Immer unter Verdacht

von Thomas Rothschild

Konstanz, 7. Juni 2013. "Ich wähnte mich im äußeren Geltungskampf den auf der Bühne und in der Presse stets vorgezogenen jüdischen Schriftstellern mit meiner langsameren, tiefgründigeren, schwereren Art nicht gewachsen und hatte wie das hässliche graue Entlein das unbestimmte Gefühl, diese sogenannte 'moderne' Manier, mit der man dort den Erfolg machte, nicht zu können." So zitiert Ursula El-Akramy in ihrem Buch "Die Schwestern Berend. Geschichte einer Berliner Familie" Wilhelm von Scholz, der mit der jüdischen Schriftstellerin Alice Berend über Jahre hinweg befreundet gewesen war. Die Selbstaussage liefert einen aufschlussreichen Hinweis. Man musste und muss bis heute nicht von Haus aus ein überzeugter Antisemit sein, um antisemitische oder auch ganz allgemein fremdenfeindliche Maßnahmen zu begrüßen und zu unterstützen: Sie schaffen unliebsame Konkurrenz aus dem Wege.

"Die wachsende Gefahr noch nicht erkannt"

Wie geht man um mit einem Drama, das das spätere NSDAP-Mitglied, das schon 1933 ein Treuegelöbnis an Adolf Hitler unterzeichnet und 1944 unter dem Titel "Eherne Tafel" ein Huldigungsgedicht an Adolf Hitler veröffentlicht hat, 1905 geschrieben hatte und das kaum als antisemitisch verstanden werden kann? Zwar hat sich der Nationalkonservative Wilhelm von Scholz später selbst ausdrücklich von seinem "Juden von Konstanz" distanziert ("Ich war (...) noch keineswegs fähig, die Gefahr der wachsenden jüdischen Vorherrschaft in Wissenschaft, Kunst, öffentlichem Leben zu erkennen und richtig einzuschätzen"), aber reicht das aus, um das Stück für alle Zeit mit einem Bann zu belegen? Schwerer könnte ein anderes Argument wiegen: Lohnt eine Aufführung überhaupt? Ist das Drama literarisch hinreichend interessant, um es auf die Bühne zu bringen? Und wenn ja – in welcher Form? Kann man von der Biographie des weitgehend vergessenen Autors, den man mit dieser Inszenierung immerhin ohne Not in Erinnerung ruft, abstrahieren, oder soll, muss man sie in diesem Zusammenhang thematisieren?

judevkonst1 560 iljamess uKann man das Stück spielen? "Der Jude von Konstanz" © Ilja Mess

Nasson alias Nathan

Das Theater Konstanz hat sich dieser Problematik gestellt. Was für die Aufführung spricht, ist einmal der lokale Bezug des Stoffes und dann das Spielzeitmotto des Konstanzer Theaters "Heimat". Mit ihm hat das Stück tatsächlich wesentlich zu tun.

"Der Jude von Konstanz" spielt im 14. Jahrhundert und, wie der Titel ankündigt, in Konstanz, er verarbeitet mehrere historische Quellen. Er ist in gebundener und einer archaisierenden Sprache, im "hohen Stil" abgefasst. Verse wie die folgenden sind kennzeichnend für das Stück und gewiss nicht typisch für die Dramatik des 20. Jahrhunderts: "Ich mag nicht töten. Auch in Qual und Schmerz / fließt dunkelgolden noch das Dasein weiter; / sich selbst erfüllend wehrt es noch dem Tode."

Der Titelheld, der Jude Nasson, wird unverkennbar als später Verwandter von Lessings weisem Nathan gezeichnet. Sogar der Name beschwört durch seinen Anklang die zentrale Bühnenfigur der Aufklärung. Gleich zu Beginn charakterisiert Nasson die Stimme der Vernunft, die der Leichtgläubigkeit und dem Aberglauben widerspricht. Er ist Arzt und als solcher dem rationalen Denken verpflichtet.

Und 1933?

Ein Besucher Nassons bemerkt beiläufig: "Es ist halt so: / man hat die Juden immer im Verdacht." Das klingt im Zusammenhang bedauernd. Antisemitisch ist es nicht, eher eine Anklage gegen antisemitische Vorurteile. Scholz benennt auch, historisch zutreffend, eine der Ursachen der Judenverfolgungen: dass man bei ihnen Geld geliehen hatte und die Zinsen nicht bezahlen wollte. Hat er das 1933, als jüdische Wohnungen und Geschäfte "arisiert" wurden, ihre Mieter beraubt und verjagt wurden, vergessen? Den Juden Asarjah lässt Scholz sagen: "O hütet euch! Glaub' mir, sie schlafen nur, / und irgend einmal bricht es wieder los." Hat er diese Warnung verdrängt, als in der Reichspogromnacht die Synagogen brannten?

judevkonst2 280 iljamess u© Ilja MessNasson ist zum Christentum übergetreten, um das Heimatrecht zu erhalten und ein Krankenhaus gründen zu können. Er soll den todkranken greisen Bischof retten, der die Juden vor der Verfolgungslust der Christen schützt. Nach einem judenfeindlichen Stück einer fahrenden Schauspielertruppe kommt es fast zum Pogrom. Als ein junger jüdischer Eiferer, der dafür plädiert, dass sich die Juden bewaffnen und gegen ihre Peiniger wehren – eine Stelle, die heute, nach den Erfahrungen des Nationalsozialismus ein ganz neues Verständnis provoziert –, einen christlichen Rivalen getötet hat, bricht der Pogrom tatsächlich aus. Als auch noch Nassons Braut, die zur Taufe bereit ist, von dem Juden, der sie zuvor verteidigt hat, erstochen wird, warnt Nasson seine früheren Glaubensgenossen vor der drohenden Gefahr.

Von den Christen vorenthaltene Heimat

Der – modern gesprochen: assimilierte – Jude, der zwar die Gebete noch kennt, aber nicht gläubig ist, kehrt in der Stunde der Verfolgung zu jenen zurück, zu denen er einst gehörte; nicht aus einem diffusen Gefühl der kollektiven Zugehörigkeit heraus, sondern eben weil sie verfolgt werden. Für sich selbst sucht Nasson den Tod. Seine letzten Worte lauten: "Ich habe keine Heimat, keine Heimat, / auch nicht als Asch' und Staub, wie ihr doch alle."

Dieser Schluss ist mehrdeutig. 1939 schreibt Wilhelm von Scholz, er habe bereits, als er den "Juden von Konstanz" schrieb, "schon die völlige Unvereinbarkeit des Juden mit unserem Volke" empfunden und dargestellt: "getrennt auf ewig, für alle Zeiten Feinde!" So kann man, muss man aber das Trauerspiel nicht lesen. Der heimatlose, wandernde Jude – das entspricht dem antisemitischen Klischee von Ahasver, dem ewigen Juden.

Aber die Logik des Dramas zeigt das Gegenteil, nämlich wie den Juden die Heimat von den Christen vorenthalten wird. Die Klage am Ende bezieht sich dann auf eine von Menschen bewirkte soziale, nicht auf eine existentielle Wahrheit. Und ist klüger als der Wilhelm von Scholz von 1939. Dass die Konversion zum Christentums nicht die Lösung des Problems ist, hat spätestens der rassische Antisemitismus Hitlers bewiesen. Die Taufe hat keinen Juden vor dem Gas gerettet. Und wie ergeht es jenen, denen man heute Integration abverlangt und die, so sehr sie sich darum bemühen mögen, dennoch ausgegrenzt werden? "Der Türke von Konstanz" muss noch geschrieben werden.

judevkonst3h 280 iljamess u© Ilja Mess

Nicht neu, aber intelligent umgesetzt

Regisseur Stefan Otteni siedelt das Stück weder im Mittelalter noch im Nationalsozialismus an, noch transferiert er es aufdringlich in die Gegenwart. Er verzichtet auch darauf, die Biografie von Wilhelm von Scholz auf der Bühne zu diskutieren – das überlässt er seiner Dramaturgin im Programmheft. Stattdessen kontrastiert er die Wege der Schauspieler zu ihrer Arbeitsstätte in Konstanz mit den Wegen jüdischer Flüchtlinge von 1938 in umgekehrter Richtung. Zudem lässt er Nassons Haushälterin Miriam an einer Stelle einen Text von Charlotte Knobloch aus dem Jahr 2012 sprechen – und das ist keine so gute Idee. Die Frage, ob Deutschland die Juden noch haben will, ist entweder rhetorisch oder kokett. Und die offenbar unvermeidliche Vermischung von antisemitischen und israelkritischen Ansichten erleichtert die Auseinandersetzung nicht gerade. Auch ist das Klischee vom palästinensischen Selbstmordattentäter um nichts weniger denunziatorisch als das vom raffgierigen Geldjuden.

Otteni und sein siebenköpfiges Kern-Ensemble, aus dem einige Schauspieler mehrere Rollen verkörpern, reduzieren Pathos und den klassizistischen Ton des Textes zugunsten einer plausiblen Alltäglichkeit. An manchen Stellen vervielfacht die Regie einzelne Stimmen und deutet so an, dass es sich nicht um individuelle, sondern kollektive Haltungen handelt. Als anonymes Kollektiv machen sich auch unverblümt antisemitische Zwischenrufer aus dem Zuschauerraum bemerkbar – eine nicht mehr ganz neue Idee, die aber hier intelligent umgesetzt ist.

 

Der Jude von Konstanz
von Wilhelm von Scholz
Regie: Stefan Otteni, Bühne und Kostüme: Anne Neuser, Dramaturgie: Miriam Reimers.
Mit: Zeljko Marovic, Alissa Snagowski, Sophie Köster, Andreas Haase, Ingo Biermann, Kristin Muthwill, Thomas Fritz Jung.
Dauer: 2 Stunden 10 Minuten, eine Pause

www.theaterkonstanz.de

 

Kritikenrundschau

Von einem ebenso sanften wie klugen Regiekonzept spricht Siegmund Kopitzki im Konstanzer Südkurier (10.6.2013). Stefan Otteni gelingen mit seinem zeichenhaften Minimalismus aus Sicht dieses Kritikers "schaurig-schöne Bilder". Eine "unaufdringliche Aktualisierung" trage das Stück aus dem Mittelalter darüber hinaus in die Jetztzeit. "Kein Stuhl, kein Tisch nirgendwo. Das ist modernes Theater." Und ohne Tisch und Stuhl, folgert der Kritiker: "Keine Ruhe, ewige Wanderschaft – ein Abbild der Heimatlosigkeit." Ach.

Bettina Schulte schreibt in der Badischen Zeitung (12.6.2013): Überraschend offenbare sich in Ottenis Inszenierung "nicht nur die Spielbarkeit, sondern auch die Aktualität des Stücks". Die Besetzung des Nasson mit dem serbischen Schauspieler Zeljko Marovic sei der "Grundbaustein für die fast beiläufig geglückte Versetzung" des Kernproblems ins Heute: "Der Migrant steht immer und überall auf der Welt vor der Entscheidung, sich entweder an die fremde Kultur zu assimilieren oder fremd zu bleiben in seiner neuen (Wahl)Heimat – oder womöglich beides zu versuchen: sich selbst im Anverwandeln zu bewahren." Eine Lösung für diese "zerreißende Frage" gebe es nicht – das zeige auch "Scholz' unversöhnliches Stück", das Lessings "Aufklärungs- und Versöhnungsglauben" hinter sich gelassen habe. Dass der Aktualitätsschock keineswegs aufgesetzt wirke, sei allein Ottenis "mit sparsamen, aber sehr deutlichen Gesten arbeitender Regiekunst zu verdanken". Er habe "das Stück großartig wiederbelebt": Den Dichter habe er "damit nicht rehabilitiert".

Im Konstanzer Online Magazin SeeMoZ (10.6.2013) stellt hpk zur eigenen Überraschung fest: Das Stück sei nicht antisemitisch, sondern ein hochaktuelles "Trauerspiel" über Fremdenhass, Ausgrenzung und die Frage, was Heimat sei; außerdem schafften es Regie, Dramaturgie und alle Schauspieler, die Widersprüche "ungemein glaubhaft auf die Bühne zu bringen". Otteni interessiere sich nicht für die lokalen Konstanzer Diskussionen um Straßen-Umbenennung und Grab-Abräumung des Wilhelm von Scholz. Der Inszenierung gelinge die Gratwanderung, ein "gutes Stück eines umstrittenen Menschens" ohne erhobenen Zeigefinger zu präsentieren. Die "beste Premiere" dieser Konstanzer Spielzeit.

Auch Judith von Sternburg findet die Aufführung "spannend" und "zwiespältig". In der Frankfurter Rundschau (10.6.2013) schreibt sie: Das Stück für sich genommen, sei "unverfänglich". Es wimmele von "noblen, vernünftigen, fanatischen und gewaltbereiten Juden und Christen gleichermaßen". Die Inszenierung zeige eine "sorgfältig überlegte, eindrucksvolle Auseinandersetzung mit dem Begriff Heimat und Heimatlosigkeit". Zeljko Marovic als Nasson sei ein echter Sympathieträger, dessen leichter Akzent ihn zugleich zum "Außenseiter für alle" mache. Es sei "in Ordnung", dass Otteni "sich unbedingt auf die Handlung einlässt und einen starken Theaterabend daraus macht". Andererseits sei es "seltsam", dass ausgerechnet die Biografie des Autors selbst außen vor bleibe. "In einer leidenschaftlichen, spielfreudigen, aber an dieser Stelle schmerzfreien Inszenierung bleibt da der Nachgeschmack von Halbherzigkeit."

 

Kommentare  
Jude von Konstanz, Konstanz: weder rhetorisch noch kokett
Schade, daß Herr Rothschild der Nazi-Dichter mehr zu interessieren schein, als der Abend selbst, der über die Skandal-Fakten des Autors weiter ausgreift, auch und gerade mit dem Text von Frau Knobloch. ob Deutschland, oder Europa, "die Juden" noch will, diese Frage ist angesichts der Entwicklung in Ungarn oder den Angriffen gegen Rabbiner jetzt wieder in Offenbach, weder rethorisch noch kokett. da ist der Rezensent derjenige, der politisch naiv ist. Die Auffürung denkt das weiter: Indem ein Migrant die Rolle des Juden spielt, ist das Stück Der Türke von Konstanz immer mit dabei.
Jude von Konstanz, Konstanz: Wie kommt es dazu?
Also bedarf es zu der ohnedies zu lang geratenen Kritik noch einer Erläuterung: Die Frage, ob Deutschland die Juden noch haben will, ist rhetorisch, wenn man die Antwort "nein" erwartet, und kokett, wenn man mit der Antwort "ja" rechnet. Falsch ist die Frage, weil "Deutschland" und auch Ungarn ebenso wenig wie die Figuren des Stücks einheitlich reagiert. Den Angriffen auf einen Rabbiner steht die Empörung gegenüber, den antisemitischen und antiziganistischen Übergriffen in Ungarn der Protest innerhalb und außerhalb des Landes. Wie es dazu kommt, dass der Autor des "Juden von Konstanz" zu einem Nazi-Dichter wurde, interessiert mich in der Tat brennend. Wer das begriffe, verstünde vielleicht auch, was zur Zeit in Ungarn passiert. Wenn der Wunsch, die Mechanismen, die Menschen zu Antisemiten machen, verstehen zu wollen, statt nur "Skandal" zu schreien, politisch naiv ist, bin ich gerne politisch naiv.
Jude von Konstanz, Konstanz: schlimme Erinnerungen
Als Jüdin, die in Konstanz lebt, war der Abend für mich schwer zu ertragen. Mehrere Figuren breiten die schlimmsten Klischees über Juden aus, antisemitische Jahrmarksspiele werden auf de Bühne veranstaltet, und aus dem Publikum schallt es "Juden raus!" Das weckt schlimme Erinnerungen. Lange legt sih das Ensemble und der Regisseur nicht fest, auf welcher Seite sie stehen. Wenn dann die Rede der Figur Miriam sich wie ein Gewitter entlädt, ist das eine Wohltat. Sie spricht uns aus der Seele: Viele Juden fühlen sich in Deutschlnd nicht gewollt.
Der Jude von Konstanz, Konstanz: Nachsatz
"Nicht gewollt.", das ist wohl unser "legaler" Status. "Deshalb müsst ihr ja nicht gehen.", wäre der Nachsatz.
Der Jude von Konstanz, Konstanz: Künstler und Gesellschaft
viele künstler fühlen sich in der gesellschaft nicht gewollt. . .
Der Jude von Konstanz, Konstanz: Künstler und Wahrheit
es wäre vielleicht besser, wir stürben aus - und das tun wir ja auch . . .
dazu noch:
wer ist ein "wahrer" künstler, und wer nicht?
Der Jude von Konstanz, Konstanz: Kunst und nicht Agitation
Otteni ist ein Meister des stillen Erzählers und indem der Abend so dicht daherkommt, fast behutsam, macht er deutlich, wie faschistisch Scholz als Autor geworden ist, als die Nazis an der Macht waren. Schwer zu ertragen RF ist der Faschismus, aber nicht das Theater, ist doch gut wenn Regie und Ensemble sich erst einmal nicht festlegen, das nennt man Kunst und nicht Agitation. Haben Sie das nicht verstanden? Das Theater Konstanz hat wieder einmal Mut bewiesen und macht kein langweiliges Stadttheater:Nathan machen alle, tut keinem weh. Bravo Otteni. Brava Konstanzia
Der Jude von Konstanz: rechts nicht festlegen?
Das scheint eine Spezialität von Otteni zu sein: Sich nicht festlegen, wenn es um rechte Stoffe geht. Hat er das nicht auch schon beim Eisvogel in Potsdam vermieden? Ich finde ja. (...)
Der Jude von Konstanz: Beschwerde
Das ist aber keine KritikenRUNDSCHAU: Wo bleibt die Thurgauer Zeitung, die Frankfurter Rundschau, ganz ohne Ach.
Der Jude von Konstanz, Konstanz:
Man kann Ottenis Inszenierung für gelungen halten oder auch nicht. Aber dass er "sich nicht festlege" ist, Verzeihung, eine Denunziation. Man muss schon pervers sein, wenn man in dieser Aufführung nicht eine unmissverständliche Abscheu vor der Pogromstimmung und eine eindeutige Parteinahme für die verfolgten Juden erkennt. Es ist freilich schwer, über etwas zu urteilen, das man nur vom Hörensagen kennt. Im Übrigen ist "Der Jude von Konstanz" keineswegs ein "rechter Stoff". Er ist es ebenso wenig wie G.W. Pabsts Film "Der Prozeß" nach Brunngrabers Roman. Man kann, liebe Frau R.F., kein Stück über Antisemitismus spielen, ohne Antisemiten zu zeigen, die aber Otteni nicht einmal andeutungsweise rechtfertigt. Das ist ja gerade das Erschreckende, dass jemand, der ein - wenn man es denn politisch einordnen will - liberales Stück geschrieben hat, drei Jahrzehnte später zu einem glühenden Antisemiten und NSDAP-Mitglied werden kann. Aber wer die Biographien einiger Protagonisten des gegenwärtigen ungarischen Antisemitismus studiert, muss sich eingestehen, dass solche "Bekehrungen" keine Ausnahme sind und wohl auch hierzulande jederzeit wieder möglich wären.
Der Jude von Konstanz, Konstanz: Guter Riecher
Welches so mies finanzierte Stadttheater hat schon so einen guten Riecher und solch einen Spieplan, solch eine Pressresonanz wie das Konstanzer Theater, da sind mutige und avantgardistische Leute am Werk: Küsst die Faschisten wo ihr sie trefft.
Der Jude von Konstanz, Konstanz: Abbild
Ich bin wohl mißverstanden worden in meinem ersten Beitrag. Der Abend in Konstanz war zwar ein schwerer für mich, eine ständige Achterbahn der Gefühle. Gleichwohl hat er in seiner Härte ein Abbild Deutschlands gegeben und war ein sehr guter und wichtiger Theaterabend. Man wünscht sich so eine Aufführung für jede Stadt des Landes.
Der Jude von Konstanz: Auf nach Budapest
Auf nach Budapest. Kann man nicht versuchen das Stück in Ungarn zu spielen, verbunden mit einer Demonstration gegen den antisemitischen Terror, gäbe es nicht dort ein Theater, welches das Stück adoptiert, gibt es kein Goetheinstitut dort, Schauspieler, Intendanten, die auf die Strasse gehen? Die Künstler muessen reagieren, wo die Politik versagt.
Der Jude von Konstanz: im Sturm?
Sehr interessant ,wie hier immer wieder u.a. Inszenierungen von Herrn Otteni in einem Sturm behandelt werden.
Als ob alle nach Konstanz , Karlsruhe oder Nürnberg fahren würden....
Der Kultur-Shitstorm nimmt auch hier überhand ( liegt ja in der Natur der Sache ) und fächert via angeblicher Rezension eine allgemeinere Diskussion auf , die einzig und allein den Zweck erfüllt , die Inszenierung und ihre Regie zu etablieren.
Der Jude von Konstanz, Konstanz: Neid?
Im Neid?
Sehr interessant wie eine Diskussion über Juden in Deutschland als "shitstorm" bezeichnet wird. Vielleicht ist es ja einfach eine gute Aufführung in Konstanz. Sieht da nicht einfach ein Kollege vom Herrn Otteni im Neid auf die "angeblichen Rezensionen"?
Der Jude von Konstanz, Konstanz: jederzeit denkbar
@ 10.
Thomas Rothschild hat ganz recht: Ein Ruck nach recht ist in jedem Land Europas jederzeit denkbar. Ungarn ist das Paradebeispiel. Dabei sind sie heute schlauer, meiden die eindeutigen Schlagworte, wie im Interview von Attila Vidnyánszky sehr deutlich wird. Uns in Deutschland schützt nur die wirtschaftliche Lage. Wenn es bei uns 30% Jugendarbeitslosigkeit gäbe, würde es nach rechts ganz anders zugehen...
Jude aus Konstanz, Konstanz: auf eine fröhliche Anti-Rassismus-Debatte
Na also, der Jude aus Konstanz ist eingeladen in unsere Multi-Kulti Stadt voll mit tuerken und Russen, die hoffentlich alle ins Theater gehen, auf eine froehliche ant-rassismus debatte in der wuerttembergischen Provinz.
Der Jude von Konstanz, Konstanz: es spricht ein Statist
Hallo Pforzheimer :-)
Es schreibt ein "böses Volk-Statisten_Mitglied" ...
Keine Ahnung, ob Dein gewünschtes Klientel im Theater war; wir hatten auf alle Fälle auch im Nachgespräch im Foyer interessante Fragen bzw. auch Eindrücke, die eben auch "das Volk" mit nach Hause nimmt.
Und da sind auch wir Statisten uns sehr einig mit Herrn Otteni: Wichtig ist es, den Finger in die Wunde zu legen, bis es fast (oder vielleicht auch wirklich) weh tut.... Warum es dann mehr oder weniger weh tut... ist Aufgabe vom Besucher ;-)
Jude von Konstanz, Konstanz: eine Wohltat
Ja, genau der JUDE war in unserer Stadt, die es bitter nötig hatte: Rassismus gehört hier zum Alltag, ob gegen Türken, Schwarze oder Serben. Für mich war die Vorstellung gestern deshalb eine Wohltat, einen Serben den Juden spielen zu sehen: Fuck off, racists!
Der Jude von Konstanz, Konstanz: Aussage und Ausdruck
.. "Fuck off, racists!" gefällt mir persönlich zwar jetzt von der Aussage her, aber nicht vom Aussdruck ;-)
Aber... gut...!!! Wenn wer mit einem schalen Geschmack auf der Zunge aus der Inszenierung rausläuft... das ist schon die halbe Miete!!
Schön, dass Du da warst ;-))) !
Jude von Konstanz, Konstanz: ganz + gar nicht einverstanden
Ich war ganz und gar nicht einverstanden mit der Aufführung bei den Baden-Württembergischen Theatertagen. Wenn das Stück eines braunen Schriftstellers heute nichts mehr auszusagen hat, hilft es nicht, es mit aktuellen Texten aufzufüttern. Und eine Parallele zwischen den Judenverfolgungen unter Hitler und den Einbürgerungsschwierigkeiten von Ausländern heute herzustellen, ist obszön.
Jude von Konstanz, Konstanz: hundertprozentig
Wilhelm von Scholz war ein hundertprozentiger Nazi. Wer ihn spielt, rehabilitiert ihn. Punkt.
Jude von Konstanz; Konstanz: nicht geschrieben
Heute wurde ich auf mein "Kommentar" bei dieser Kritik angesprochen.
Da hat sich wohl jemand meiner Initialen bedient. Ich erkläre ausdrücklich das ich dieses Kommentar nicht geschrieben habe. und auch nicht dieser Meinung bin. Ruth Frenk.
Jude von Konstanz, Konstanz: der Scholz von 1905
Lieber Herr Paul, ach wenn das alles so einfach wäre. Nach dieser Logik dürfte man auch Arnolt Bronnen, Pirandello, Anouilh nicht spielen. Wenn durch die Konstanzer Aufführung irgendetwas rehabilitiert wird, dann der Scholz von 1905. Dass er "hundertprozentiger Nazi" wurde, wird gerade dadurch erneut öffentlich diskutiert - wie hier, auch durch Sie. Nichts scheint mir schädlicher als die Suggestion, es habe nie Nazis gegeben. Es gab sie, sogar solche, die es nicht immer waren und nicht immer blieben (noch einmal: Arnolt Bronnen), und man muss darüber reden, wenn man für die Zukunft lernen will.
Der Juden von Konstanz, Konstanz: Einwand
Lieber Herr Paul

Denke nicht, dass dieses Stück auf der Index-Liste des 3. Reichs gestanden hätte und verboten war, wenn es genau das wiedergespiegelt und ausgesagt hätte, was man damals propagandiert hat...
Der Jude von Konstanz, Konstanz: reflexartig
Wenn die Aufführung der Konstanzer eins bewirkt, dann, daß Linke und Liberale wieder reflexartig übereinander herfallen - meistens wie so oft, ohne die Aufführung gesehen zu haben. Dabei ist sie einfach gutes, streitbares politisches Theater, mit dem man noch lange nicht fertig ist, wenn das Stück aus ist.
Der Jude von Konstanz, Konstanz: Irrlicht
@Frank H...
Sorry, da scheint irgendnen Irrlicht sein Unswesen zu treiben :/..

siehst Du das wirklich so? ;-) evtl kannst mich auch anmailen : Lexle@t-online.de
Jude von Konstanz, Konstanz: überwunden?
Lieber Herr Rothschild,
jetzt, da ich die Aufführung gesehen habe, bin ich doch verwundert über Ihre Kritik und noch mehr ihre Bemerkungen, die vor allem darauf abzielen, den Gesinnungswandel des Wilhelm von Scholz zu verstehen und ihn seinen Lesern mit Ungarn-Vergleichen nahezulegen. Die Aufführung selbst beschäftigt sich aber gar nicht mit der Frage der Täter, sondern kümmert sich resolut und - da haben Sie recht - sehr parteilich um die Opfer. Das macht unbedingt ihre Stärke aus: Nicht zu fragen, was macht einen nationalen Dichter zum nationalsozialistischen Dichter, sondern was machen die Opfer - die Juden, die Ausländer - mit den vielen Schattierungen des Fremdenhasses (besonders eindrücklich die Rolle des feigen demokratischen Stadtrats im Stück)in ihrer Stadt? Ist das nicht viel wichtiger, die Perspektive derer, die das Leid erfahren, zum Klingen zu bringen, als immer nur wieder die, die Leid zufügen, also unsere?
Wie können Sie da die Aufführung so verkennen und beständig um Fragen kreisen, die der Abend längst überwunden hat?
Der Jude von Konstanz, Konstanz: das Beste
Der Abend ist das Beste, was wir seit langem in Konstanz gesehen haben. Endlich ein Theater, das die Migranten spielen läßt!
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