Von Mösen und Erpeln

von Katrin Ullmann

Hamburg, 7. Dezember 2012. Wenn es jetzt zu Ende ist, dann ist es auch o.k. Dann ist eine Stunde rum. Dann sind schon einige (viele!) Takte gesagt worden: zu Vater-Sohn-Mutter-Frau-Beziehungen, zu Nuttenarbeit und angemessener Entlohnung, zur Lebenssituation im Allgemeinen und Besonderen, zu krankenden Systemen und ihren Zusammenbrüchen, zu Hierarchien, der eigenen Fremdheit und zu Jeffreys Taufvorhaben.

Bis dahin sind Erich Honecker aufgetreten, Helmut Schmidt und ein Kinderpanzer, wurden Handkameras eingesetzt, Nebelschwaden und ein paar hübsche Krankenschwestern. Viktor Marek hat die Musik dazu gemacht, mit elektronischem Rhythmusgefühl und sizilianischem Charme. Wenn es jetzt zu Ende ist, dann ist es auch o.k. Doch es ist nicht zu Ende. Leider. Noch lange nicht.

Aufbäumender Einfallsreichtum

Das jüngste Stück des viel beachteten und mehrfach ausgezeichneten Dramatikers Oliver Kluck heißt "Männer Frauen Arbeit" und handelt genau davon, was der Titel verspricht. Kluck macht ein riesengroßes Fass auf. Er erzählt jetzt (über 20 Jahre haben wir genau darauf gewartet!) vom Zusammenbruch der DDR, vom unterschiedlichen Geschmack unterschiedlicher Mösen, von Erpeln und Enten, Tankstellen, Nagelstudios und Neubauvorhaben.

maennerfrauenarbeit 560a kerstinschomburg uMan diskutiert über Gott (nicht abgebildet) und die Welt und auch über die DDR: (von links) Hedi Kriegeskotte, Saskia Taeger, Jürgen Uter, Samuel Weiss.  © Kerstin Schomburg

Auch dieses Kluck-Stück ist – nach Warteraum Zukunft (2010) und Leben und Erben (2011) die dritte Auftragsarbeit für das Hamburger Schauspielhaus – eine lose, bunte Textcollage. Regisseur Markus Heinzelmann nimmt sie als solche kompromisslos an und klebt daraus einen ebenso brüchigen wie assoziativen Bilderbogen. Er macht das nahezu aufbäumend einfallsreich, behilft sich mit Video, Mikros und Nebel, mit immerzu neu gebauten Szenen und Musikeinlagen. In seinen gelungeneren Momenten wirkt der Abend wie das Making-of eines Lebens.

Rote Flaggen und gute Musik

Und genau wie im echten Leben gibt es in "Männer Frauen Arbeit" keine klare Handlung, eindeutige Figuren jedoch auch nicht. Mit Old-School-Hornbrille oder schicker Rothaarperücke gekennzeichnet (Kostüme: Gwendolyn Bahr) nähern sich meist mehrere Schauspieler zugleich einer Figur. Klucks Textzuordnungen changieren von "Ganzoben" über "Tochtersohn" bis hin zu ganz viel "ich". Dieses häufig auftauchende "ich" legt die eh schon naheliegende Vermutung noch näher, der 1980 in Bergen auf Rügen geborene Kluck habe in dem Theatertext einige seiner Kindheitstage abgearbeitet. "Ich habe die DDR untergehen sehen, habe das nicht ganz begriffen, war aber fasziniert davon, als das Verfilzte und Vermoderte weggefegt wurde", sagte er vor der Premiere dem Hamburger Abendblatt.

Also werden auch mal DDR-Fähnchen, "Wink-Elemente", geschwenkt und rote Flaggen ausgebreitet. Immerhin wird fast ständig gute Musik gemacht und auch die Schauspieler sind durchweg beachtenswert – Julia Riedler! Saskia Taeger! Samuel Weiss! Die pointierte Applausordnung (Choreografie: Rica Blunck) ist als spätes abendliches Highlight eine Erwähnung wert ebenso wie Viktor Mareks bodenlanges Kleid in Samtschwarz.

Wenn die Aufführung endlich zu Ende ist, sind zwei zähe Stunden rum. Gefühlt waren es vier. Und damit ist dieser Abend zwar ganz bestimmt abendfüllend, aber ganz bestimmt nicht mehr o.k.

 

Männer Frauen Arbeit (UA)
von Oliver Kluck
Regie: Markus Heinzelmann, Bühne: Gregor Wickert, Kostüme: Gwendolyn Bahr, Video: Matthias Huser, Musik: Viktor Marek, Choreografie: Rica Blunck, Dramaturgie: Steffen Sünkel.
Mit: Stefan Haschke, Juliane Koren, Hedi Kriegeskotte, Viktor Marek, Julia Riedler, Tristan Seith, Saskia Taeger, Jürgen Uter, Samuel Weiss.
Dauer: 2 Stunden, keine Pause

www.schauspielhaus.de

 

Aber die Titel der Oliver-Kluck-Stücke sind schon toll: Hier geht's zu Nachtkritiken von Die Froschfotzenlederfabrik (Burgtheater Wien) und Über die Möglichkeiten der Punkbewegung (Volkstheater Rostock).


Kritikenrundschau

Der Abend bliebe für ihn "ein großes Rätsel", sagt Alexander Kohlmann auf Deutschlandradio Kultur (7.12.2012, hier im Podcast). Klucks Stück wirke wie ein "wirrer, unbearbeiteter Strom von Erinnerungen an zwei Systeme", die Kluck in seinem Leben schon mitgemacht habe (die DDR und die heutige BRD). Das alles werde "munter miteinander hin und her geschnitten" und mit allen "Klischeemitteln des deutschen Regietheaters" (z.B. Projektionen, Live-Videofilmerei, Lieder und nackte Haut sowie Winken mit DDR-Fähnchen im Publikum) umgesetzt. Dabei finde Regisseur Heinzelmann durchaus einen "guten Rhythmus" und sorge dafür, dass der Abend "einigermaßen unterhaltsam" ausfällt. "Er reißt mit seinen Bildern ein bisschen was raus, aber mit diesem Text wird das hier nichts". Denn eine erkenntnisstiftende Auseinandersetzung mit der Frage, "ob vielleicht das System, in dem wir uns befinden, in einer ähnlich tiefen Krise ist wie die DDR 1989", bleibe der Kluck schuldig.

Für die Sendung "Kultur heute" auf Deutschlandfunk (9.12.2012) hat Alexander Kohlmann den Abend auch rezensiert. Die online nachzulesende Kritik endet ebenso ernüchtert wie das Radio-Gespräch am Premierenabend: "Radikal persönlich ist diese Innenschau eines verwirrten Geistes. Und sehr langweilig. Mit einem Seelenstriptease wie diesem, beweist das Theater jedenfalls nicht, dass es auch zu den Problemen der Gegenwart noch etwas zu sagen hat."

Klaus Witzeling schreibt für das Hamburger Abendblatt (10.12.2012): Dieses sei Klucks "bisher persönlichster Text, in dem er sich erbittert seine Verzweiflung über erlebte Benachteiligung (durch die Familie) und Ungerechtigkeit (durch den Staat) von der Seele schreibt, dabei die zentrale Figur eines oft in Monologen sprechenden Ichs aufsplittert: Denn sein Ich ist zugleich das der anderen, die sein Ich formten und zurichteten." Die Regie aber missverstehe diesen "eigentlich 'innerlichen Text' als ein äußerliches Polit-Kabarett, lässt das achtköpfige Ensemble mit viel Perücken, falschen Bärten und Umzügen leidlich 'witzige' Karikaturen mimen." Zudem fehle "ein klarer dramaturgischer Zugriff, der den Text entschlackt und konzentriert".

Auf der Onlineseite der Welt (10.12.2012) führt Klaus Witzeling seine Thesen zu diesem Abend weiter aus. Fazit dort: "Letztlich banalisiert, verharmlost und zersplittert Markus Heinzelmann mit seinem Hyperaktionismus die Stoßkraft dieses überbordenden, von einer wilden Verzweiflung getriebenen Textschubs. Vielleicht könnte ihm die streng musikalische Form eines intensiven, auf das Ich konzentrierten Sprach-Spiels beikommen und die eigentliche Uraufführung bescheren."

"Endloses Aufsagetheater, bei dem die Darsteller reden wie die Quersumme aus Jelinek, Foucault und einem Depressionskranken auf Valium," schreibt Daniel Haas in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (12.12.2012). Wenn man sich in dieser "grauenhaft verquatschten, intellektuell überambitionierten und dabei inszenatorisch komplett unterbelichteten Uraufführung" ästhetisch an irgendetwas habe klammern können, "dann war es der Discjockey". Denn dessen Kreationen konnten sich Haas zufolge hören lassen. Ansonsten "Entblößung und Entblödung", ein verquirrlter Diskursbrei und durch peinlich verunglückte Ironieversuche verursachte Verhöhnung von Opfern totalitärer Systeme.

In der tageszeitung (12.12.2012) schreibt Klaus Irler, ein "ungenießbarer Text" und eine "gescheiterte Inszenierung" kämen hier zusammen. Die Texte drehten sich um "den Untergang der DDR und die Übernahme der Macht durch die Besserwisser aus der BRD". Außerdem um "eine ramponierte Beziehung und die unerfreuliche sexuelle Verfassung der machthabenden Männer". Wie im freien Theater der 1990er-Jahre stünde eine "Leinwand auf der Bühne, die das Geschehen medial doppelt", wie "im Staatstheater der 1990er-Jahre" werde "derbes sexuelles Vokabular auf der Bühne zelebriert um zu schauen, ob das irgendwen berührt". Vielleicht aber müsse man das Stück ganz anders, nämlich als grandiose Attacke auf das Mittelmaß begreifen. Kluck und Heinzelmann würden dann zeigen, dass "das Theater (noch) ein Ort ist, an dem man im großen Stil und mit viel Aufwand danebenhauen kann".

In der Süddeutschen Zeitung (12.12.2012) zeigt sich Till Briegleb zutiefst irritiert von der Inszenierung, die die "Befremdungsmauer" zwischen Bühne und Publikum mit "Selbstschussanlagen von Totschlagwitzen und kläffenden Plattitüden am Laufdraht" verteidigte. Offenbar sei Oliver Kluck vom "Vielschreiben neuer Stücke für zahllose Theater" so erschöpft, dass ihm zur "Wende" nur "noch Phrasen zu Rabattpreisen und Obszönitäten im Dutzend einfallen". Kein "einziger origineller Gedanke" stünde in dieser "verunglückten Satire". Regisseur Heinzelmann aber sei der Text "noch nicht flach genug", weswegen er "Klucks Fabulieren" auch noch "in Laientheater" mit "gehörigem Ausstattungspomp" verwandele. Mit "großem Mitleid" verfolge man in "dieser Geburtsstunde des Humorzwangs" lediglich Samuel Weiss, der als Ministerialbeamter und Ich-Erzähler verzweifelt nach einer Figur in dieser Staffage suche.

 

Kommentare  
Männer Frauen Arbeit, Hamburg: nicht nennenswert
Okay... aber Saskia Taeger und Julia Riedler gesondert zu erwähnen, erschließt sich mir überhaupt nicht. Die waren, zumindest hier, sehr schwach.
Männer Frauen Arbeit, Hamburg: Frage zur Dramaturgie
In der Kritik zu Männer Frauen Arbeit ist von Aktionen, von Schauspielern, von einer Applausordnung zu lesen – eine inhaltliche Zusammenfassung des Abends ist nicht zu finden. Statt auf eine dramaturgische Bearbeitung des Textmaterials einzugehen, versucht sich die Kritikerin an Begriffen, die unbeschrieben bleiben. Einerseits wird das Material als lose Textcollage ohne klare Handlung und eindeutige Figuren beschrieben, andererseits ist von Textzuordnungen zu lesen, die untermalt von Musik, von „durchweg beachtenswerten Schauspielern“ verwirklicht worden seien. Anders als eine journalistische Darstellung, in der dem Leser die Möglichkeit gegeben ist, sich selber einen Eindruck zu verschaffen, ist hier nichts anderes zu finden, als ein didaktischer Versuch, der offensichtlich aus einer Befindlichkeit heraus verfasst wurde.

(Sehr geehrte Christine, nach zwei Stunden Aufführung, die sich wie vier anfühlen, kann ich schon verstehen, wenn unsere Autorin Katrin Ullmann auch aus einer (schlechten) Befindlichkeit heraus schreibt. Das gehört zu Kritik schon auch dazu. Aber als heute diensthabenden Redakteur interessiert mich viel mehr: Welche Dramaturgie haben Sie in diesem Abend erkannt? Das interaktive Angebot von nachtkritik.de gibt ja durchaus Raum für Erweiterungen und Vertiefungen der Kritik. Mit freundlichen Grüßen, Christian Rakow/Redaktion)
Männer Frauen Arbeit, Hamburg: Auftritt der Mumien?
- Jeffrey, Mutter, Krankenschwester: aus der Kritik wird nicht klar, in welchem Kontext diese Figuren eingebettet sind. Honecker und Schmidt würden auftreten, als was denn? als Mumie?

- warten zwanzig Jahre lang: die Aufarbeitung der Herbstrevolte wird - wie bei allen Aufständen zuvor - vor allem durch die Generation der Kinder erfolgen müssen. Sie ist es, der heute ein ständig wachsendes, auch kritisches Material an Berichten, Publikationen und wissenschaftlichen Ausarbeitungen zur Verfügung steht

- richtiges Leben: die einfache Antwort der schwierigen Frage, sie ist vorhanden wie die süße Traube, die scheinbar von alleine in einen weit aufgerissenen Schlund hineinwächst

- vier Stunden: kamen mir vor wie zwei halbe. Schön zu sehen war, wie sich der Hanseat redlich mühte, sein Desinteresse ostentativ zur Schau zu stellen
Männer Frauen Arbeit, Hamburg: Was will Kluck erzählen?
"Nuttenarbeit und angemessene Entlohnung"? Als Anspielung auf Volker Lösch (...) bzw. die (echten oder falschen) ausgebeuteten Nutten, welche es in beiden Systemen gab und gibt? Geht es hier um noch Anschauungen und Vorstellungswelten oder wieder nur um folgenlosen Klatsch zur Fütterung der profitablen Medienmaschinerie?

Letztlich also die wichtigste Frage: Was will Kluck "uns" hier eigentlich erzählen? Dass Männer im Osten wie im Westen nur deswegen zur Arbeit gehen, weil sie dort Frauen bzw. den "unterschiedlichen Geschmack unterschiedlicher Mösen" antreffen? Das sind ja wirklich wesentliche Fragen, die diesen jungen Dramatiker von heute beschäftigen, welcher bei der Maueröffnung gerade mal neun Jahre alt war.

"Seltsamer Zufall, daß alle die Menschen, deren Schädel man geöffnet hatte, ein Gehirn hatten." (Ludwig Wittgenstein)
Männer Frauen Arbeit, Hamburg: Kritik am heutigen Staat
ich habe an diesem Abend vor allem die Auseinandersetzung mit zwei Systemen gesehen, manchmal anstrengend, weil assoziativ und damit in einer anderen, als der gewohnten Sprache erzählt. Letztendlich ist die Kritik an unserem heutigen Staat viel energischer, wenn auch unangenehmer. Und egal ob wie oben kritisiert der Autor bei der Wende erst neun war, das Thema kommt zur richtigen Zeit und wenn es dann noch so frei von Belehrung von einem wirklich beeindruckend aufspielenden Ensemble erzählt wird, bin ich gerne bereit mir meinen eigenen Kopf zu machen. Sicher kein reiner Wohlfühlabend, aber einer der interessantesten am Schauspielhaus. Ich war ehrlich beeindruckt.
Männer Frauen Arbeit, Hamburg: auf der Chefetage
@ stephan: Könnten Sie das genauer beschreiben? Was genau wird denn da jetzt kritisiert "an unserem heutigen Staat"? Inhaltlich sagen Sie bisher ja auch noch nichts dazu.

Geht's beispielsweise um die "Nuttenarbeit" als Metapher? Im Sinne von, dass das, was als "Selbstverwirklichung" oder auch "Nächstenliebe" bezeichnet wird, oftmals eigentlich auch nur Ausbeutung auf niedrigstem Niveau ist? Platt gesagt, der Chef ("The Boss Of It All", Lars von Trier), welcher alle Damen und/oder Herren seiner Abteilung mal - Entschuldigung - "durchficken" darf, weil er genau weiss, dass sie abhängig von ihm sind und einen Job bekommen bzw. ihren Job behalten wollen? Sowas, zum Beispiel?

Wenn Dinge zu wenig aussagekräftig sind und/oder in ihrer Aussage nicht verstanden werden, nützt auch das Assoziative nichts.
Männer Frauen Arbeit, Hamburg: raus aus dem Café
Inga, nicht nur im Forum hängen und in Friedrichshain, auch mal raus aus dem Café und sich selber ein Bild machen
Männer Frauen Arbeit, Hamburg: erster und letzter Theaterbesuch
ich habe einen antidemokratischen, frauenverachtenden, menschenfeindlichen abend gesehen, wie ich ihn mir nicht gewünscht habe. es war mein erster theaterbesuch. ich werde nicht mehr hingehen
Männer Frauen Arbeit, Hamburg: vom Theater nicht ernst genommen
Für mich bleibt der Abend ein großes Rätsel. Ich hätte so gerne eine Lösung gehabt, irgendetwas Greifbares, was mich berührt und was mir weiterhilft. Es kam mir so vor, als würde ich nicht ernst genommen. Mir ist das schon einige Male passiert. Wenn ich beispielsweise Max Frisch lese, verstehe ich alles. Muss ich in das Theater, denke ich jedes Mal, dass es womöglich doch besser gewesen wäre ins Kino zu gehen
Männer Frauen Arbeit, Hamburg: der städtische Guerillero
Und jetzt Dutschke: "Der städtische Guerillero ist der Organisator schlechthinniger Irregularität als Destruktion des Systems der repressiven Institutionen."
Männer Frauen Arbeit, Hamburg: viele Themen und Ansatzpunkte
@9: mir ging es ähnlich, auch ich wusste den Abend nicht gleich einzuordnen. Mit etwas Abstand stelle ich allerdings fest, dass er etwas mit mir gemacht hat und immer noch macht. Viele Themen werden gleichzeitig verhandelt, immer zu viele und doch finde ich meine Ansatzpunkte. Zum Beispiel der Hinweis, dass die Politik gerade nicht gestalte, sondern lediglich verhindere, hat mir sehr gefallen. Auch konnte ich, anders als oben erwähnt, Figuren erkennen, die halt nicht auf exemplarische Weise vorgestellt wurden, wie man es erwartet, sondern über das Milieu in dem sie sich bewegen. Als wichtig empfand ich den Hinweis, dass es gerade nicht dem Naturell der Demokratie entspricht, dass jede Intervention eine Wirkung nach sich zieht. Hier wird gesagt, dass (heute) das Volk die Bevölkerung beherrscht und zwar absolut. Im Übrigen hat mir der Panzer gefallen, mit dem ein schnöslig seniler Helmut Schmidt auf der Bühne herumfuhr

@3: er war es wirklich
Männer Frauen Arbeit, Hamburg: Konkretisierungen gewünscht
@ Körschgen: "dass er etwas mit mir gemacht hat und immer noch macht". Eine abgegessenere, psychologisierendere Formulierung haben Sie wohl nicht? Und was heisst denn das jetzt eigentlich konkret? Sowieso müssten Sie hier so einiges mal konkretisieren:

- Was gestaltet "die Politik" (meinen Sie Politiker?) gerade nicht, sondern verhindert es lediglich? Einen wirklich offenen Dialog?

- Was heisst, die Figuren werden nicht auf exemplarische Weise vorgestellt, sondern über das Milieu, in welchem sie sich bewegen? Um welches Milieu handelt es sich hier?

- Was meinen Sie mit Ihrer Aussage, "dass (heute) das Volk die Bevölkerung beherrscht und zwar absolut"? Meinen Sie die Frage, wie man die Angehörigen eines korrumpierten Volkes in Demokraten verwandeln kann? Heute wollen ja alle immer nur Besitz-Bürger im Sinne des Kleinbürgers sein, und nicht mehr der Citoyen der Französischen Revolution. Sprich: Was zählt, ist - im Osten wie im Westen - "mein Haus, mein Auto, meine Frau". Und zwar in der Form des Habens, nicht des Seins. Geld zählen macht also glücklich? Nee, DAS allein kann es ja wohl nicht sein.
Männer Frauen Arbeit, Hamburg: Simulation eines Interesses
@ Inga, einer inhaltlichen Auseinandersetzung mit dem Stoff begegnen Sie mit der Simulation eines Interesses. Ihre Fragen beantworten sich selbst. Ihre Forderungen zur Stellungnahme sind redundant, Sie beziehen selber keine Stellung. Ihr Zitieren von Lehrmeinungen, aus Zusammenhängen gelöst, Ihr Schurigeln, Ihre aufgesetzte Empörung bei tatsächlich vorhandener Langeweile, all das entspricht ganz und gar dem Verhalten der Politik, die ihrerseits mit jedem ergebnisoffen vertagten Spitzentreffen und jedem weiteren Gutachten belegt, dass die Demokratie nichts anderes ist, als eine Harlekinherrschaft
Männer, Frauen, Arbeit: befreiend
Ich finde nochmals es ist anders - wenn es nicht das Recht gibt, zum "Ende des deutschen Staatstheaters" hin- im Staatstheater einfach zu sein- und dann regen sich alle noch auf - ist doch der Beweis erbracht wie bescheuert das Rezeptions- und Erwartungsverhalten ist. Ich muss nochmals bemerken, dass ich den Abend beeindruckend bei all seiner Ungenauigkeiten fand, weil er zeigt wozu Theater dann doch noch in der Lage ist. Entlarvung seiner Selbst und selbst bestimmter Kritiker, die das System auch schon aufgesogen haben und Teil dessen zu scheinen. Ich empfand den Abend als Auflehnung gegen ein System-und das fand ich sehr befreiend und auch noch gut.
Männer Frauen Arbeit, Hamburg: Hui!
@ Christine: Hui, jetzt haben Sie's mir aber gegeben. Und ich frage weiter: Wie soll ich mich inhaltlich auseinandersetzen, wenn ich gar nicht weiss, um was es Kluck hier inhaltlich eigentlich geht? Erkennen Sie den Widerspruch? Und Sie wollen offenbar inhaltlich auch nichts dazu sagen. Verstehe ich nicht.

@ stephan: "Ich empfand den Abend als Auflehnung gegen ein System" - ja, schön. Und was heisst das jetzt konkret?
Männer Frauen Arbeit, HH: Hinweis auf Print-Kritiken
Briegleb auf Linie in der SZ ("Auf Nullniveau"), differenzierter Irler in der taz ("Üble Uraufführung- Kampf dem Mittelmaß"). Beide erschienen am 12.12.12
Männer Frauen Arbeit, HH: Muss-Kriterium fürs Theater
Man sollte an dieser Stelle, zumindest, was den Regisseur der Aufführung angeht, wenigstens erwähnen, dass seine letzte Arbeit am Schauspielhaus, "Der große Gatsby", ein veritabler Publikumserfolg war, trotz ähnlich kontroverser Beurteilung an dieser Stelle.
Ja, ja, das mit dem Publikumserfolg ist für Intellektuelle nach wie vor kein Kriterium, ich weiss. Aber für die Theater isses eins. Muss es eins sein.
Männer Frauen Arbeit, Hamburg: Arkadijs Weihnachtsgruß
@ 17

Nun ja, den "Publikumserfolg" sehe ich bei "Männer Frauen Arbeit"
noch nicht so recht; allein dafür, das einzuschätzen, läuft der Abend im Grunde keineswegs
lange genug. Ich lasse mich aber bestimmt nicht durch schlechte Kritiken davon abhalten, zumal ich die Vorgänger-Klucks in Hamburg auch wahrgenommen habe und der Schritt zum neuen Bühnenformat hin prinzipiell begrüßenswert ist, wie ich finde. Leider ist heute, wo der Abend läuft, mir der Tag ein wenig durch die Finger geglitten,
so daß ich wohl erst den nächsten Termin, den 5.1.2013, dann immerhin mit Stückeinführung, werde wahrnehmen können. Dabei zeigt der Kartenverkaufsstand bis dato jede Menge freier Plätze an, so daß, wenn sich daran nichts entscheidend ändert an der Abendkasse, es zu einem Totentanz zu werden droht heute und beginnend um 20 Uhr
und jedenfalls weit und breit nichts vom "Publikumserfolg" hervor-
scheint. Wie gesagt, ich hoffe, Prospero wird diesen Abend dann noch wahrgenommen haben, um seine Eindrücke zu schildern. Mir tun jetzt drei Wochen Besinnung und ein wenig Inventur in den eigenen vier Wänden, denke ich, ganz gut, statt mich -vorschnell irgendwie-
gleich wieder in Hamburg, Leipzig , Potsdam oder Rostock zu verwickeln, nehme mir mal wieder ein Buch vor (den "Eisvogel") und wünsche allen auf nachtkritik de. ein besinnliches Fest und einen guten, gesunden Rutsch ! lg aus der Nähe des Minettiplatzes
Männer Frauen Arbeit, Hamburg: kürzer fassen
Mensch, Arkadij! Da wünsch ich aber auch schöne Weihnachten! Was war denn los? Plätzchen gebacken? Welches Rezept? Wie geht's der Oma? Bitte Auskunft!
Und wenn sie sich im neuen Jahr etwas kürzer fassen würden, gäbe es von meiner Seite auch die Chance, dass ich's ganz durchlese...versprochen.
Männer Frauen Arbeit, HH: Dreieinhalb Sterne
Netter Abend. Gleiches Haus wie bei Deutschland sucht den Superstar. Publikum etwas etepete, ansonsten okay. Dreieinhalb Sterne von fünf
Männer Frauen Arbeit, HH: être, peut-être
@ Zindy: Ach, Cindy, auch wenn du dich als Proll-Braut von Marzahn wirklich perfekt selbst inszenierst, ich find's trotzdem irgendwie billig, was du da machst. Apropos "DSDS" (und ein schwerer Fehler noch dazu, dass Bohlen mit dieser Show sogar mal auf die BE-Bühne durfte), du könntest zum Beispiel mal Richard Sennett lesen: "Verfall und Ende des öffentlichen Lebens. Die Tyrannei der Intimität".

Und noch ein kleiner Tipp, wenn du wissen willst, wie man sich auch anders künstlerisch selbst inszenieren kann. Schau dir doch mal die Peformance-Künstlerinnen Sophie Calle oder besser noch Marina Abramovic an, wenn du magst, die können das be-deutend besser als du. Also, finde ich jedenfalls.

Und was sagst du denn jetzt zu dem Abend? Inhaltlich null, auch in deiner Wahrnehmung, oder etwa nicht? Ganz nett heisst ja übersetzt eigentlich doof. Sowieso, "etepete"? Mensch, das heisst "etepetete" oder auch "être, peut-être". Sein oder Nicht-Sein auf Prolldeutsch.
Männer Frauen Arbeit, HH: sinnvoll aus Steuerzahlersicht
Aus Steuerzahlersicht ist dieses Stück sinnvoll, wenn nicht sogar notwendig!
Männer Frauen Arbeit, HH: sinnvoller verwendbar
300000€ für nichts. scheiße, was hätte man dafür im gängeviertel und auf der schanze auf die beine stellen können..
Männer Frauen Arbeit, Hamburg: überflüssig
Oh Gott was für ein überflüssiger Abend. Noch nicht mal gutes Studententheater! Warten auf Beier!
Männer Frauen Arbeit, Hamburg: Demontage
das grauenhafte bühnenbild, das scheinbar platt den verfall von haus und gesellschaft darstellt, verzerrt diese darstellung durch eine überziehung. die schauspieler spielen selbstverständlich ihre rollen. allerdings verharren sie nicht in ihnen, sondern wechseln sich ständig ab. jeder macht alles, die mobilität, wie sie in der kapitalistischen konsumgüterproduktion gefordert ist, ist auf der bühne angekommen. die figuren sind nicht ohne weiteres ihrem charakter zuzuordnen, sie sind ambivalent, jederzeit verfügbar und beliebig auszuwechseln. dem gegenüber steht eine haltung, die gerade nicht dem lob der freiheit folgt, sondern die gegensätzlichkeiten sichtbar macht. der amerikanischen forderung nach maximaler selbstverwirklichung steht eine ordnung gegenüber, in der es natürlichweise grenzen gibt. der abend überwindet diese enge, um anschließend im chaos zu versinken. nichts anderes erfolgt, als die demontage des theaters als ort der bewegung
Männer Frauen Arbeit, Hamburg: Theaterplätzchen
@ Hinweiser

Die Weihnachtsente war gut: auf meine Mutter ist Verlaß. Meine Großeltern, ja, wenn die noch wären, ich hätte sie für Sie, versprochen, nach Plätzchen gefragt. Um "Plätzchen" ging es ja auch: freie Theaterplätzchen ! Und da habe ich mir meinerseits erlaubt, einige Hinweise dahingehend folgen zu lassen; LeserInnen soll es ja immer wieder einmal geben, die aus irgendeinem Grunde nicht ohne Anstoß sich so einen Sitzbelegungsplan selbst zu Gemüte führen: und ich breche mir keinen Zacken aus der nichtvorhandenen Krone, gelegentlich "Theaterbasics" zu bemühen, wie etwa "sichteingeschränkte Karte kaufen, Edelplatz einnehmen". Bevor die Theaterpreise dann letztlich den Ausschlag geben, daß die Plätze leerer bleiben als nötig zum Beispiel. Im übrigen signalisierte ich "Prospero" so halb, daß ich diesen Abend wahrnehmen würde, ob es ihn nun interessiert oder nicht, und da habe ich halt diese Andeutung zurücknehmen müssen wegen einer Unpäßlichkeit, die hier keine Rolle spielt. Das war vielleicht überflüssig von mir, Überflüssiges kommt hier durchaus vor und sollte es hin und wieder dem Klima zuliebe dürfen, ich ahne schon, wie Sie das empfinden -ist ja nicht unnachvollziehbar-, aber mein Interesse für Prosperos HH-Tour war aufrichtig, und ich hätte mich schon gefreut, wenn er auch ins Deutsche Schauspielhaus gefunden hätte (die U 2 verbindet unterirdisch die beiden Theaterhäuser) und nicht "nur" ins Thalia !. Sorry allenthalben und Guten Rutsch !.
Männer Frauen Arbeit, Hamburg: zerschossen
Die Rede von den "überzogenen Erwartungshaltungen" finde ich richtig und wichtig.
Was heißt es, 20 Jahre auf einen bestimmten Abend zu warten, wenn in einem materialistisch-technokratisch bestimmten System, dort wie hier sozusagen, immer tüchtig nach vorne diskutiert wird , ohne Selbst-Stellungnahme, Selbstkritik, Dislike-Button ?
Der gestrige Abend hat tüchtig Zweifel daran gesät, daß so ein Abend überhaupt kommen kann beziehungsweise dies im landläufigen Sinne vielversprechend wäre.
Auch ich ging jetzt nicht gerade euphorisiert aus diesem Abend hervor, kann mir dazu aber immerhin meinen Teil denken (und manches bleibt gedacht, nicht umsonst die Verwirrung in den Kritiken darüber, ob hier Innerliches veräußerlicht wurde: möglicherweise bekommt der Inszenierende hier Kluck, wenn er das Stück sucht und das Stück, wenn er Kluck sucht, immerhin war ein Kritiker fast schon wieder gespannt auf eine "eigentliche UA"). Man bekommt einen Spiegel hingehalten (beim letzten Hamburger Kluck war es noch ein Zerrspiegel), der vor den eigenen Augen zerschossen wird; daß das nicht unbedingt erbaulich ist,
verwundert nicht. Ich kann nicht behaupten, daß mir die Tschechows im Nachbarhause, um mein ganz persönliches Spielzeiterleben zu skizzieren, mehr gegeben haben: im Stundenschnitt 2,5 Stunden. Ach ja, um auf 2,5 Stunden zu kommen, kann ich die launig-lakonische Einführung durch den Produktionsdramaturgen Steffen Sünkel nur wärmstens empfehlen; sie gehört gewiß nicht zum Text, aber, für mich jedenfalls, zum Stück..
Männer Frauen Arbeit, Hamburg: nicht einmal anarchisch
@ 8 und Inga

Im übrigen muß ich mich wundern, daß Inga den Kommentar 8 unkommentiert bzw. unbefragt konnte stehen lassen. Was bitte war daran frauenverachtend ? Kommen die Männer etwa besser dabei weg ?? War es darum menschenverachtend, weil Männer und Frauen schlecht wegkommen ??? Aber, es wurde doch sichtlich gespielt !
Und "antidemokratisch" ? Ich sah nicht wirklich, daß hier eine andere Staatsform propagiert worden wäre; noch nicht einmal anarchisch würde ich das Gesehene nennen. Und von einem Theaterbesuch auf alle zu schließen, das zeugt nicht gerade von einer Bereitschaft, sich wirklich mit einer Sache auseinanderzusetzen, ob nun mit Mensch, Frau, Demokratie oder halt Theater..
Männer Frauen Arbeit, Hamburg: Kritik an Sensationsgier?
Entschuldigen Sie, Arkadij Zarthäuser, aber ICH bin nicht SIE. Ich kann bisher auch leider nicht genau beurteilen, was genau an dieser Inszenierung jetzt frauenverachtend war. Jedoch muss ich schon sagen, dass diese Themen "Nuttenarbeit und angemessene Entlohung" sowie der "unterschiedliche Geschmack unterschiedlicher Mösen" für mich persönlich nicht sonderlich viel an Auseinandersetzungspotential abwirft.

Das klingt für mich zudem und wie bereits erwähnt alles ein wenig nach Volker Löschs Inszenierung "Lulu - Die Nuttenrepublik" an der Schaubühne, welche ja möglicherweise auch nicht ganz ohne Grund abgesetzt wurde, nicht wahr? Ich hatte bei Lösch übrigens tendenziell das Gefühl, dass es da eigentlich bloß um die Befriedigung der bloßen Sensationsgier des Publikums ging (in dem Sinne: "Wow, voll Porno! Wow, echte Nutten!"), leider nicht besser also als die Mechanismen der Boulevardpresse. Vielleicht spielt Kluck ja genau darauf kritisch an?

Ich erinnere hiermit an Günter Rössler, den gerade verstorbenen Aktfotografen, welcher wohl noch wusste, was Schamgefühl und die Würde der Frau bedeuten. Dazu passt eine kurze Passage zum Thema "Nacktheit, Sexualität und Partnerschaft. Warum die These von der sexuellen Liberalisierung für Ostdeutschland nur von begrenztem Erklärungswert ist" aus Wolfgang Englers "Die Ostdeutschen":

"Gibt man dem nackten Körper nur Zeit und Ruhe, sich ungehindert auszudrücken, versammelt er sich zu seelischer Präsenz. Die alte Anstandsregel: wenn der Körper nackt ist, sind die Blicke bedeckt, erfährt eine Erweiterung: wenn der Körper nackt, aber beseelt ist, sind offene Blicke erlaubt.
Zwei Gründe waren dafür verantwortlich, daß Schamgefühle entrümpelt, aber nicht auf den Müll geworfen wurden: der soziale Status der ostdeutschen Frauen und die Abwesenheit einer Sex-Industrie." Tja.
Männer Frauen Arbeit, Hamburg: zur Kenntnis
Liebe Inga, wie ist es schade: die Liebe, die Flüchtige, sie entzieht sich dem Diskurs. Was bleibt, ist doch nur Literatur. Insbesondere dann, wenn sich ein Mädchen auf einen reifen Mann einlässt. Schamgefühl, Würde, Anstand und Moral: Rösslers letzte Ehefrau war 14 Jahre alt, als er sie vor der Kamera für sich entdeckte. Auch das können Sie endlich mal zur Kenntnis nehmen. Machen Sie es gut, Ihre Roswitha
Männer Frauen Arbeit, HH: wenn's so wäre
@ Roswitha: Danke für die Information. Davon wusste ich allerdings nichts. Und wurde Rössler denn nicht der Pädophilie angeklagt? Schade. Denn wenn's so wäre, dann wäre er auch nur ein weiterer, banaler Lüstling.
Männer Frauen Arbeit, HH: nicht ganz richtiger Zusammenhang
@ Roswitha
Da ist wieder schnell was dahin geschrieben und steht dann da in einem nicht ganz richtigen Zusammenhang. Günter Rössler hat seine zweite Frau Kirsten tatsächlich als 14jährige entdeckt, aber in züchtigen Maschen für ein DDR-Modemagazin abgelichtet. Sie hat später nicht nur als Aktmodell für Rössler gearbeitet, sondern war auch seine Assistentin. Wirklich nähergekommen sind sie sich erst nach dem Tod seiner ersten Frau. Das sie 42 Jahre jünger ist als Rössler kann man natürlich so oder so interpretieren. Einen Vorwurf würde ich Günter Rössler nun nicht gerade daraus machen. Immerhin haben beide auch ein Kind miteinander bekommen. Ähnliche Beziehungen hatten ja auch Heiner Müller oder Jörg Immendorf. Ich würde das nicht überinterpretieren, es sei denn Sie wissen mehr, Roswitha. Ich will natürlich auch keinen selbstlosen Engel aus Rössler machen.
@ Inga
Wenn das der Engler so sagt, wird es wohl stimmen. Wirklich hinterfragt hat den Blick auf das Nackte in der DDR aber auch noch niemand. Die bekannten Klischees mit der FKK in der DDR würde ich auch eher mit Vorsicht genießen. Die DDR-Aktfotos so vollkommen ästhetisch zu heroisieren, wie Sie das da machen, verleiht ihnen im Nachhinein einen falschen Heiligenschein und romantisiert das Frauenbild in der DDR. Es scheint irgendwie, als meinten Sie, die hätten gar keinen Sex, oder zumindest nur guten, sauberen, oder? Der Bedarf an Nacktdarstellungen ist in jedem Falle immer vorhanden und wird in dem Maße befriedigt, wie es die Umstände erlauben. Und die Umstände in der DDR haben bewirkt, dass sich hier tatsächlich eine ganz andere Ästhetik der Aktfotografie entwickelt hat. Und über den Akt auf der letzten Seite des Eulenspiegels, genannt "Die Funzel", kann man aus künstlerischer Sicht heute sicher auch streiten. In den 80zigern hatte Rössler dann sogar eine Reportage mit seinen Aktfotos im Playboy. "Mädchen aus der DDR" hieß die. Wie die im Westen angekommen ist, kann ich allerdings nicht beurteilen, aber was aus dem Westen rübergeschwappt und von Westbesuchern mitgebracht wurde, war aber auf den Schulhöfen der allseits entwickelten sozialistischen Gesellschaft beliebte Tauschware. Ob da ein Rössler hoch im Kurs stand, können Sie getrost bezweifeln. Der Rest ist bekannt. Die Abwesenheit einer Sexindustrie hindert den schamvollen Blick des Mannes nicht daran, sich unverschämt nach anderem umzusehen.
Ich empfehle hier übrigens unbedingt die Fotoausstellung „Geschlossene Gesellschaft“ in der Berlinischen Galerie zu besuchen. Wenn ich mich recht erinnere, hängt da auch ein Rössler. Allerdings ist die Aktfotografie in der DDR dort kaum wirklich vertreten, was mich zugegebener Maßen etwas verwundert hat. Dafür gibt es tolle Filmreportagen über die Fotografinnen Helga Paris und Gundula Schulze Eldowy, die den DDR-Menschen erstmals wirklich unverschämt nackt dargestellt hat. Das dürfte Sie interessieren.
Männer Frauen Arbeit, HH: Nacktheit in der Kunst
@ Stefan: Nein, ich wollte die Nacktfotos damit keineswegs heroisieren und auch nicht behaupten, dass die Sexualität deswegen gleich einer Art "Blümchensex" gleichkam. Dem widerspricht übrigens auch Engler, welcher sich auf die Darstellung von Nacktheit in der Kunst(!), nicht in den Betten, bezieht:

"Sprache und Bilder machten weniger Umschweife, wurden direkter und fleischlicher, zur Schau gestellte Nacktheit erregte unten weniger Aufsehen und oben weniger Anstoß, Liebesszenen, in denen die Protagonisten 'zur Sache gingen', gehörten zunehmend dazu. Selbst pornographische Sujets fanden Eingang in den küsntlerischen Diskurs. Heiner Müllers 'Quartett' trieb das Spiel mit den Körperöffnungen und perversen Lüsten zu Beginn der achtziger Jahre in terroristische Höhen."
Männer Frauen Arbeit, HH: erfrischende Perspektive
Habe die Aufführung erst jetzt gesehen und muss sagen: Bestes Volkstheater für Hamburg und seine junge Szene! Und auch ältere Zuschauer hatten sichtlich ihren Spass.
Erfrischende Perspektive einer anderen Generation als die der Bildungshuber in ihrem Turm bei abnehmendem Licht!
Es sollte allerdings unbedingt ein Gastspiel in der Ex DDR stattfinden! Würde allzugern sehen, was da dann passiert...
Finde ausserdem, dass das Bashen der Noch - Leitung am Schaupielhaus und deren Projekte ziemlich durchsichtig ist. Als ob man da nichts gut finden dürfte, weil erst Frau Beier die Erlösung bringt...dabei gibt es sogar zu Pep Gardiola die Meinung, dass dessen Spielsystem schon veraltet ist. Um von einem anderen Messias zu sprechen...
Männer Frauen Arbeit: Hamburg: Stück für Karneval
@ 34

Die Idee und Ausführung des "Spielfeldes" allein ist schon die halbe Miete betreffs erfrischender Perspektiven. Das hat die Interims-Mannschaft, man kann fast schon sagen "im Anschluß an die Deutsche Meisterschaft der Theaterfußballmannschaften"
(ein voller Erfolg seinerzeit in Mümmelmannsberg !), wirklich gut eingefädelt.
Nur, sagt wirklich jeder, daß man da jetzt nichts gut finden dürfte ?
"Männer Frauen Arbeit" jedenfalls kündigt den "Karneval in Hamburg ab 2013" nicht nur an, ich finde zu den Pointen des Abends zählt durchaus, daß die Aufbauten und die Choreographien selbst sehr viel von den Rosenmontagsthemenwagen und
von den Camellewerferinnen und KarnevalstänzerInnen geradewegs aufs Spielfeld bringt. "Männer Frauen Arbeit", ein Stück Karneval ? Ich denke: schon..
Männer Frauen Arbeit, Hamburg: Textvergleich
Unvermögen oder Vorsatz: In den oben stehenden Kritiken werden Behauptungen aufgestellt, die nicht durch den Text belegt sind (er ist u.a. auf der Homepage des Autors herunterzuladen). So zitiert beispielsweise Alexander Kohlmann für den Deutschlandfunk eine Textpassage, Seite 40 in der Autorenfassung, bei der offensichtlich die Namen der Figuren entfernt wurden. Im Original ist dort von einer Helena zu lesen, im Kohlmann-Zitat gibt es Striche statt Namen. Die in den Kritiken an mehreren Stellen erwähnten Erich Honecker, Margot Honecker und Helmut Schmidt sind hingegen nicht zu finden.
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