Dercon, Chris

Suche nach Begriffen
Begriff Definition
Dercon, Chris

Chris Dercon, geboren am 30. Juli 1958 im belgischen Lier, ist Kurator und Theaterwissenschaftler. In der Spielzeit 2017/2018 war er Intendant der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz Berlin.

Dercon studierte von 1976 bis 1982 Kunstgeschichte, Theaterwissenschaften und Filmtheorie. Er arbeitete als Journalist und Dozent. 1988 wurde er Programmdirektor am MoMA PS1 New York, 1990 Direktor des Witte de With Zentrum für zeitgenössische Kunst in Rotterdam. Von Mai 2003 bis März 2011 leitete er das Haus der Kunst in München. Bis Sommer 2016 war er Direktor an der Londoner Tate Modern.

Die im April 2015 bekanntgebene Entscheidung, Dercon zum Intendanten der Berliner Volksbühne und damit zum Nachfolger von Frank Castorf zu ernennen, sorgte von Anfang an für Diskussionen (siehe auch die Chronik des Berliner Theaterstreits). Befürchet wurde der Abbau des Ensemble- und Repertoiretheaters, das unter Frank Castorf zu den avanciertesten im deutschsprachigen Raum gehörte. Im Juni 2016 wendeten sich 180 Volksbühnen-Mitarbeiter*innen ian die Öffentlichkeit: Sie fürchten in ihrem Offenen Brief den Ausverkauf und "dass es an der Volksbühne keine neuen Formen und künstlerischen Herausforderungen geben wird". In einer Entgegnung solidarisierten sich internationale Künstler*innen und Kurator*innen mit Dercon.

Anfang Oktober 2016 wurde bekannt, dass es keine Förder-Gelder der Lotto-Stiftung für die von Dercon angedachte dauerhafte Bespielung des ehemaligen Flughafens Tempelhof durch die neue Volksbühne geben werde. Berlins Kultursenator Klaus Lederer (Linke) stellte nach seiner Wahl 2016 die Personalie Dercon öffentlich infrage. Noch vor Dercons Amtsantritt wendeten sich im Juni 2017 über 40.000 Kulturschaffende in einer Online-Petition mit dem Titel "Zukunft der Volksbühne neu verhandeln" gegen die Berufungsentscheidung.

Auch nach Übernahme der Intendanzgeschäfte im August 2017 ebbte die Kritik insbesondere an dem lückenhaften und mit Gastspielen und theaterfernen Veranstaltungen aufgestockten Spielplan sowie an den Strukturveränderungen (Rückbau der Ensembles, Gastspielbetrieb) nicht ab. Die Zuschauerzahlen brachen ein, die Finanzen gerieten in Schieflage. Am 13. April 2018 trat Dercon mit sofortiger Wirkung von seinem Intendanten-Amt zurück; im beiderseitigen Einvernehmen mit dem Land Berlin wurden eine Beurlaubung und das Vertragsende für den Jahresabschluss 2018 vereinbart. Die Volksbühnen-Intendanz übernahm der designierte Geschäftsführer Klaus Dörr kommissarisch.

Texte, Meldungen, Presseschauen zu Chris Dercon auf nachtkritik (Auswahl):

Chris Dercon wird Intendant der Berliner Volksbühne - Meldung vom 22./23. April 2015

Zur Ernennung von Chris Dercon zum Intendanten der Volksbühne - Kommentar Christian Rakow vom 24. April 2015

Offener Brief der Volksbühnen Mitarbeiter - Meldung vom 20./21. Juni 2016

Das Echo auf den Protestbrief der Mitarbeiter der Berliner Volksbühne - Presseschau vom 22. Juni bis 8. Juli 2016

Berliner Rathaus-Dialog – Chris Dercon spricht und schweigt über seine Pläne mit der Berliner Volksbühne - vom 22. Juli 2016

Vorerst kein Lotto-Geld für Tempelhof-Pläne der neuen Berliner Volksbühne - Meldung vom 6. Oktober 2016

Petition gegen Chris Dercons Pläne für die Volksbühne - Meldung vom 30. Juni 2017.

Eine kommentierte Presseschau zum aktuellen Stand der Diskussion um die Berliner Volksbühne von Christian Rakow - 19. September 2017

Wie die Berliner Kulturpolitiker, die über die Neubesetzung der Volksbühnen-Intendanz mit Chris Dercon entschieden, von Verantwortung nichts wissen wollen – Kommentar von Anne Peter und Christian Rakow vom 21. Dezember 2017

Volksbühnen-Intendant Chris Dercon tritt zurück – Meldung vom 13. April 2018