesen und war eine Empfehlung von Inga, die ich ganz korrekt fand. "Eiertanz" schon wieder so ein Wort. Man soll also immer schön derb rein greifen in die Wortkiste und nur dann, ja dann ist man natürlich cool. Was für ein Quark. Es ist ein Thema, um das man sich bemühen muss, warum nicht? Warum nervt es sie denn so Herr Krieger?
Othello, Halle: Rudelunruhe
Also dann beantworte ich mir meine Frage mal selbst. Ich glaube dieses Bedürfniss endlich wieder frei "Neger", "Nigga", "Scheißjude", "Fotze" und anderes "frei" sagen zu dürfen, beruht auf einer handfesten Wut, einer Aggression. Man will endlich keine Rücksicht mehr nehmen müssen. Man ist sauer darüber immer etwas berücksichtigen zu müssen. Man empfindet diese Rudelunruhe und die Wut muss raus. Eine einfache Geschichte aus dem Tierreich. Man nennt seine Wut, seine Aggression einfach Freiheit, ja, münzt Rücksichtslosigkeit um in eine neue, coole Freiheit und schon ist man auf der sicheren Seite. Aber der Umgang mit Zorn auf Grund von sinnvollen Einschränkungen, kann sich eben in nur eine Richtung wirklich befreien. Und die Richtung heißt Einsicht. Tiefere Einsicht in Notwendige regeln. Denn in der Tat ist die Gangbarkeitmachung bestimmter Begriffe eher kritisch zu sehen. Da hat jener Radioredakteur ganz sicher recht. Und schon gar nicht ist es die Aufgabe von Theatern rassistische Begriffe gangbar zu machen, den Ausbruch von Aggression mit Freiheit zu verwechseln.

Darüberhinaus ist es ein häßliches Plakat. Häßlich im schlechten Sinne. Eben einfach nur häßlich. Ein Weißer mit Bart, irgendwie mit Schlamm überzogen, verzeichnet...oder was das sein soll, Dreck, wüste Striche, und daneben der Untertitel "Venedigsneger".

Welches Venedig ist denn da gemeint? Das des Marco Polo? Diese ehemalige Weltmetropole? Alles Qwark. Konsequent hätte es wahrscheinlich heißen müssen "Othello. Ein deutscher Neger." Aber dies soll lieber die Dramaturgie in Halle klären, die sich ja hier fein raushält.
Othello, Halle: man muss aufklären
Hallo S. Aikins, vielen Dank! Natürlich ist es so, dass das N-Wort eine bestimmte Geschichte hat und mit einer Geschichte verbunden ist, aber ich glaube es ist komplizierter: es ist nicht nur eine "weiße" Geschichte, das N-Wort wird ja auch unter uns Schwarzen als Schimpfwort verwendet, weil es eben auch eine "schwarze" Ausbeuter- und Besetzergeschichte gibt. Deshalb denke ich eigentlich, es ist immer Rassismus, das zu verwenden, egal ob schwarz oder weiß. Aber ich würde deshalb keine Bekanntschaft abbrechen, das bringt nichts. Das ist mir zu einfach, das verstärkt noch die Gräben. Viele, die das N-Wort verwenden, wissen nichts Genaues von der Geschichte, es ist einfach ein altes Schimpfwort, so wie die Leute, "du Sau" sagen, ohne zu wissen, dass es da eine Geschichte dahinter gibt. Man muss aufklären, und das geht nicht durch Belehrung, sondern durch Gespräch. das ist meine Erfahrung.
Othello, Halle: Gedankenpolizei
@72

Es ist letztlich egal, welche Hautfarbe diejenigen (eine ebenso kleine wie laute Minderheit) haben, die sich anmaßen, für andere zu sprechen und für diese zu entscheiden, was ihnen zugemutet werden kann. "Bühnenwatch" (welch ein wunderbar totalitärer Name) ist am Ende eben nicht mehr und nicht weniger als eine Gedankenpolizei, die gegen die in Art. 5 GG festgelegten Grundrechte und Freiheiten vorgeht.

Was Blackfacing betrifft, haben sie Unrecht. Wenn es so eingesetzt wird (wurde) wie in Unschuld, ermöglicht und fördert es eben genau diese Debatte und unser Nachdenken darüber, wie wir jene sehen, die uns als Fremde erscheinen. Wenn ich das verbiete, verbiete ich hgenau diese Diskussion und dieses Nachdenken und fördere damit indirekt den Rassismus.
Othello, Halle: Plattform, keine Polizei
"Bühnenwatch ist eine Plattform, die sich zum Ziel gesetzt hat, rassistische Praktiken an deutschen Bühnen zu beenden."

So definiert sich die Gruppe. Weder ist sie mit den Mitteln der Polizei, noch mit sonst irgendwelchen Machtmitteln ausgestattet.

Begriffe, wie "Gedankenpolizei" sind absoluter Brainfuck.
Othello, Halle: Marketingeffekt
@ martin baucks: Entschuldigen Sie bitte, aber den Text von Grada Kilomba habe ich nicht empfohlen, wenngleich ich schon oftmals davon gehört habe.

Mir ging es um die Frage, ob man - um eine Diskussion über einen problematischen Begriff allererst zu ermöglichen - das Aussprechen dieses Begriffs auf einer Theaterbühne von vornherein verbieten darf. Denn es geschieht über die Sprache, über welche Ungleichheiten und Ungleichwertigkeiten konstruiert und fixiert, zugleich aber auch dekonstruiert und hinterfragt werden können.

Die Autonomie und Freiheit der Kunst besteht ja gerade darin, sich mit keiner politischen Ideologie - und auch die antirassistische Ideologiekritik ist eine Ideologie - gemein zu machen, sondern den Spielraum zwischen Ästhetik und Politik permanent offenzuhalten.

Ich vermute mal, dass dieses Plakat als bewusste Provokation zum Zweck eines reinen Marketingeffekts gestaltet wurde. Das hätte man sein lassen können. Denn schließlich geht es nicht um das Schielen nach populistischen Werbeeffekten, sondern um die Kunst auf der Bühne. Und da gilt mit Rancière:

"Nicht um ein Ziel kann es gehen, sondern darum, die Isolierung der Kämpfe aufzuhalten und neue Fähigkeiten einzusetzen. Die permanente Verrückung des Konsenses von sinnlichem Sinn und bedeutendem Sinn in der Kunst kann nur ein erster Schritt sein. Der Entstellung alter Subjektivitäten müssen Möglichkeitsräume neuer Subjektivierungen folgen. Das ist nicht die Aufgabe der Kunst, sondern die, die sie stellt."
Othello, Halle: Vision des Respekts
@76 ach so, jetzt ist es auf einmal doch wieder egal. Sie sind doch derjenige der sich gerade anmaßt, zu behaupten, das N-wort oder Blackface könne mir als Schwarzer Frau (ja, auch wir gehen ins Theater) zugemutet werden. Seltsame Argumentationslinie. Gegen das Grundgesetzt geht auch niemand vor. Im Gegenteil, wir nutzen unser Recht auf freie Meinungsäußerung. Natürlich können Sie das N-Wort weiterhin benutzen. Wir dürfen das dann aber auch als rassistisch denunzieren. Seltsam, dass Sie sich scheinbar eine deutsche Gesellschaft ohne rassistische Beleidigungen nur vorstellen können, wenn diese Gesetzlich verboten sind. In meiner Vorstellung beruht diese Vision auf Menschlichkeit, Respekt und Verantwortlichkeit. Und wie wunderbar reflektiert und informiert über Rassismus all jene sind, die Blackface in "Unschuld" befürworten sieht man ja an Ihnen. Immer noch, geht es nur um Ihr Privileg, alles sagen und tun zu können, egal wen es trifft (oder zumindest solange es nicht Sie trifft) aber gefälligst ohne dafür kritisiert zu werden. Wie absurd ist es denn, sich Antirassismus auf die Fahne schreiben zu wollen, und im gleichen Atemzug den von Rassismus negativ Betroffenen ihre Fähigkeit, Rassimus zu erkennen absprechen zu wollen? Wer ist "uns". Mir erschließt sich "Schwarze Haut" als Symbol für "Entfremdung" überhaupt nicht weil für mich Schwarzsein nichts mit Fremdsein zu tun hat. statement - retreat. Ich bin raus aus der
Othello, Halle: Sich nicht ins Theater provozieren lassen
Liebe Inga,

pardon, sie haben recht, es war Tine...und natürlich darf man diese Worte innerhalb einer Figur oder auch eines künstlerischen Diskurses auf der Bühne verwenden.

Aber wir reden über ein Plakat im öffentlichen Raum.

Stellen sie sich einmal vor dort stünde:

"Desdemona. Venedigs Fotze."

Können sie sich das vorstellen? Und dazu das Bild einer weißen, sehr weißen Frau, schlammverschmiert. Wäre dies eine Einladung für sie, dies Theater zu betreten?

Ich habe soviele rassistische Erfahrungen am Schauspiel Leipzig und auch am DT sammeln dürfen und am Ende wird es immer heißen, es gibt an deutschen Theatern kein Rassismus. Und dies ist unwahr.

Wie würden sie reagieren, wenn dort wirklich geschrieben ständ:

"Desdemona. Venedigs deutsche Fotze."

Würde sie es nicht als Geschmacklosigkeit empfinden?

Ich kann nur allen Zuschauern empfehlen sich nicht ins Theater provozieren zu lassen. Nicht, wenn man sich mit einem spezufisch weißen Thema am heißen Topf des Rassismus aufwärmen will, um sich interessanter zu machen als man ist.
Othello, Halle: Das Spiel Tabu
lieber herr baucks. vielleicht habe ich in diesem umfangreichen thread etwas überlesen, aber ich würde sie gerne fragen, was ihr konkreter änderungsvorschlag ist. das stück heißt in der vorliegenden übersetzung OTHELLO. VENEDIGS NEGER. soweit so gut. in anderen übersetzungen heißt es OTHELLO, DER MOHR VON VENEDIG. ich weiß nicht was bühnenwatch dazu sagt, aber auch der "mohr" ist nach heutigen kriterien kein korrektes wort, glaube ich. was würden sie auf das plakat schreiben? oder würden sie othello gar nicht ins programm nehmen? aus gründen zeitgemäßer political correctness?
abgesehen davon vermute ich keine marketingfördernde provokation seitens des nt halle dahinter, sondern die entscheidung für eine von vielen shakespeare-übersetzungen, die - ich wiederhole mich - so heißt. stünde auf dem plakat JOHANNA, DIE VOTZE VOM SCHLACHTHOF oder HAMLET, DIE DÄNISCHE SCHWUCHTEL, sähe ich das möglicherweise anders.
ich bin ähnlicher meinung wie prospero. wenn man rassismus auf der bühne thematisieren will, sehe ich kaum andere möglichkeiten, als die, auch mit (sprachlichen) versatzstücken des rassismus umzugehen. kennen sie das spiel TABU? dort muss man über etwas reden, ohne es zu benennen. es ist nicht leicht, unter diesen voraussetzungen kein absurdestes rumgeeiere zu fabrizieren.
Othello, Halle: Weißer in Vogelperspektive
@81

Wenn ich heute Othello inszenieren würde, käme es dazu, wünschte ich mir ein farbiges Ensemble, und Othello wäre weiß, sehr weiß und käme sich in alldem auch sehr weiß vor.

Ich würde ein Photo aus der Vogelperspektive wählen, das an einem afrikanischem Ort entstanden wäre, an dem ein einzelner Weißer unter vielen Farbigen stünde. Ich glaube dieser Ansatz könnte mich anregen an die Arbeit zu gehen.
Othello, Halle: Hat mehr mit beschränktem Horizont zu tun
ein nachtrag. ich will nicht behaupten, dass es an deutschen theatern keinen rassismus gibt. ich glaube aber, dass nicht ein theaterplakat wie das besprochene das rassistische potenzial ausmacht. ebenso ist es gefährlich, die nichtbesetzung eines schwarzen schauspielers für eine bestimmte rolle automatisch als rassismus zu werten, schließlich gibt es auch junge frauen die keine luise spielen dürfen, weil eine luise keine dicken oberschenkel haben darf (wieso auch immer????) ich bitte, das nicht misszuverstehen - ich bin offen und dankbar für jeden schwarzen hamlet oder ferdinand oder richard III. dass das selten vorkommt ist bedauerlich, hat aber mehr mit beschränktem horizont zu tun, als mit rassismus (bzw. frauenfeindlichkeit). naja, ich schweife ab. bei othello stellt sich ja die frage, ob genaugenommen nicht schon die tatsache, dass der "weiße" jago zwar der fiesling, der "schwarze" othello aber der frauenmörder ist, als eine vorurteilsfördernde rassistische tendenz gesehen werden könnte.....
Othello, Halle: Und der Titel?
@82 und der titel wäre? das klingt schön, ich hoffe, das käme nicht rüber wie das arme weiße opfer von bösen farbigen menschen. damit wäre dann glaube ich gar nichts gewonnen...
Othello, Halle: Geht es um die Sache oder die Berechnung?
@ Martin Baucks: Was genau wollen Sie mit der Bezeichnung "einer weissen, sehr weissen Frau" sagen? Reicht nicht auch einfach "einer Frau"? Ich empfinde Ihr gewähltes Beispiel als nicht hilfreich, weil es schlichtweg kein Stück namens "Desdemona. Venedigs (deutsche) Fotze" gibt. Dass mir das nicht gefallen würde - keine Frage.

Mir ging es um die Frage, ob man den Zusatz "Venedigs Neger" hier tatsächlich unbedingt auf ein öffentliches Plakat setzen muss. Damit sind die Empörungseffekte vorprogrammiert, den Funktionsmechanismen der gängigen Boulevardmedien nicht unähnlich. Geht es hier eigentlich noch um die Sache selbst - das Theater - oder um kassenförderliche Berechnung im Hinblick auf den erwarteten moralischen Reflex? Dabei geht es doch gar nicht um Fragen der Moral bzw. Geschmacklosigkeiten, sondern um Fragen der historischen und aktuellen (politischen) Verantwortung.
Othello, Halle: Nur zum Aufwärmen
@etymologie

Jago ist ja bei Engel eine Frau. Und dies lässt sich ganz leicht entschlüsseln. Engel selber ist lange von der damals stellvertretenden Intendantin am DT Rosemarie Schauer als IM beschattet worden. Dies können sie auch in der damaligen Presse leicht reschaschieren. Hier neigt Engel ja zu einer Ausdifferenzierung, geht über Genderdiskussionen hinweg (...). Aber am Othello wärmt er sich nur auf. Dies darf ein geschulter und erfahrener Blick vermuten.
Othello, Halle: Mit Meinung die Freiheit nehmen
@79

Natürlich dürfen Sie ihre Meinung haben und vertreten und verteidigen und ich bin der letzte, der ihnen das abspricht. Das Problem ist, wenn sie Ihre Meinzung als Waffe benutzen, um anderen die freie Meinungsäußerung und das Grundrecht auf Freiheit der Kunst zu nehmen, wie im Fall "Unschuld" geschehen. Da hat es dazu geführt, dass sich das Theater hat einschüchtern lassen und in das Kunstwerk eingegriffen hat, um "Bühnenwatch" zu beruhigen. Letztlich geht es hier darum, dass eine Gruppe definieren will, welche theattralen Mittel erlaubt sein dürfen und welche nicht, was also Kunst darf und was nicht. Und das ist von einer selbst ernannten "Thought police" so weit nicht entfernt. Ein Angriff auf Art. 2 GG ist es allemal. Ich habe fertig und bin raus.
Othello, Halle: Desdemona-Titel umbenennen
@Inga

Naja, ich finde ja Desdemonas Schicksal ebenso titelträchtig, als jenes von Othello. Könnte man doch mal unbenennen, so ein Stück...warum nicht...
Othello, Halle: Einer unter uns
Die Kommentare purzeln hier ja nur so übereinander. Und wir reden hier über eine Inszenierung, die kein Mensch der Forumsteilnehmer gesehen hat, einige wollen sie auch gar nicht erst sehen. Es geht einzig und allein um ein diskriminierendes Wort. Ich kapiere auch nicht, was das Wort „Neger“ im Titel bezwecken soll. Es erschließt sich auch nicht, wenn man sich auf der Seite des nt die Inszenierungsfotos ansieht. Alle weißen Rollen sind auch im Gesicht weiß geschminkt, nur der Fremde, also Othello, ist nicht geschminkt und schmiert sich nachher den Bauch rot an. Man umgeht das in die Kritik geratene Blackface und transformiert es in ein Wort, nämlich „Neger“. Ist das nicht Blackface mit anderen Mitteln? Jetzt kann man da ja eine Retourkutsche der Theatermacher vermuten, vielleicht sogar eine bewusste Provokation. Gibt es bereits Publikumsgespräche, oder Erklärungen zu den verwendeten Mitteln? Dienen sie nur der theatralen Entfremdung oder will man dadurch Fremdsein erst definieren? Meiner Meinung nach braucht es das Wort nicht, wenn sich schlüssig darstellen lässt, warum Othello ausgegrenzt und diskriminiert wird. Wie das die Theatermacher letztendlich bewerkstelligen, ist dann aber ihre künstlerische Freiheit, die man natürlich und unbedingt kritisieren muss, wenn sie sich selbst diskriminierend verhält. Meinungsfreiheit besitzt laut Grundgesetzt jeder. Aber auch das Recht gleich behandelt zu werden, also nicht aus bestimmten Gründen, wie z.B. Religion oder ethnischer Herkunft, Hautfarbe etc. diskriminiert zu werden. Im ungünstigsten Falle muss man das auch einklagen können. Ob es immer erst soweit kommen muss, ist eine Frage, die man offen diskutieren sollte. Nicht alles was unter Meinungsfreiheit fällt, muss von anderen auch so empfunden werden und was auszuhalten ist, bestimmt nicht in jedem Falle der Wortführende. Man sollte immer offen diskutieren können. Das Gesprächsangebot des Theaters Halle an Bühnenwatch erscheint mir hier aber sehr generös von oben herab. Es wäre trotzdem gut, wenn es noch zustande käme, am DT hat es schließlich auch zum Erfolg geführt. Und wenn nicht, hat man zumindest seinen Standpunkt klar und deutlich dargelegt. Vielleicht bekommt ja Berlin nun ein multiethnisches Ensemble am Gorki Theater, ähnlich dem von Peter Brook in Paris und wir können alle mit dabei sein, wie sich das auf die gesamte Theaterlandschaft und nicht nur auf den Kiez auswirkt, positiv natürlich, davon bin ich eigentlich überzeugt. Shermin Langhoff sollte mit „Othello, einer unter uns“ eröffnen. Aber vielleicht überrascht sie uns ja auch mit etwas ganz anderem.
Othello, Halle: Lennon-Titel
@ martin baucks: Klar könnte man das. Vielleicht so?: "Desdemona - woman is the nigger of the world" (John Lennon).
Othello, Halle: Zwischen Provokation und Rechtfertigungsdruck
Ich finde das alles ziemlich müßig und mühselig. Shakespeares "Tragödie des Othello" ist m.E. ziemlich untauglich, um eine künstlerische Annäherung an das Thema Alltags-Rassismus zu wagen. Die Übersetzung durch Werner Buhss ist es erst Recht. Das N-Wort wird dort völlig unreflektiert von den verschiedensten Figuren benutzt, auch der Figur des "Othello" selbst. Da gibt es keinerlei graduelle Unterschiede. Buhss behauptet mit seiner Übersetzung, daß N**** einfach ein Wort ist, um "Othello" zu bezeichnen. Nicht mehr und nicht weniger. Was wird denn im "Othello" erzählt? Das eine ganze Reihe von Menschen der Intrige eines Einzelnen zum Opfer fallen, der bei einer Beförderung übergangen wird. Erzählt wird, wie skrupellos ein Mensch auf der Seelen-Klaviatur der anderen spielen kann und ein Bravourstück hinlegt. Fertig! Ende! Aus! Der ganze Rest, den das Theater in Halle sich da m.E. anzieht, ist Makulatur. Ob auf der Bühne, im www., im Radio, auf der Straße - alles pendelt nur zwischen plumper Provokation, mittelmäßigem Theater und Rechtfertigungsdruck hin und her. Ich denke, sie konnten sich schlicht nicht entscheiden, ob sie etwas substantiell Künstlerisches zum Thema Rassismus machen oder einfach "ihren" hochverehrten Shakespeare spielen wollten, um ein paar coole Rollen für ihr Ensemble zu haben.
Othello, Halle: Kunst darf sich nicht erpressbar machen
Sascha Krieger: Genau! Der Eingriff in "Unschuld" war der Sündenfall, wenn das Schule macht bestimmen bald obskure Internetmoralisten wie Bühnenwatch und die Piratenpartei was und wie etwas auf Deutschen Bühnen verhandelt wird. Halle muss in gewisser Weise das Zurückweichen das DT ausboden und hält hoffentlich dem Druck stand. Denn Kunst darf sich nicht erpressbar machen.
Othello, Halle: Lieblingstitel
Liebe Inga,
war lange Zeit mein Lieblingstitel, aber warum? Leg ich mir jetzt mal auf Youtube auf!
Othello, Halle: Scherz
http://www.youtube.com/watch?v=a48gIt84AZc&feature=related

Aber auf keinen Fall sollten wir Herrn Harrison vergessen. Ich würde auch mal so gerne für einen Moment den kleinen Lord sehen.

Leichter Scherz im Mai.
Othello, Halle: freiwillige Entscheidung
Bühnenwatch hat keine Mittel ein deutsches Theater zu erpressen. Jeder, der so etwas behauptet, redet Quark.

Das DT hat eine freiwillige Entscheidung getroffen, und dies gilt es zu würdigen.
Othello, Halle: Genesis
Na, 'J.A.' das ist doch mal ein schönes Gleichnis: Die 'Deutschen Bühnen' sind das Paradies, Herr Khuon ist Adam & Frau Anders Eva und die Schlange ist Bühnenwatch. Ich weiß jetzt noch nicht, wie diese Geschichte ausgehen wird, schriebe man sie entlang dieser Synopsis:

Die Schlange war schlauer als alle Tiere des Feldes, die Gott, der Herr, gemacht hatte. Sie sagte zu der Frau: Hat Gott wirklich gesagt: Ihr dürft von keinem Baum des Gartens essen? Die Frau entgegnete der Schlange: Von den Früchten der Bäume im Garten dürfen wir essen; nur von den Früchten des Baumes, der in der Mitte des Gartens steht, hat Gott gesagt: Davon dürft ihr nicht essen, und daran dürft ihr nicht rühren, sonst werdet ihr sterben. Darauf sagte die Schlange zur Frau: Nein, ihr werdet nicht sterben! …Ihr werdet wie Gott und erkennt Gut und Böse. Da sah die Frau … und nahm von seinen Früchten und aß; sie gab auch ihrem Mann..(Genesis 3,1-6) …Gott, der Herr, schickte ihn aus dem Garten Eden. …Er vertrieb den Menschen und stellte östlich des Gartens Eden die Kerubim auf und das lodernde Flammenschwert, damit sie den Weg zum Baum des Lebens bewachten. (Genesis 3,23-24)

Aber vielleicht fällt Frau Loher ja was ein oder Herrn Buhss, denn er versteht sich ja auf Modernisierungen alter Texte ...
Othello, Halle: come on
come on, leute - get a life!
Othello, Halle: Recht zum Sinneswandel
Es ist schon lustig, wie Leute, die nicht dabei waren, die fruchtbare Diskussion und den Sinneswandel im DT als totalitär, grundgesetzwidrig etc. betrachten. In Ihrem Universum ist offenbar nicht vorgesehen, dass man Kritik vielleicht auch mal annimmt und evtl. dann seine Meinung ändert. Das sagt ja schon alles.
Othello, Halle: vor der Kritik eingeknickt
@ Hanine
Sie sollten vielleicht das komplette Interview mit Herrn Khuon vom DT in der Berliner Zeitung von heute lesen. Das sagt eigentlich alles. Man ist wohl doch eher vor der Übermacht der Kritik eingeknickt. Was wurde denn nun eigentlich wirklich "inhaltlich" diskutiert? Zwischen dem Annehmen einer Kritik und einer tatsächlichen Meinungsänderung liegen hier noch Welten.
Othello, Halle: Grundprinzip Medienkampagne
@martin baucks

Selbstverständlich hat "Bühnenwatch" die Macht, Theater zu "erpressen" oder sie zumindest dazu zu bringen, etwas zu tun, was man eigentlich nicht will. Diese Macht hat jeder, der in der Lage ist, die öffentliche Meinung zu steuern, eine Medienkampagne loszutreten oder einen dieser schönen neuen "Shitstorms" zu entfesseln, kurz, jeder, der einen "Skandal" lostreten und aufrechterhalten kann. Und das gehört ja zu den Grundprinzipien der Arbeit von Vereinen wie "Bühnenwatch".
Othello, Halle: John & Yoko bei Dick Cavett
Zu Nr. 90

http://www.youtube.com/watch?v=S5lMxWWK218

The Dick Cavett Show
Recorded: 05/May/1972
Transmitted by: ABC (USA) Colour 11/May/1972

John & Yoko's final appearance on Dick Cavett's show which was, by this time, facing the axe, but this particular transmission received a good audience/press response - perhaps largely due to the controversy surrounding the live performance of Woman Is The Nigger Of The World which Cavett had insisted be shown despite the networks attempts to have it cut, as a compromise he inserted a warning/explanation before the recording was shown...

Lennon verliest in dieser Sendung eine Stellungnahme des damaligen Chairman of the Congressional Black Caucus, Ronald Dellum:

„If you define niggers as someone whose life style is defined by others, whose opportunities are defined by others, whose role in society is defined by others, then good news! - you don’t have to be black to be a nigger in this society. Most of the people in America are niggers.”
Othello, Halle: tolle Notbesetzung
@ Martin Baucks: so nett Ihr Eintrag 86 ist, aber er ist falsch. In der Inszenierung ist Jago als Frau eher eine (tolle!) Notbesetzung; der eigentliche Darsteller erkrankte und Frau Ehlert sprang ein. Ok, das Konzept musste etwas geändert werden. Aber suchen Sie keine tiefere Bedeutung darin zu finden!
Othello, Halle: Verwechslung
@Hallenser

Danke für diese Information, aber das macht die Sache leider nicht besser.

@Steckel

"Most of the people in America are niggers." Danke. Da musste ich richtig lachen.

Irgendwer verwechselt hier Erpressung mit öffentlicher Auseinandersetzung. Naja.
Othello, Halle: Begriffsanalyse
@ 103

Fragt sich nur, wer es in welche Richtung tut.

@ alle

Verwirrend bleibt für mich schon, auf die Gefahr der Haarspalterei hin, daß es auf der Homepage "VENEDIGS
NEGER" heißt, auf dem Plakat "Venedigsneger", und nicht besonders zweckdienlich erscheint mir eine halbe Frage gen "Marco Polo", sofern
hier nicht auch darauf gesehen wird, ob es zB. Shakespeare selbst so sehr um ein in etwa historisches Venedig geht: meist verhandelt er eigentlich Inselstoffe in derlei Gewandungen.
"Venedigsneger" wäre für mein Vorverständnis allerdings eher dazu angetan, gerade solche "Gangbarmachungen" (wie Herr Baucks sie in ungefähr thematisierte) eines Begriffes zu befragen, als mögliche sprachliche "Neuaufnahme" einer Verwendung
mit "-NEGER" (und einer möglicherweise gefährlichen "Fähre ins Bewußtsein"- auch "Positiv besetzter Platzsturm" ist ein gutes Beispiel für eine solche Fähre)und würde in etwa zu stehen kommen neben ähnlich häßlichen Sprachschöpfungen wie "Funktionsausländer" (Greencarddebatte etwa) oder "Arbeitsimmigrant", sprachlich in eine ähnliche Kerbe
schlägt "Wirtschaftsasylant" (paßt aber auf "Othello" nun weniger).
"VENEDIGS NEGER" dagegen zielt mehr auf eine Einzelperson, so im Stile von "Schwarzer Peter"; in der Übersetzung von Buhss, die durchaus im Zusammenhang mit der militärischen Neu-Auslandsorientierung Deutschlands zu sehen sein dürfte (siehe Irak-Krieg, Bosnienkrieg) geht das meineserachtens ungefähr in die Richtung "Othello- Venedigs Fremdenlegionär" (der Krieg macht hier den Neger !); auch in der Zaimoglu-Übersetzung gibt es einen starken Anklang an die rauhe Sprache, welche das Soldatische mitunter so ausprägt.
Und was die selbstbeantworteten Fragen so angeht (von Herrn Baucks ließe sich in der Hinsicht wohl lernen), ist der "sozialhygienische" Hinweis auf etwaige Rudel-Wutentladungsbedürfnisse, sehr schnell sehr zynisch: etwa so zynisch wie eine Überforderung durch allerlei "positiv besetzte Platzstürme" den Überforderten anzulasten. Lese ich etwa Georg Hensels Othello-Besprechungen in seinem Buch über das Theater der 70er, so weiß ich nicht, was wir letztlich wirklich gewinnen, wenn wir schlechterdings nur Wörter aus dem Wortschatz tilgen, ohne Rücksicht darauf, ob es sich um eine historische Quelle, ein Kunstwerktitel oder ein alltagssprachliches Statement handelt (Leute wie Hensel konnten noch so souverän mit Begriffen umgehen, daß da "Nigger" stehen kann und keiner auf die Idee käme, das aus dem jeweiligen Kontext gerissen als Beleidigung etcpp. zu lesen - merkwürdigerweise scheint "Bühnenwatch" an solchen Oberflächenbereinigungen ungemein viel gelegen zu sein): Zitate Hensels liefere ich gerne nach (Bezug ua. Ulrich Wildgruber als Othello bei Peter Zadek), zumal ja "Bühnenwatch" selbst die Dimension der deutschen Inszenierungsgeschichte von "Othello" aufgemacht hat.
Othello, Halle: Nicht ganz passend
"Begriffsanalyse" ist für den kurzen Umriß meines Vorverständnisses
gewiß nicht ganz der passende Ausdruck. Auch könnte "Inselstoffe" hier ein wenig mißverstanden werden: der Othello geht ja offenbar zurück auf eine italienische Geschichtensammlung. Bei Shakespeare
gibt es zwar tatsächlich "Inselstoffe" (ich meine natürlich England)
im Gewande anderer Traditionen (ein Blick zu den Römertragödien reicht), aber überwiegt auch hier immer jener Zug, der Nietzsche von Shakespeare als "DEN Menschen" sprechen lassen konnte, Shakespeare schreibt hier keine historischen Dramen (wo es zB. ernsthaft um die Zurückdrängung des Islam im Othello geht oder ähnliche Dinge mehr), wir haben es im "Othello" natürlich mit Eifersucht, Leidenschaft, Verrat, Gut und Böse zu schaffen und natürlich mit guten, mäßigen, schlechten Nährböden für diese, und Brutus ist im "Julius Cäsar" der Tragödienheld in Sachen "moralische Integrität" und nicht allzusehr am historischen Vorbild entwickelt.
Es kann schon sein, daß der verfeinerte italienische Sinn Shakespeare selbst durchaus den Gedanken eingeflöst haben mag,
wie merkwürdig "geradlinig" zuweilen die Inselleidenschaften sich so Raum zu brechen pflegen und wie katakombenhaft dagegen jenes DieMaskederMaskederMaske Venedigs dagegengehalten wirkt; insofern liegt es sogar nah, daß sich Shakespeare als Engländer gewissermaßen gegenüber Venedig als "Mohr/Maure" imaginierte, um seine Schreibidee leidenschaftlich verfolgen zu können. Freilich trägt Jago die Hauptlast der Handlungsführung und führt exemplarisch die Verführbarkeit des Menschen an vielen Beispielen
durch und wirkt schon eher als "alter Ego" des Dramatikers, wenn da nicht jenes Zuviel an "Liebe" wäre (welches Othellos Signum bleibt). Ich hoffe nicht, daß Bühnenwatch (wie in Dea Lohers Fall)
jetzt auch noch anfängt, Shakespeare dafür herzunehmen, daß Jago (irgendwie überlegen) mit Othello (irgendwie unterlegen, also "Opfer") so umzuspringen versteht, wie Shakespeare es in seiner Tragödie zu entwickeln verstand. Dann soll mir "Bühnenwatch" am besten gleich das Gegenstück zum Ausdruck "human race" herzeigen; ich höre da gerne zu..
Othello, Halle: Arbeit anerkennen
@Sascha Krieger: Der Zweck von Bühnenwatch ist nicht, Skandale zu verursachen, sondern auf welche hinzuweisen; die Möglichkeit des Irrtums inbegriffen. Nehmen wir die Besetzungspolitik an vielen Theatern, hier schon oft diskutiert: Weiße können alles spielen, PoC mit Glück sich selbst oder ihr Klischee. Dieser fortwährende und alte Skandal kam u.a. durch die Arbeit von Bühnenwatch in das Bewusstsein aller Interessierten. Die Diskussion darüber wird auch selbständig fortgesetzt, siehe André Schmitz, Shermin Langhoff, die vielen Beiträge zu dem Thema in den Medien. Dies könnte man auch einmal anerkennen.
Othello, Halle: den Spiegel nicht rassistisch nennen
Theater ist der Spiegel der Gesellschaft. Ich verstehe nicht, was es bringt, den Spiegel rassistisch zu nennen. Geschweige denn ihm sagen zu wollen, er solle seine Wortwahl überprüfen.
Othello, Halle: wo ist der Zusammenhang?
@ martin baucks: Und was hat das jetzt mit George Harrison bzw. dem kleinen Lord zu tun? Alles geschieht im Namen des Herrn? Nee nee nee, das ist mir entschieden zu gewalttätig. Zu einem Film ("The boss of it all") von Lars von Trier hab ich mal in der FAZ gelesen, dass auch Gott vielleicht ja auch nur ein imaginärer Ober-Boss ist, eine Erfindung von Menschen, um besser über andere herrschen zu können. Ich bin mehr fürs Wurzelwerk (rhizom, Deleuze/Guattari) als für einen Gott-Vater als letzte bedeutungsgebende Instanz. Davon abgesehen, der Song von George Harrison bezieht sich ja wohl auf die Hare-Krishna-Bewegung. Und nochmal: Wo ist da der Zusammenhang zu Othello?
Othello, Halle: kurzer Weg
@interessierter: Es ist ein durchaus schmaler Grat zwischen der Darstellung von Rassimus und der Wiederholung von Rassismus auf der Bühne. Kennen Sie den Film American History X? Was hätten Sie gedacht, wenn der Film "Killing N...rs" geheißen hätte? Ein extremes Beispiel, zugegeben, das aber das Problem sichtbar macht.

In Halle bzw. der Übertragung durch Buhss verhält es sich zudem so, dass m.E. kein Spiegel vorgehalten, sondern eine künstliche Situation geschaffen wird, in der N... als Synonym für eine instrumentalisierte, fallen gelassene Außenseiterfigur benutzt wird. Von hier aus ist der Weg, den Begriff wieder in den allgemeinen Sprachgebrauch eingehen zu lassen, nur noch ganz kurz.
Othello, Halle: nur ein Scherz
Liebe Inga,

es war nur ein Scherz. Der Titel von Lennon ist doch auch nur ein Hit und inhaltlich nicht ganz ernst zunehmen.
Othello, Halle: gleichwertiges Miteinander
@ martin baucks: Na ja, bei John & Yoko ging das noch sehr in die Richtung des Frau-gegen-Mann-Feminismus der 70er, was im damaligen politisch-gesellschaftlichen Kontext auch noch unbedingt notwendig war. Heute geht's - hoffentlich!/utopisch? - doch wohl eher um das gleichwertige Miteinander, egal ob weiblich, männlich, transgender, schwarz, weiss, bunt, oben, unten, menschlich, pflanzlich, tierisch, ausserirdisch usw.
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