Presseschau vom 19. September 2014 – Das österreichische Nachrichtenmagazin Format interviewt Burgtheater-Interimsintendantin Karin Bergmann

Ganz oder gar nicht

Ganz oder gar nicht

19. September 2014. "Ich bin nicht als Schrumpf- oder Sparmeister angetreten. Ich werde sehr wohl dafür kämpfen, dass das Haus qualitativ und quantitativ weiterarbeiten kann, wie man es zu Recht vom Burgtheater erwartet", sagt Karin Bergmann im Interview mit Michaela Knapp vom österreichischen Nachrichtenmagazin Format. Inhaltlich müsse es im Theater um Begriffe gehen, "die in jedermanns Leben einen Wert darstellen". "Bildungsauftrag heißt, dass, auch wenn ich die 'Antigone' ansetze, klar wird, warum ich sie heute spiele."

Das Burgtheater sei so groß, dass sie eine nicht regieführende Leitung als besser erachte, so Bergmann. Sie stehe für das ganze Haus in allen Belangen und werde dies in Zukunft noch offensiver tun, denn es brauche Partner, Förderer und Unterstützer. Sie sei sogar bereit, den Eisernen Vorhang als Werbefläche anzubieten: "Wenn ich jemanden finde, der sich dem Haus verbunden fühlt und dort präsent sein will, dann bitte gerne." Auch die Ansage zum Abschalten der Mobiltelefone könnte mit einem neuen Sponsor verknüpft werden. Damit erreiche er immerhin über 400.000 Besucher im Jahr. "Und ich träume von einer Burg-Produktion, die ich mithilfe eines starken Partners in die Bundesländer schicken kann. Das hätte auch Signalwirkung: Immerhin zahlt jeder österreichische Steuerzahler für die Bundestheater."

Für ihren Vorgänger Matthias Hartmann hat Karin Bergmann keine guten Worte übrig. Er würde "meiner Meinung nach noch heute in diesem Sessel sitzen, wenn er es in diesem halben Jahr nach der Entlassung von Frau Stantejsky geschafft hätte, zu sagen: 'Auch ich trage Verantwortung.'" Sich immer nur die Erfolge auf seine Fahne heften zu wollen, habe mit einer verantwortungsvollen Theaterleitung nichts zu tun. Schon weil sie die Verantwortung für das Haus trage, werde sie an "dieser Schlammschlacht" zwischen Hartmann und dem Burgtheater nicht teilnehmen und versuchen, ihr Haus aus dieser Art von Schlagzeilen möglichst herauszuhalten.

Welche Rolle sie ab 2016 spielen werde, werde sich bald entscheiden. Sie sei nur für Ganz-oder-gar-nicht – und für alles dazwischen nicht – zu haben.

(sd)

Hintergründe in unserer Chronik der Burgtheaterkrise

Kommentare  
Presseschau Karin Bergmann: meine Kandidatin
Bemerkenswert ist, dass dieses Gespräch am 5. September in der Printausgabe von "Format" erschienen ist - eine gute Woche vor dem irreführenden Artikel über die Hartmann-Nachfolge in "News", das zur selben Verlagsgruppe gehört wie "Format". Allein Karin Bergmanns Tonfall unterscheidet sie wohltuend vom Üblichen. Also reihe ich mich, ungefragt und folgenlos, unter die Königsmacher ein: Frau Bergmann ist meine Kandidatin.
Presseschau Karin Bergmann: Widerspruch
@ Thomas Rothschild:
Meine nicht.
Presseschau Karin Bergmann: Körperteile
an Ogino Knaus:
Aha! Interessante Begründung. Auf welche Körperteile sich die Empfängnisverhütung auswirken kann - man lernt nie aus.
Presseschau Karin Bergmann: Favoriten
Die PRESSE sieht den in NEWS genannten Schulz als Favorit. Ich würde mir einen Intendanten/in wünschen, der aus dem Haus ein Forum des öffentlichen künstlerischen Interesses und der großen schauspielerischen und literarischen Persönlichkeiten machen würde. Und eines interessierten Publikums und nicht eines Publikums, das erst durch verschiedene Marketingaktionen angelockt werden muss. Dass die Gedanken über die Vermietung eines eisernen Vorhanges der zukünftigen Direktorin in einem Interview als eigentlich bemerkenswerteste Aussage „vorangetragen werden“, finde ich traurig und nicht gerade viel versprechend. Ich persönlich hielte nach wie vor Rita Thiele für wünschenswert, die allerdings – glaube ich – nicht zur Diskussion steht.
http://diepresse.com/home/kultur/news/3872954/Burgtheater_Wilfried-Schulz-als-Favorit?_vl_backlink=/home/kultur/news/index.do
Presseschau Karin Bergmann: ausgezeichnete Kandidatin
Da ist Frau Peschina unbedingt zuzustimmen: Rita Thiele wäre - beispielsweise! - eine ausgezeichnete Kandidatin. Wenn man länger als 15 Minuten nachdächte, würden uns noch mehr einfallen, die das Burgtheater auch künstlerisch und inhaltlich in eine neue Zeit führen könnten. Eine Zäsur tut nach der Ära Bachler/Hartmann not. Frau Bergmann hat zur Zeit den Nimbus der hausinternen Burgtheater-Favoritin. Aber Achtung: es handelt sich hier um das Burgtheater, das bekanntlich launisch ist. Es sei in dem Zusammenhang - beispielsweise! - erinnert an die standing ovation der Belegschaft zur Begrüßung von Matthias Hartmann vor einigen Jahren und an die unbedingte Solidarität, die das Ensemble noch im Januar 2014 mit der entlassenen Kaufmännischen Direktorin Sylvia Stanteisky proklamierte.
Presseschau Karin Bergmann: Wie geht das zusammen?
In der Wochenendausgabe des Wiener Standard beschreibt der Autor Trenkler über zwei große Zeitungsseiten, wie Karin Bergmann bereits seit Beginn der Ära Hartmann darauf hingewiesen haben will, dass das Burgtheater für Hartmanns ehrgeizige Pläne kein Geld hatte. Bei Bergmanns Amtsantritt als interimistisch Direktorin wurde sie gefragt, ob sie von der finanziellen Misere des Burgtheaters gewusst habe. Ihre damalige wörtliche Auskunft ist in den Medien nachzulesen: "Ich habe davon nichts gewusst." Auch weiterhin gibt es von Bergmann keine Erklärung, wie das zusammen geht mit ihrer Anwesenheit bei jener Aufsichtsratssitzung im Jahr 2008, bei der 4,4 Millionen Schulden zum Vorschein kamen. Auch dieses in den Medien nachzulesen.
Presseschau Karin Bergmann: Sympathie
Ich weiß auch nicht mehr, als die Medien melden, und ich kann nicht in Karin Bergmanns Kopf hineinschauen, aber ehe hier neue Verdächtigungen in die Welt gesetzt werden, lieber Petrowitsch, schlage ich folgenden Erklärungsversuch vor: 4,4 Millionen Schulden sind noch weit entfernt von den Dimensionen der aktuellen "finanziellen Misere" (und im Vergleich mit den Überziehungskosten bei der Sanierung des Stuttgarter Staatstheaters - zum Beispiel - ein Klacks). Man kann Hartmanns Pläne für melagomanisch gehalten und ihn gewarnt haben, ohne damals bereits von einer Misere gewusst zu haben. Wenn Karin Bergmann an der Misswirtschaft beteiligt war, wird sie dafür gerade stehen müssen. Solange man ihr das aber nicht nachweisen kann, sollte man sie, denke ich, an ihren Leistungen messen. Ich will nicht verheimlichen, dass meine Sympathie auch einer Frau gehört, die aus einer Bergarbeiterfamilie stammt und der die Intendanz eines Theaters nicht in die Wiege gelegt wurde. Allein die Durchbrechung des Bildungsprivilegs erschiene mir in unseren Breiten nicht weniger revolutionär als die Ersetzung von Schauspielern durch Projekte. Pardon.
Presseschau Karin Bergmann: Zeit und Hoffnung
Karin Bergmann ist, soweit ich das beurteilen kann, genau das, was das Burgtheater momentan und in den nächsten Jahren braucht: Eine souveräne und integrative Fachfrau, die uneitel und zupackend die Aufgabe übernimmt, das Haus aus dieser schwierigen Situation herauszuführen und dabei an hohen künstlerischen Ansprüchen festzuhalten. Sie hat Mut, das Vertrauen des Ensembles und eine gute Mischung aus aufrichtiger Liebe zu den Künstlern und der nötigen Distanz. Gebt ihr Zeit, dann gibt es Hoffnung für die Burg.
Presseschau Karin Bergmann: Vision
Geschmàcklerischer quatsch. Was das Burgtheater braucht ist eine künstlerische Vision und keine Marketingstrategien (…)
Presseschau Karin Bergmann: Sorgen
Wenn die Freunde und Förderer von Frau Bergmann nicht so massiv in allen Medien für ihre Ernennung zur Burgtheaterdirektorin kämpften, würde ich mir ehrlich gesagt etwas weniger Sorgen um dieses Theater machen.
Presseschau Karin Bergmann: allet jut
Wird hier immer noch um die Burg so ein Theater gemacht? Probt hier überhaupt noch einer? Das ist ätzend! Wenn der Laden da läuft, ist doch allet jut und völlig wurscht mit wem - jtzt muss ick hier laufend Bücher rin inne Kiste raus ausde Kiste, was hab ich mir da nur wieder eingehandelt- und das auf Lebenszeit!
Presseschau Karin Bergmann: Widerspruch
Lieber Thomas Rothschild
Da Sie davon reden, dass ich "neue Verdächtigungen in die Welt" setze: 4,4 Millionen Euro sind größenordnungsmäßig nicht so weit entfernt von den 8,3 Mio Euro, von denen seinerzeit die Rede war, als Karin Bergmann die Führung des Burgtheaters übernahm. Ihre Aussage "Davon habe ich nichts gewusst," lässt ebenfalls an Deutlichkeit nicht zu wünschen übrig. Sollten Sie hier keinen Widerspruch erkennen, besteht zumindest ein Erklärungsbedarf. Wenigstens von einer Frau, der sich gerade um das Leitungsamt der hier verhandelten Institution bewirbt. Und was die "Bergarbeiterfamilie" angeht: die Bergarbeiterfamilie, die 4,4 Mio Euro nicht als finanzielle Misere empfinden würde, möchte ich doch erst mal sehen.
Presseschau Karin Bergmann: Nicht brav erfüllen
Beim Burgtheater gehts um mehr als um die Zufriedenstellung eines (überaus privilegierten) Ensembles, das bezeichnenderweise - so wird jedenfalls kolportiert - einen Regisseur mit Anspruch und Konsequenz wie Martin Kusej als Direktor ablehnt.
Wenn schon Frauen-Quote, dann bitte eine Frau mit intellektuellem Anspruch, politischer Haltung und ästhetischer Vision. Gerade heute und in Wien ist das dringendst notwendig! Nicht die Ruhigstellung eines Hauses und die brave Erfüllung von Sparvorgaben.
Presseschau Karin Bergmann: Frauenquoten und Quotenfrauen
Wanderer! Das musste kommen. Zu den Problemen der Frauenquote gehört, dass sie unausweichlich auch jene Frauen einem Verdacht aussetzt, die keine Quote benötigen. Karin Bergmann ist keine Quotenfrau (was schon daran zu erkennen ist, dass eine einzige Frau auf einer angeblichen Shortlist keine Quote erfüllt). Wie aber beweist man, dass eine Frau allein wegen ihrer Fähigkeiten berufen wird? Indem man sie nicht ohne Begründung (außer eben jener, dass sie eine Frau ist) qualifizierteren Bewerbern vorzieht. Frau Bergmanns Eignung lässt sich mühelos und geschlechterfrei begründen. Aber ich gebe zu: die tatsächliche Förderung von minderbegabten Quotenfrauen und deren widerspruchslose Hinnahme macht einem diese Argumentation nicht leichter. Ich könnte mir denken, dass auch Frau Bergmann dieser Ansicht ist.
Presseschau Karin Bergmann: eher Unternehmerin des Jahres
Karin Bergmann generell Qualifikation abzusprechen, wäre sicherlich auch falsch und ungerecht Allerdings sind ihre Standbeine Marketing, Presse- und Ensemblebetreuung und Mitarbeiterakzeptanz. Verbunden mit ihrer bekannten Energie und ihrem Ehrgeiz wird sie wohl ihren Erfolg in verkauften Werbeflächen, in Sponsorenfesten, Unterstützungs- und Spendenevents und Tourismusanbindung suchen wie es sich jetzt abzuzeichnen scheint.“ Unternehmerin des Jahres“ eher als „Theater des Jahres“, wäre meine Prognose. Die Fantasie zu fördern, die Faszination, die Begeisterung für Theater zu säen und eine Publikumsnähe zu einem nicht durch Unterstützungsverträge ans Haus gebundenen Publikum aufzubauen, das traue ich ihr eigentlich nicht zu.
Presseschau Karin Bergmann: bislang keine Gelegenheit
Vielleicht hat Frau Peschina ja Recht. Aber worauf beruhen ihre Einschätzungen? Sie bezieht sich in diesem Thread auf ein Interview, in dem es der Fragestellerin in erster Linie um Ökonomie ging, und diese, nicht Hartmanns künstlerisches Credo, war es ja auch, was die Krise am Burgtheater ausgelöst hat. Karin Bergmann hatte bislang keine Gelegenheit, ihre Fähigkeiten in Sachen Fantasie und Faszination unter Beweis zu stellen. Im Übrigen sollte man die Möglichkeiten eines Hauses in der Größe des Burgtheaters nicht überschätzen. Der letzte, der in Wien Peschinas Forderungen überzeugend erfüllen konnte, war George Tabori im Kleintheater "Der Kreis" und lange vor ihm Conny Hannes Meyer mit seinen "Komödianten". Ich erkenne nicht, was Karin Bergmann hindern sollte, Begeisterung für das Theater ebenso gut oder besser zu säen als ihre Vorgänger am Burgtheater oder die zur Wahl stehenden Mitbewerber. Auch ich sehe den Flirt mit Sponsoren kritisch, aber ich erkenne bei den Konkurrenten nicht die Alternative. Wer das Sponsoring ablehnt, und dafür gibt es gute Gründe, muss ohne wenn und aber für die Verantwortung der öffentlichen Hand, also auch für Steuergelder von jenen, die nicht ins Theater gehen, und gegen die Marktwirtschaft, jedenfalls im kulturellen Bereich, eintreten. Das sollte man dann aber auch offen bekennen.
Presseschau Karin Bergmann: bester Sponsor ist Publikum
Sehr geehrter, geschätzter Herr Rothschild, das Burgtheater ist ja ein ziemlich großes und daher schwer zu maövrierendes Schiff aus meiner Sicht. Und es geht, so glaube ich, nicht darum auf Sponsoring generell zu verzichten, sondern, darum ein konkret solches Sponsoring zu finden, das den in ihrer Eigendynamik gründenden, Kunst zerfressenden marktwirtschaftlichen Strukturen in gewisser Weise Paroli zu bieten vermag. Das ist ja eine ungeheuer schwere Arbeit, für die man die Begeisterung all seiner Mitarbeiter wecken muss. Natürlich ist der beste Sponsor für ein Theater, ein Publikum, das es schätzt besucht, als Herausforderung für Geist und Wahrnehmung und Bereicherung für die Seele begreift. Deshalb ist es auch so wichtig, dass Schauspieler sich ihrer - wenn man so will politischen - Mitverantwortung klarwerden. Und deshalb ist eine gute Probenathmosphäre so wichtig. Und da hat doch Frau Bergmann eine gute Grundlage gelegt, wie ich das aus der groißen Ferne beobachte, dass so eine Athmosphäre entstehen und sich ausbreiten kann. - Aber ich kann mich natürlich irren. Ich bin immer nur Hospitanz und mich geht das eigentlich alles gar nichts an... MfG
Presseschau Karin Bergmann: Wirtschaftsfachfrau?
Lieber Herr Rothschild, gut gut gut. Karin Bergmann also als die clevere Wirtschaftsfachfrau. Nun sagt sie aber selber über sich, sie kann keine Bilanzen lesen. Warum sagt sie das? Und empfiehlt sie das tatsächlich als clevere Wirtschaftsfachfrau?
Presseschau Karin Bergmann: Wirtschaftsmagazin-Klientel
Es ging im Interview vor allem deshalb um Ökonomie, weil "Format",ein dezidiertes Wirtschaftsmagazin, das sich an sogenannte Entscheidungsträger wendet. So galt Bergmanns Feilbieten der Werbeflächen im Burgtheater wahrscheinlich dieser Klientel.

Die Kulturentscheider (Ostermayer, Rhomberg) halten derzeit daran fest, dass das Burgtheater kein Extra-Geld bekommt. Zugleich scheint es Ostermayer nichts auszumachen, dass er mit seinen juristischen Persilscheinen, die er parteinahen Verantwortlichen in Theaterverwaltung und Ministerien beschafft, die Kulturmarke Burgtheater immer weiter in Verruf bringt.
Presseschau Karin Bergmann: Link-Hinweis
http://diepresse.com/home/kultur/news/3884630/Burgtheater_Alles-spricht-fur-Karin-Bergmann?_vl_backlink=/home/kultur/news/index.do
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