Der neue Intendant in Münster will nicht sparen
Tanztheater und Schauspiel dicht machen?
24. August 2012. Kaum hat Ulrich Peters sein Amt als Generalintendant in Münster angetreten, muss er sich schon mit Sparvorgaben der Stadt auseinandersetzen: 1,9 Millionen sollen vom Theateretat eingespart werden: "Wir sollten hier eigentlich erstmal anfangen, gutes Theater zu machen, bevor uns so etwas vor die Füße geworfen wird", zitiert die Haltener Zeitung heute aus Peters Antrittsrede im Großen Haus der Städtischen Bühnen Münster.
Zehn Prozent sparen, der Rechnung der HZ zufolge wären das 1,9 Millionen Euro. "Um diese Quote zu erreichen, müssen wir das Tanztheater und das Schauspiel dicht machen", sagte Verwaltungschefin Rita Feldmann der Zeitung. Mit Eintrittsgelderhöhungen sei das nicht zu erwirtschaften. Gespart habe man in den vergangenen Jahren reichlich. 17 Stellen von 350 seien weggefallen, die Zahl der Produktionen sei aber gleich geblieben. "Ich kann nicht mehr sparen", so Verwaltungschefin Feldmann zur Haltener Zeitung.
Ulrich Peters sprach in seiner Brandrede gestern in Münster auch von einer "Wertebedrohung unserer Gesellschaft" durch das Wegsparen der Kultur, schreibt die HZ weiter. In diesem Zusammenhang habe der Intendant auch Erwartungen an die Politiker formuliert: "Führt mit uns Zielgespräche: Wofür brauchen wir Kultur und Theater?" Kulturförderung sei immer auch Wirtschaftsförderung, schon allein durch "jeden Friseurbesuch und Krawattenkauf" vor einer Premiere. Außerdem: "Alle arbeitslosen Künstler kosten die Gesellschaft genauso viel wie arbeitende Künstler."
Den Westfälischen Nachrichten zufolge ist Ulrich Peters auch Gerüchten entgegengetreten, er wolle Münster schon wieder verlassen. Allerdings habe er einen Vertrag für ein Fünf-Sparten-Haus unterschrieben. "Mit anderen Worten", so die WZ, "für ein abgespecktes, um Sparten gekürztes Theater stehe er nicht zur Verfügung". Peters ist zu Beginn dieser Spielzeit aus der Intendanz des Münchner Theater am Gärtnerplatz an die Spitze der Städischen Bühnen Münster gewechselt.
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Wieviele Besucher welchen Alters und welcher Herkunft bekomme ich für wieviel Subvention?
Nachtkritik, bitte ab sofort immer Zahlen beifügen. Und dann ein Intendanten-Ranking, wer die schönsten Spielminuten Qualitätstheater mit dem größten Publikum aus dem Steuergold spinnt.
2. Vorschlag: Fotowettbewerb, wo stehen abends in Deutschland an der Kasse die längsten Schlangen?
der Bauer hängt an der Scholle
nicht an der Kultur.
Wenn Intendanten so unglückliche Formulierungen wählen, haben Sie dann einfach nicht tief genug über das "Wozu?" der Kunst nachgedacht oder wollen sie es tatschlich nicht anders? Wie kann man die Notwendigkeit der Kunstförderung am Äußeren der Zuschauer (Frisur und Krawatte) festmachen? Geht es in der Kunst nicht vielmehr um innere Bewusstwerdungsprozesse und Denkmöglichkeiten im Hinblick auf die Gestaltung und Veränderung von Gesellschaft? Braucht man nicht also gewichtigere Argumente, um Politiker und Zuschauer von der Kunst als (Über-)Lebenskunst zu überzeugen?
herzlichen Dank für dieses ausgesprochen schöne Willkommen! Und danke auch dafür, dass du uns in die Schranken weist, bevor wir überhaupt angefangen haben. Das macht wirklich Lust und Laune!
Viele Grüße,
ein neues Mitglied aus dem Schauspielensemble
Starker Tobak von einem der auszog, „gutes Theater“ von München nach Münster zu bringen, und sich nolens volens mit einer Spardebatte konfrontiert sieht. Dabei haben Spardebatten in Münster Tradition. Die gesamte Ära Quetes war von ständigen Debatten ums Sparen geprägt.
Die Gründe hierfür sind aber nicht einer notleidenden Kommune geschuldet oder dem defizitären Haushalt einer überschuldeten Stadt wie anderswo. Das hat in Münster mit unattraktiven Spielplänen und eher glatten, haltungslosen Inszenierungen vor allen Dingen im Schauspiel zu tun.
Noch bevor sich der erste Vorhang hebt, reagiert Peters mit den üblichen Reflexen und Drohgebärden anstatt sein Versprechen auf „gutes Theater“ einzulösen. Und das ist das Hauptproblem. Auch Peters steht nicht für innovatives Theater, das lustvoll, spannend und sexy daherkommt. Nur über einen solchen Anspruch und Zuspruch könnte man in Münster die ständigen Sparandrohungen beenden.
Vielleicht geben Sie Herrn Peters die Möglichkeit, durch die ersten Premieren sein Versprechen auf "gutes Theater" einzulösen, bevor Sie sich beschweren, dass er dies nicht tut.
Zu Beginn einer Spielzeit gibt es Ansichtserklärungen, Floskeln, ungünstige Formulierungen, peinigende Stadt-Verprecher in Reden - denn wir sind alle Menschen. Daran lässt sich noch nichts ablesen, außer dass wir alle Menschen sind.
Im September kommt eine Opern Premiere, eine Premiere im Jungen Theater und zwei Schauspiel Premieren. Im Oktober folgt die erste Premiere im Tanz. Vielleicht redet man dann mal inhaltlich weiter.
Eine Mitarbeiterin des Theaters Münster, die es auch hasst, statt Startblöcken plötzlich Treibsand vorzufinden
Peters kann sein Versprechen auf „gutes Theater“ frühestens am 3.11. einlösen. Das dauert mir zulange. Und „Im weißen Rössl“ ist keine originäre Spielplanidee. Stück und Konzeption „im Stil der 30er Jahre, so zweideutig und frivol, wie es zur Zeit der Uraufführung war“ eignet sich kaum für eine inhaltliche Diskussion. Und es bleibt seine einzige Regietat in dieser Spielzeit.
Peters gibt also in Münster den kompetenten Kümmerer. Deshalb wird er sich auch an dem messen lassen müssen, was er bewegen will, welche Ansprüche er hat und wie er sie formuliert.
„Wir starten mit guter Laune“ z.B. oder für ihn (Peters) sei Jugendarbeit am Theater ein ganz wichtiger Baustein für die Zukunft, weil „die bringen auch ihre Eltern mit ins Theater“ oder das mit der Kultur ist Wirtschaftsförderung, dem „Friseurbesuch und Krawattenkauf vor einer Premiere“. Das sind nicht nur „ungünstige Formulierungen“. Ich glaube, Peters meint, was er sagt.
Über die Versprecher seiner Leitungsmitglieder beim „Spielplanerwachen“ am Samstag kann ich eher schmunzeln. Wobei „hier in Nürnberg“ erzählt, dass Schauspieldirektor Behnke seine Zeit am Schauspielhaus in Hamburg ausblendet und bis nach Nürnberg zurückspringt. Auf Paars neues „Tanztheater München“ bin ich noch am ehesten gespannt.
mandelkern