Aus Versehen

18. März 2014. Matthias Hartmann, der vor einer Woche entlassene Burgtheaterdirektor, hat bei den Steuerbehörden in der Schweiz und in Österreich Steuerschulden bekannt gegeben. So berichtete unter anderem der Zürcher Tages-Anzeiger (17.3.2014) und beruft sich dabei auf die Anwälte Hartmanns, nachdem am Samstag vom Tages-Anzeiger (15.3.2014) bereits in diese Richtung recherchiert worden und die Frage nach möglicher Steuerhinterziehung gestellt worden war. Eine sechsstellige Summe, die der vormalige Chef des Zürcher Schauspielhauses 2009 als Vorschusshonorar für die Vorbereitung seiner Intendanz an der Wiener Burg erhalten hatte, soll mindestens teilweise noch nicht versteuert sein. Dieses Geld soll die ehemalige Burg-Geschäftsführerin Silvia Stantejsky Hartmann bar ausgezahlt und jahrelang für ihn aufbewahrt haben.

Fehleinschätzung

Laut Neue Zürcher Zeitung (18.3.2014) bezeichnete Hartmann die Nicht-Versteuerung als "Versehen". Sein Rechtsvertreter Georg Schima erklärte gegenüber der NZZ, "sein Mandant sei davon ausgegangen, dass die Steuerschuld erst mit der vollständigen Auszahlung der Honorare entstehe. Man habe ihm mittlerweile klargemacht, dass es sich dabei um eine Fehleinschätzung handle." Bisher sei, so die Anwälte weiter, erst ein Teil (180.000 Euro) der als Vorbereitungshonorar vereinbarten Summe (vermutlich 273.000 Euro) an Hartmann ausgezahlt worden – 70.000 Euro davon offenbar erst im Januar 2014. So umfasst dessen Bekanntgabe lediglich die vorher ausgezahlten 110.000 Euro, da nach ihrer Rechtmeinung "die noch gar nicht ausgezahlten Teile ... auch noch nicht zu versteuern" gewesen wären. Die Auszahlung des noch offenen Betrages von rund 93.000 Euro, die das Burgtheater laut Anwalt Schima Hartmann noch schuldet, will dieser jetzt gerichtlich erstreiten und überdies gegen seine fristlose Kündigung klagen.

Ob Hartmanns Bekanntgabe als "Selbstanzeige" zu werten ist, wie es die NZZ tut, ist noch unklar. "In der Schweiz kommen Steuerhinterzieher ... nur ohne Strafe davon, wenn ihre Tat noch nicht entdeckt worden ist", schreibt der Tages-Anzeiger. Was angesichts der vorhergehenden Berichterstattung im TA und anderen Medien in Frage gestellt werden kann. Allerdings droht Hartmann auch bei unwirksamer Selbstanzeige keine Gefängnisstrafe, sondern höchstens eine Buße, die maximal drei Mal so hoch wie die hinterzogene Geldsumme sein darf.

(Tages-Anzeiger / Neue Zürcher Zeitung / Die Presse / ape)

 

Ein Kommentar zu Matthias Hartmanns Entlassung und den Vorgängen am Burgtheater von Nikolaus Merck. Alles zur Affäre um die Entlassung der Burgtheater-Vizedirektorin Silvia Stantejsky und die aktuelle Krise des Burgtheaters finden Sie zusammengefasst in unserer Chronik.

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