Offener Brief an den Oberbürgermeister der Hansestadt Rostock Roland Methling
Geben Sie Rückenwind
von Nikolaus Merck
Berlin, 24. September 2014. Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, lieber Herr Methling, wir freuen uns, dass Sie beim Neustart des Volkstheaters dabei waren. Und dass Sie trotz des Streites, den Sie derzeit mit dem neuen Intendanten Ihres Theaters öffentlich austragen, offenbar mit Beifall nicht gespart haben. Und wie Recht Sie damit haben. Denn im Moment schaut die am Theater interessierte Öffentlichkeit tatsächlich hoffnungsvoll nach Rostock.
Theatergeld stopft keine Haushaltslöcher
Wir möchten Sie aufrufen, das Momentum zu nützen. Stellen Sie sich, wie es früher so schön hieß, "unverbrüchlich" an die Seite des Volkstheaters. Bestehen Sie nicht länger auf einer Schrumpfung des Hauses auf zwei Sparten. Bieten Sie der Schweriner Landesregierung die Stirn. Die wenigen Millionen, die Sie für die Stadt einsparen können am Theater, stopfen im Budget der Hansestadt keine Löcher. Das sagen landauf landab alle erfahrenen Kommunalpolitiker, das wissen Sie selbst am besten. Verantwortung für die Zukunft der Stadt zu übernehmen, bedeutet ja nicht nur, den Haushalt zu sanieren, es bedeutet auch, gelegentlich ein gewisses Risiko einzugehen. Und erfolgreiche Kunst gibt es nicht auf Garantieschein. In drei Jahren tot oder berühmt, hieß es vor einem Vierteljahrhundert in Berlin, als dem Außenseiter Frank Castorf die Intendanz der Volksbühne übertragen wurde. Die verantwortlichen Politiker scheuten das Risiko damals nicht. Der Erfolg hat ihnen Recht gegeben.
Vertrauen Sie auf Ihr Haus
Dazu rufen wir Sie jetzt auf! Setzen Sie auf Ihr Theater, genauso, wie Sie es am Premierenabend gesagt haben. Vertrauen Sie darauf, dass das Volkstheater die Menschen in Ihrer Stadt auch über den Eröffnungsabend hinaus in Bewegung versetzen wird, vertrauen Sie, dass Ihr Vier-Sparten-Haus nach und nach Strahlkraft entfalten wird in ganz Mecklenburg-Vorpommern und darüber hinaus.
Die Voraussetzungen sind gegeben. Vier Theaterstandorte garantiert das Land, Rostock ist einer davon. Gegen die Theaterfusionsträume der Landesregierung haben Sie sich bereits standhaft zur Wehr gesetzt. Die Leiter des Volkstheaters haben von den Künstlern ein Scherflein verlangt zum Erhalt ihrer Arbeitsplätze und sie haben es bekommen. Zudem hat sich die Theaterleitung befreit von den Fesselungen des Apparates, indem sie den Austritt aus dem Bühnenverein erklärt hat. Egal, was man von all diesen Entwicklungen halten mag: Alles ist bereit. Jetzt blickt die Stadt auf Sie.
Wischen Sie das Junktim vom Tisch
Am Ende haben Sie ja nur zwei Möglichkeiten: Sie können dem Theater, das gerade den Absprung versucht aus der ein gefühltes Vierteljahrhundert währenden Misere, das Sprungbrett wegziehen. Die Bauchlandung ist dann programmiert. Sie können aber auch die zwei kurzen Jahre Zeit geben, die sich ihr Theaterintendant wünscht, um das Haus flott zu bekommen; Sie können das Junktim aus Schwerin – entweder fügt sich Rostock und sein Theater den Verkleinerungsplänen der Regierung oder das Theater erhält weniger Geld vom Land – vom Tisch wischen und auf die Lust, die Kraft und das Erfindungsgeist Ihrer Theaterleute setzen.
Stellen Sie das Theater nicht in Frage, stellen Sie ihm Aufgaben! Die Jungen müssen zurück ins Publikum geholt werden, die Studenten, die Familien der Einwanderer. Das Theater muss die Leute erreichen und herausfordern. Die einzige große Stadt zwischen Hamburg und Berlin muss ein Theater bekommen, das auf seine Weise dem Hafen ebenbürtig ist. Wenn alles gut ginge, wäre Rostock bald eine Reise wert für Theaterliebhaber. Dann würde sich auch jeder Euro, den Sie in ihr Spielhaus stecken, mehrfach rentieren. Sie kennen die Rechnungen der Umwegfinanzierung, die jüngst erst wieder der Kulturstaatssekretär von Berlin, auch er ein nüchtern rechnender Hanseat wie Sie, in der taz (22.9.2014) aufgemacht hat.
Investition ins Ansehen
Sie wissen besser als wir Nicht-Rostocker, wie sehr der Ruf der Stadt unter den Pogromen von 1992 gelitten hat. Sie wissen, dass kein erfolgreiches Investment im Hafen, keine Hanse Sail, kein Stadtteilzentrum, keine Gewerbeansiedlung und auch kein geflicktes Straßennetz allein diesen ramponierten Ruf aufpolieren können. Sie brauchen eine Investition in das Gemeinwesen, eine Investition in den Ruf der Stadt. Paderborn ist ein Beispiel. Der Fußballverein schießt Tore aus 83 Metern und steht an der Spitze der Ersten Fußball-Bundesliga. Aber bevor Paderborn diesen Erfolg verzeichnen konnte, der den Namen der Stadt im Moment weithin glänzen lässt, hat das Gemeinwesen sich ein neues Theater geleistet und dafür keineswegs sein Ensemble halbiert. Vielleicht hängen diese "freiwilligen Leistungen" an den Sport und die Kunst ja doch innerlich zusammen?
Es gibt für Oberbürgermeister in Deutschland nicht sehr viele Möglichkeiten, in das Ansehen Ihrer Stadt zu investieren. Der Fußballverein und das Theater gehören dazu. Hansa Rostock braucht noch Zeit, um wieder nach oben zu langen. Das Volkstheater steht bereit. Der Anlauf ist genommen. Jetzt kommt es entscheidend auf Ihre Haltung an: Tun Sie ein Übriges, Sire, geben Sie Rückenwind.
Mit freundlichem Gruß
Nikolaus Merck
Nikolaus Merck ist Redakteur von nachtkritik.de. Roland Methling (59) ist seit 2005 Oberbürgermeister der Hansestadt Rostock. Der in Tessin nahe Rostock geborene Politiker ist parteilos und wurde zweimal von der Bevölkerung Rostocks als OB direkt gewählt. Der studierte Diplomingenieur für Technische Kybernetik und Automatisierungstechnik ist Mitglied in 18 Vereinen, darunter dem Förderverein Tradition Ostseeschifffahrt e.V., Bunt statt Braun e.V., FC Hansa Rostock und Johanniter-Hilfsgemeinschaft.
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Der Vergleich zu 1992 hinkt doch sehr. Und zeigt mir wie hier stark nach "hinten" ausgeholt wurde. Und Fussball hat hiermit (bitte immer die Voraussetzungen beachten) auch nichts mit zu tun.
Ich bin für ein Theater und deren Unterstützung. Aber bitte das Maß nicht verlieren. Die Millionen die hier jedes Jahr einfließen fehlen an anderer Stelle.
Ich bin auch gegen einen Theaterneubau. Bleiben wir auf dem Teppich und renovieren das Volkstheater.
@ Marco Both: Ihre Argumentation bezüglich der "wenigen Millionen" ist auch etwas verholpert. Denn es sollte tatsächlich nicht darum gehen, Bildung und Soziales gegen Kulturelles auszuspielen. Eine Stadt braucht Geld für alle Bereiche. Hier müsste dagegen eher gegen die Wirtschaft argumentiert werden. Das meiste Geld bei der Stadtentwicklung fließt doch - wie wir alle wissen - in die Investition in Immobilien, Konsumtempel und andere überflüssige, repräsentative Bauten (wie in Berlin das Stadtschloss). Im Vergleich dazu fällt das eine Prozent, welches in die Kultur fließt, tatsächlich nicht ins Gewicht, wenn es um das Thema Sparen geht.
Das Gutachten hatte offenbar keine wirklich handfesten kultur-, sozial-, bildungs- und wirtschaftspolitischen Leitlinien, und Metrum entwickelte praktisch ins Nimmerland politischen Entwicklungswillens hinein ein Florilegium von Modellen aus einer Parameterzahl, welches selbst eine mit den Daten gefütterte Jugend-Forscht-Gruppe in einigen Monaten hätte zusammenfügen können. Um dieser scharfen Polemik eine kleine Untersetzung zu geben - auf den ca. 170 öffentlich zugänglichen Seiten des Gutachtens findet sich das Wort "Bildung" einmalig - somit als Floskel - in der Kombination mit "kultureller Bildung" (ansonsten nur im Namen des Ministeriums). Weit dramatischer, um nicht zu sagen, das Gutachten auf das Niveau einer Hilfsdatensammlung für ernsthafte Modellbildungen zur politisch-strategischen Entscheidung degradierend, ist, dass auf diesen über 170 Seiten kein - KEIN EINZIGES !!!!! - Wort die Buchstabenkombination "VERKEHR" enthält. Ich lache mich schlapp... Wer in MV weiter als 10km von großen Städten entfernt wohnt, weiß, wovon ich rede. Kultur – Fehlanzeige, man kommt abends nicht mehr nach Hause (also Hotel buchen = +60€ oder Taxi …). Auto? Finanziell und physiologisch (Dunkelfahrten) für große Bevölkerungsschichten nicht machbar. Nicht umsonst platzten die Busse, als das Theater einmal probehalber glückliche InteressentInnen stundenlang(!) über die Dörfer hin und zurück karren ließ… Ja, eigentlich müssten die Landkreise im Schulterschluss mit Rostock, Stralsund, Greifswald und dem Kultusminister den Verkehrsminister Christian Pegel vor sich her treiben. Er ist jung-dynamisch und sollte etwas aushalten. Ohne Verkehrsreform keine Theaterreform! Dass im Wirtschaftsministerium noch jemand über seine ministerielle Mauer hinweg denkt, wage ich gar nicht mehr zu hoffen. Hier dominiert „gegenständliche Förderpolitik“ des 19./20. Jahrhunderts mit Innovationsaroma. Zu viele gewünschte Denkmale gegenständlicher Förderpolitik sind heute in MV Mahnmale für ihre geringe Nachhaltigkeit. Dass die Steinzeitlogik unendlichen Wachstums auf diesem Planeten nur dann greift, wenn dieses Wachstum durch (u.a. kulturelle) Dienstleistungen realisiert wird, bleibt derzeit wohl gehütetes Geheimnis einiger Wissenschaftler und einer Minderheit von Bürgern, deren Intuition (nach heutigem Maßstab gleichwertig rationaler Intelligenz) sie zum gleichen Schluss führt. Es wird philosophisch, aber ich behaupte, diese Intuition speist sich aus (komplexer) Bildung, an der Kultur i.e.S. maßgeblichen Anteil hat. Die eigentliche Dramatik besteht heute darin, dass die Freiheit der Wissenschaft (und leider auch der Medien) seit ca. 15 Jahren so massiv (nicht nur finanziell bedingt, sondern durch Rückgratlosigkeit) in Not geraten ist, dass Kultur allerletzter, leidlich unabhängiger Raum wird, wo Politiker oder Hedgefonds-Manager nicht nur den ihrer Macht proportionalen Zerrspiegel gesellschaftlicher Realität vor Augen bekommen. Abstrus? Machen wir ein Experiment, welches ich liebe (und pflege) – mit der vermeintlich falschen Kleidung an bekannte, aber nicht zu häufig besuchte Orte gehen. Wer es richtig knallen lassen möchte, wechselt Anzug mit Blaumann, und – die in der Vorwoche wortkarge Dame hinter dem Käsestand scherzt und plappert sich allen Kram von der Seele… Da unsere Anzugträger und Blaumänner leider für solche Erfahrungen in der Regel viel zu ängstlich sind (könnte ja ein persönlich bekannter Träger der gleichen Standeshülle auftauchen…) braucht’s nun einmal Theater (Lizenz zu Klamottenwechsel, Kopftheater und zur Revitalisierung der fast abgestorbenen 2. Gehirnhälfte). Hier liegt des Pudels Kern, der sich bis heute in keinen anderen "Raum" transformieren lässt, wenn man nicht für Regeln i.w.S. religiöser Separation affin ist oder den grauen Zellen eher durch Sport eine Frischekur verpassen möchte. Dem Vorwurf der sozialen Separation brauchte sich das VTR bisher nie zu stellen. Wenn ein Volkstheater eine Chance hat, dann in Rostock. Herr Methling! Herr Brodkorb! – Wer keinen Neuanfang mehr versucht, hat sich und seine Bürger eigentlich aufgegeben. Und in Rostock ist offenbar endlich einmal ein Zündfunke geflogen, um den eigenen Hintern hoch und die Hand an selbige der schon resigniert abseits Stehenden zu bekommen. // Die Öde saugt den Atem aus. // darf nicht geflügeltes Zitat für den Zustand Herbst-Winter-Frühlung unserer Stadt und unseres Landes werden. Und ein Signal, dass in diesem Land das unmöglich Geredete doch möglich ist, ist derzeit schon fast überlebensnotwendig und zumindest wichtiger als weitere Negativ-PR-Wellen vom MV-Tunichtgut.
(Lieber Schweriner, liebe No. 6,
vielen Dank, dass Sie hier so engagiert mitarbeiten und die geografischen Kenntnisse des Autors zu verbessern helfen.
Er ist allerdings selbst zeitweilig Schweriner gewesen, hat dort gelebt und ist sich über die Himmelsrichtungen und Wege und Stationen einigermaßen im Klaren.
Weil Sie recht kleinteilig argumentieren, sage ich es auch kleinteilig: ich meinte den ganzen Raum, der aufgespannt wird zwischen dem westlichen Punkt Hamburg und dem südlichen Punkt Berlin, also, kleinteilig, alles was oberhalb von Berlin und rechts von Hamburg bis zur polnischen Grenze resp. Ostsee so herum liegt an Städten und Dörfern, auf der Landkarte gesehen. Das ist mein "zwischen Hamburg und Berlin". Aber eigentlich glaube ich, Sie ahnten das schon.
Mit mecklenburgischem Gruß
nikolaus merck)
Zum Kommentar von Herrn Both (3) sieht das anders aus. Ich habe ihn m.E. am Ende nicht bewertet, bin mir aber nicht sicher. Dass er nicht kommentiert wurde, ist ein berechtigter Makel. In diesem Sinne: Intuitiv möchte man Herrn Both natürlich zustimmen. Aber leider bleibt ein Klotz der Haushaltsführung (wie so oft, und von der i.w.S. "Betonfraktion" hoch erfreut) ganz im Dunkeln. Seit Jahrzehnten werden uns "Investitionen" als Notwendigkeit verkauft, damit uns Stadt und Land nicht über dem Kopf zusammenbrächen (was im Grundansatz nicht falsch gedacht ist). Das Haushaltsrecht unseres Staates ist so pervers (sorry), das z.B. die uns ständig vorgeleierten "Investitonen in Bildung" hausalterisch eine Lüge darstellen, wenn es nicht um Beton geht. Alles was unser Gemeinwesen im wirklich Innersten zusammenhält ist "Ausgabe" (schlechtes Geld im Haushalt, welches die "Investionsquote", also unsere "Zukunftsfähigkeit" "gefährdet"). Herr Both hat sich also, ohne ihm dies vorzuwerfen, in das Karussell begeben, in das wir seit Jahren geschickt werden. Schaut man sich zumindest die Beton gewordenen "Investitionen" in Stadt und Land ganz genau an, sollte man ins Grübeln kommen, auch wenn zumindest teilweise "Heimatfirmen" die Aufträge ausführen. Hier gehen ***Millionen nur durch die haushalterische Behandlung als "Investition" (und Privatgewinne) über den Tisch. Bildlich überzeichnet bzw. übertrieben sitzen wir auf einem Eisberg und streiten uns um die Eiswürfel für das Trinkglas. Das mag man nicht ändern können/wollen, aber es setzt der Sache die Krone auf, wenn die wirklichen Profiteure am Eisberg uns auch noch im Verteilen der Eiswürfel "aufhetzen". Spülen wir einmal klar, dann hat sich z.B. die IHK hier in Rostock zeitweise besonders hervorgetan. Leider habe ich die Ausgabe der Lokalpostille nicht aufgehoben, in der sich ein IHK-Bürokrat sinngemäß z.B. über die wirkliche Leistung eines beliebigen Abteilungsleiters im Gegensatz zu einem Orchestermusiker ausgelassen hat. (Grüße an alle Abteilungsleiter und Orchestermusiker, von dieser Stelle aus, Ihr könnt nichts dafür!) Unternehmungen in Rostock spielen (aus eigener Erfahrung) vielfach eine sehr progressive Rolle, ihr Einfluss auf die dem Gemeinwohl und dem finanziellen Sachverstand (war da nicht gerade was mit der IHK...:-)???) ja so verbundene "Lobbyorganisation" war (ist?) offenbar aber gering, sonst wären solche Entgleisungen nie passiert. Summa: Ein positives Votum für Herrn Both schloss sich so bei mir aus. Zu einem kommentarlosen Minus wollte ich nicht greifen bzw. habe zumindest damit deutlich gehadert, wenn ich doch geklickt habe. ABER: Mit einem Theaterneubau bekämen wir die witzige Situation, dass wir (theoretisch) nachhaltigen Beton verkippen könnten. (Trara: mit Betongeld wird man uns ganz schnell sogar aus Schwerin überschütten, denn da klingeln dann doch sogar einmal beim Wirtschaftminister dir richtigen Frequenzbänder im Ohr! - macht man ja mit den Unis ähnlich, auch wenn die Mitarbeiter dort ganz andere Sorgen haben). Aber hier greife ich Herrn Boths Beitrag z.T. positiv auf. Rostock ist nicht Hamburg, aber mit der "Renovierung" springen wir zu kurz (wenn wir damit Beton verkippen in der Landschaft etwas verhindern könnnen). Schauen wir dorthin, wo Maß und Innovation sich nicht ausschließen, und das wird wahrscheinlich Skandinavien sein. Moderne Architektur kann Rostock (ggf. sogar wirklich auf dem Wasser) vertragen, aber nicht von der Fraktion architektonischer Penisverlängerer, welche im Innnovations-Stärke-Bild des 20.Jh. mit Bleischuhen vergossen sind... Moderne Architektur der Zeit kämpft m.E. nicht mehr gegen die Schwerkraft des Planeten, sondern gegen das Blei in Köpfen.
Ah, Herr Rust (9): Unbestätigten Nachrichten zufolge erhalten Sie die Ampullen gratis beim Abschluss eines VTR-Voll-ABOs direkt an der Abo-Kasse... (alternativ für 1 gesponsortes Schüler-Sponti-ABO) ;-)
lasst uns doch bitte sachlich argumentieren und nicht instrumentalisieren.
Theaterneubau ja oder nein. Das wird in der Studie (http://www.wiwi.uni-rostock.de/fileadmin/Institute/ISD/Institut/Forschungsprojekte/Umfrage_zum_Volkstheater_Rostock_01.pdf) etwas besser beleuchtet. So denken sicher auch einige unserer Volksvertreter. Doch das wird kaum einer öffentlich sagen. Das wäre eine unpopulär Meinung.
Als Unternehmer frage ich mich natürlich auch was das kosten soll. Und wer diese Kosten tragen soll. Müssen immer alle für die Interessen weniger bezahlen?
Auch wenn ich nicht regelmäßiger Gast des Hauses bin erkenne ich die Notwendigkeit sehr wohl an. Eine Stadt ohne Kultur ist nichts. Dazu gehört aber nicht die zentrale Bündelung aller Resourcen. Vielmehr eine gesunde Mischung. Daher bin ich für die TiS-Initiative.
Aber auch der Theaterbus klang viel versprechend.
Mit der Gründung einer GmbH hat man sich bewusst für eine unabhängige Geschäftsform entscheiden. Sei es nun um Fördermittel zu generieren oder vom Ob (und andere „Externe“) unabhängiger zu sein. Mit den neuen Rechten kommen auch neue Pflichten. Sich dem Markt zu stellen und das bedienen was er möchte.
Mir gefällt es auch nicht wenn Herr Glawe Millionenförderungen an solide mittelständige Unternehmen mit der Gießkanne verteilt. Parallel aber der „Strohhalm“ jedes Jahr um die Existenz kämpfen muss. Und manchmal nur wegen ein paar hundert Euro.
PS: Im übrigen finde ich gehört zu einer offenen Diskussion auch ein Realname.
"Der Ehrgeiz einer Stadt ein Theater zu haben, ist der Ehrgeiz einer Stadt überhaupt eine Stadt zu sein." Hilmar Hoffman, langjähriger Kulturdezernent von Frankfurt am Main
Herr Methling hat einen umjubelten Einstand des neuen künstlerischen Geschäftsführers erlebt, und so kann es auch weitergehen.
Aber warum - gerade jetzt - ersteinmal kaputtmachen,und dann verhandeln, das schadet der Hansestadt und dem Land und wird kurzfristig und auch langfristig viel teurer
Sorry, aber das ist purer Populismus, was Sie hier versuchen.
Das Volkstheater Rostock ist seit 120. Jahren das absolute Flaggschiff der theatralen Hochkultur, mal besser, mal schwächer, jetzt scheint eine Hochphase möglich, die verdient jede Unterstützung und nicht Kleingeist und Provinzialität.
Aber genau darum gehts doch auch..!!!!!! Zeit!!!!! Vom 20. September bis zum 1. Oktober????? Um sich längerfristig zu etablieren??? Aber schonmal vorsichtshalber die Spartenschliessungen durchboxen!! Das ist doch alles Mumpitz und hat nichts mit dem Interesse an einem gut laufenden Volkstheater zu tun!!! Hier widersprechen sich doch alle selbst und entlarven sich aufs unsympathischste! Für wie dumm werden wir Zuschauer eigentlich gehalten....nicht alle fallen auf den Populismus dieser Politiker rein!!! Diese Ohnmacht macht einen sooo wütend!
1. Was genau möchte der Markt?
2. Was versteht man unter einem Realnamen?
Konkret zum Volkstheater. Das VTR hat m.E. in den letzten 20 Jahren zu allen in Rostock gestanden, die zeitweise kurz vor dem Verrecken (und explizit waren das nicht nur Kultureinrichtungen) waren. Gerade aber die "Szene" hat wohl zahllose Veranstaltungen oft nur durch (vielfach inoffizielle) Hilfe des VTR (manchmal in letzter Not) retten können, und das hat das Publikum oft noch nicht einmal bemerkt. Wer dort auf den Bauchnabel seiner Bedeutung schaut, sollte erst einmal über seinen Tellerrand hinaus fragen, ob das VTR nicht sogar Geburtshelfer der eigenen Existenz war... Bornierte Einzelpersonen gibt es im Theater wie in der Szene, aber wer hier sagen kann, er wäre im VTR (also "unterhalb der Intendanz") mit irgendeinem Anliegen (wenn da nicht auch gerade wieder Notstand aus allen Fenstern sang) schnöde in die Wüste geschickt worden - das würde mich interessieren. Bornierte Bühnen mag es geben, aber nicht in Rostock.
PS Minka ist übrigens nur mit dem Adoptivkater des VTR verschwägert, welcher darum bittet, ab jetzt alle Vorstellungen mit Bratwurst-Angebot vor der Theatertür zu kombinieren.
Wäre es nicht möglich sich einer Seits zu entfalten und anderer Seits ein für die Breite zugängliches Programm zu schaffen?
Zu Ihrer zweiten Frage: Jeder hat das Recht auf ein Pseudonym. Ich denke jedoch in diesem Falle sind Namen (wie sie im Personalausweis stehen) nicht zu viel verlangt oder?
nach Ihrer Antwort stellt sich mir die Nach-frage zu 1.) Wenn Sie gar nicht beurteilen können, was der Markt möchte, wie konnten sie dann fordern, dass es eine - neue - Pflicht sei, ihn zu bedienen?
Selbstverständlich hat jeder ein Recht auf ein oder mehrere Psydonyme. Insbesondere in Zeiten wie den unseren mit ihren digitalisierten Kommunikationsmöglichkeiten sind Psydonyme besonders schnell einzuführen, effizient zu benutzen und global verbreitbar. Psydonyme können - zumal für Künstler z.B. - auch in PA stehen. Deshalb ist der Realname mit im PA aufgeführtem Namen nicht zwangsläufig identisch. Aus meiner Sicht ist ein Realname solch ein Name, der sich getreu der Familiengeschichte eines Einzelnen aus derselben generiert hat und in aller Regel von den meisten Menschen als Marker für das eigene Leben benutzt wird. Der Realname markiert also konkrete Geschichte von sehr konkreten Menschen. Deshalb ist seine offensive Benutzung aus meiner Sicht gerade in unserer heutigen Zeit ein politischer Akt.
Es war sehr interessant aufgrund Ihrer Ausführungen über Realnamen nachzudenken. Danke für die Anregung.
wenn sich öffentliche Subventionen nach einem Markt richten sollen, könnte man sich noch ganz andere Fragen stellen:
Sollen von meinen Steuern Polizisten bezahlt werden, die ich noch nie rufen musste?
Sollen Sportplätze bezahlt werden, obwohl die meisten Leute da nicht hingehen?
Lohnt es sich, Straßen zu beleuchten? Sollen doch die Autofahrer ihr eigenes Licht anmachen.
Inzwischen weiss man aber, dass sich ein Theater auch nach puren wirtschaftlichen Maßstäben für eine Kommune lohnt. Die Einnahmen bei Tourismus, Gastronomie, Übernachtungen, und in angeschlossenen Betrieben steigen - gleichzeitig spart man (allerdings langfristig) Ausgaben für Soziales, Jugendarbeit, Kriminalität, Betreuung etc.
Welches Theater allerdings für gut oder erfolgreich gehalten werden soll und welche Künstler sich wie entfalten sollen - das ist eine andere Frage, die nur durch ständige offene Diskussion geklärt werden kann. Dafür braucht es Augenmaß, Vertrauen und Zeit - wie es in diesem Offenen Brief ja gefordert wird. (Und wie man es jedem Intendanten, den man engagiert, mitgeben muss.)
als Pflicht hatte ich das nie erklärt. Das steht mir nicht zu. Ich hatte lediglich gefragt ob es angesichts der "Unabhängigkeitsbestrebungen" (die ich teile) nicht auch möglich wäre sich mit den daraus resultierenden Konsequenzen auseinander zu setzten. Nie wollte ich die Unterstützung abschaffen oder Strukturen vorschreiben. Ich verlange/erwarte auch keine direkt mich betreffende Auswirkung (von wegen was tut das Theater für mich etc.). Ich finde die Solidargemeinschaft gut und richtig. Mein Einstieg in diese Diskussion war die Zeile "die wenigen Millionen". Das klang für mich einfach zu selbstverständlich. Als wenn ein Anrecht darauf bestünde.
@Möwe
Nein ich möchte die Subvention nicht nach dem Markt richten. Ich habe bereits gesagt das "Erfolg" sich nicht in verkauften Eintrittskarten messen lässt.
Es gibt Dinge die Lebensnotwendig sind. Und es gibt Dinge die wir uns "leisten." Bitte nicht gleich aufschreien. Das war nicht negativ gemeint.
Auch verstehe ich nicht warum es hier anscheinend immer nur schwarz oder weis gibt. Wer etwas in Frage stellt ist nicht automatisch dagegen. Vielmehr sollten wir uns entwickeln und nicht im Trott bewegen. Was kann falsch sein Dinge nach einer gewissen Zeit zu hinterfragen?
Ich stimme ihrem letzten Absatz voll zu. Dazu muss es aber möglich sein seine Meinung zu sagen ohne gleich "ans Kreuz" genagelt zu werden. Hier wird mir all zu schnell nach dem Scheiterhaufen gerufen.
Und ansonsten - ich sah hier noch niemande nach einem Scheiterhaufen rufen, das würde gewiss die Redaktion mit ihrem Augenmaß verhindern, auch wenn sie ziemlich viel durchgehen lässt, was mir allerdings gerade gefällt.
@Eliza: Ehrlich gesagt vertraue ich auch lieber auf das Selbstvertrauen eines eines wie mein eigenes. Wenn jeder mehr sich selbst vertrauen würde, wäre es ja nicht nötig, immer einen Vertrauensbonus einzufordern, wenns ans eingemachte, sonders das Geld, ginge... Und dann ist auch nicht wichtig, ob es um Subventionen für eine Theaterkarte geht oder um Beträge in Größenordnungen für öffentlich-soziale Belange oder einen Theaterneubau oder die Etablierung einer neuen Hochschule z.B., in der es Programm ist, dass mit den neuen Möglichkeiten von AI und programmatisch App-frei gearbeitet und geforscht wird. Gleichzeitig. Immer alles gleichzeitig...
@Eliza
Vertrauen braucht der Intendant, damit er nicht nach der erstbesten Fehlentscheidung oder dem ersten Flop gleich wieder abgesägt wird.
Zeit braucht er, damit er genau so etwas korrigieren kann.
Augenmaß - na, mit Augenmaß sollte man mit ihm umgehen. Nicht zu kritisch, nicht kritiklos.
Ich denke, der besonderen Schutz von Kultur und Wissenschaft kam natürlich aus der historischen Situation nach 1945 zustande, aber dass wir hier auch die Felder haben, welche durch rein intrinsische Antriebe (Kalorienversorgung, Wohnung vorausgesetzt) hervorragende "Produkte" liefern, die (seit Jahrtausenden) nur mit sich selbst und um die Köpfe und Herzen der i.w.S. Betrachter konkurrieren, spielte eventuell auch eine Rolle. Spielen wir die beiden vollständig in die erzwungen Mehrwert generierenden, vom ollen Marx gut analysierten Mühlsteine, verlangsamt sich ihre objektive Entwicklung (mehr oder minder) dramatisch. Ich will nicht den laufmaschenfreien Nylonstrumpf bemühen, aber er zeigt sehr simpel, das Markt objektiv sehr häufig innovationsfeindlich bzw. -bremsend (manipulierbar) ist. Die schlimmste Bestrafung hat Japan m.E. in den 1970igern durchgemacht und sich über lange Zeit hinweg aus dem Tief durch vernachlässigte (freie!) Grundlagenforschung wirschaftlich nicht wieder erholt. Die letzten 2 Jahrzehnte haben in Deutschland im wiss. Bereich die Tonnenidiologie der DDR wiederbelebt. Es geht nicht mehr um Inhalte, sondern "Produkte und Millionen"... Der (Jahrtausende) alten Motivation unserer Neugier an wirklich Neuem wurde durch mechanistische Kontrolldienstleister (besser: -kleingeister) vergewaltigt, weil sich Markt-Gehirne nicht vorstellen können, dass ohne Controlling mit dem Steuergeld auch genug Produkte entstehen. Nun haben wir festgestellt, dass wir (auch nicht stoffliche) Kunst vermarkten können. Wo strebt diese Kunst hin? Ihre Eigenfunktion ist für uns lebensnotwendig, die Gewinnerwirtschaftung mit Ihr nicht verdammenswürdig, die obligatorische Gewinnerwirtschaftung für ein Gemeinwesen wahrscheinlich auf lange Sicht tödlich. "Markt-Kunst" generiert m.E. eben auch schnell (v.a. inhaltlichen) Stillstand. Die rein webbernde Musicalmaschinerie ist ein schönes Beispiel. Markt funktioniert, Innovation seit Jahren gegen Null...
:o Bitte nicht schlagen - Tierschutzgesetze...!!!