alt

Eine Zumutung weniger

13. Juni 2012. Wie das Mainfranken Theater Würzburg mitteilt, entfällt die für den 16. Juni geplante Uraufführung des Stücks "Nacktes Leben... oder... bei lebendigem Leibe" von Paul M. Waschkau ersatzlos. Das Stück war mit dem Leonhard-Frank-Preis 2011 ausgezeichnet worden (hier eine Rede des Autors zu diesem Anlass). Wegen der Absetzung, von der der Autor während eines Auslandsaufenthalts aus den Medien erfuhr, hat er seinen Text online zugänglich gemacht.

"Unabhängig von der sprachlich-literarischen Qualität des Textes, abgesehen von der guten Inszenierungsarbeit von Dieter Nelle und der Intensität der Darsteller, ist die Theaterleitung zu der Überzeugung gekommen, diese Produktion und diesen Text in ihrer verstörenden Gewalt dem Würzburger Publikum nicht 'zumuten' zu wollen", heißt es in der Pressemitteilung des Theaters, und weiter: "Den Begriff 'Zumutung' wendet der Autor selbst auf seinen Text an, um dessen ästhetisch-politische Härte zu kennzeichnen."

"Stadttheater ist unverschlüsselt"

"Sie würden Pasolinis '120 Tage von Sodom' ja auch nicht ungeschnitten einem breiten Publikum präsentieren", erklärte Intendant Hermann Schneider auf Nachfrage von nachtkritik.de. Bei Waschkaus Text handele es sich um ein vom Artaud'schen Theaterverständnis inspiriertes Werk voll "extremer Grausamkeit", dem man inszenatorisch eine "Form entgegensetzen müsste". Die Inszenierung von Regisseur Dieter Nelle zeichne sich durch eine "sensible und authentischen, phantasievollen Bildersprache" aus. Doch die "Härten des Textes ließen sich auch bei einer surrealen Bilderführung nicht verschönern." Waschkaus Werk könne – bei aller literarischen Qualität – vom ethischen Standpunkt aus betrachtet "nur verschlüsselt" gesendet werden. "Stadttheater aber ist unverschlüsselt", so Schneider.

Die Uraufführung des Waschkau-Textes sei für die Würzburger Kammerspielbühne mit 92 Plätzen vorgesehen gewesen. Die Erwartung, dass eine solche kleinere Aufführungsstätte für experimentellere Arbeiten geeignet sei, weist Schneider als unrealistisch zurück: Er habe während seiner mittlerweile achtjährigen Intendanz "Erfahrungswerte gesammelt, wo das Würzburger Publikum gefordert und manchmal auch überfordert" ist. "Ich weiß aber auch, wo Überforderung sinnlos ist." Dass er sich mit der Absetzung der Waschkau-Uraufführung den Vorwurf den Bevormundung einhandeln könnte, ist Schneider bewusst. "Der wird sowieso kommen. Dem muss ich begegnen." Seine Entscheidung will Hermann Schneider auf keinen Fall als Vorwurf gegen den Regisseur verstanden wissen, den er sehr schätze und für die kommende Saison bereits wieder engagiert habe.

(Mainfranken Theater Würzburg / sd / chr)

mehr meldungen

Kommentare  
Würzburg streicht UA: äußerst merkwürdig
Hä? Das ist ja mal ein äußerst merkwürdiges Wegloben einer noch nicht aufgeführten Aufführung. Gern wüsste ich jetzt mehr über die wahren Beweggründe des Theaters. Nachtkritik bitte melden!
Würzburg streicht UA: Subventionsauftrag ad absurdum geführt
Man wagt etwas vorsätzlich, um es dann vorsätzlich nicht zu riskieren!? - Ad absurdum geführter Subventionsauftrag einer öffentlichen Bühne. Wenn's nicht so traurig wäre...
Würzburg streicht UA: Realität abbilden, wie sie ist
Liebes Mainfranken Theater,
angesichts der Nachrichten und Bilder, die uns täglich unhinterfragt ins Wohnzimmer geliefert werden, frage ich mich doch was ihr eurem Publikum von der Bühne aus nicht zumuten könnt und wollt. Das Theater hat doch geradezu die Pflicht die Realität abzubilden so wie sie ist.Hätten alle immer so gedacht, wären weder manche Stücke von Shakespeare, Schillers Räuber oder Gerettet von Bond, nie zu einer Uraufführung gekommen. Also: Gebt euch doch noch einmal einen Ruck und seid nicht so feige.Eure Verträge werden schon auch so verlängert werden.
Würzburg streicht UA: Wahrheit ist zumutbar
"Die Wahrheit ist dem Menschen zumutbar." -Ingeborg Bachmann
Würzburg streicht UA: schlechter Witz
Verkehrte Theaterwelt!
Das kommt mir wie ein schlechter Witz vor.

Erst zeichnet man einen scharf gewürzten Text aus,
dann läßt man ihn drei Tage vor der UA sausen.
Und lobt dabei auf Kosten des Autors
noch sich und das Ensemble.

Ist das Taktik einer Theaterleitung, um sich in der
Würzburger Verlorenheit mal ins Rampenlicht zu setzen?

Nicht nur ich hatte vor, extra anzureisen,
um mir in Würzburg das scheinbar Unzumutbare zuzumuten.

Wünsche dem Autor ne saftige Abfindung
und ein Theater , das das angeblich Unzumutbare wagt.
Würzburg streicht UA: Wie ist das gemeint?
zumutbar gleich akzeptabel, brauchbar, leidlich, mittelmäßig, vertretbar, , dienlich, einigermaßen befriedigend, ertragbar, genießbar, passabel, tauglich und erträglich, also nett, oder wie ist das gemeint?
Würzburg streicht UA: Worum geht es?
Warum muss die Härte eines Textes mit Bildern verschönert werden? Kann Gewalt überhaupt bebildert werden? Und worum genau geht es eigentlich in diesem Text?
Würzburg streicht UA: schmeichelnd
is schon interessant was offenbar manchmal für eine angst vor der mündigkeit des publikums im theater durchscheint. als autor wäre es für mich extrem schmeichelnd wenn mein text ein theater findet was sich traut auch das publikum zu überfordern. und als rezipient wäre es richtig hammer, mal wieder nicht gähnend nur bespielt zu werden, ("ach ja, das hätte man in der inszenierung...und das bühnenbild, naja..aber die schauspielerleistung..." blablabla)sondern mal wieder richtig mit bauchschmerzen drinzusitzen, so dass mir schlecht wird, so dass ich anfange richtig nachzudenken. fuck. bitte, leute, mehr mut, mehr aufrichtigkeit, mehr glauben an die kraft des theaters und vor allem an die mündigkeit der zuschauer.
wirklich wahr.
Würzburg streicht UA: der Text?
Wie bekommt man den Text? Würde ihn sehr gerne lesen
Würzburg streicht UA: sprachlos
Sprachlos
Würzburg streicht UA: Frage der Kommunikation
ist es nicht auch eine frage der kommunikation? kann man nicht im vorfeld zuschauer auf gewalt usw. hinweisen und es dann ihnen selber überlassen, ob sie sich dem aussetzen wollen oder nicht?
Würzurg streicht UA: peinlich
Das ist doch wahnsinnig peinlich, die Provinz verkrümmelt sich,...ein Stück, preisgekrönt, eine gute Regie Arbeit, und dann...nee , zu grausam, ich lach mich krumm...und das unter dem Namen von jemand, dessen Bücher bei der Bücherverbrennung dabei waren,...und jetzt der Überhit,...stattdessen setzt man die "Ermittlung" an. Eine wahrlich mittlerweile zumutbare Grausamkeit.

HAHAHA.
Würzburg streicht UA: peinlich
Vielleicht sollte der Intendant die Stücke lesen, bevor er einen Spielplan veröffentlicht. Peinlich, peinlich.
Würzburg streicht UA: Realität zur Komödie geworden
Man kann drüber keinen Witz mehr machen, weil hier die Realität zur Komödie geworden ist.
Vielleicht ein guter Karrierestart für Waschkau. Alles abgesprochen mit dem Würzburger Theater. Das ist vielleicht Teil des Stücks.
Würzburg streicht UA: existentiell komisch
das spottet wirklich jeder beschreibung. existentiell komisch irgendwie...
Würzburg streicht UA: überdenken und überlegen
@ 11 Zur Frage der Kommunikation!

Unter all den hier genannten Aspekten von Zumutbarkeit und Unzumutbarkeit, direkter und indirekter Konfrontation eines mit Pasolinis Salo-Film verglichenen Thaterstückes -
gefällt mir sehr Alinas Vorschlag.

Die Würzburger Theaterleitung sollte die Absetzung eines von derselben Leitung hochgelobten und ausgezeichneten Stückes noch einmal überdenken und überlegen, ob es nicht auch andere Formen der Vorstellung des Stückes „Nacktes Leben“ von Waschkau gibt.

Vielleicht bezieht man den Autor auf eine intensive Weise ein. Dessen Rede zur Preisverleihung hier im Debattenforum ist ja schon ein literarisches Kunststück für sich.
http://nachtkritik.de/index.php?view=article&id=5909:nachrede-zur-verleihung-des-leonard-frank-dramatikerpreises-2011&option=com_content&Itemid=84

Wenn man wirklich soviel Schiss vor seinen Abonnenten und vor einer Überforderung des Würzburger Publikums hat, dann eben mit einem öffentlichen Warnhinweis. Aufgrund des Wirbels um die Absetzung von Waschkaus Stück ist das Publikum jetzt sensibilisiert , bestimmt mehr gespannt als zuvor und die öffentliche Aufmerksamkeit sicher.

Intendant Schneider! Geben Sie sich einen Ruck!
Würzburg streicht UA: Neid
Da bleibt mir vor Neid fast die Spucke weg.
Ein Autor. Ein preisgekrönter Text. Qualitativ wie literarisch anspruchsvoll. Wird mit Pasolinis ambitionierem Film „Salo oder die 120 Tage“ verglichen. Umkreist mit der von Giorgio Agamben vorgegebenen Thematik „Nacktes Leben“ den Abgrund der Zeit. Trifft damit einen Nerv, der Schmerzenschreie hervorruft.
Steht ein Jahr auf dem Spielplan des Mainfrankentheater in Würzburg. Und wird dann unter Vorgabe erschreckender Gründe urplötzlich abgesetzt.

Wann gab es das zuletzt in so dramatischer Form an einem westdeutschen Theater?
Würzburg streicht UA: "Nacktes Leben", der Text
Gerade gefunden, der Autor Waschkau bietet Textfassung und Material zum Stück „Nacktes Leben“ online an:

www.INVASOR.org/pmw/dramen/UA_NacktesLeben/LEIBE_txt.htm

Was sagt im übrigen die Redaktion von Nachtkritik zu diesem unglaublichen Vorfall?
Oder der von der Absetzung ebenfalls betroffene Regisseur Dieter Nelle?
Hat der jetzt Sprechverbot?
Würzburg streicht UA: Wahrheit nicht zumutbar
4. Nein, leider. Die Wahrheit ist dem Menschen nicht zumutbar.
Er wird damit überfordert. Nach meiner bisherigen Erfahrung mit dem Alltäglichen.
Würzburg streicht UA: Terror der Zeit
Ein Stück in Augenhöhe mit dem Terror der Zeit 'entfiel', wie vornehm. Weswegen? Wegen 'verstörender' Gewalt. Aber sie verstört uns ja gar nicht mehr. Weshalb wir Paul M Waschaus Bei lebendigen Leibe so nötig haben.
Würzburg streicht UA: Skandal
@18 Danke anderer Autor für den Fund.

Wann hat man bei all unseren Abgestumpftheiten schon mal von solch einer Kraft verstörender Worte eines deutschen Dramatikers gehört?

Würde das, was hier geschieht, in Serbien, der Ukraine oder Ungarn geschehen, dann wäre dem Autor bestimmt eine Einladungswelle nach Westeuropa gewiss.

Einen literarisch hochqualitativen und politisch sicherlich streitbaren Text in Würzburg erst zu prämieren, ihn dann aber dort komplett wegzustreichen, ist auch für die Bedeutung des Leonhard-Frank-Preises - ein SKANDAL sondergleichen!
Würzburg streicht UA: Stück nicht sonderlich bemerkenswert
Der Vorgang ist natürlich völlig indiskutabel. Das Stück, habs gelesen, aber nicht sonderlich bemerkenswert, sorry. Ein bißchen zusammengewürfelt und mitnichten besonders verstörend. Bataille fand ich extrem. Aber diesen Text? Nee.
Würzburg streicht UA: nicht in den Weg stellen
Jeder, der sich der Kunst in den Weg stellt, ist ein kompletter Idiot.
Würzburg streicht UA: literarisch nach außen hin
Peinlich für das Theater, einen Text auszuwählen, und ihn dann mit dieser Begründung nicht zu spielen.
Nach der Textlektüre auf der Homepage des Autors muss ich aber auch sagen: Peinlich, einen solchen Text auszuwählen.
Dieser Text spielt Intensität vor, bedient sich aber nur einer ausgeleierten Bildersprache, die auf stumpfe Krassheit setzt, allerdings sind diese Bilder bereits zitiert und zu Waren geworden (eine Ästhetik wie vielleicht in einem Nine Inch Nails-Videoclip von Anfang der Neunziger Jahre, Prä-Sarah-Kane, Sado-Maso-Heiner-Müller). Mit dieser Sprache lässt sich den Dingen nicht beikommen, und ein wenig habe ich den Eindruck, dass es darum auch nicht geht, sonst würde man sich nicht auf diesen klischierten Bildern derart ausruhen.
Für mich eine große Enttäuschung.
Ein Text, der sich sehr literarisch gibt nach außen hin, in sich aber nur Formen reproduziert, ohne selbst eine Annäherung an das Beschriebene zu suchen.
Nur auf den ersten Blick mit Relevanz zu verwechseln.
Würzburg streicht UA: Bein gestellt
@ 23
...oder ein Künstler. Hier aber wurde der Kunst ein Bein gestellt..
Würzburg streicht UA: falsches Vorschützen
@22, marie: ich muss auch sagen, der text is nicht besonders verstörend. um so schlimmer, dass sie das als ausrede benutzen. was soll das? dann sollen sie sagen, was das problem ist, und nicht diese begründung vorschieben. wenn ne produktion nichts wird is das okay, das passiert. aber dann sowas vorzuschützen... nee, freunde. das doch quatsch.
Würzburg streicht UA: Es geht doch um die Qualität
@ Inka

Und plötzlich geht es dann doch wieder um die Qualität des Textes, und nicht um den Vorgang. So als ob eine Einzelnmeinung genügte, um eine derartige Zensur, oder freiwillige Selbstkontrolle zu rechtfertigen.

(...)

Und in Wiesbaden wird ja schon der nächste Texthaufen zusammengepfercht. Wir haben es ja. Wozu nach Würzburg schauen?!

Keine Ankündigung: Wir werden den Text von Waschkau in einer Lesung vorstellen?! Einfach nichts?!

Völlige Ignoranz. Breiter provinzieller Konsens. -
(.....)
Würzburg streicht UA: Billy Joel und Neckermann
Kennen sie Billy Joel? Seine Familie kommt aus Würzburg. Die Neckermann´s profitierten von der Ariesierung seines Vaters Eigentum. Die Stadt hat an sich einiges abzuarbeiten. Aber ich verstehe Herrn Joel. Als er sich mit den Erben von Neckermann traf, sagte er, er wolle kein Geld, er sei selbst ein reicher Mann, er wolle Erklärungen, ein Gespräch...schauen sie sich diese Begegnung an, wenn sie sie irgendwo finden...und sie lernen viel über Würzburg.

Walter von der Vogelweide dreht sich im Grab um, dort im Garten des Doms.
Würzburg streicht UA: schönere Wirklichkeit
Realität
Traurig, wenn eine konzentrierte Darstellung real geschehener Vorgänge den Stempel "unzumutbar" für den Bildungsbürger bekommt und diesen der selbständigen Entscheidung enthebt.
Konzentrieren wir uns dann doch lieber auf Kleist-Stücke und die Fußball-EM und sind überzeugt, dass wir so zu einer schöneren Wirklichkeit finden.

Hier der Originaltext:
http://www.invasor.org/pmw/dramen/UA_NacktesLeben/LEIBE_txt.htm
Würzburg streicht UA: Bildungsbürgerschelte
@ Captain: Unabhängig vom Text, mich nervt diese platte Bildunsgbürgerschelte. Was ist denn jetzt für Sie eigentlich ein "Bildungsbürger"? Oder anders gefragt: Sind Arbeiter etwa keine Bürger? Haben Arbeiter etwa keine Bildung? Können die nicht "Ich" sagen und eigenständig denken? Jedenfalls sind bewegliche Köpfe = Bildung für mich etwas anderes als mit Ideologie vollgestopfte Köpfe. Nom d'un chien!
Würzburg streicht UA: Text zur Diskussion stellen
@Inka/24: Sie sprechen mir aus dem Herzen.
Und trotzdem hat @martin baucks/27 mit seinem Vorwurf
"Keine Ankündigung: Wir werden den Text von Waschkau in einer Lesung vorstellen?! Einfach nichts?! (...) Völlige Ignoranz."
auch recht. Wenn man den Text auswählt, sollte man ihn auch zur Diskussion stellen (z.B. in Form einer nochmaligen Lesung) oder ihn gar nicht erst auswählen.
Würzburg streicht UA: Kunst, Wahnsinn und Waschkau
@ Captain: Noch eine Frage: Warum sollte man sich jetzt lieber auf Kleist-Stücke konzentrieren? Ich sehe Kleist als Gegenpol zu Büchner, an dessen "Marat/Sade" mich Waschkaus Text u.a. erinnert. Vor allem in den Passagen, wo die Qual abstrakter Ideologien sich in fremde bzw. den eigenen Körper einschreibt bzw. daran abarbeitet.

Allerdings: Wo Waschkau u.a. von der "systematischen Schändung" einer "geknebelten Nackten" als "Sache" schreibt (Sadismus), schreibt Büchner von der Geißelung des eigenen Fleisches (Masochismus de Sades), um die in eine heillos-technokratisch-mechanistische Vernunft gewendete zerstörerische Form politischer Ideologien (Marat) am eigenen Leib zu spüren:

"Es war weniger ein Angriff auf diese Ertrinkenden
die alles mit sich rissen was sie noch greifen konnten
als ein Angriff auf mich selbst
In einer Gesellschaft von Verbrechern
grub ich das Verbrecherische aus mir selbst hervor
um es zu erforschen und damit die Zeit zu erforschen
in der ich lebte
Die Schändungen und Peinigungen
die ich meine erdachten Giganten ausführen ließ
führte ich selbst aus
und so ließ ich mich auch selbst binden und bearbeiten
und schon möchte ich sie mir vornehmen
diese Schöne dort

z e i g t a u f C o r d a y, d i e n a c h v o r n e g e f ü r t w i r d

die da so erwartungsvoll steht
und ihr die Riemen in die Hand drücken
daß sie mich schlägt
während ich zu dir von der Revolution spreche"


Texte können Bewusstsein schaffen, bereits das Denken kann das Sein umgestalten. Hauptsache, es kommen keine Menschen zu Schaden, was im ästhetischen Bereich des geschlossenen Theaterraums von vornherein ausgeschlossen ist. Wird diese Grenze überschritten, verwandelt sich die Kunst in Kriminalität oder Wahnsinn. Und das ist der Wahnsinn, von dem auch Waschkau schreibt.
Würzburg streicht UA: Es ging um Büchner und Weiss
Korrektur zu meinem vorherigen Kommentar: Es ging mir im Zusammenhang mit Waschkaus Text natürlich um BÜCHNERS "Dantons Tod" (Ekel, Nihilismus und fatalistischer Überdruss an der Revolution) und PETER WEISS' "Marat/Sade" (wie oben beschrieben).
Würzburg streicht UA: Aufarbeitung?
Jetzt doch noch Bewegung in Würzburg?
Aufarbeitung und Reflexion zum Fall
eines umstrittenen schwierigen Stückes?

Das Mainfrankentheater hat am 17.12. eine Debatte angesetzt. Doch ohne den Text vorzustellen. Das alles hat man unter dem Oberthema "Gewaltdebatte" im Spielplan so merkwürdig versteckt, als solle die Öffentlichkeit weiterhin vom "Nackten Leben" ausgeschlossen werden. Oder geschützt, wie im Juni.

Sehr merkwürdig.
Würzburg streicht UA: am Sonntag szenische Lesung
In Anwesenheit des Autors Paul M. Waschkau stellt das theater ensemble Würzburg in der Frankfurter Straße 87 den Text am Sonntag, den 16. Dezember 2012 um 20 Uhr in einer szenischen Lesung vor. Im Anschluss wird es eine Publikumsdiskussion geben. Reservierung und Informationen über www.theater-ensemble.net
Würzburg streicht UA: German Angst auch in Würzburg
Die kürzliche Absetzung eines „Nazi-Stückes“ in Neuss
http://www.nachtkritik.de/index.php?option=com_content&view=article&id=8747:rheinisches-landestheater-neuss-setzt-nazi-komoedie-ab&catid=126:meldungen-k
hat mich auch auf die Spur des abgesetzten Waschkau-Stückes „Nacktes Leben“ in Würzburg geführt.

Mögen die dramatische Ansätze auch unterschiedlich sein. Von frappierender Ähnlichkeit ist, dass die jeweilige Intendanz ihrem Ensemble eine herausragende künstlerische Leistung bescheinigt, die Gründe für die Absetzungen dann als „Publikumsschutz“ daher kommen.

Täuscht mich mein Gefühl, oder nehmen diese Fälle zu? Und was ist das für eine neue „german angst“ im Kulturbetrieb deutscher Theater?
Kommentar schreiben