meldung

Berliner Theater- und Opernvorstellungen per freiem Live-Stream?

Zeigen was man kann

5. September 2014. Der Berliner Staatssekretär für Kultur Tim Renner hat bei einer öffentlichen Veranstaltung gefordert, die großen Sprechtheater und Opern Berlins sollten ihre Aufführungen "per Live-Stream" übertragen. Das berichtet die Berliner Tageszeitung Der Tagesspiegel (5.9.2014).

Renner war gemeinsam mit Jan Stöß, Berliner SPD-Vorsitzender und einer der Bewerber um das Amt des Regierenden Bürgermeisters, im Grips Theater in Berlin-Mitte aufgetreten. Dort hatte er mehr Transparenz von den Institutionen gefordert und auch erklärt, er könne sich eine Evaluation der Exzellenz-Institute - also aller etablierten Schauspieltheater und Opern, die wegen ihres Hauptstadt-Standorts "in der Champions League spielen" - gut vorstellen. "Vor allem aber sollen die Exzellenz-Kandidaten ihre Vorstellungen auch per Live-Stream übertragen. (...) Kostenlos. 'Open Data für Kultur' nennt Renner diese (...) Idee."

(Der Tagesspiegel / jnm)

mehr meldungen

Kommentare  
Berliner Theater per Live-Stream: Unsinnn!
Muss man diesen Unsinn auch noch berichten?
Berliner Theater per Live-Stream: Auflösung inbegriffen
Und wir müssen sehen, Berlin ist die Hauptstadt eines Landes, das zum dritten Mal in seiner Nationalgeschichte Weltmacht werden will: Bei diesem Personal wird dieses Land tatsächlich - wie Brecht in Anlehnung an Kartago wusste - nach dem dritten Versuch nicht mehr auffindbar sein. Der Vorteil ist, unsere Gegener brauchen dann weder die Stadt umzugraben noch Salz zu streuen. Das ist alles schon passiert unter T. Renner und Co.
Berliner Theater per Live-Stream: etwas fürs Geld
Man hat es halt nicht gerne, wenn der Pöbel etwas für sein Geld bekommt. Subventionieren darf er, zuschauen nicht. Und wenn es nur per Stream ist. (...)
Berliner Theater per Live-Stream: Völliges Missverständnis
Völliges Missverständnis. Die Anforderungen der Transmedialität, mit denen sich die Theater auseinandersetzen sollen ( von daher kommt wohl die Inpiration ) besagen leider, dass beim Wechsel des Mediums auch die Anforderungen des Mediums berücksichtigt werden müssen. Sonst ist es keine Transmedialität. Ein Livetstream funktioniert nicht. Man kann nicht einfach eine Theaterinszenierung in ein völlig anderes Medium übersetzen mit einem "Stream". Der Ansatz mag zwar richtig sein, die Theater müssen mehr tun mit dem sogenannten "Netz", aber Ansätze, die nur halb durchgedacht sind, sind verheerender als der Status Quo. So würde man nur Kosten generieren - ohne Effekt. Diese Streams würden von etwa 5 Leuten geschaut. Man müsste mit dem Herrn mal reden. Er hat da was wirklich missverstanden.
Berliner Theater per Live-Stream: Unsäglich
@Julius Destructivus
Bravo! Endlich beschreibt das mal jemand klar und einfach. Schon die TV-Aufzeichnungen von Inszenierungen, für die ein Fernsehregisseur seine Sicht über die des Theatertegisseurs stülpt, sind fast immer unsäglich. Theater ist unmittelbar - wie sonst fast keine Kulturveranstaltung mehr.
Berliner Theater per Live-Stream: wie teuer?
@4 und alle:

Gibt es denn Abschätzungen, wie teuer so ein Stream wäre? Sagen wir pro Vorstellung, wenn man alle Vorstellungen der fünf großen Häuser verkabeln würde, mit jeweils nur einer Totale-Einstellung und verständlich-gutem Ton. Das würde mich brennend interessieren.

Bislang scheint es mir nämlich so, dass hier kaum Argumente ausgetauscht wurden, bzw. nur implizit. Hier ein erster Versuch, mit der Bitte um Ergänzung/Veränderung:

1) Theater ist ein Medium, dass elektronisch übertragen "anders" wirkt. So what? Es behauptet niemand das Gegenteil, oder? Steckt dahinter das Argument: "Aber dann werden die Theaterunwilligen durch die schlechte Übertragung des im Theaterraum Erlebbaren noch mehr abgeschreckt."?

2) Einige Zuschauer würden statt ins Theater zu gehen, den Stream sehen. Mag sein, aber würden nicht insgesamt mehr Leute überhaupt irgendetwas Theatrales sehen (Einstiegsschwelle!)? Wäre tatsächlich mit Einnahmeausfällen zu rechnen?

3) Öffnung des Schutzraumes. Am öffentlich-rechtlichen Fernsehen ist zu erkennen, was passiert, wenn öffentliche Gelder für den "Geschmack aller" verwendet werden müssen. Ich meine dies keinesfalls im Sinne einer abgeschotteten Eliten-Kultur, sondern
a) als Schutzraum einer Kunstform an sich, die nicht primär Marktgesetzen unterworfen sein sollen könnte
b) als Schutzraum der einzelnen Künstler. Dies ist ohnehin schon ein schwieriger Spagat und die Intendanten und Intendantinnen müssen hier ja heute schon Rechtfertigungen abliefern, was zu einer Uniformisierungstendenz führt ("immer wieder die großen Namen"-Lamento, auch hier in diesem Portal).

4) Urheberrecht: Meines Wissens gibt es ja insbesondere im öffentlich-rechtlichen Rundfunk (Mediatheken, Audio-on-demand) immer wieder Einschränkungen diesbezüglich. Das halte ich für mehr als eine rechtlich-technische Schwierigkeit in diesem Zusammenhang. Die Künstler und Beteiligten würden zurecht auf Vergütung der Weiterverwertungsrechte drängen.

Vorschläge

1) Es wird damit angefangen Inszenierungen nicht immer, aber wenigstens einmal zu zeigen. Vielleicht sogar - Achtung Sakrileg - die Premiere, die ja oft genug erhebliche Tendenzen zur Theaterbetriebsselbstbespiegelungsveranstaltungen zeigen.

2) Zusätzlich wäre eine HD-Option verfügbar, siehe Berliner Philharmoniker.


Mir ist Renners Vorschlag letztlich auch nicht 100% geheuer, aber ich bin neugierig, welche Dynamiken so ein Ansatz hätte. Mein Eindruck ist, dass hier eher gefühlig reagiert wird und daher fordere ich mehr Argumente ein.

Insbesondere denke ich, dass eine ganz andere Legitimation entstünde, wenn sich die Inszenierungen offen der Debatte stellten.

Spannend wäre, wenn eines der Theater es wagen würde, dies im Alleingang zu starten.

Wäre nicht das neue Theater des Jahres nach Selbstverständnis ein idealer Kandidat? Ich würde mich über eine Führungsrolle freuen, soll so ein Titel nicht nur Schmuck für die Website sein.

Und was denkt eigentlich "die" "Freie Szene" dazu? Macht jemand sowas? Oder kann man das unter Verweis auf die mangelnde bis nicht-existente öffentliche Förderung von sich weisen?

So viele Fragen am Morgen.
Berliner Theater per Livestream: normale Anregung
Versucht es doch mal! Ich finde die Anregung des Geldgebers, mal nach neuen Distributionskanälen zu schauen, ganz normal. Zumal es weltweit etliche führende Theater und Opernhäuser gibt, die Vorstellungen streamen, und Leute -auch in Berlin- zahlen gutes Geld dafür, sich dies in Kinos live anzusehen.
Es kostet sicherlich nicht die Welt, schätzungsweise einen Bruchteil einer Premiere der großen Häuser, soetwas versuchsweise zu realisieren.
Mehr Mut, bitte. Und vielleicht ergibt sich dadurch eine ganz neue Diskussion.
Vor Jahren haben samstags Millionen Deutsche Vorstellungen des Ohnsorg-Theaters angesehen. Nicht gerade ein Vorbild für die jetzt diskutierten 'Streams', aber ich frage mich doch, wieviele Leute zu der Zeit je im Ohnsorg-Theater waren, vor Ort.
Berliner Theater per Livestream: begnadete YoutuberInnen
@Hans Uwe Zisch: Ja, wenn die Qualität so sein soll, dass es attraktiv ist (auch eine Hans ohne Sorg Aufzeichnung war teuer) ist es kostenaufwändig. Viel effizienter - so denke ich - wären Weiterbildungskurse für die SchauspielerInnen. In ihnen schlummern nämlich begnadete YoutuberInnen. Diese manchmal grossartig gemachten Perlen der Selbstdarstellung folgen aber (zu lernenden) Regeln. Fachkräfte gäbe es genug auf dem Gebiet...nicht, dass jede und jeder in einem Ensemble das machen müsste oder man gar die SchauspielerInnen dazu zwingen müsste, nein. Ich bin aber sicher, in jedem Ensemble hat es spezifische Talente, die solche Herausforderungen annehmen würden. Mit solchen Massnahmen könnten die Theater spezifisch für das Netz Material produzieren, oft unter der Selbstbestimmung Eigenregie der Darstelller (aber nicht nur), dieses Material wäre anarchisch, leicht und luftig, und die Theater könnten so mehr bewirken im Netz als mit "Streams", die den Regeln von Transmedia aus obengenannten Gründen widersprechen. Die Kraft der Schauspieler, aber auch die Theatralität von Youtube und Co. wird unterschätzt
Berliner Theater per Livestream: stets nach unten reformieren?
Wahrscheinlicher ist, dass die Herren Renner & Co. nicht an die unbezahlbaren Kosten für Urheberrechte denken. Grundsätzlich beginnt das bei den "begnadeten YoutuberInnen", die, so sie auf der Bühne stehen und von dort gestreamt werden, mit Sicherheit ein Recht auf sehr viel höhere Gagen hätten. Denn selbst wenn man von 10€ die Theaterkarte ausgeht, die mit 190 € subventioniert ist - sollen wir dann von den knapp 1 MIO Zuschauern 200,- € pro Nase einziehen, damit den "begnadeten YoutuberInnen" auch der rechtmäßige prozentuale Anteil zufällt? Zweitens kommen nun noch Maske, Regie, Bühnenbild, Dramaturgie bis zur Theaterpädagogik hinzu. Also ich bin echt gespannt, wie unser Berliner Experte im Kulturrathaus, Herr T. Renner, sich das praktisch vorstellt. Herr Renner: Glauben Sie, dass der Status Quo stets nach unten reformiert werden kann? - fragt, freundlich grüßend, ein ehemaliger Mitarbeiter des Ministeriums für Majestetische Informationen, kurz Ihr
Berliner Theater per Livestream: Fernsehen hat sich herausgezogen
Unklar
Der Theaterkanal hat sich aufgelöst, das Theatermagazin gibt es nicht mehr. Schade.
Ich habe gern eine Inszenierung in einem anderen Medium gesehen, um mich zu erinnern oder als Möglichkeit der Jugend etwas zu entdecken, was es heute nicht mehr gibt.
Klar Theater ist Theater und es hat dort seine Wirkung, auf der Bühne an dem Tag, an dem man das Stück sieht.
Man darf auch nicht vergessen, jeder bekommt in Berlin auch eine Karte für sein Budget, Studenten, … Sozialpassbesitzer… kann entscheiden, drei Flaschen Bier oder eine Theaterkarte. Und das ist kein Vorurteil. Wenn ich ins Theater komme, es gibt diese Menschen, die sich für das Theater entscheiden Und darum lohnt es sich, diese Angebote auszubauen.
Nicht nur für die, die keine Karten zum Theatertreffen bekommen haben und ins Sonycenter gehen.
Warum hat sich das Fernsehen aus diesem Angebot gänzlich herausgezogen? Weil es seine Quoten erfüllt und seine Spesen von jedem Wohnungsmieter verlangt. Aber es bietet nicht das volle Programm für alle, sondern für den Quotendurchschnitt. Damit altert dieses Medium.
Es wird spannend werden. Das Theater wird die Zeiten überleben. Und wenn ein Stream oder ein Youtubebericht auch nur einen Menschen ins Theater bringt, weil er sich angesprochen fühlt, ist es in Ordnung.
Warum hat sich das Medium Fernsehen herausgezogen?
Berliner Theater per Livestream: Experten der Selbstdarstellung
@IM LUSTIG: SIe verstehen etwas falsch. Was eben nicht funktioniert, ist das Streamen von SchauspielerInnen und Bühnenmomenten von einer Bühne, das Medium selber wäre dann die Bühne....... aber trotzdem treffen sie natürlich einen Punkt: Die SchauspielerInnen wären dann ihre eigenen Produzenten und präsentieren sich selber, nur in zweiter Priorität wären sie Werbeträger für das Theater in dem sie wirken. Was ich sagen wollte ist, dass unterschätzt wird, dass die SchauspielerInnen Experten der Selbstdarstellung sind, nicht nur Experten in der Umsetzung von Regieideen. Diese Potentiale, die im 19Jahrhundert noch selbstverständlich waren, werden zu wenig geschöpft. Die Aufwertung der SchauspielerIn ist ein Schlüssel für die Zukunft. Und das muss einhergehen mit gezielterer Nutzung des Web und der Einbindung der SchauspielerInnen für die Netz-Bühne.. Der Stream transportiert aber nur die Regie-Idee so richtig, und auch diese nur bedingt, denn um eine Regie-Konzeption in ihrer Wirkung zu spüren, brauche ich den Mitmenschen, der neben mir sitzt - und die Pause, und das Foyer und all den Kram, der das, was da passiert überhaupt zu Theater werden lässt
Berliner Theater per Livestream: vom Theater keine Ahnung
Da hat offensichtlich jemand vom Theater keine Ahnung!
@ 4/11: Danke! Besser kann man es nicht auf den Punkt bringen!
Berliner Theater per Livestream: keine Werbeträger
@ Caesar: Ich glaube, Sie verstehen da was ganz grundsätzlich falsch: Theaterbühne ist kein Medium, erstens. Zweitens SchauspielerInnen sind keine Werbeträger, keine Selbstdarsteller und sie setzen auch nicht einfach mal so Regieideen um. Vielleicht will man all das mit Ihnen machen, aber das kostet dann immer auch extra. Wenn Schauspieler werben, unterschreiben sie einen Werbevertrag.
Kommentar schreiben