medienschau
Unsere auswahl ist subjektiv
Presseschau vom 12. August 2015 – Zwei Meinungen zur Anti-Blackfacing-Entscheidung der New Yorker Metropolitan Opera
Othello bleibt weiß
12. August 2015. Die New Yorker Metropolitan Opera hat Anfang August bekanntgegeben, in einer Neuinszenierung der Verdi-Oper "Othello" im September den Sänger der Titelrolle nicht schwarz zu schminken. Othello soll von dem lettischen Tenor Aleksandrs Antonenko gesungen werden, der in einem Promotiontrailer im Frühjahr noch mit stark bronzierter Haut zu sehen war.
Presseschau vom 9. August 2015 – 5 Thesen des Münchner Kunsthistorikers Wolfgang Ullrich zu einem taz-Interview mit ZpS-Frontmann Philipp Ruch und ein Twitterduell
Kunstfreiheit vs. Meinungsfreiheit
9. August 2015. Philipp Ruch, der Frontmann des Zentrums für Politische Schönheit hat am 1. August der taz ein Interview gegeben (hier unsere Zusammenfassung). In seinem Blog hat ein paar Tage später der Kulturwissenschaftler Wolfgang Ullrich darauf mit fünf Thesen reagiert. Dem war noch am Erscheinungtag des Interviews ein kurzes, polemisches Twittergefecht zur Frage des vom ZpS vertretenen Kunstbegriffs vorausgegangen, als dessen Ergebnis man die Thesen betrachten kann. Ullrich hat sich in seiner Arbeit wiederholt mit der (totalitären) Aufrüstung des Kunstbegriffs in der Moderne auseinandergesetzt.
Presseschau vom 3. August 2015 – Die FAS über die Droge Realismus und die Lage des Theaters
Finger weg vom Realismus!
3. August 2015. Das "Theater als Institution" habe für viele "seine Selbstverständlichkeit verloren", schreibt Simon Strauss in seiner Bestandsaufnahme zur Lage des Theaters in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (2.8.2015). Dessen "Coolnessfaktor liegt weit hinter dem Galeriewochenende, einer 'Game of Thrones'-Session oder der Wagneroper." Allerdings sei Theater "nie ein Massenvergnügen" gewesen und "sein Status schon immer gefährdet. (...) Der Druck, unter dem das Theater heute durch konkurrierende Erzählmedien steht, ist also nicht neu. Aber die Chance, darauf wagemutig und radikal zu reagieren, war vielleicht nie so groß wie jetzt." Allerdings habe das Theater vielerorts nicht nur den "Gestus des Widerstandes" verloren und kämpfe mit der Tatsache, dass viele Zuschauer nicht mehr verstünden, warum sie sich "an feste Orte und Zeiten des Kulturkonsums" halten sollten.
Presseschau vom 1. August 2015 – Philipp Ruch erklärt in der tageszeitung das "gesellschaftliche Schauspiel" des Zentrums für politische Schönheit
Das nobelste Ziel des Theaters
1. August 2015. In einem langen, lesenswerten Interview mit Martin Knaul in der tageszeitung erklärt Philip Ruch, Gründer des Zentrums für Politische Schönheit, das "gesellschaftliche Schauspiel", das das ZPF zu inszenieren versuche: "Ein klassischer Bildhauer versucht sein Werk zu reinigen. Aktionskunst versucht das nicht. Bei uns laufen massenhaft Politiker mit zweifelhaften Überzeugungen ins Werk, die nicht mal bei ihrem Abgang die Scheinwerfer entdecken. [...] Sie rennen mitten ins Stück und merken gar nicht, dass die Rolle, die sie einnehmen, auf sie zugeschnitten war. Wenn Sie so etwas wie den Marsch der Entschlossenen betrachten, der gegen die Inhumanität der deutschen Abschottungspolitik auf die Straße gegangen ist, werden Sie irgendwann erkennen, dass im Medium der Kunst das stattfinden kann, was wir eigentlich 'Gesellschaft' nennen. Das war zu allen Zeiten das oberste und nobelste Ziel des Theaters."
Außerdem stellt er die ZPS-Aktionen in Zusammenhang mit denen von Christoph Schlingensief: "Es gibt Menschen in dieser Republik, die haben nicht erwartet, dass sich die CDU von Kunst und Theater noch mal so aus dem Häuschen locken lässt. Wir hatten eigentlich damit gerechnet, dass die Zeiten für solche Dinge vorbei sind, dass diese Reaktionen vielleicht mit Christoph Schlingensief in den Neunzigerjahren möglich waren, dass die Politiker aber heute zu abgeklärt sind, um auf Theater zu reagieren. Sagen wir es so: Unser Theater zwingt die Politik, zu reagieren."
(geka)
Presseschau vom 22. Juli 2015 – Die Süddeutsche Zeitung legt noch einmal zur "Baal"-Debatte nach
Das Regietheater hat sich zu Tode gesiegt
22. Juli 2015. Nachdem die Theaterkritikerin der Süddeutschen Zeitung Christine Dössel vor einigen Tagen den Urheberrechtsstreit um Frank Castorfs "Baal"-Inszenierung noch einmal aufrollte (hier die Presseschau), legt heute der Literaturkritiker Christopher Schmidt an selbigem Ort zu selbiger Causa nach. Anders als Dössel, die sich für eine Reform des Urheberrechts im Geiste des neuen Regietheaters aussprach, kümmert sich Schmidt um die Autorenrechte.
Presseschau vom 19. Juli 2015 – die SZ rollt die Urheberrechtsdebatte um Castorfs "Baal" noch einmal auf
Wer die Schwächeren sind
19. Juli 2015. "Im Fall von Castorfs 'Baal' hat die Kunstfreiheit eine schwere Niederlage erlitten", konstatiert Christine Dössel in der Süddeutschen Zeitung. "Mal davon abgesehen, dass Brecht selber ein großer 'Remixer' und Fremdtext-Sampler war", müsse die Frage gestellt werden, warum "das Urheberrecht eines weltberühmten, fast 60 Jahre toten Autors" eigentlich so viel mehr wiege als "die Freiheit eines nicht minder großen Regisseurs, sich als Künstler damit auseinanderzusetzen". "Zumal er dies ja ernsthaft tut, ohne Verballhornung und Zersetzungswut."
Presseschau vom 18. Juli 2015 – Die New York Times berichtet über sexistische Diskriminierung in der US-amerikanischen Theaterwelt
Hoffnung auf Schockwirkung
18. Juli 2015. Nur ein Fünftel der in den USA auf Theaterbühnen zur Aufführung gebrachten Stücke stammen aus der Feder von Frauen. Das zeigt eine Studie, von der Cara Buckley in der New York Times vom 15. Juli berichtet.
Presseschau vom 15. Juli 2015 – Der Trierer Volksfreund über den Ersten Musical Award Trier für junge Regie
Jesus Christ Nachwuchsstar
Trier, 15. Juli 2015. Das Theater Trier hat den ersten "Musical Award Trier" für junge Regie und Bühnengestaltung ausgelobt. Das berichtet der Trierer Volksfreund. Eine Nachwuchsregisseurin oder ein Nachwuchsregisseur samt Team (Altersbeschränkung 35 Jahre) dürfen sich mit eigenen Konzepten für eine Umsetzung der Andrew Lloyd Webber-Rockoper "Jesus Christ Superstar" bewerben.
Presseschau vom 9. Juli 2015 – Die SZ über das bedrohte Junge Schauspiel Ensemble München
Exemplarischer Fall?
9. Juli 2015. Im Regionalteil der Süddeutschen Zeitung beschrieb Udo Watter (bereits am 3. Juli) die Nöte des von der Insolvenz bedrohten Jungen Schauspiel Ensembles München, seit zehn Jahren Teil der Freien Szene der bayerischen Landeshauptstadt: Es fehlten akut 70 000 Euro, "die wir benötigen, um aktuelle Verpflichtungen wie Honorare, Tantiemen und Aufführungskosten schnellstmöglich bezahlen zu können", zitiert Watter den Gründer, Regisseur und Geschäftsführer des Ensembles Michael Stacheder.
Presseschau vom 8. Juli 2015 – Die Frankfurter Rundschau schreibt über die Repressionen gegen die unabhängigen Theaterchen in Moskau
Kampf der Werte - mit ungleichen Mitteln
8. Juli 2015. In der Frankfurter Rundschau (6.7.2015) schreibt Inna Hartwich über die Schwierigkeiten der Freien Theaterszene in Moskau.
Presseschau vom 3. Juli 2015 – Zuschauer-Rückgang am Volkstheater Rostock
Kein Wunder an der Warnow
3. Juli 2015. In der Internet-Zeitung Das ist Rostock.de (2.7.2015) schreibt Frank Schlößer, dass in der zu Ende gehenden Spielzeit des Rostocker Volkstheaters ein auffallender Zuschauer-Verlust zu konstatieren sei.
Presseschau vom 3. Juli 2015 – Die Perlentaucher-Debatte Literaturkritik im Netz
Retrograde Fantasie oder das nächste heiße Ding
3. Juli 2015. Am 24. Juni hat Wolfram Schütte, in anderen Zeiten der big shot für Literatur- und Filmkritik in der Frankfurter Rundschau (als die noch die berühmte FR war) im Perlentaucher seinen Vorschlag veröffentlicht, eine Zeitung für Literaturkritik im Netz zu etablieren. Seither gab es eine Reihe von Beiträgen zu dieser Idee. Wir fassen zusammen.
Presseschau vom 3. Juli 2015 – In der Zeit macht Hanno Rauterberg sich Gedanken über die Fallen des Artivismus
Die Verneinung der Geistesfreiheit
3. Juli 2015. "Ein erstaunlicher Drang ins Politische erfasst weite Teile der Gegenwartskunst", stellt der Kunstkritiker Hanno Rauterberg in der aktuellen Ausgabe der Zeit fest, mal gebe sie sich "agitatorisch" wie bei Philipp Ruch und dem Zentrum für politische Schönheit, mal sei sie "nüchtern dokumentarisch" wie bei Milo Rau. Stets aber versuche sie, sich der Welt zu öffnen, "so dass manche bereits von einem 'Artivismus' sprechen". Allerdings gerate "die Kunst, die den Käfig der Selbstzweckhaftigkeit verlässt, nur zu leicht in andere, weit perfidere Formen der Gefangenschaft". Sie stelle sich selbst die größten Fallen, und zwar diese fünf (in der Reihenfolge):
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