Elfriede Jelinek: Angabe der Person, Deutsches Theater, Berlin (Regie: Jossi Wieler)
Von Sascha Krieger
Zu Beginn des Abends knallt Linn Reusse einen Ordner auf die Bühne. Die „Lebenslaufbahn“ der Autorin beinhalte er, hören wir. Und weil wir ja in Deutschland sind, ist diese natürlich in erster Linie eine Steuerakte. „Alles, was hier steht, kann auch umfallen“, sagt sie und diesem Um-, In- und Durcheinander-, Zusammen-, Auseinanderfallen eines, vieler Leben dürfen wir in den folgenden zweieinhalb pausenlosen Stunden beiwohnen. In ihren Text startet Elfriede Jelinek bei einer Hausdurchsuchung. Deutsche Steuerbehöreden waren der meinung, die Österreich schulde auch dem deutschen Staat Geld und nahmen mit, was sier kriegenen konnten, auch und gerade Jelineks „Schrifterln“, ihr Leben, ihr Überleben. Und da wir bei der Assoziationskünstlerin überhaupt sind, bleiben wir nichtlange bei den fleißig pflichtbewussten Steuereintreibenden, sondern landen in Jelineks Familiengeschichte, beim jüdischen Vater und seiner Verwandtschaft, bei den Versteuten, auf Friedhöfen oder im nirgendwo, den Verlorenen, Vergessenen, dem Cousin Walter, der gerade noch so floh, nein, flog, dem Onkel Adalbert, der das Überleben nicht lange überlebte. Und beim fleißigen deutschen Staat, der gern zurückgab, den Familien der Täter, versteht sich, bei denen der Opfer war es etwas komplizierter.