Noch einmal: mit Gefühl!

von André Mumot

Berlin, 21. März 2014. Gegen Ende packt die Freundin des Schriftstellers ihre Sachen und geht. Man kann ihr das wirklich nicht übelnehmen, schon weil dieser Stückeschreiber, mit dem sich Nis-Momme Stockmann hier selbst porträtiert, ständig so aufgeblasen wie selbstverliebt von Freiheit redet, von der Liebe als "der unausstehlichsten Daseinsform von allen", als dem großen "strukturellen Gefängnis". Was unter anderem daran liegt, dass er gerade an einem Stück arbeitet, das von diesem Gefängnis handeln und "Die kosmische Oktave" heißen soll. Seine Freundin aber sagt zum Abschied – in schlichter, schöner Großartigkeit: "Du weißt gar nichts über Liebe. Und du solltest auch wirklich nicht darüber schreiben. Du solltest einfach mal die Fresse halten."

Großartig faselnde Ich-Erzählung

Ausgehend von Goethes eiskalten "Wahlverwandtschaften" hat sich das noch immer amtierende Boy-Wonder der deutschsprachigen Gegenwartsdramatik mit der grausamen Unberechenbarkeit von zwischenmenschlichen Beziehungen auseinandergesetzt und dafür eine aufmerksame Nabelschau betrieben. In einer ausführlichen, eigentlich undramatischen und essayistisch ausgepolsterten Ich-Erzählung lässt Stockmann die eigene Kindheit Revue passieren, in der alles auf jenen traumatischen Moment zusteuert, an dem seine Mutter die Familie und die Insel Föhr verlässt, um sich noch einmal zu verwirklichen, um noch einmal freier zu leben.

KosmischeOktave2 560 DavidBaltzer xHere they go again: Timo Weisschnur, Miguel Perez Inesta (Saxophon), Toni Jessen, Guillaume
Francois und Bettina Hoppe - ein Teil von Ulrich Rasches Chor-Brigade in den Berliner
Sophiensaelen © David Baltzer
Diesen Erinnerungen, die überquellen von großartig beobachteten Details und weitschweifiger Soziologen-Faselei, von Wahrheit und schlecht verheiltem Kummer, stellt sich Regisseur Ulrich Rasche in den Berliner Sophiensaelen mit der ihm eigenen Feierlichkeit: Vor nackter Wand und in traurig verwehten Kunstnebelschwaden schreiten seine Darsteller über gewaltige Laufbänder, treten deklamierend auf der Stelle, wechseln sich in strengem Rhythmus ab und werden dabei fast unablässig musikalisch umschmeichelt und angetrieben.

Zwischen Wahnsinn und Seelenschmelze

Ari Benjamin Meyers hat für diesen Anlass eine kompetent hypnotisierende Philip-Glass-Imitation komponiert, die Robert-Wilson-Schüler Rasche naturgemäß entgegenkommt: Ein pulsierender Teppich repetitiver Muster, aus dem immer wieder sehnsüchtige Cello-Kantilenen aufsteigen und zu dem der fabelhafte Tenor Guillaume Francois mal weich ausschwingende, mal peitschend abgehackte Vokalisen beisteuert.

KosmischeOktave1 hoch DavidBaltzer xChef-Tragödin im Berliner Off: Corinna Kirchhoff
in den Sophiensaelen  © David Baltzer
Das Ergebnis ist ein Drei-Stunden-Musik-und-Text-Theater zum Wahnsinnigwerden und Dahinschmelzen, ein Abend, den man entweder ergriffen und mitgerissen aufsaugt oder Haare raufend verlässt (was einige Premierenbesucher dann auch bereits vor der Pause tun). Ein geradezu unheimlich konsequentes Happening, das so geduldig ist mit seiner Vorlage, dass es fast zwangsläufig ungeduldig macht, das beweist, dass der Grat zwischen spröde und öde sehr schmal ist, und das sich, während es fasziniert und betört, auch immer wieder in seinem hohen Ton verfängt: Vor allem Corinna Kirchhoff gefällt sich während ihrer manieriert ausgestanzten Monologe allzu sehr im eigenen Tränenglitzern und fassungslosen Silbenzerdehnen.

Dabei ist das, was diesen doch sehr privaten Stockmann-Text eigentlich ausmacht, das unbarmherzig unpathetische Luft-Rauslassen aus dem eigenen Show-Zynismus, die lakonische (und bisweilen garstig-komische) Selbstbespiegelung eines Künstlers, der einsehen muss, dass er in seiner Kitschangst und den ewig wiederholten Abgeklärtheitsphrasen alle Lebensperspektiven verloren hat. Vor allem in einer Begegnung mit dem bodenständigen Bruder, die profund demonstriert, was Stockmann für flüssig-kluge und unprätentiös stimmige Dialoge schreiben kann, kommt das zum Ausdruck: "Du bist ein trauriges, selbstgerechtes narzisstisches Arschloch", stellt dieser Bruder sachlich fest, "– wie ich sie zu Tausenden sehe, wenn ich durch Berlin laufe. Ein Arschloch, das von nichts zu wenig und von dem meisten zu viel hat – vor allen Dingen aber von Ego und Zeit."

Gefühlsfanal zerbricht Panzer

Es scheint, als würde Ulrich Rasches melodramatisches Aufbauschungsverfahren, sein erhabener Gänsehaut- und Rührungs-Eifer, diesem rüden Desillusionierungston zuwider laufen. Tatsächlich aber geht es ihm und Stockmann am Ende um etwas anderes, um die Rehabilitation des ganz großen, des unverstellten Gefühls – ein Ziel, das sie mit staunenswerter Verve erreichen. Es ist die Musik, die es in ihrem streng ritualisierten Minimalismus schafft, zugleich abstrakt und emotionalisierend zu wirken, die schonungslos und unentrinnbar den intellektuellen Panzer durchbricht, die die Schönheit durchsetzt, ohne die Gedanken zu verkleben. "Die kosmische Oktave", die so viel Zeit darauf verwendet, im Zweckpessimismus gegen die bürgerlichen Beziehungsformen zu wettern, kulminiert so in einem von Schmerzen angefeuerten Gefühls-und-Treue-und-Wahrhaftigkeits-Fanal, das sich gewaschen hat – vor allem, weil es sich seiner ideellen Naivität nicht schämt.

Toni Jessen, der an diesem Abend besonders stark, besonders funkelnd und spitz und klar die Stockmann-Worte über die Rampe bringt, denkt jedenfalls gar nicht ans Fresse halten. Erregt und mit flammenden Augen schreitet er am Ende übers Laufband und schimpft darüber, wie wir immer "tiefer und tiefer sinken ins Ego und das als Fortschritt abfeiern", während die Musik anschwillt und anschwillt, lauter und lauter wird und noch die letzte Scham abwirft. "Lasst uns von Liebe sprechen", ruft er ins hypnotisierte Publikum hinein. "Lasst uns sie eine Sekunde ernst nehmen. Wenn es uns lächerlich macht: Bitte!"

 

Die kosmische Oktave
von Ulrich Rasche und Nis-Momme Stockmann
Regie und Bühne: Ulrich Rasche, Musik: Ari Benjamin Meyers, Kostüme: Sara Schwartz.
Mit: Corinna Kirchhoff, Toni Jessen, Bettina Hoppe, Kornelia Lüdorff, Dorothea Arnold, Timo Weisschnur, Dominik Paul Weber, sowie: Guillaume Francois (Tenor) und Mitgliedern des Zafraan Ensemble: Miguel Pérez Iñesta, Zoé Cartier, Thomsen "Slowey" Merkel.
Dauer: 3 Stunden, eine Pause

www.sophiensaele.com

 

Kritikenrundschau

Schwere Geschütze fährt Kai Luehrs-Kaiser vom rbb Kulturradio (22.3.2014) gegen Stockmanns Text auf, in dem er "flaches, trotz Rollenwechseln halbgares Pubertätsgestammel" findet sowie "Selbstverwirklichungspathos und Betroffenheits-Schlabber". Ein enormer, "sehr respektabler Schauspieleraufwand" wird dem Abend attestiert (selbst wenn Corinna Kirchhoff ins "Edith-Clever-Epigonentum" verfalle) sowie "eine gute, wenn auch pauschal abstrahierende Regie (irgendwo zwischen Robert Wilson, René Pollesch und Andreas Kriegenburg)". Rasche biete Auftritte von "durchaus furchterregender Virtuosität. Keine Mimik, keine Gestik, keine Interaktion. Sondern nur Sprache, als wäre man bis zum Hals eingegraben."

Das Stück könne man pubertär finden, so Patrick Wildermann im Tagesspiegel (25.3.2014). "Zumal, wenn am Ende das große Bekenntnis zum Gefühl gefordert wird. Aber der heilige Ernst dieser Inszenierung verfehlt seine Wirkung nicht." Die Musik treibe Stockmanns Text furios an und hebe ihn "in Sphären jenseits der Probleme mit Neoliberalismus und Libido". Corinna Kirchhoff Tragödiengrollen schramme zwar "die Lächerlichkeit, öffnet aber reizvolle Kontraste". Außerdem: Sprache könne Stockmann: Hinter viel Text wüte "seine Sehnsucht nach Haltung. Und die verdient ein genaues Hinhören."

Es sei "kein sonderlich sympathisches Selbstbild", das Stockmann in der "offensichtlich höchst biografisch" grundierten "Kosmischen Oktave" schonungslos offen lege, meint Till Briegleb anlässlich der Aufführungsserie auf Kampnagel Hamburg in der Süddeutschen Zeitung (13.10.2014). Stockmanns Alter Ego strotze "vor Zynismus, Kalkül und Überheblichkeit, ist blockiert in allen Formen, einfach Zuneigung auszudrücken, und nur gut darin, Verwandte und Geliebte mit gestelzt intellektuellen Wortwaffen niederzuhalten." Die "hohe Intelligenz und Ehrlichkeit dieses Stückes" lägen aber "in der Fähigkeit, dies mit Abstand klar zu beschreiben und dabei eine verschämte Geschichte der Verletzlichkeit bloßzulegen." Regisseur Ulrich Rasche habe daraus "einen langen strengen Psychoworkshop gemacht, der seine Erinnerungsbefreiung aus der Technik gewinnt, dass Menschen beim Gehen am Fließendsten denken."

Kommentare  
Die kosmische Oktave, Berlin: Beileid
Herr Stockmann schreibt ein weiteres Stück über sich. Nachdem er schon seine Probleme mit Mami und Papi, seinen Freunden und dem Kapitalismus verwertet hat, gibt es jetzt ein neues Stück über sein Problem mit der eigenen Egozentrik. Ein Tip zur Gesundung: vielleicht einmal ein Stück versuchen, das von anderen Figuren handelt mit anderen Problemen. (Aber wahrscheinlich handelt das nächste Stück von den Problemen, mit dem Erfolg umzugehen und dieser dauernden Zustimmung.) Mein Beileid.
Kosmische Oktave, Berlin: warum das Selbstmitleid?
@ Anders: Zunächst dachte auch ich, Mensch, das klingt ja toll, dieser Titel. Klingt irgendwie nach Bach. Aber dann las ich diese Kritik und musste feststellen, dass es sich hier gar nicht um Bach-Musik handelt und Herr Stockmann leider wieder nur über sich selbst schreibt. Schade. Wie langweilig, immer diese Selbstbespiegelung. Wenn das doch wenigstens als allgemeine Lebensfrage über die eigene Person hinausweisen würde. Diese Selbstverachtung bei gleichzeitiger Selbstverliebtheit in diesen Zynismus wirkt schizophren. Stockmann hat doch alles erreicht, was ein Autor erreichen kann! Warum also dieses Selbstmitleid? Selbstmitleid ist etwas anderes als melancholischer Schmerz - der Schmerz darüber, dass die vollkommene Harmonie nur über die Musik zu erreichen bzw. zu erfahren ist. Und das ist trostlos und tröstlich zugleich. Der Mensch ist nicht, er hat sich nicht, sondern er wird immer nur. Ist Stockmann bereits ein verbitterter Star, statt ein (auch sich selbst) erlösender Stern?
Kosmische Oktave, Berlin: Kein Wunder
boy wonder? stinklangweilig!!!!! its der rezensent ein kumpel von ihm???
Kosmische Oktave, Berlin: Trance & Extase
Der abgefahrenste Trip, den ich in letzter Zeit auf der Bühne gesehen habe. Zwischen Trance und Ekstase hält einen der Abend drei Stunden lang gefangen. Das ist nicht immer angenehm, zum Teil sogar quälend langatmig, aber alles andere als langweilig.
Kosmische Oktave, berlin: Feststellung
Stocki ist der neue Klucki .. kommt aus der Beschwerde nicht raus.. aber Toni Jessen muss man gesehen haben!
Kosmische Oktave, Berlin: Nachtgedanken
Okay, ich weiss ich war's. War noch gar nicht drin (siehe 2.) und fange schon an zu meckern. Genauso wie Stockmann, der Schreiber. Und ich weiss auch: Liebe erlangt man nur über die Selbsterkenntnis. Wer ICH sagt und danach handelt, im Sinne der Liebe als einer inneren Orientierung, der kommt besser ans Ziel als nur über andere oder seine Familie zu schreiben/reden und am Ende - wie Ton Jessen - sogar ein künstliches WIR zu konstruieren. In erschreckend totalisierender Forderung nach LIEBE! Zu dem Ganzen passt dann natürlich auch nicht Bach-Musik, sondern eher etwas Dräuendes, was auch gespielt wurde. Als stünde der Dritte Weltkrieg bevor, geboren aus einem ideologischen Liebes-Fanatismus, welcher rein geistig, nicht aber über alle fünf Sinne auch ausgelebt wird. Dazu passt ganz wunderbar ein Zitat von Franz Werfel. Und es passt auch deswegen, weil dieses Stück in mir das Begehren nach einem Sich-in-den-großen-Geschichtszusammenhang-setzen hervorgerufen hat. Also, hier erstmal das Zitat:

"Zwischen Weltkrieg Zwei und Drei drängten sich die Deutschen an die Spitze der Humanität und Allgüte. Der Gebrauch des Wortes 'Humanitätsduselei' kostete achtundvierzig Stunden Arrest oder eine entsprechend hohe Geldsumme. Die meisten der Deutschen nahmen auch, was sie unter Humanität und Güte verstanden, äußerst ernst. Sie hatten doch seit Jahrhunderten danach gelechzt, beliebt zu sein. Humanität und Güte erschien ihnen jetzt der beste Weg zu diesem Ziel. Sie fanden ihn sogar weit bequemer als Heroismus und Rassenlehre."

Und dazu passt auch wieder ganz wunderbar das gesungene "Ha ha ha" von Guillaume Francois. Toll auch die Besetzung, über welche der Text quer zu den Geschlechtern gesprochen wird bzw. als Textfläche durchläuft. Damit werden im Grunde zwei Ebene aufgemacht: Die akustische Ebene des Gehörten und die visuelle Ebene des Gesehenen. Und eine dritte Ebene, WIE etwas gesprochen wird. Eine Sandkastenliebe funktioniert so auch genauso gut zwischen zwei jungen Frauen. Und die Liebe zwischen Vater und Sohn (dem Älteren, also Stockmann) scheint hier sowieso unabdingbar, damit diese ihren Selbsthass nicht auf die Frauen/Mütter/Partnerinnen projizieren.

Zwischendrin wurde es allerdings etwas lang bzw. langweilig, aber sowas kommt von sowas, oder? So muss sich wohl die Zeitblase aus permanenter Gegenwart anfühlen. Die Frage ist also: Wie kommen wir miteinander zurecht, auch in der Langeweile, ohne einander an die Gurgel zu gehen? Ohne einander zu verletzen? Irgendwie fehlt hier das spielerische Element. Das dialogische Spiel. Hier zeigen sich nur Monaden, welche sich aber weder zueinander noch zu etwas Höherem in Beziehung setzen. Zu etwas, das man nicht beherrschen und über das man nicht herrschen, sondern dem man im besten (und nicht demütigen) Sinne dienen sollte: der allumfassenden Liebe. Nicht fordern, sondern vielleicht auch mal lachen? Sonst verbreitet sich eine Stimmung, die nicht auszuhalten ist. Mit voller Absicht. Ja. Genau. Und den Überschuss darf man sich auch gern mal gönnen, solange es ein Überschuss bleibt. Am Ende zählt ex negativo und unzweifelhaft sowieso das eigene Seelenheil bzw. die Seelenlust: Es muss doch etwas geben, wofür es sich zu leben lohnt! Stockmanns Selbstanklage ist in meiner Wahrnehmung die des Autor als alleiniger Schöpfer von Text- und Bühnenwelten. Über die reale Welt und seine Familie sagt das für mich noch gar nichts aus. Weltwahrnehmung ist immer nur perspektivisch. Das ist die Chance und die Qual.
Kosmische Oktave, Berlin: Begriff der Generation
Ich habe noch eine Frage an Stockmanns Stück. Er beschreibt hier ja die 80er Jahre seiner Kindheit und Jugend. Aber ist denn das, was man - wenn überhaupt zulässig - als Generation bezeichnet, nicht vielmehr eine gemeinsame Lebenserfahrung in den Jugend- und junge Erwachsenen-Jahren? Das wären für Stockmann ja dann die 2000er Jahre, also genau die Zeit, wo es um Fragen des "Wiedereintritts in die große Geschichte" ging, als plötzlich der Begriff des "War on terror" im öffentlichen Diskurs auftauchte. Und es waren zugleich die Jahre der "hedonistischen Feierei" (Techno). Die in den 80ern Jungen dagegen hätten wohl eher so argumentiert: "Wer sich an die 80er erinnern kann, hat sie nicht miterlebt." Frei nach Falco.
Kosmische Oktave, Berlin: Befindlichkeitsquatsch
"Dabei ist das, was diesen doch sehr privaten Stockmann-Text eigentlich ausmacht, das unbarmherzig unpathetische Luft-Rauslassen aus dem eigenen Show-Zynismus, die lakonische (und bisweilen garstig-komische) Selbstbespiegelung eines Künstlers, der einsehen muss, dass er in seiner Kitschangst und den ewig wiederholten Abgeklärtheitsphrasen alle Lebensperspektiven verloren hat."
was ist denn das für ein satz?! was ist denn das für eine beobachtung eines um-sich-kreisenden textes, der weder lakonisch, noch "garstig-komisch" ist, der einfach nur banal, präpubertär, alles in allem eine frechheit ist. kurz kam mir der gedanke: das ist absicht, das ist absolute provokation. genial. wie lange hält man es aus, banalitäten aus stockmanns leben zu lauschen, ohne vom stuhl aufzuspringen und "aufhören!" zu rufen. aber dann wurde mir klar, das ist ernst gemeint. das ist ein junge von der insel föhr, der hält das alles tatsächlich für den nabel der welt, sich selbst für ein genie (schon in kinderjahren, erzählt uns der text), der weiß um seinen narzissmus und ist sogar so narzisstisch, dass er nicht müde wird, uns von seinem wissen davon zu erzählen! wow!
kann man machen, aber wieso man das macht, ist mir trotzdem ein rätsel. mich jedenfalls interessiert es null, einem selbstgefälligen, selbstverliebten, prätentiösen, in die absolute mitte des tellerrand fokusierten befindlichkeits-quatsch zuzuhören. drei stunden.

ein guter moment: bettina hoppe im dialog über winterreifen. ihr "blöde sau" klang so schön ehrlich und von herzen.

p.s. "erregt und mit flammenden augen", "funkelnd, spitz und klar", das klingt nach julia, baccara, tiffany und co schundromanen, lieber andré mumot. meine empfehlung: weniger adjektive.
Kosmische Oktave, Berlin: zweiten Teil ausgelassen?
Liebe Dumme sau, so wie sie schreiben, haben sie den zweiten Teil nach der Pause ausgelassen. Da wundert es mich nicht, dass sie Stockmanns Text nicht begriffen haben. Denn dort wird klar und deutlich gezeigt, wie man vom Autobiografischen zum Generellen kommt. Wenn man allerdings voller Wut und Neid auf Kollegen ist, vielleicht weil man selbst gar nicht gehört wird, dann schränkt man sein Gesichtsfeld leider sehr ein. Mein Tipp an sie: weniger Dampf!
Kosmische Oktave, Berlin: schreiben kann er
War gerade in den Sophiensaelen, bin nicht in der Pause gegangen, fand den Abend auch "typisch Stockmann". Ich Ich Ich, wie gehabt.
Die anderen Stücke von ihm sind im Prinzip genauso, und ich finde einfach, daß ein gnädiger Dramaturg oder sonstwer dem armen Mann einfach mal ein ordentliches Thema geben und dann anketten sollte. Denn schreiben kann er schon.
Beim gräßlichen Schlußmonolog war bei mir allerdings auch Sense.
Klasse Laufbänder.
Bettina Hoppe ist super.
Ansonsten war eine Entdeckung für mich: Dominik Paul Weber.
Kosmische Oktave, Berlin: nicht zutreffend
@5 Was Sie schreiben ist nicht zutreffend.
Die kosmische Oktave, Berlin: programmatisches Denken
@10
Lieber Stephan Thiel. Was für eine generalisiernede Verunglimpfung eines Kollegen. Bei welchem von Stockmanns Stücken geht es denn nur um "Ich Ich Ich". Das müssen sie mir mal erklären. Da fällt mir eigentlich nur eins ein "Kein Schiff wird kommen" und über den biographischen Gehalt lässt sich streiten. Ich finde das ist eine traurige und selbstherrliche Art über Theater zu denken und zu schreiben, die leider programmatisch ist. Sogar unter Theatermenschen.
Die kosmische Oktave, Berlin: Dialektik Ich-Wir
Stephan Thiel: Anketten? Mit solchen Methoden bekommen Sie sicher niemanden zum Schreiben. Das überlassen Sie mal lieber Leuten wie de Sade. Die brauchen das offenbar. Dieses perverse Anketten. Und bei Stockmann geht es ja auch gar nicht nur um's Ich. Wenn man genau zuhört, geht es um die Dialektik zwischen dem Ich- und dem Wir-Diskurs. Einerseits kritisiert Stockmann den Individualisierungsschub der 80er Jahre. Andererseits aber setzt er seinen Ich-Kern und/oder Kernzerfall (gibt es einen geschlossenen Identitätskern?) gegen den heutigen Backlash des kompletten Rückzugs in das Private der Kernfamilie.
Die kosmische Oktave, Berlin: Goethes Landgut, Stockmanns Insel
Mal ein Vorschlag zur Güte:
Bin noch nicht ganz fertig, aber so könnte ein Betrachtung von außen beginnen:
Einmal Gott als Baumeister der Ordnung der Welt und des Universums. Daneben die Naturphilosophie der Pantheisten. In beiden Prinzipien schwingt die kosmische Oktave als Urgesetz der Harmonie. In der spirituellen Meditation wie auch in der Musik stimmt man sich z.B. mittels Klangschalen oder Stimmgabeln auf einen bestimmten Grundton ein. Mit diesen Prinzipien kennen sich Dramatiker Nis-Momme Stockmann, der auch tibetische Sprache und Kultur studiert hat, sowie Regisseur und Musiktheaterspezialist Ulrich Rasche anscheinend bestens aus.

Nun muss man keine Angst haben, dass das hier in einem astrologisch-esoterischen oder musiktheoretischen Vortrag endet. Das Prinzip der kosmischen Harmonie übersetzt Stockmann in seinem Text Die kosmische Oktave als einen zeitlich periodisch immer wiederkehrenden, eintönigen Gleichklang, den er schlicht mit dem menschlichen Leben selbst gleichsetzt, und da insbesondere mit der Zeiteinheit von Dekaden bzw. Generationen als sich unabänderlich wiederholende Konstante arbeitet. Wieder Goethe griff in seinem Roman Die Wahlverwandtschaften auf das Prinzip der chemischen Elemente als Vergleich von zwischenmenschlichen Beziehungen mit den Naturgesetzen zurück. Der Versuch, im Zuge der Aufklärung, dem Zeitalter der Entdeckung des Ichs, zu untersuchen, inwieweit Leben und Liebe wissenschaftlichen Gesetzmäßigkeiten oder dem eigenen Willen unterliegen. Und das ist dann die zweite, eigentliche Beziehung, auf die sich Nis-Momme Stockmann bei seinen Überlegungen beruft.

Es geht also kurzgesagt um Zeit, Generationenkonflikte, die Chemie zwischen den Menschen und das große Ganze der Welt an sich. Wo es bei Goethe noch an den herrschenden Konventionen scheitert, die die Protagonisten an der Entfaltung ihrer selbst hindern, kommt Stockmann Generationen später in seinem Text zu der Erkenntnis, dass nun dem Menschen plötzlich sein eigens Ego im Weg steht. Dabei tritt der Mensch seit Jahrzehnten eigentlich schon entwicklungstechnisch auf der Stelle, was hier nicht den wissenschaftlichen Fortschritt meint, sondern den ganz persönlichen, menschlichen Entwicklungsprozess. Als Objekt seiner Untersuchung wählt Stockmann dann ganz naheliegend auch die deutsche Kleinfamilie und sich selbst als Haupt-Protagonisten. Zumindest ist dieser ein Alter-Ego des Autors. Sein Goethe’sches Landgut ist die heimatliche Insel Föhr, auf der er mit seinen Eltern und dem Bruder aufgewachsen ist.
usw. usf.
Die kosmische Oktave, Berlin: Spinozas Mechanik
Der Einfluss der Philosphie Spinozas auf Goethe und andere . . .
Spinoza vertritt den Pantheismus - Gott ist in der Welt allgegenwärtig - Gott wird letztlich mit der Welt identifiziert. Spinoza vertritt ein
mechanistisches und d e t e r m i n i s t i s c h e s Weltbild.

Der Determinismus ist im weitesten Sinne die Auffassung, dass die gesamte Wirklichkeit beziehungsweise Teile der Wirklichkeit - z.B. Natur, Geschichte, menschliches Handeln, durch bestimmte Faktoren, z.B. Gott, Naturgesetze, Gesetze der Geschichte eindeutig festgelegt, bestimmt ist - im engeren Sinne die Auffassung, dass menschliches Handeln ebenso kausal-gesetzmäßig bestimmt, also determiniert ist wie das Naturgeschehen - da der menschliche Wille stets durch äußere oder innere Ursachen bestimmt, also determiniert ist beziehungsweise dem Kausalprinzip unterliegt, kann es keine WILLENSFREIHEIT bzw. keine menschliche FREIHEIT überhaupt geben.

Das menschliche Handeln und Denken kann durch unterschiedliche Faktoren
determiniert sein. Es können bestimmte physische bzw. biologische Prozesse sein, denen das menschliche Denken und Handeln unterliegt, ferner psychische Prozesse(bedingt z,B, durch neurotische Störungen) - schließlich sind gesellschaftliche bzw. soziale Faktoren von großer Bedeutung(familiäre Beziehungen, gesellschaftlicher Status, Rollenverhältnisse usw.).
Kosmische Oktave, Berlin: Ausrede
@ Kain-Näh menschliche Freiheit: Ja, und? Was folgt für Sie daraus? Es geht doch wohl eher darum, dass es zumindest die Vorstellung einer menschlichen Freiheit geben MUSS. Für mich ist Ihre Spinoza-Theorie nichts weiter als eine Ausrede, um möglicherweise auch Ihre eigene Verantwortung in Bezug auf zwischenmenschliches Handeln zu leugnen. Für mich ist/wäre derjenige wirklich "groß", welcher zugeben würde, dass er die volle Verantwortung für sein Handeln übernimmt, auch wenn es den rechtlichen Begriff der Unzurechnungsfähigkeit usw. gibt.
Kosmische Oktave, Berlin: Spinoza, Descartes, Stockmann
@15
Ja, Determinismus ist ein guter Hinweis. Und zwar in dem Sinne, der im Stück festgestellten Alternativlosigkeit. Ein Prinzip, das auch durch die regierende Politik vertreten wird, z.B. wenn Bankenrettungsschirme aufgespannt werden, um das Geldsystem am Leben zu erhalten. Ein Teil von Stockmanns Feststellung: Wir schrauben mit an unserer Zukunft, werden damit zu „Fürsprechern der kapitalistischen Grundordnung“. Ob nun bewusst oder unbewusst, sei mal dahingestellt. Von daher ist Stockmanns Stück eher eine Kritik an Spinoza und am herrschenden Determinismus. Seine nächste Kritik bezieht sich auf das Ego. Spinoza sagt: „Dass jeder sich liebe, seinen Nutzen, soweit er wahrhafter Natur ist, suche und alles, was ihn zu einer größeren Vollkommenheit führt, erstrebt; überhaupt sein Sein, soviel er vermag, zu erhalten sucht: dies ist sicherlich so wahr wie der Satz, dass das Ganze größer ist als der Teil.“ (Ein durchaus positiver Egoismus, der auf Selbsterhalt und letztendlich dadurch auf das Ganze zielt. Dabei setzt er die Vernunft voraus.) Bei Stockmann dreht es sich bekanntlich immer irgendwie ums Ego, was ihm auch ständig als Ich-Bezogenheit ausgelegt wird. Im Stück verlässt die Mutter das System der Kleinfamilie, um sich zu verwirklichen. Der Ich-Erzähler (Stockmann?) hasst sie dafür und bleibt aus falsch verstandener Solidarität beim Vater. Später wird er sich selbst egozentrisch verhalten, seine Beziehung scheitert. Wille (das was er schreiben will) und Tat (wie er sich verhält) sind nicht eins. Man kann das auch mit dem Grundproblem von Geist/Seele und Materie/Körper gleichsetzten. Spinoza trennt sie nicht. Sie sind zwei Seiten einer Medaille. Anders Descartes, der Körper und Materie trennt und eine Krücke (Zirbeldrüse) schafft, um sie zu verbinden. Ein Widerspruch, den die Philosophen unterschiedlich zu lösen versuchen. Das drückt sich auch im Verhältnis von Bewusstsein und Materie aus. Und da scheiden sich ja bekanntlich die Geister.
Stockmann schlägt sich jetzt nicht zwingend auf eine Seite. Er zweifelt, und aus seiner Erkenntnis folgt Zorn. Er bleibt aber meiner Meinung nach ein romantischer Moralist und Idealist. Den Schlussmonolog über die Liebe deute ich jedenfalls so.
Nochmal zurück zum Determinismus. In Sartres Drehbuch zu „Das Spiel ist aus“, in dem er sich ja auch mit dem Determinismus und der Liebe auseinandersetzt, verhalten sich die Protagonisten ja wissentlich, das es ihren Untergang bedeutet, so wie vor ihrem Tod. Tun sie das aus freiem Willen, vorbestimmten Verhaltensmustern oder aus ihrer Klassenzugehörigkeit heraus? Bestimmen hier nicht auch äußere Verhältnisse ihr Handeln? Sie handeln aus Verantwortungsgefühl für eine Sache (andere Menschen), aus Idealismus und Moral gegen die Liebe. Sind Liebe, Moral und Idealismus also überhaupt vereinbar? Rettet uns die Liebe vor den Übeln der Welt? Diese Frage würde mich an Nis-Momme Stockmanns Text und Jette Steckels Inszenierung am DT interessieren.

@ Inga
Im Prinzip ja. Verantwortung ist immer gut. Menschen sind aber auch geprägt durch die Angst vor Konsequenzen? Und woraus erkenne ich überhaupt meine Verantwortung? Was sind die Kriterien? Für die meisten bedarf es immer eines allgemeinen moralischen Kodex‘, aus dem heraus der Mensch seine Verantwortung erkennt. Sie können natürlich auch als guter Christ handeln, was Sie vermutlich ja nicht sind. Determinismus folgt ja immer auch aus der Anerkennung einer bestimmten Gegebenheit. Moral und verantwortliches Handeln leiten sich zumeist daraus ab. Das könnte man auch gesellschaftlichen Determinismus nennen. Es kann in einem anderen System auch eine ganz andere Moralvorstellung herrschen. Da müssen Sie jetzt schon genauer werden, zu was Sie sich bekennen. Kommentator 15 sagt: „schließlich sind gesellschaftliche bzw. soziale Faktoren von großer Bedeutung (familiäre Beziehungen, gesellschaftlicher Status, Rollenverhältnisse usw.)“. Die Übertragung der Natur auf die Gesellschaft ist ein schöner bildlicher Vergleich, um bestimmte Handlungsweisen zu beschreiben. Daraus lässt sich natürlich noch nicht zwingend ein gesellschaftlich bedingter Determinismus ableiten. Das ist ja nicht alles per se alternativlos, oder unabänderlich. Da fehlt es am Willen. Erstens das zu erkennen und zweitens entsprechend zu handeln. Mit freiem Willen hat das aber nur bedingt zu tun. Stockmann zeigt in seinem Stück Abhängigkeiten auf und macht Angebote. Was wäre denn Ihre Vorstellung von Freiheit außer Verantwortung? Stockmann dekliniert ja einige Beispiel für individuelle Freiheit durch, also das, was uns noch ein Freiheit geblieben ist.
Die kosmische Oktave, Berlin: filosofie
inga sollte sich etwas mehr mit filosofie beschäftigen, oder einfach im
filosofischen wörterbuch nachschauen, damit sie mitreden (schreiben) kann
Kosmische Oktave, Berlin: das Ich muss hinaustreten
@ Stefan: Erst einmal, ich MUSS mich überhaupt nicht bekennen. Nur tragische Metaphysiker müssen sich bekennen, wenn oder weil sie im jetzigen Leben möglicherweise nichts Schönes mehr sinnlich empfinden können. Ich sehe es eher humanistisch-religiös bzw. nicht-theistisch, also in Richtung des Buddhismus. So, wie es auch kurz von Stockmann zitiert wird, mit Bezug auf den Film "Cloud Atlas"? Dort heisst es immer wieder: "Und mit jedem Verbrechen und jedem Akt der Güte erschaffen wir unsere Zukunft." Es geht in meiner Wahrnehmung also nicht um die Erklärung von Welt, Selbst und Gemeinschaft aus einer einzigen bzw. letzten zentralen, bedeutungsgebenden Instanz heraus, sondern vielmehr geht es darum, dass es entscheidend auf unser Handeln im Hier und Jetzt drauf ankommt, mit welcher Absicht auch immer. Zudem würde ich sagen, dass "wir" allein über die Selbsterkenntnis zu einem möglichen Miteinander kommen können. Was natürlich auch scheitern kann. Das heisst, den prästabilisierten Zustand einer harmonischen Wabbelwahrheit gibt es nicht, vielmehr kann jede/r von uns - auch und gerade die Zuschauer bzw. die, welche immer nur zuschauen! - wie Lucifer und/oder Toni Jessen als heller Stern aus dem Himmel stürzen und so die Wahrheit darüber offenbaren, dass Gott (wenn eine/r jetzt dran glauben mag) und Mensch nicht eins und auch nicht immer nur gut seien. Ausserdem, das Im-Gleichtakt-marschieren führt sicher nicht zum Ziel. Erst, wenn das Subjekt aus dem Chor hinausgetreten ist, kann es ICH sagen und sich zu einem DU ins Verhältnis setzen.
Kosmische Oktave, Berlin: olle Gut-Böse-Kamellen
@ Inga - immer kommen sie mit den ollen Kamellen vom Im-Gleichtakt-marschieren (böse, böse) und dem Individuum, das aus dem Chor hervortreten soll (gute Subjektwerdung, mündig, selbstbestimmt usw.) Haben sie an dem Abend nicht davon gehört, dass die Stärkung des Ichs gerade erst die Bindung und damit die Gemeinschaft verhindert?
Kosmische Oktave, Berlin: Schleefs Chöre
@ Egoshooter: Und Sie nennen sich Egoshooter? Ach so. Voll Ego oder was. Ich HASSE Gamer! Na, und da ist es doch, mein Ich. Ich darf das sagen, weil ich Erfahrungen gemacht habe. Und natürlich ist dieses "Im-Gleichtakt-marschieren" problematisch oder zumindest widersprüchlich. Schon Einar Schleef hat diesbezüglich immer beide Seiten gesehen, auch und gerade mit Bezug auf die Geschichte beider politischen Systeme - Faschismus UND SU-Kommunismus. Es geht darum, dass der Chor in der Masse besoffen von Ideologie und damit zerstörerisch wirken kann. Und zugleich die Möglichkeit schaffen kann, gemeinsam etwas zu bewegen.
Kosmische Oktave, Berlin: brüllen
was, herr stockmann, hält einen davon ab zu brüllen:
was zur hölle(ihr kommentatoren und kommentartorinnen) macht ihr da?! -
mit der kosmischen oktave . . .
Kosmische Oktave, Berlin: Gleichtakt ist nicht gleich Faschismus
@Inga - versuchen sie mal Rhythmus und Gleichtakt - wenn sie schon mit musikalischen Begriffen argumentieren - unabhängig von Faschismus und Co. zu denken. Geht das?
Kosmische Oktave, Berlin: Gehen als Marschieren
@ Egoshooter: Ich hasse natürlich nicht ALLE Egoshooter, sondern nur diese männlichen Möchtegernhelden, welche am Ende einen weiblichen Avatar mit einer realen Frau verwechseln. Mit Folgen. Und klar kann ich Rhythmus und Gleichtakt auch unabhängig von Faschismus und Co. denken. Ich dachte sowieso als Allererstes an Thomas Bernhards "Gehen". Nur, dass das Gehen hier eben doch eher wie Marschieren aussieht. Das Gefühl für Harmonie würde sich in meiner Wahrnehmung eher dann einstellen, wenn die Figuren zusammen singen und/oder musizieren würden. Was hier aber nur am Rande geschieht. Über die Sprache dagegen entstehen zu viele (tragische) Missverständnisse:

"So gesehen sind alle Begriffe (Vorstellungen), sagt Oehler, wie Selbstbeobachtung, Selbstmitleid. Selbstbezichtigung und so fort, falsch. Wir selbst sehen uns nicht, wir haben niemals die Möglichkeit, uns selbst zu sehen. Wir können aber auch einem anderen (einen anderen Gegenstand) nicht erklären, wie er IST, weil wir ihm nur erklären können, WIE WIR IHN SEHEN, was wahrscheinlich dem entspricht, das er ist, das wir aber nicht so erklären können, daß wir sagen können, so IST er. So ist alles immer etwas ganz anderes, als es für uns ist sagt Oehler. Und immer etwas ganz anderes, als es für alles andere ist." (Th. Bernhard)
Die kosmische Oktave, HH: Hamburger Kritik
"Das ist ein großer Moment in diesem oft enervierend selbstreferenziellen und in seiner szenischen Wiederholung ermüdenden Abend, an dem mitunter nur die wundervolle Musik von Ari Benjamin Meyers Erleichterung verschafft. In allzu großer Schlichtheit schildert Stockmann das Trauma, von der nach Selbstverwirklichung strebenden Mutter zurückgelassen worden zu sein. Immerhin, der Schmerz über eine abgeklärte Gesellschaft und erstarrte bürgerliche Beziehungsformen lässt in seinem unverhofften Pathos die Sehnsucht nach Wahrhaftigkeit umso größer aufscheinen."

http://www.abendblatt.de/kultur-live/article133199363/Qualverwandtschaften-und-erstarrte-Beziehungsmuster.html
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