Vrooom!

von Isabel Winklbauer

München, 5. Juni 2014. Crash, Boom, Bang – so könnte man Martin Kušejs "Faust" untertiteln. Es fließt Blut in Strömen, ein Haus explodiert, es gibt Geballer und Gekokse. Wer Vieles bringt, wird manchem etwas bringen! Kein Effekt fehlt, von der Sexorgie bis zum Schlachtmesser. Trotzdem hat die Inszenierung einen unwiderstehlichen, eigentümlichen Sog. Sie ist auf der Höhe der Zeit, wenn auch auf der abgefuckten Seite unserer Ära. Sie transportiert Gier und Maßlosigkeit als düsteren Comic.

Bluttriefender Junkie

Ist Heinrich Faust ein Kapitalist? Kušej sieht Ähnlichkeiten mit den Wachstumsfanatikern unserer Tage. Immer mehr, immer größer, immer besser will es Faust, deshalb lässt er sich durch die Nacht treiben, in die Technodisco, bis in den Drogenrausch. Werner Wölbern spielt Faust als Getriebenen, zwischen kokainsüchtigem Manager und nervösem Extremsportler, ein Hedgefonds-Manager mit andauernden Zahnschmerzen. Eine arme Sau, die unvermittelt – in den Monologen – an Größe und Entschlossenheit gewinnt. Vor dem Selbstmord rettet ihn Wagner im Pullunder (Jörg Lichtenstein), dessen Harmlosigkeit jeden Intellekt zur Weißglut treibt. Der Gute führt Faust zum Osterspaziergang – der mit Goethes Original wenig zu tun hat. Die Menschen spazieren nicht durch den Frühling, sie treiben es jeder mit jedem, eine einzige verdorbene Brut. Obszönität um ihrer selbst Willen ist ein wesentlicher Zug dieser Inszenierung, später verschlingen sich Faust Margarete, Marthe und Mephisto sogar zu viert. Faust stirbt jedenfalls fast in der Schießerei, in die der österliche Kampf der Leiber mündet.

faust 280a matthiashorn uMephisto (Bibiana Beglau) und Faust
(Werner Wölbern) © Matthias Horn
Doch Mephisto rettet ihn. Bei Kušej tritt der Star des Dramas nicht gerade charmant auf: Bibiana Beglaus Metzger-Attitüde hat mit dem Lebemann, den Romuald Pekny in den 80ern unter Dieter Dorn gab, nichts zu tun, und schon gar nichts mit dem gewitzten Gründgens. Blut trieft aus Beglaus Mund auf die weiße Schürze und die Hände, sie hat wohl gerade gemetzelt. Schon zuvor haben die Zuschauer Mephisto in schwarzem Leder kennengelernt: traumatisiert über den eigenen Sturz, manisch, fatalistisch und abhängig wie ein Junkie von seinem Kampf mit Gott. Meist ist Beglaus Stimme voller Agonie, wenn sie nicht gerade Faust gegenüber cool oder kindisch aufstachelnd auftritt. Dann wieder legt sie kalten Witz in Mephistos Worte, der schon seit Äonen kein Lachen mehr zum Ziel hat. Auf dem Rücken schwären immer noch die Wunden der ausgerissenen Flügel.

Erzhure und Gänseblümchen

Nach dem Jungbrunnenbesuch bei der Hexe – samt ausgedehnter Schamhaarfellatio zwischen Hexe und Mephisto, wobei Faust das Ergebnis schluckt – entspinnt sich also das Drama um Margarete. Der Zuschauer findet sich damit endlich in sicherem Fahrwasser, denn eingebettet ist das Bekannte in eher undurchschaubare Rahmenszenen aus "Faust II". Warum zu Beginn das Haus der alten Leute Philemon und Baucis mit Flammen und Getöse explodieren muss, ist nicht ersichtlich. Faust stürzt doch mit Gretchen ein unschuldiges Mädchen ins Unglück, das genügt. Wieso muss er noch eine Art spektakulären Elternmord begehen?

faust 280h matthiashorn uFaust (Werner Wölbern) und Wagner im
Pullunder (Jörg Lichtenstein) vor der
großartigen Kulisse  © Matthias Horn
Und wieso müssen zum Schluss Fausts Leute fürs Grobe, gestaltet als Truppe extremistischer Selbstmordattentäter, ein Blutbad unter Unschuldigen anrichten? Auch bei der Gestaltung der Charaktere wurde kräftig überzeichnet, sie sind fast Karikaturen ihrer selbst. Marthe Schwerdtlein (Hanna Scheibe) ist keine heimliche Kupplerin, sondern eine Erzhure, so oft hat sie Mephisto zwischen den Schenkeln hängen. Andrea Wenzls Gretchen dagegen ist unschuldig wie ein taufrisches Gänseblümchen. Sie leidet unsäglich unter ihrem Unglück, das in einer blutigen Fehlgeburtsszene mit Messer endet. Dabei ist es doch eigentlich der gesunde Verstand, der Margarete so attraktiv macht.

Sensationelle Szenerie

Aber im Comic wird eben zugespitzt. Was die Bühne betrifft, gelingt das wunderbar. Vierseitig und drehbar, ist sie eine abgeschlossene, ständig sich wandelnde Welt. Alles passt in diesen dunklen, stählernen Kubus unter kühlen Lichtspots hinein: Fausts Haus, der Kirchplatz, Gretchens Zimmer, die Hexenhöhle. Der obere Gitterkäfig ist mal freies Feld, mal Marthes Schlafzimmer, mal Fight Club (Mephistos erste Tat ist, Faust Schmerz zu verschaffen). Ganz obenauf thront der Wahnsinn in Form eines Krans, an dem in der Flugszene ein Pferd herumschwingt. Steht dann noch eine Lilith im goldenen Glitzerkleid im ersten Stock, gerahmt von Leuchtschriftzügen, verwandelt sich alles in betörende Schönheit. Diese Szenerie übertrifft fast Beglau an Star-Appeal.

Sensationell wäre die ganze Inszenierung, wenn Kušej sie von einigen Szenen entrümpelt hätte. Faust verschreibt sich mit seinem Landgewinnungsprojekt der materiellen Gier. Sein unersättliches Wesen ist das eines Kapitalisten, so viel ist klar. Doch dafür genügt eine Ergänzungsszene. All der übrige "Faust II"-Splatter mit Häusern voller abgewrackter Huren und viel Vroooom ist nicht nötig. Der Stoff knallt auch so.

 

Faust
von Johann Wolfgang Goethe
Regie: Martin Kušej, Dramaturgie: Angela Obst, Bühne: Aleksandar Denić, Licht: Tobias Löffler, Kostüme: Heidi Hackl, Musik: Bernd Wrede.
Mit: Werner Wölbern, Bibiana Beglau, Andrea Wenzl, Elisabeth Schwarz, Hanna Scheibe, Jörg Lichtenstein, Silja Bächli, Michele Cuciuffo, Simon Werdelis, Miguel Abrantes Ostrowski, Jürgen Stössinger, Götz Argus.
Dauer: 3 Stunden, eine Pause

www.residenztheater.de

 

Kritikenrundschau

Christoph Leibold schreibt auf der Website von Deutschlandradio Kultur (5.6.2014): Kušej zeige eine "kalte, kaputte Welt" in der "großartigen Kulisse" von Aleksandar Denić; darin ein "gefühlsverwahrloster Faust", der längst wisse, dass da nichts mehr sei, was die Welt im Innersten zusammenhält, der gottlos als "sein eigener Gott" "ziemlich egoshooter-mäßig unterwegs" sei. Beglaus Mephisto sei "ein armer Teufel, eher sarkastisch als diabolisch, mit einem fast schon flapsig ironischen Humor". Andrea Wenzls Gretchen habe etwas Keckes, stecke aber in "den gängigen Erwartungen an die Rolle fest". Insgesamt wirkten die Darstellungsmittel bei aller Drastik "erstaunlich bieder". Dieser "Faust" als "versuchter Faust-Hieb in die Magengrube der Zuschauer" bleibe ein "Stückweit: leere Drohgebärde". Immerhin aber ein erster Schritt zurück zum "Krafttheater Martin Kušejs".

Martin Kušej tobe seinen in München lange unterdrückten Regie-Extremismus an Goethes "Faust", so beginnt Christine Dössels Kritik in der Süddeutschen Zeitung (7.6.2014). Er sei doch kein Regie-Softie, das wäre die gute Nachricht. Die schlechte Nachricht: das "ist so plakativ wie kontraproduktiv. Vor allem ist es enervierend konzeptuell." Der Stoff werde mit viel Ach und noch mehr Krach radikalisiert und auf Endzeitthriller gebürstet, und zwar so "krawallig absichtsvoll, dass diese Überdeutlichkeit schon wieder Chuzpe hat." Dössel macht dann auch Zugeständnisse: "Die Stimmungen, die Kušej mit Lichtwechseln, Blackouts und schroff gesetzten Sound-Effekten auf diesem technoiden Wunderding von Bühne schafft, sind zum Teil wirklich großartig." Bilder, denen man die Kraftmeierei jedoch meistens auch anmerke. Bibiana Beglau reiße als aasig-androgyner Mephisto so manches raus, "eine düster funkelnde Figur, lasziv, depressiv, unendlich schmerzerfüllt und einsam. Apathisch, wie traumatisiert erscheint sie auf der Bühne."

"Faust" sei hier in einem metaphysikfreien, aber vergnüglichen Dreistundenabend neu zu entdecken, so Kerstin Holm in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (7.6.2014). Wer den "Faust"-Text im Kopf habe, erleide Schiffbruch. "Obendrein ertrinkt das Drama um Aufklärung und die Möglichkeiten von Erkenntnis, das in München ohnehin zum banalen Lebensmitte-frust eines Alphamännchens zusammengeschnurrt ist, in der Schwärze einer niemals endenden, von Signalfunzeln und Explosionen nur spukhaft erhellten Walpurgisnacht." Die Inszenierung lebe von der refrainartigen Drehbewegung des Schiffskrans in einem programmatischen Dunkel. "Elektronische Klavier- und Geigenklänge, vor allem aber schwere Metallschläge vergegenwärtigen das sinnlose Fortschreiten der Zeit. Die Szenen sind die Haltepunkte, wo auf die Treppen, Verschläge und Terrassen ein bisschen Licht fällt."

Das eklektisch zusammengebastelte religiöse Artefakt, das Goethes "Faust" ja auch ist, interessiere Martin Kušej nicht, "so muss man zugestehen, dass die Aufführung innerhalb der selbst gesteckten Grenzen streckenweise gut funktioniert", findet Matthias Heine in der Welt (7.6.2014). Beglau und Wölbern geben ihren Figuren soviel Tiefgang, wie möglich ist, wenn die von der Regie gebauten Wege eher an der Oberfläche bleiben.

Martin Kušej befreie sich mit dem geborgten Motto vom Druck der einen, der "richtigen" aktuellen Sicht, schreibt K. Erik Franzen in der Frankfurter Rundschau (7.6.2014). "Als wolle er den Fauststaub aus allen Zeitporen pusten, lässt er es an diesem Abend höllisch knallen: Mehrfach erschüttern riesige Explosionen den Theaterraum." Irgendwo zwischen "Blade Runner" und der US-amerikanischen Horror- und Fantasyreihe "True Blood" taumeln die untoten Protagonisten durch eine "extrem verschachtelte, zweistöckige, tiefschwarze Stahl-, Backstein- und Neonlichtwelt, in der sich auf faszinierende Weise immer neue Raumkonstellationen ergeben." Fazit: "Martin Kušej hat hier ein elektrisierendes und radikal heilloses theâtre noir zur Aufführung gebracht (...) Sein Versuch, unsere Zeit mit Goethes 'Faust' als Endspiel zu verstehen, hat die Wucht der Arbeiten, mit denen er bekannt geworden ist."

Spannend findet Michael Schleicher vom Münchner Merkur (6.6.2014) die Perspektive des Abends. Kušej nutze 'Faust' für einen bitteren Kommentar auf unsere übersatte Gesellschaft: er erzähle Goethes Drama als "Drama der Menschheit, die längst keine Grenzen mehr kennt. Einer Menschheit, die weiter, immer weiter will, im Vergnügen, im Rausch, im Sex, im Streben nach Einfluss, Macht und Gewinn. Geil bis in den Untergang".Kušej zeige diesen Befund "in vielen eindringlichen Bildern. Manches mag in seiner Überdeutlichkeit zu bemüht und daher naiv anmuten – etwa jene Szene, in der Faust und Mephisto ein Kind mit einem Sprengstoffgürtel um den zierlichen Leib in ein Haus schicken. Doch sehr viel häufiger ist die Regie subtiler und beweist, wie exakt hier gearbeitet wurde."

Hausherr Martin Kušej spare an gar nichts: "Es kracht und knallt, es fliegt ein Pferd - und sein Faust ist hungrig auf den ultimativen Kick", so Sabine Leucht in der taz (10.6.2014). Einerseits freue man sich, endlich den zupackenden, wuchtigen und bildgewaltigen Kusej zu sehen, "dieser 'Faust' ist große Oper, aber auch verwirrend vollgepfropft mit Motiven, Figuren und Zitaten. Es ist ein lauter, spektakulärer und ja, fast gieriger Abend, mit enormem Aufwand an Statisten und Technik produziert."

Dieser Faust habe "sichtlich alles hinter sich, sobald das erste Licht ihn erfasst", schreibt Michael Skasa in der Zeit (12.6.2014). "Fausts Versuche, das Leben in Exzessen zu erleben", strande bei Kušej "rasch beim Gefacker und Gelichter brutaler Hinterhöfe, in Fightclubs, Hafenpuffs und Drogendiscos". "Goethe ist weit weg, hier geht es nicht ums Erkennen und Gestalten einer Welt, sondern um das trostlose Sich-Verwirklichen (in welcher Wirklichkeit bloß?). Mitnehmen, was geht". Bibiana Beglau sei "schon ein fantastisches Bühnentier! Ihre Kunst, ihre Artistik geben der weithin tobenden Aufführung Schauspielerglanz." Der Rest sei "fetzenbunter Radau" mit manch prachtvollem Bild. "Pfiffig" sei die Strichfassung von Albert Ostermaier und Angela Obst zwar durchaus. "Aber wenn es nur um Action geht, fehlt nun mal die Tiefe – ebendas, was man Sinn und Verstand nennt". Dies sei "ein Theater der Überwältigung, wofür Kušej ja gerühmt wird, das sogenannte Theater der Bilder, der Wucht und der Faustschläge". "Ganz reizvoll – aber leer".

Die Inszenierung wanderte mit ihrem Regisseur ans Wiener Burgtheater weiter, wo sie am 27. September Premiere hatte:

Ronald Pohl schreibt im Wiener Standard (online 28.9.2019, 12:38 Uhr): Man könne von einem bomben-Erfolg sprechen. Der neue Burgtheaterdirektor werfe "die Seiten des Reclam-Textes" mit "bösem Gelächter" in die Luft. "Wer nach humanistischen Frohbotschaften giert oder edles Versgeklingel hören möchte", sei hier definitiv fehl am Platz. "Wer Augen hat zu sehen, erlebt einen pessimistischen Kommentar zur Zeit, ein famoses "Faust"-Mahlwerk."

Kommentare  
Faust, München: Nebel, Blitzlicht & Statisten
DIESE FAUST INSZENIERUNG IST ZU EINDIMENSIONAL FÜR EIN THEATER DIESER LIGA!
DER REGISSEUR INTERESIERTE SICH MEHR FÜR FEUER, NEBEL, BLITZLICHT UND STATISTEN!
DIESE INSZENIERUNG WÄRE BESSER IN WUNDIEDEL AUFGEHOBEN!
SCHADE UM DIE 55 EURO!
Faust, München: 3 Stunden gebannt
Sensationell, atemberaubend, Hammer! Mag man hier und da etwas kritisieren, ok, das überlass ich den Berufskritikern. Ich war 3 Stunden gebannt, rundrum stimmig das Ganze, nie langweilig. Ein zweiter Besuch ist gebucht. Chapeau Bibiana Beglau! Besser gehts nicht!
Faust, München: Angst
Poster, die alles in Versalien tippen, machen mir irgendwie Angst ... Die Beschreibung klingt wie die Verarsche einer Kusej-Inszenierung; wär trotzdem spannend mal zu schauen, wie das auf der Bühne wirkt.
Faust, München: da maulen die Sesselpuper
Endlich hat der Kärtner Kraftlackl mal so richtig hingelangt, Schluss mit gepflegter Langeweile! Klar maulen jetzt erstmal alle Sesselpuper und das saturierte Münchner Bürgertum ist pikiert, weil sie alle "ihren" Faust im Ghetto erstmal nicht wieder finden, aber die sollen alle erstmal richtig "Faust 2" lesen und dann wiederkommen. Das hat Kraft und Energie!
Faust, München: toll
Mir ging es ähnlich wie Marvin: Endlich langt er so richtig hin. Da findet einer wieder zu seinem Regiestil. An diesem Abend verbinden sich seine oft durch die Oper geprägten (Chor) Bilder mit dem Schauspiel und werden "eigen". So waren die Effekte laut - doch die Sprache oft intensiv und ruhig. Ein toller Theaterabend!

charlotte
Faust, München: am Elend der anderen ergötzen
@ Marvin: Merken Sie nicht, wie blöd das ist? Wenn ein bürgerlicher Theatermacher wie Kusej meint, den Faust als eine Art Unterschichts-Faust zu inszenieren? Wer wird hier wem vorgeführt? Ich würde sagen, wieder mal ergötzt sich hier wohl ein bürgerliches Publikum am "Elend der Anderen", sprich: kaputten Huren und Junkies, vielleicht auch, um die eigene Verblendung nicht wahrnehmen zu müssen. Nee nee nee. Schon allein diese Begriffe "Erzhure" versus "Gänseblümchen". Da findet sich doch keine "normale Frau" wieder, in diesen (männlichen) Kategorisierungen des Weiblichen! Höchstens, wenn man das grotesk-komisch überzeichnen würde. Ist hier aber nicht der Fall. Oder?
Faust, München: Kinderbuch
Ich fand diese Faust Inszenierung recht grob und teilweise zu simpel. Wie ein Kinderbuch oder Comic. Es gibt nur schwarz oder weiss. Wie auch das Bühnenbild. Ich war enttäuscht! Gute Schauspieler bis in die aller kleinsten Rollen - aber zu einem FAUST, der im Hirn bleiben soll, gehört dann doch mehr! SCHADE!
Faust, München: gesehen oder nicht gesehen?
Ich weiß, ich weiß - es wird lästig, aber bei Inga muss man das einfach immer wieder fragen: Waren Sie denn in der Vorstellung oder schreiben Sie nur so vor sich hin ...?
Faust, München: Mutmaßungen über Inga
Ich glaube mittlerweile dass "Inga" nicht eine Person ist, sondern viele, die sich einen Spaß daraus machen. So rede ich es mir zumindest schön, um mich nicht über "jeden" ihrer Kommentare aufregen zu müssen.
Faust, München: Statements erlaubt
@ 8.: Gegenfrage: Warum interessiert Sie das so sehr? Ich darf doch wohl ein Statement zu einer/dieser nachtkritik-Rezension abgeben? Danke.
Faust, München: Sin City
Eine gute Kritik. Die Comic-Assoziation hatte ich auch sofort, vor allem das Bühnenbild; ausgebrannte Überreste einer gottlosen Zivilisation. Sin City, Stadt der Sünde. Dagegen Gretchens weißer Kerker - ein starkes, fast gleißendes Bild. Und das Gretchen darin, Andrea Wenzl, ergreifend zerbrechlich. Und natürlich phänomenal: Mephisto! Bibiana Beglau als "Weibsteufel". Wow.
In der Tat hatte ich mit einigen allzu überzeichneten Szenen und Charakteren auch meine Probleme, v.a. im zweiten Teil (der Junge mit der Bombe). Aber dennoch wirkt(e) der Abend nach, sorgte nicht nur bei der Premierenfeier für Gesprächsstoff, der tiefer ging als üblich. Ich habe mir für die Feiertage die Lektüre von Kusejs Textfassung vorgenommen.
Faust, München: Tatort
Sieht aus, wie ein neuer Tatort.
Faust, München: dem Dialog wenig förderlich
Sie geben ja kein Kommentar zur Rezension ab, sondern zur Aufführung (Vorführen, ergötzen usw...) - als Wertung über den Abend. Und das zu schreiben, ohne ihn gesehen zu haben, spricht gegen sie, es ist - es tut mir leid - dumm und dem Dialog über Theater sicher nicht förderlich. Aber egal - es soll hier ja um "Faust" gehen und da habens sicher diejenigen etwas zu sagen, die auch in der Aufführung waren ...
Faust, München: Netzkultur-Link
http://de.wikipedia.org/wiki/Troll_(Netzkultur)
Faust, München: berechenbar
Also ich war in der Premiere und muss leider auch bestätigen, daß Kusej hier mit längst überholten Bildern spielt, sei es nun Comic, Tatort oder Fight Club. Dann ständig die peinlich sinnfreien Knalleffekte. Im übrigen schockieren auch Sexszenen auf der Bühne nicht mehr in ihrer ständigen Wiederholung. Weniger wäre hier sicherlich mehr gewesen, das hatte schon was von ich zeigs dem spießigen Bürgertum mal richtig (Gähn). Die Figur des Faust ist unglaublich berechenbar gezeichnet, einzig Bibiana Beglau war großartig. Allein wegen Ihr hat sich der Abend dennoch gelohnt.
Faust, München: vor 30 Jahren
Ein hochbezahlter Theaterleiter erzählt mir Bürgerlein, daß Gier nicht gut ist. Danke für diese Lehre. Ansonsten nur Leere auf dunkler, lauter Bühne. Ich wusste nicht, daß Faust eine Oper ist. Der Abend hat recht schnell gelangweilt. Mehr und mehr fällt mir auf, wie großartig Dorns Faust vor 30 Jahren war.
Faust, München: Nachfrage
Wird die FAZ bewusst missverstanden, also eine insgesamt gute Kritik negativ wiedergegeben, und werden die guten Kritiken (FR, Standard, Die Presse usw.) absichtlich nicht in Ihrer Presseschau erwähnt?

(Liebe Nachfrage, die Frankfurter Rundschau ist ergänzt. Standard und Presse fassen wir bei österreichischen Premieren zusammen. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung war tatsächlich nicht ganz glücklich wiedergegeben, aber jetzt ist es besser. (nachtkritik-Redaktion/sik)
Faust, München: österreichischer Blick
na dann, der Vollständigkeit halber der österreichische Blick (der bei deutschen Premieren aus welchen Gründen auch immer für Nachtkritik keine Rolle spielt):
http://derstandard.at/2000001853292/Gottes-Werk-und-Mephistos-Beitrag
http://diepresse.com/home/kultur/news/3817817/Faust-als-depressiver-Pate-auf-dem-Hollentrip
http://www.wienerzeitung.at/nachrichten/kultur/buehne/636011_Denn-sie-wissen-was-sie-tun....html
Faust, München: offenes nach Wien schreiben
Die österreichischen Kritiker jubeln doch nur, weil sie Kusej als Burg-Intendant herschreiben möchten - der "Standard" sogar ganz offen in der letzten Zeile. Das ist leider so durchschaubar wie das Ergebnis fad und vorhersehbar wäre.
Faust, München: es irrt der Mensch
Man kriegt einiges geboten fürs Geld. Ein knalliger, bildgewaltiger Theaterabend und Faust II gleich noch inklusive. Interessante und witzige Inszenierungsideen. Leider jedoch oft in die Länge gezogen. Die Theaterschminke wird zu dick aufgetragen und zerrinnt im Verlauf des Abends. Übrigens auch bei der umjubelten Bibiana Beglau. Mir schien, das Inszenierungsteam hat dem Text nicht vertraut oder sich nicht dafür interessiert. Die mehrfache Verschiebung der Premiere lässt eine gewaltige Anstrengung vermuten. Goethe tröstet: Es irrt der Mensch, solang er strebt.
Faust, München: begrenzt zurechnungsfähig
Was sich Herr Pohl vom Wiener Standard bei so einem eindimensionalen "Faust"-Abend , der dem Zuschauer überhaupt keinen eigenen Gedanken- und Phantasieraum zugesteht , alles aus den Fingern zieht , ist in der Tat nur kulturpolitisch zu verstehen.
Mal abgesehen davon , dass das Feuilleton in Wien nur begrenzt zurechnungsfähig ist , schadet er damit seinem "Wunschkandidaten" Kusej mehr als ihm lieb ist.
Faust, München: Dünnbrett-Fäuste
Der Kraftlackl langt hin-wie schön. hinterfragt ihr manchmal noch woher eure sprachlichen Stilblüten kommen? Kraft durch Freude! Und den Spiessern mal so richtig das Ghetto gezeigt!was für eine subtile Ästrhetik. Wie vorhersehbar und auf anderthalb Ideen heruntergedampft kann man denn den Faust noch machen.
sehe es ähnlich wie cleanthe je mehr ich von diesen dünnbrett fäusten sehe desto deutlicher kommt mir der dorn faust in erinnerung.
Faust, München: Kraftlackl
Thomas Bernhard erklärt Peymann, mit dem er nach einem Hosenkauf Essen geht, das Wort KRAFTLACKL so:
Ein Kraftlackl ist ein Mensch
der gar nicht soviel Kraft hat
wie er haben müßte
aber soviel Kraft zeigt
wie kein anderer...
Faust, München: sehen oder schweigen
Liebe "Inga", ich finde, man sollte nicht über Kritiken oder Inszenierungen schreiben, wenn man den Abend nicht gesehen hat, das ist peinlich...sorry, aber das mußte ich jetzt mal anmerken...zumal Sie anscheinend eine "Namensvetterin" sind...ich möchte mit Ihren "Statements" nichts zu tun haben...;-)
Faust, München: anders als Dorns Faust
Lieber Kraftlackl,
mach mal locker und freue dich über deine positiven Erinnerungen an Dorns Faust. Trotzdem kann es vorkommen, dass es andere gibt, denen die aktuelle Faust Inszenierung von Kusej gefallen hat. Vielleicht auch wegen der fehlenden subtilen Ästhetik...
Faust, München: furios
Ich war zunächst skeptisch, was diesen "Faust" betrifft, wurde aber gestern eines Besseren belehrt: was für ein furioser Theaterabend! Die Wucht und Kraft von Kusejs Inszenierung ist enorm, Ostermaiers Textbearbeitung ist stimmig und hat mir völlig neue Perspektiven auf "Altbekanntes" eröffnet, das Bühnenbild schlicht und genial und ebenso genial bespielt und ausgenutzt, und dann natürlich diese Schauspieler, allen voran Bibiane Beglau als Mephisto. Einfach eine Schau! Das Publikum war begeistert gestern und ich bin es noch. Völlig zu recht ist dieser "Faust" Stadtgespräch in München, wie schön, dass Theater das heute noch zu leisten vermag.
Faust. München: Kritik-Hinweis
"Konsequenz spaltet. Und konsequent ist Kušej. Er hat von Goethe just das offenbart, was bei starken Dichtern die Moden überlebt: dämonische Chirurgie und Einverständnis mit der Tatsache, dass jeder Erhabenheit ein Abgrund entspricht. Leider hält sich so die Welt. Zum Glück bleibt so die Kunst unsterblich – und das Theater streitvoll lebendig." Hans Dieter Schütt, Neues Deutschland
Faust, München: Link
Nr. 14 bezog sich auf "Inga" u. a. und galt diesem Link: http://de.wikipedia.org/wiki/Troll_(Netzkultur)
Faust, München: Strohhalmund Hammer
@ Ach, Herr Steckel, (...) macht es Ihnen Spaß, andere permanent niederzumachen? Sie sprachen mal vom Unterschied zwischen einem Strohhalm und einem Hammer. Bloß, warum schlagen Sie dann mir hier dauernd auf den Kopf?
Faust, München: Lust
habe jetzt richtig lust auf den kusej-faust bekommen.
Faust, München: sensationelles Gretchen
guter , aber inkonsistenter, fast verworrener Abend. Mephisto ist bei aller Anstrengung gescheitert, schade, Bibiana, das ist keine Rolle für Dich, weil Du dämonisch nun einmal nicht bist, selbst als beste aller Schauspielerinnen -neben Madame- Chanel -Hüller an den Kammerspielen- . Dennoch netter Abend, mit viel Spektakel , nakter Haut und echtem Feuer, dass man fühlen kann, wenn man vorne sitzt. Sensationell und alle(s) überragend, das Gretchen. Sprachlich, körperlich, emotional. Meine Entdeckung des Abends
Faust, München: vermisse Konzept im Programmheft
Auch die 14. Aufführung, die ich sah, war überwältigend, machte zunächst sprach- und ratlos. Wie viele der genannten Kritiken und vorstehenden Kommentare belegen, ging es anderen Besuchern ähnlich. Die nachträglichen Interpretationen des Erlebten sind divergent. Erhellend wäre, wenn die Dramaturgie eine Skizze des Konzepts dieser Inszenierung im Programmheft geboten hätte, statt Zitate von Hell`s Angels, Zeruya Shalev, Wolf Wondratschek und - und Friedrich Nietzsche. Leider machen das (fast) alle Dramagurgen dieses Landes so, indem sie arrogant den Besuchern nahelegen, denkt auch mal etwas selber aus, und damit sich nicht der Furcht aussetzen, das Behauptete am Gesehehenen beurteilt zu werden.
Faust, München: dürftiger Zugewinn
Dieser Faust konnte schon deshalb nicht überzeugen, weil die Umstellungen der Szenen keinen Sinn ergeben - so spannt sich kein Bogen, die innere Logik fehlt.
Hier gilt beim Text, was auch für die Inszenierung gilt: Solch ein Aufwand! Soviel Effekthascherei! Und so dürftiger Zugewinn.

Allerdings: ich saß in der Aufführung umringt von Schülerinnen und Schülern. So aufmerksam habe ich noch keine Gymnasiastenklasse im Theater erlebt. Das einzige, was sie immer wieder einmal murmelten, war "krass". vielleicht hat die Inszenierung da ihren größten Wert: Menschen, die das Theater neu entdecken, zu zeigen, wie man einen Faust krachen lassen kann.
Faust, München: Schauspieler und Bühne
Das Einzige was Lob verdient war die schauspielerische Leistung der Hauptdarsteller sowie das kreative und einzigartige Bühnenbild.
Faust, München: Faust in Sin City
Tja, was soll man dazu sagen? Wenn man einen Faust hinlegt, bevorzugt auf holde Weiblichkeit, dem nichts besseres als Sex, Drugs und RocknRoll einfällt plus dem bombing child aus american sniper und Rosendeko aus american beauty und das unter allerlei Getöse und Theaterdonner, dann frage ich mich: Was eigentlich ist die Aufgabe dieser Kunst- und Kulturanstalten?

Wenn man, um mit Wittgenstein zu sprechen, entweder etwas klar sagen kann, oder, wenn nicht, eben die Klappe halten muss: dann sind solche Aufführungen in einem WischiWaschi zwischen Schweigen und Algorithmus platziert, also im Einerlei einer Gesellschaft, der nur noch daran liegt, das Räderwerk, das man aus sich gemacht hat, bis zur Besinnungslosigkeit weiterdrehen zu lassen. Inhalt und Sinn egal, Hauptsache: viel BummBumm.

Dieser Faust von 2014 ist so überholt wie die Fußball-Bundesliga vom letzten Jahr und analog einem Sozialgefüge von resignierenden Menschen, die alles ausprobiert haben und nichts hat gefruchtet, dass selbst das Gute - Diesel - sich nun ins Böse verkehrt, da ist dieser Faust nun in einer Art mission impossible so absurd hoffnungsfroh unterwegs, dass sein letztfädiger Glaube in Zeiten des Sexismus, Erfüllung beim anderen Geschlecht zu finden, so hoffnungslos anachronistisch wirkt, dass ich mich frage, warum diese Aufführungen immer ausverkauft sind und sich das Publikum vor Klatschen gar nicht mehr einkriegt.

Vielleicht bin ich es ja auch, der aus der Zeit gefallen ist. Egal, ich gebe 5 Punkte auf einer Skala bis 10.
Faust, München/Wien: Leserkritik
Die Zerrissenheit erfasst (...) den ganzen Abend: Er tastet sich recht langsam dahin, nimmt selten Fahrt auf, wirkt hochkonzentriert und fokussiert stark auf den Text, auch wenn dieser nicht immer in bekannter Ordnung und Zuordnung erscheint. Und zugleich setzt Kušej immer wieder spektakuläre Highlieght, überzeichnet, brutalisiert, streut Extreme ein, die den Fluss stören – oder anders herum. Konzentriertes Texttheater beißt sich wiederholt mit lautstark symbolischem Bilderspektakel. Das kann – der Osterspaziergang ist ein Beispiel – zu überaus spannenden Reibungen führen, in anderen Fällen den Abend zur durch lange Blacks geteilten Nummernrevue zerreißen. Zwei Seelen wohnen, ach, in der Brust dieses Abends und lassen ihn immer wieder zerfasern. In seinen besten Momenten – und davon gibt es einige, ist er eine – mal atmosphärisch dichte und textgetriebene, mal bildgewaltige – Auseinandersetzung mit den Irrwegen, die der Mensch genommen hat um voranzukommen, dem Preis des „Fortschritts“, der Leere, die das streben nach immer mehr hinterlässt. Am Ende bleiben Faust wie Mephisto ratlo zurück und greifen verloren ins letzte Licht. Verlaufen haben sich beide – wie auch streckenweise der Abend – jetzt stehen sie hier, vor dem nächsten Weiter, und wissen nicht wohin. Das gilt auch für die Inszenierung und das ist anhand des Stoffs und seiner Geschichte auch kein Wunder.

Komplette Rezension: https://stagescreen.wordpress.com/2019/10/08/immer-weiter-doch-wohin/
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