Manfred Weber rausgeschmissen

Düsseldorf, 5. Februar 2014. Wegen eines Defizits im Theaterhaushalt von 5,4 Millionen Euro trennen sich das Land Nordrhein-Westfalen und die Stadt Düsseldorf vom Geschäftsführer des Düsseldorfer Schauspielhauses Manfred Weber. Das berichtet die Rheinische Post auf ihrer Online-Seite (5.2.2014, 16:45 Uhr).

Bereits zum 1. März sollen demnach der frühere Düsseldorfer Intendant Günther Beelitz und der Ex-Geschäftsführer der Oper Leipzig, Alexander von Maravic, für eine rund zweijährige Übergangszeit die künstlerische und kaufmännische Leitung des Theaters übernehmen. Das habe Nordrhein-Westfalens Kulturministerin Ute Schäfer (SPD) am Mittwoch auf einer Eil-Pressekonferenz angekündigt. Zu Beginn der Spielzeit 2016/17 solle die Bühne einen neuen festen Intendanten haben. Der bisherige künstlerische Leiter Staffan Valdemar Holm hatte im November 2012 sein Amt aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben, worauf Weber interimistisch die Intendanz übernommen hatte.

Vor wenigen Tagen noch hatte die Belegschaft des Düsseldorfer Schauspielhauses sich in einem offenen Brief gegen Führungs-Spekulationen, kulturpolitische Verfehlungen und angeblich negative Berichterstattung gewehrt. Man habe den Eindruck, die Presse wolle "eine Krise regelrecht herbeischreiben und kulturpolitische Machtkämpfe auf dem Rücken des Düsseldorfer Schauspielhauses austragen". Es gebe aber keine künstlerische Krise, sondern vielmehr eine kulturpolitische, verursacht durch zögerliche Kulturpolitik auf Stadt- und Landebene (siehe unsere Meldung vom 3. Februar 2014).

(Rheinische Post / jnm)


Presseschau

Für die Sendung "Mosaik" auf WDR 3 (6.2.2014, hier im Podcast) kommentiert der Kritiker und NRW-Theatertreffenjuror Andreas Wilink, Günther Beelitz könne als "Zwischenlösung" allenfalls "den Notstand verwalten". Für Wilink handelt es sich um Probleme grundlegender Art: "Leider redet man im Moment nur über Finanzen. Aber grundsätzlich fehlt eine Idee für das Schauspielhaus. So gestaltet sich die Intendantensuche regelmäßig schwierig. Die A-Kategorie ziert sich, obgleich das Haus in seiner optimalen Ausstattung und mit drei Spielstätten in diese Liga gehörte. Doch das Theater gilt in der Stadt nichts. Vom OB hört man nur Lippenbekenntnisse. Ein halbes Stadttheater und ein halbes Staatstheater, aber kein Theater für die Stadt und kein Theater für Nordrhein-Westfalen. Solange man eher ein technokratisches Verständnis von Kunst und Kunstbetrieb hat, wird sich daran nichts ändern."

"Der Niedergang eines der deutschlandweit größten Sprechtheater ist dramatisch", schreibt Stefan Keim in der Welt (7.2.2014). Oft säßen bloß 80 Zuschauer im großen Haus. "Nur gelegentlich" kämen vorzeigbare Inszenierungen zustande.

Mit der Ernennung von Günther Beelitz und Alexander von Maravic als Interimsleitung sei nun etwas Zeit gewonnen worden. "Beide sind erfahrene Theaterhasen, die ihren Job so ordentlich machen werden, wie es im Düsseldorfer Desaster möglich ist."

Der neue Zeitplan (Beelitz und Maravic als Interimslösung bis 2015/16) scheine nun wie geschaffen für Sven-Eric Bechtolf, (den die Bild-Zeitung vergangene Woche schon als neuen Düsseldorfer Intendanten ab 2015 ausrief, was er dementierte – er ist noch bis 2015/16  den Salzburger Festspielen verpflichtet). "Er steht für Schauspielertheater und würde große Namen mitbringen, nach denen sich das Publikum sehnt", so Keim. Im Gespräch sei aber auch Oberhausens Intendant Peter Carp in Kombination mit seiner Schwester Stefanie, die zuletzt Schauspieldirektorin der Wiener Festwochen war. "Doch es wird wohl noch einige Zeit dauern, bis das Düsseldorfer Schauspielhaus wieder eine klare künstlerische Perspektive hat." Günther Beelitz jedenfalls wirke fit wie ein Turnschuh. "Der kann noch lange."

"Dass ein Theater von der Bedeutung des Düsseldorfer Schauspielhauses dringend eine zukunftsweisende programmatische Ausrichtung bräuchte, darüber sind sich alle im Klaren", schreibt Martin Krumbholz in der Süddeutschen Zeitung (7.2.2014). "Beelitz und Maravić werden ein Jahr lang den inzwischen von Weber und dessen Dramaturgie gebauten Spielplan abwickeln und ein weiteres Jahr ihrem Nachfolger den Weg ebnen." Für alle, die dieses Haus schnell auf finanziell und künstlerisch sichere Beine stellen wollen, bedeute das vergeudete Zeit. "Und können es die beiden Nothelfer wirklich besser als ihre unglücklichen Vorgänger?"

Krumbholz mag kaum glauben, dass sich bislang kein ernst zu nehmender Kandidat zutrauen solle, das renommierte Schauspielhaus im Jahr 2015 zu übernehmen – "kein Luk Perceval, kein Sven-Eric Bechtolf, um die prominentesten Namen zu nennen, die zuletzt kursierten".  Dass aber diese Aufgabe nicht so attraktiv erscheine, wie sie es angesichts der monetären Ausstattung und des Rufs des Theaters sein müsste, das habe sich wohl auch die nordrhein-westfälische und die Düsseldorfer Kulturpolitik zuzuschreiben.

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