Sie sind wieder da!

von Christian Rakow

Berlin, 22. November 2013. Nach der Reunion der Beatles, die ich mir nicht sinnvollerweise wünschen konnte, weil ich noch im Kindergarten war, als John Lennon ermordet wurde, ist das die Reunion, die ich am meisten ersehnte: die der Monty Pythons. Den wiedervereinigten Pythons fehlt natürlich auch Graham Chapman (der Brian aus "The Life of Brian"). Aber – ohne jetzt Ringo Starr und den seligen Gitarrenzauberer George Harrison zurücksetzen zu wollen – eine Fünfer-Line-up mit John Cleese, Terry Gilliam, Michael Palin, Terry Jones und Eric Idle hat allemal einen so hohen Lennon/McCartney-Faktor, dass das wahrscheinlich schon noch hinhaut: das mit der Wiederkehr der Legende.

Wird's noch mal was Frisches?

Jedenfalls wäre diese Reunion allemal eine Meldung auf nachtkritik.de wert gewesen, anlässlich der gestrigen Londoner Pressekonferenz, auf der der erste Auftritt mit einem Greatest-Hits-Programm für den 1. Juli 2014 in der Londoner O2-Arena angekündigt wurde, wo es ganz nebenher das schönste Bühnenwort der Woche gab: "Die Kuh, die wir jetzt melken, ist seit Jahrzehnten tot." So Eric Idle zum Griff der alten Herren (alle über 70) nach dem Jackpot der späten Tage. Ein treffendes Bonmot, trefflich – Achtung, Bildlichkeit – ausgeweidet von Peter Kümmel auf Zeit Online.

Aber eben, wir brachten keine Meldung, weil meine lieben Kollegen so in etwa meinten: Nee, das ist Klassikermelken, erst mal abwarten, und man weiß auch gar nicht, ob's noch mal was Frisches wird (als wollten sie sagen, Lennon/McCartney hätten nach 1980 nicht noch ein zweites "Penny Lane" oder "A Day in the Life" hingekriegt, tss, tss, tss!). Und überhaupt, so der Tenor, hat Monty Python nicht viel mit Theater zu tun. Also in den Blog mit der Hommage, hieß es. Et voilà.

Religion und Philosophen-Fußball

Aber Theater und Monty Python, das geht eben doch wahnsinnig gut zusammen. Und nicht nur, weil gerade wieder so viel über christlichen Glauben diskutiert wird (in Berlin zu Milo Rau etwa) und ich mich erinnere, dass die Pythons mir in "The Meaning Of Life" ein für alle Mal klar gemacht haben, was der Unterschied zwischen Protestanten und Katholiken ist: In einem kargen, leeren Zimmer in Nordirland sitzen dort zwei protestantische Eheleute und lästern über die katholischen Nachbarn mit ihren zig Dutzend Kindern. "Schau sie Dir an, meine Liebe, diese verfluchten Katholiken. Immer wenn sie Sex haben, kriegen sie sofort ein Balg." Darauf die Frau: "Das ist doch bei uns eigentlich genauso." Später singen die Katholiken dann noch "Every sperm is sacred" (jeder Samen ist heilig). Überhaupt die Lieder der Pythons! Ich sag nur Lennon/McCartney.

montypythonfuss xDer treffliche und alles treffende Fuß aus
dem animierten Vorspann von
"Monty Python's Flying Circus"
Mein Lieblingssketch – Sketch ist eigentlich ein olles Wort, klingt deutsch, klingt nach Loriot (der mir in seiner fabelhaften Nüchternheit allerdings als einzig legitimes Ehrenmitglied von Monty Python erschiene) – also mein Lieblingssketch aus "Monty Python's Flying Circus" ist der Philosophen-Fußball zwischen Griechen und Deutschen. Mit Sokrates, Platon, Aristoteles etc. auf der einen Seite, Leibniz, Kant, Hegel und, und, und auf der anderen – und Franz Beckenbauer. Es gewinnen dann die Griechen, weil sie – "Heureka!" – begreifen, worum es geht: Das Runde muss ins Eckige.

21 Treffer in der Suchmaschine von nachtkritik.de

In der Fußballrealität brauchte es für einen solch triumphalen Sieg der Griechen bei der Europameisterschaft 2004 das Zutun des Deutschen Otto Rehagel aka Rehakles, der manchen auch als Philosoph gilt (aber eher so in der Manni-Breuckmann-Liga). Natürlich hatten die Monty Pythons schon Recht. In der Hochkultur siegt allemal die griechische Antike. Auf der Bühne auch: "Medea", "Die Orestie", "Die Perser", "König Ödipus", "Prometheus", "Antigone", "Alkestis", "Die Troerinnen", "Philoktet", "Die Wolken", "Die Vögel" (das wäre meine Start-Elf). Antike geht immer, egal ob in Deutschland oder England. Dagegen "Faust" auf den britischen Inseln? Eher schwierig. "Kabale und Liebe", "Prinz Friedrich von Homburg", "Die Ratten", "Germania Tod in Berlin" und so fort? Nun ja. Da reißt auch Beckenbauer nichts raus.

Jedenfalls gibt es kaum eine Künstlergruppe, die so oft zum Vergleich (ja als Richtgröße!) herangezogen wird, wenn im deutschen Theater komische Register gezogen werden, wie die Monty Pythons. 21 Treffer wirft die Suchmaschine von nachtkritik.de aus. Und das wollte ich sagen: Die Monty Pythons sind das Nonplusultra der Gegenwartskomödie. Und sie sind wieder da!