Presseschau vom 17. November 2012 – Claus Peymann spricht in der Rheinischen Post vom Scheitern

Gescheiterter Stachel

Gescheiterter Stachel

17. November 2012. Berliner-Ensemble-Intendant Claus Peymann ist, trotz gebetsmühlenartig vorgetragener erfreulicher Zahlen des eigenen Hauses, eingetrübter Stimmung. In einem Interview, das Lothar Schröder aus nicht näher erläuterten Gründen mit ihm in der Rheinischen Post (16.11.2012) führte, beklagt er den Ensembleverfall ("Eine kleine Gruppe von 30 bis 40 sehr bekannten Namen diktiert als Gastschauspieler die Spielpläne aller deutschsprachigen Bühnen."), ätzt gegen junge Dramatiker ("eine vollständige Nabelschau in der Literatur") und die Regie-Kollegen ("diese Stücke-Verbesserer, die unter dem Namen Regisseur eigentlich Dichter spielen").

Außerdem bedauert er die politische Sparwut: "Das, was das deutschsprachige Theater seit der Weimarer Klassik ausgezeichnet hat, ist heute mindestens halbiert. Und es dezimiert sich immer weiter." Nichts Neues also vom Reißzahn – bis auf ungewohnte Selbstkritik: "Ich habe meine Arbeit hier in Berlin begonnen, um ein Stachel im Arsch der Mächtigen zu sein. Jetzt bin ich 75, und aus dem Stachel ist ein Gewährenlassen geworden. Darüber bin ich sehr traurig und sehe meine Arbeit in Berlin in diesem Sinne auch als gescheitert an." Allerdings ist die Sache so einfach nicht. Denn die Schuld liegt natürlich bei anderen: "Wir würden gerne unsere Wut und unsere Verzweiflung über das Unrecht der Welt zeigen, aber wir haben die Stoffe nicht mehr. Dichter, wo seid ihr geblieben?"
(geka)

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