Ruf nach der Fachjury

Bochum, 23. Oktober 2013. In einer Stellungnahme kritisieren zwanzig Bochumer Künstler und Theater der freien Szene, dass die Bochumer Stadtwerke in diesem Jahr ihre Mittel zur Kulturförderung über eine Internet-Abstimmung vergeben haben. Das Voting lief vom 5. bis zum 30. September diesen Jahres. 350 000,- Euro wurden auf diese Weise vergeben für Projekte aus den Bereichen Bildung, Kultur, Soziales und Sport.

Für die freien Theater sei das ein Problem, weil die Stadt wegen ihrer schwierigen Haushaltslage immer wieder auf das Kultursponsoring ihrer Tochtergesellschaften Stadtwerke und Sparkasse verweise, erklärt Michael Mans vom prinz regent theater. Eine Massen-Abstimmung sei jedoch kein Instrument der gezielten Kultur-Förderung. "Es geht uns darum, dass wir von einer Fachjury bewertet werden", so Mans, das sei ein transparenter Weg für die Vergabe von Fördergeldern durch die Stadtwerke.

Bei der Internet-Abstimmung konnten jeweils fünf Punkte für ein oder mehrere Projekte vergeben werden, Stadtwerke-Kunden durften die doppelte Punktezahl verteilen.

In der Stellungnahme lehnen die Theater dieses Procedere ab, fordern Dialog und Transparenz. Man begrüße ausdrücklich, dass sich die Stadtwerke darüber zu einem Gespräch bereit erklärt haben. Anders sehe es dagegen bei der Stadt Bochum aus, "bisher habe sich niemand aus Politik oder Verwaltung zu diesem Voting verhalten. Der Kulturdezernent verweigert ein Gespräch mit der Freien Szene mit der Begründung, sich in Angelegenheiten eines städtischen Tochterunternehmens nicht einmischen zu dürfen. Es wäre aber sein Job, als Sachwalter der Kultur, als Vermittler zwischen Kunstszene, Politik und Verwaltung zu agieren."

Zu den Unterzeichnern der Stellungnahme gehören: Atelier 2neun2, blicke Filmfestival des Ruhrgebietes, Bochumer Kulturrat, Festival Figurentheater der Nationen (Fidena), Figurentheaterkolleg, Freies Kunst Territorium, Frank Goosen, Oli Hilbring, Kinder- und Jugendtheater Traumbaum - KiJuKuMa, Kulturbahnhof Langendreer, Macondo Literaturfestival, Ostwest Verein für kulturellen Transfer, prinz regent theater, Ben Redelings, ROTTSTR5 galerie / ROTTSTR5 H.O.F., Silvia Szlapka, Sundown Gallery, Theater Wilde Hummel, Theater Zeitmaul, Thomas Zehnter.

(sik)

 

 

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Internet-Abstimmung Bochum: Auslagerung von Verantwortung
Die Klagen des Wiener Billeteurs und der Bochumer Künstler sind zwei Folgen der selben Ursache: der Auslagerung von Zuständigkeiten und Verantwortung, mit anderen Worten: der freiwilligen Preisgabe von Entscheidungskompetenz. Man kann es Outsourcing nennen oder Privatisierung oder Sponsoring. In all diesen Fällen geben demokratisch konstituierte und daher abwählbare Gremien und Institutionen die Entscheidungsbefugnis an nicht kontrollierbare, im Extremfall sogar kriminelle Vertreter ab, die dann nach Belieben kündigen, Förderungen verteilen oder auch einsparen können. Das ist schlimm genug. Dass sich viele Künstler in das System des Sponsoring haben einspannen lassen, obwohl dessen Gefahren von Anfang an bekannt waren, ist der tragische Teil des Skandals. Sie haben sich, weil sie opportunistisch hofften, es könne dabei für sie etwas abfallen, zu Kollaborateuren machen lassen, wo Widerstand nötig gewesen wäre. Ein Billeteur allein wird ihn nicht leisten können. Und außerdem ist es fast zu spät: die neoliberalen Weichen sind gestellt, auch von jenen, die leichtfertig den Anspruch auf öffentliche - also Steuer-Gelder für kulturelle Einrichtungen verabschiedet haben.
Internet-Abstimmung Bochum: nachvollziehbar
Das ist doch ein sehr schöner, nachvollziehbarer Vorgang.
Internet-Abstimmung Bochum: kapitalistisches Rudel
@Rothschild

Das sozialistische Kollektiv wird vom kapitalistischen Rudel abgelöst.
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