Kündigung nach Kurswechsel 

Düsseldorf, 5. April 2014. Eva-Maria Voigtländer, designierte Chefdramaturgin, verlässt das Düsseldorfer Schauspielhaus, das meldet die Rheinische Post online. Voigtländer wurde vom entlassenen Intendanten Manfred Weber geholt. Mit ihm hatte sie ihren ersten Spielplan entworfen, doch der sei bei Interims-Intendant Günther Beelitz auf wenig Gegenliebe gestoßen. Drei große Produktionen habe Beelitz aus dem Konzept gestrichen, darunter ein vielversprechendes Projekt mit der britischen Künstlerin Sue Buckmaster, die bereits bei der Ruhrtriennale beachtete Inszenierungen vorgelegt hat. Daraufhin hat Voigtländer um Auflösung ihres Vertrags gebeten und das Theater nahm die Kündigung an.

Voigtländer dürfte durch die Kündigung keine Abfindung bekommen, aufgehalten hat sie das nicht. Und wie aus dem Umfeld des Hauses zu hören ist, gibt es weitere wichtige Mitarbeiter, die sich nach anderen Angeboten umsehen, so die Zeitung.

So soll sich auch das Konzept der Jugendtheatersparte grundlegend verändern. Deren Leiterin Barbara Kantel war mit Staffan Valdemar Holm angetreten, um im jungen Haus Theater für alle Generationen anzubieten. Alle Darsteller aus dem Ensemble sollten an der Münsterstraße eingesetzt, Zuschauer jeden Alters für die Stücke gewonnen werden. Nach schwierigem Start hatte Kantel zuletzt Erfolg mit ihrer engagierten, auch in schwierige Stadtteile zielenden Theaterarbeit. Derzeit dürfe sie keine Interviews geben, und die Theaterleitung habe ihr eine Frist bis Montag gesetzt, um sich zu entscheiden, ob sie unter radikal veränderten Bedingungen weitermachen will.

Im Interview mit Günther Beelitz, das rp online geführt hat, sagt er dazu: "Voigtländer ist unter meinem Vorgänger an das Schauspielhaus gekommen, hat unter anderen Voraussetzungen ihren Entwurf gemacht, das ist unglücklich. Ihr wurde nie gesagt, dass es Einschnitte in ihren Entwurf geben könnte, diese Änderungen wollte sie nun nicht mitmachen." Die drei großen Projekte "Orpheus in der Unterwelt" , "Rheinische Rebellen" und den Abend der britischen Theatermacherin Sue Buckmaster habe Beelitz gestrichen, weil sie die gesamte Spielzeit gelähmt hätten.

Beelitz will zurück zum Ensembletheater, die Identität des Hauses wieder sichtbar machen, Darsteller, die früher hier gespielt haben und noch im Umkreis leben, wie Winfried Küppers, Reinhard Vierchow, Wolf Aniol, sollen zurückgeholt werden. Gegen den Vorwurf der  Rückwärtsgewandtheit und Boulevardisierung des Düsseldorfer Schauspielhauses, sagt Beelitz: "Unterhaltsamkeit auf hohem Niveau kann das Schauspielhaus durchaus vertragen. Von Boulevardisierung kann man beim Blick auf unseren neuen Spielplan überhaupt nicht sprechen. Aber wir wollen Geschichten erzählen, die die Leute auch begreifen können."

(rp online / sik)

Mehr dazu:

Meldung vom 18. Oktober 2013: Neue Chefdramaturgin in Düsseldorf

Meldung vom 2. Februar 2014: Düsseldorfer protestieren

Meldung vom 5. Februar 2014: Interimsintendant Manfred Weber in Düsseldorf muss gehen

 

 

mehr meldungen

Kommentare  
Voigtländer kündigt in Düsseldorf: anderer Stil, neue Stille
Beelitz war schon immer der einzige, der wusste wie Theater geht. Und sowas wird im hohen Alter bekanntlich nicht besser. Das könnte demnächst sehr still werden in seinem Haus, wenn keiner mehr mit ihm arbeiten will...
Voigtländer kündigt in Düsseldorf: Fundort?
Wo hat denn die Düsseldorfer Politik den Beelitz eigentlich gefunden?
Voigtländer kündigt in Düsseldorf: im Handy eines Älteren
Die Politiker haben lange in ihrer Erinnerung gekramt, da die gute alte Zeit gefunden, ihre besseren Jahre, dann die jüngeren Kulturpolitiker von der "eierlegendenintendantenwollmilchsau" Beelitz überzeugt, im Handy eines älteren Kulturpolitikers die Nummer des Betreffenden gefunden und mal angerufen.
Und schwups die wups! Steht der Günther vor der Tür
Voigtländer kündigt in Düsseldorf: beneiden
Bravo Frau Voigtländer! Alle Zurückbleibenden werden Sie um Ihre schnelle Entscheidung beneiden!
Voigtländer kündigt in Düsseldorf: Arbeit gefährdet die Gesundheit
@4: das ist hoffentlich nicht zynisch gemeint?! ...
Arbeitsbedingungen unter restriktiven Strukturen sind gesundheitsschädlich.
Und da unsere Arbeitsbedingungen an deutschen Theatern ohnehin schon dafür sorgen, dass Burnout, Depression und Krebs grassieren, setzt so ein alter Mann mit gutem Plan dem ganzen schon ein mal das I-Tüpfelchen auf.
Vielleicht ist "es sein lassen" vorrübergehend eine der wenigen Möglichkeiten von uns Kulturschaffenden, die nicht bereit sind, sich der Aporie des Utilitarismus zu opfern (noch dazu zu diesen Hungerlöhnen!): Diese Gesellschaft spüren zu lassen, wie es ist, sich ein "Kulturangebot" von Firmen sponsern lassen zu müssen - was leider in vielen deutschen Kleinstädten der Fall ist.
So wie die Sache gerade in Düsseldorf läuft, muss man sich fragen, ob die Kulturpolitikerin vorher ein einziges Mal im Schauspielhaus war und diese Entscheidung absichtlich getroffen hat:
Wenn nun ein derartiger Skandal provoziert wird - nur um ein Jahr zu überbrücken; wenn ein Großteil der Belegschaft so verärgert und sogar vertrieben wird, kann entweder nur gröbste Unwissenheit oder absichtsvolle Willkür im Spiel sein.
Wahrscheinlich steht das Haus auf der Abschussliste und je schlimmer die Verhältnisse werden, desto leichter lässt es sich schließen.
Voigtländer kündigt in Düsseldorf: Auswege aus der Krise
Diese ganzen Vorgänge in Wien und Düsseldorf sind der Anfang, ein Theater nach dem anderen wird in diese Probleme rutschen. Der Burnout ist ein Burnout des Systems. Die Generation Beelitz rettet nun in Wutbürger-Aktion noch die Idee eines Theaters von früher für die letzten Überlebendenden, die Generation Voigtländer will ein Theater retten, das unter ihresgleichen Furore machte
(aber unter den Jungen auch niemanden interessiert), die Teuerung schreitet wacker voran, die Schauspieler werden noch mehr ausgepresst, egal unter welchen künstlerischen Bedingungen. Bis sie streiken werden landesweit. Ich wette (um ein Jahesabo am Schauspielhaus deiner Wahl), dass es in in den nächsten zwei Jahren zu einem bundesweiten SchauspielerInnenstreik kommen wird. Es kommt nun ein System zu seinem Ende, das 100 Jahre lang funktionierte. Aber jetzt ist bald Schluss. Und das ist gut so. Zum Thema Künstlertheater und agiles Theater wurde viel kluges geschrieben auf dieser Plattform. Es lohnt sich das jetzt zu lesen. Als Präventionsmassnahme, besser noch: als Ausweg aus der garantierten Krise.
Voigtländer kündigt in Düsseldorf: zum Interviewverbot Kantel
Mit welchem Recht verwehrt man einer künstlerischen Leiterin eigentlich, die Öffentlichkeit in Kenntnis davon zu setzen, was scheinbar alles in der Jugendsparte auf dem Spiel steht? Ist es nicht ihr gutes Recht - und das Recht der Öffentlichkeit, Bescheid zu wissen?
Voigtländer kündigt in Düsseldorf: diabolus ex machina
Unerträglich, mit welch arroganter Überheblichkeit Beelitz sich im Interview gibt, das kennt man ja sonst nur noch von Peymann. Ein derart selbstüberzeugtes, reaktionäres Verständnis des Intendantberufs als "großem Herrscher" treibt einem ja wirklich die Falten auf die Stirn. Dass hier auch noch eine gesamte Sparte - die des Theaters für junges Publikum - offenbar marginalisiert werden soll (ich bezweifle stark, dass hinter Beelitz' Plänen die Überzeugung steckt, es sei wirklich "besser" für diese Sparte, wenn sie wieder mit einem popeligen Bruchteil der Gesamtsubventionen zurück nach Düsseldorf-Rath verdrängt wird), gleicht zudem einer Katastrophe für die gesamte Szene, die ja ohnehin schon seit Ewigkeiten mit dem Ruf, ein Theater zweiter (künstlerischer) Klasse zu sein, kämpft. Es bleibt zu hoffen, dass sich das alles in Wohlgefallen auflöst, doch bis dato scheint Beelitz echt eher der "diabolus ex machina" denn der erhoffte "deus".
Voigtländer kündigt in Düsseldorf: keine Interna nach draußen
Über Betriebsinterna ist die Öffentlichkeit nicht zu informieren, liebes Fragezeichen.
Voigtländer kündigt in Düsseldorf: Theater für Pensionisten
Ein alter König geht nach Düsseldorf - dabei wird die Monarchie grade abgeschafft. War Holm schon eine Wahl für das Gründgens - Werktreue Revival kommt jetzt Beelitz, der auktoriales Handeln und einen konservativen Spielplan mit einander verbindet.
Wer sich noch an das Dortmunder Programm von Wolfgang Gruner erinnert, weiß was jetzt in Düsseldorf passieren wird. Paradoxerweise vielleicht genau das, was in einer sozialdemokratisch gesättigten Pensionistenmetropole gewünscht ist.
Für alle anderen gilt: Köln (Bachmann) und Dortmund (Voges) sind nicht weit - und Düsseldorf wird zum Museum erklärt - ganz im Sinne von C.P.
Voigtländer kündigt in Düsseldorf: Intendant im richtigen Alter
Beelitz ist ja bekannter Theaterrevoluzzer und genau im richtigen Alter, um noch mal allen zu zeigen, wie Theater heute funktioniert... Ist Düsseldorf als Theaterstadt noch zu retten?
Voigtländer kündigt in Düsseldorf: dogmatisch juvenil
Was soll eigentlich diese ewige Altersdiskriminierung? Was hat das alles mit dem Alter zu tun? Es gibt so viele junge Leute die entsetzlich langweiliges Theater machen und umgekehrt. Das wird alles so dogmatisch juvenil.
Wer will denn so was sehen?
Voigtländer kündigt in Düsseldorf: verschafft notwendige Zeit
Ich will ja nicht das Gehabe vom Beelitz rechtfertigen, da würde man sich wohl unglaubwürdig machen. Auch wenn es wahrscheinlich zu recht eine Verärgerung über die Kommunikation des neuen, ja Alten, Interimsntendent gibt, so sollte man die Verschieden Leitungskrisen nicht miteinander vergleichen.
Hat Beelitz nicht schon VOR Antritt dafür gesorgt, dass die Schulden beglichen werden? Hat Beeltiz nicht daraufhin gewirkt, dass, nachdem die Stadt es in zwei Jahren nicht geschafft hat, einen neuen Intendanten zu finden, nicht innerhalb eines halbes Jahres ein neuer Intendant gefunden werden muss, der dann keine Vorbereitungszeit gehabt hätte? Verschafft da nicht ein alter Hase notwendige Zeit? Die Krise in Düsseldorf hat er nicht verantwortet, Dass Weber gehen musste, mag im Haus selber für schlechte Stimmung sorgen, aber hat es Beelitz nicht schon geschafft, die Stadt und das Land in die Verantwortung zu nehmen? Und die Krise der Stadttheater hat Beelitz nun wirklich nicht zu verantworten. Aber man kann doch nicht mit 90 Zuschauern im großen Haus zufrieden sein! Auch wenn es tolle Abende in Düsseldorf zu sehen gibt. Aber liebes "Schnitzel" Köln mit Bachman ist für mich im Moment keine Reise wert, Dortmund vielleicht, aber meine Hoffnung ruht weiterhin in Düsseldorf. Ob mit oder ohne Beelitz. Wünsche dem Ensemble, dass sie das Vertrauen des Alten gewinnen und dass das tun des Alten positiv wirkt...
Voigtländer kündigt in Düsseldorf: undemokratisch
@Antwort Selbstverständlich ist die Öffentlichkeit zu informieren, wenn sich in einem Betrieb, der ebendieser Öffentlichkeit gehört, ein als Verwalter auf Zeit eingesetzter "Retter in der Not" als ein undemokratisch und selbstherrlich agierender Patriarch entpuppt, der die Struktur des Theaters dauerhaft nach seinem eigenen Geschmack umbiegt, ohne vorher dieses Programm demokratisch gewählten Gremien vorgelegt zu haben.
Voigtländer kündigt in Düsseldorf: Was ist das neue Theater?
Monarchie, Demokratie , demokratisch gewähltes Gremium, sozialdemokratisch gesättigte Pansionistenmetropole......alt , Jung.....was für ein Quatsch.
Außerdem denke ich doch das Bachmann sich in Köln erstmal ganz wohl fühlt und wenn es etwas Gutes an der Entscheidung zu Holm gab dann , dass er von weiter weg kam. Einfach mal ein paar Häuser weiter ziehen ist so langweilig. Was ist denn eigentlich das Alte Theater und was ist das Neue Theater? Würde mich wirklich mal interessieren. Hat das nur mit alten Leuten zu tun oder gibt es eine neue Theatertheorie....?
Voigtländer kündigt in Düsseldorf: worum es geht
@Ludwig: es geht hier sicher nicht um Neu oder Alt, noch dazu mit Großbuchstaben, auch nicht um juvenil oder senil (...), sondern doch erstmal darum, ob das überhaupt Theater dabei rauskommen kann, wenn ein Besserwisser seine Mannschaft bei der Arbeit stört, und - in der Überzeugung nur Dummköpfe um sich zu haben - die besten seiner Leute in Windeseile soweit vergrault, dass sie hinschmeissen. Und der das dann als Heilungsprozess verkauft, (...)
Voigtländer kündigt in Düsseldorf: Bauen
Und wie woanders schon jemand schrieb: Auf seine Baumaßnahmen sollte man auch mal einen Blick werfen. Gerade wenn es heißt, dass Haus müsse ja so sehr sparen...
r.m.
Kommentar schreiben