Kölner Affäre

Köln, 16. März 2010. Sollte das Kölner Schauspielhaus wie geplant abgerissen werden, wollen die Erben des Kölner Architekten Wilhelm Riphahn gegen gegen die Stadt klagen. Das berichtet Christian Hümmeler auf der Website des Kölner Stadtanzeigers. Oper, Schauspiel und Theaterrestaurant am Kölner Offenbachplatz stellen nach Ansicht der Riphahn-Erben ein "in sich geschlossenes architektonisches Ensemble und städtebauliches Konzept dar". Der Abriss eines Teils würde diese "urheberrechtlich geschützte Gesamtwirkung" zerstören. Kulturdezernent Georg Quander kündigte an, den Einwand bis zur Ratssitzung am 13. April prüfen zu wollen.


Köln, 10. März 2010. Wie der Kölner Stadtanzeiger berichtet, haben "Dutzende" gestern vor dem Kölner Rathaus gegen die Streichung von Fördergeld für Freie Theater demonstriert. Drinnen beriet der Kulturausschuss in einem nicht öffentlichen Teil seiner Sitzung über die zukünftige Konzeptionsförderung freier und privater Theater. Der Verein Plattform Kölner Theater fordert ein Anhebung der Mittel für freies Theater in Köln auf zehn Prozent der Summe, die die Städtischen Bühnen erhalten. In Zahlen: eine Steigerung von zurzeit 1,65 auf rund 4,6 Millionen Euro.

Köln, 2. März 2010.
Die Chancen für ein Bürgerbegehren zum Erhalt des Kölner Schauspielhauses stehen gut. Eine Bürgerinitiative hat, wie dpa mitteilt, schon mehr als 31.000 Unterschriften gesammelt. Nach Angaben der Stadt Köln sind für ein erfolgreiches Bürgerbegehren 23.146 Unterschriften nötig. Der Stadtrat hatte im Dezember mit dünner Mehrheit beschlossen, den denkmalgeschützten Riphahn-Bau abzureißen und neu zu bauen. Oberbürgermeister Jürgen Roters (SPD) will die Unterschriften heute Nachmittag entgegen nehmen. Danach wird die Eingabe rechtlich geprüft. Sollte der Stadtrat seine Abrisspläne nicht aufgeben, könnte es in Köln zu einem Bürgerentscheid über das Schauspielhaus kommen.

Köln, 5. Februar 2010.
Nach Opernchef Uwe Eric Laufenberg und Schauspiel-Intendantin Karin Beier, die beide jeweils in einem Offenen Brief zur Neubau-Debatte Stellung genommen hatten, stellt sich das Schauspielensemble nun in einem dritten offenen Brief hinter seine Intendantin.

4. Februar 2010.
Die Schauspielintendantin Karin Beier hat nun ebenfalls einen Offenen Brief geschrieben, in dem sie ihren Einsatz für das Riphahn-Ensemble verteidigt. Auch wirft sie Uwe Eric Laufenberg und Patrick Wasserbauer, dem geschäftsführenden Direktor der Kölner Bühnen vor, ihren Brief vom 29. Januar mit ihr nicht abgesprochen zu haben, sowie mit Halbwahrheiten, Spekulationen und falschen Behauptungen zu operieren.

30. Januar 2010. In einem Offenen Brief plädiert unter anderem der Intendant der Kölner Oper Uwe Eric Laufenberg für die Neubaupläne und warnt vor der Aufhebung des Ratsbeschlußes für den Neubau per Bürgerbegehren. Das würde, so Laufenberg, die Kölner Bühnen in einen langen und nicht steuerbaren Ausnahmezustand versetzen.

22. Januar 2010.
Ein Zusammenschluss aus zwei Bürgerinitiativen bereitet ein Volksbegehren gegen die Entscheidung der Stadt vor.

7. Januar 2010. Eine Initiative aus Künstlern, Politikern, Schriftstellern und Kulturinteressierten spricht sich für einen Erhalt des Riphahn-Ensembles, also gegen die Neubau-Pläne für die Bühnen der Stadt Köln aus.

Köln, 19. Dezember 2009. Brigitta von Bülow, die Sprecherin der Grünen, postet einen Kommentar, in dem sie die Haltung ihrer Partei erläutert.

Köln, 18. Dezember 2009. Köln erhält nun also doch einen Neubau für Oper und Schauspiel. Wie kann das sein? Regine Müller kommentiert die Entscheidung und hat auch mit Schauspielchefin Karin Beier gesprochen, die u.a. auch Enttäuschung über die Unterstützung der Neubaupläne durch die Grünen äußerte.

Köln, 15. Dezember 2009. Frank-Patrick Steckel schreibt einen Brief in Sachen Abriss und Neubau des Kölner Opern- und Theaterkomplexes; nachtkritik.de liegt er vor.

Köln, 10. Dezember 2009. Jürgen Flimm setzt sich, im Gespräch mit der FAZ (10.12.), für den Erhalt des Kölner Schauspielhauses ein. "Ich verstehe gar nicht, warum man das Schauspielhaus jetzt wegschmeißen will. Es ist ein großartiger Bau, der sich auf sehr schöne Weise restaurieren lässt".

Köln, 9. Dezember 2009. In der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (9.12.) äußert sich Andreas Rossmann zu den Spar-Vorschläge von Schauspiel-Intendantin Karin Beier. Derzeit ist man in Köln dabei, das zuletzt auf 364 Millionen Euro kalkulierte Abriss-und-Neubau-Projekt von Opern- und Schauspielhaus-Ensemble so abzuspecken, dass man unter 300 Millionen kommt – was allerdings einige der eigentlich angestrebten Synergieeffekte wieder zur Disposition stellt. Gleichzeitig sind die Kassen der Kommune leer, und der Bühnen-Etat soll voraussichtlich um 6,5 Millionen Euro gekürzt werden. Karin Beier stelle nun die Frage, so referiert Rossmann, ob in dieser Situation nicht zu überlegen sei, die Umbaukosten zu senken. Und denke laut darüber nach, "was ein neues Haus bringen soll, wenn die Mittel fehlen, es angemessen zu bespielen". Deshalb plädiert Beier dafür, Opern- und Schauspielhaus lediglich zu sanieren, was 250 Millionen kosten, rund 45 Millionen einsparen würde – was wenigstens zu Teilen wiederum in den künstlerischen Etat umgelenkt werden könne. "Angesichts enger werdender finanzieller Spielräume", kommentiert Rossmann, "darf es kein Tabu sein, investive und konsumtive Mittel in Beziehung zu setzen. Was Karin Beier anspricht, ist das kulturpolitische Thema der nächsten Jahre. Nicht nur in Köln."

Köln, 4. Dezember 2009. In der Kölnischen Rundschau (4.12.) zitiert Hartmut Wilmes den Kölner Kulturdezernenten Georg Quander mit den Worten "Die Verwaltungsmeinung steht". Oberbürgermeister Roters habe die Vorlage schlussgezeichnet, die dem Stadtrat vorschlägt, "bei einem Kostendeckel von 295 Millionen Euro das Opernhaus zu sanieren und das Schauspielhaus neu zu bauen", ohne ursprünglich geplantes Restaurant und ohne Produktionszentrum, Ballett- und Orchesterprobensäle. Quander empfiehlt den Theater wiederum, "angesichts von Planzahlen nicht gleich in Panik zu verfallen", die befürchteten Etatkürzungen seien "ohnehin so nicht realisierbar". Über Karin Beiers Vorstoß zeigt sich der Dezernent "nicht sehr glücklich", da Bühnenzuschuss und Baumaßnahmen nicht zu verrechnen seien und das von Beier befürwortete Zwei-Stufen-Vorgehen "nur unwesentlich billiger und mit hohen Risiken behaftet" sei. Dieses sähe zunächst eine Sanierung des Schauspielhauses (220 Millionen) und dann eine Einrichtung von Schlosserei und Kinderoper im heutigen Restaurant-Pavillion vor (plus 40 Millionen). Außerdem würde eine Umplanung unweigerlich zu großen Verzögerungen führen: "Wenn wirklich neu ausgeschrieben und ein Wettbewerb durchgeführt werden müsste, vergingen bis zu Beauftragung locker zwei Jahre, um die sich der Aufenthalt in den Interimsquartieren verlängerte", so Quander. Opernchef Laufenberg äußert ebenfalls Unverständnis gegenüber seiner Kollegin Beier, die auch den Riphahn-Bau als Gebäude für schützenswert hält: "Das einzige, was mir einleuchtet", so Laufenberg, "ist die Sorge um den künstlerischen Etat. Die teile ich ausdrücklich." Das Infragestellen des Offenbachplatz-Projekts sei jedoch der falsche Weg. Am 17. Dezember soll der Rat endgültig über das Projekt entscheiden.

Köln, 3. Dezember 2009. In einem von Martin Oehlen geführten Gespräch im Kölner Stadt-Anzeiger (2.12.) verweist der Geschäftsführer des Deutschen Bühnenvereins, Rolf Bolwin, angesichts des neuerlichen Spardruck an den Theatern darauf, dass dort "in den letzten 15 Jahren bereits 7000 Arbeitsplätze abgebaut" wurden und die Spielräume deshalb gering seien. Die in Köln derzeit geplanten Einsparungen von 6,3 Millionen im Bühnen-Etat können seiner Meinung nach nur "mit Personalabbau und betriebsbedingten Kündigungen" bewerkstelligt werden. Karin Beiers Idee, auf den Neubau des Schauspielhauses zu verzichten, kann er nicht befürworten, da es sich um zwei verschiedene Töpfe handele und sich durch einen Neubau womöglich auch Personalkosten einsparen ließen.

Köln, 3. Dezember 2009. Im Kölner Stadt-Anzeiger (3.12.) resümiert Markus Schwering noch einmal die ganze Debatte um Neubau und Sanierung: Erst sollte an anderem Ort ganz neu gebaut werden, dann entschied man die Sanierung der Riphahn-Oper am Offenbach-Platz im Stadtzentrum (April 2005). Ein gutes Jahr später beschloss man auf der Basis eines Architekturwettbewerbs die Sanierung des Opernhauses und den Neubau des Schauspielhauses (Juni 2006). Die Kosten stiegen von zunächst veranschlagten 193 Millionen jedoch auf 258 Millionen (August 2007). Im Juni 2008 fiel dann die Entscheidung für einen Entwurf des Pariser Büros Chaix & Morel und des Kölner Büros JSWD, der einen Schauspielhaus-Neubau und eine komplette Neugestaltung des Opernareals vorsah, veranschlagte Kosten: 230 Millionen, Bauzeit 2010 bis 2013. Im Sommer 2009 schätzte man die Kosten dann auf 364 Millionen Euro, woraufhin Ex-Oberbürgermeister Fritz Schramma einen Planungsstopp verhängte und man begann, Vorschläge zur Kostensenkung zu sammeln. Nun stelle die "unvorhergesehene Kostenexplosion und das städtische Finanzdesaster im Gefolge der Wirtschaftskrise" das Projekt nach "jahrelanger aufreibender Diskussion" wieder in Frage, so Schwering. Während Karin Beier es bei einer Sanierung des Schauspielhauses belassen will, hält Opernintendant Uwe Eric Laufenberg das neue Haus für "zwingend, um die gemeinsamen Raumprobleme lösen zu können". "In der Tat", fragt auch Schwering, "was ist mit Proberäumen, mit der Kinderoper, mit Werkstätten?" Auch der neue Oberbürgermeister Jürgen Roters (SPD) dränge "auf eine klare Entscheidung im Sinne der ursprünglichen Planung – Sanierung plus Neubau" und will das Ganze mit Mitteln von Bund und Land finanzieren.

"In dieser wirtschaftlichen Situation nehme ich das sehr ernst", hat Karin Beier gegenüber Brigitte Schmitz-Kunkel von der Kölnischen Rundschau (28.11.) geäußert. "De facto hieße das, dass wir aufhören können zu spielen." Man könne die Kunst und das Bauvorhaben "nicht voneinander trennen. Im schlimmsten Fall haben wir hinterher ein Prestigeobjekt, in dem auch nicht mehr gespielt werden kann als vorher." Ihren Meinungs-Umschwung erklärt Beier mit der veränderten Finanzsituation: "Die Lage ist angesichts der Haushaltskrise heute eine andere, auch wir müssen da umdenken. Wenn alle den Gürtel enger schnallen müssen, kann sich das Schauspiel selbstverständlich nicht verschließen." Auch gestand sie eine gewisse persönliche Vorliebe für den 1962 erbauten Riphahn-Bau ein: "Es ist ja ein offenes Geheimnis, dass ich sehr an dem alten Haus hänge". Aufgrund "erdrückender pragmatischer Gründe" hatte sie sich allerdings zunächst für den Neubau ausgesprochen.

Köln, 28. November 2009. Der Mitte November von Stadtkämmerer Norbert Walter-Borjans vorgestellte Entwurf für den Kölner Haushalt 2010 sieht für die Bühnen Kürzungen von 6,3 Millionen Euro vor. Dies bedeute für das Schauspiel, so zitiert Christian Bos im Kölner Stadt-Anzeiger (28.11.) Schauspielchefin Karin Beier, dass weniger, vielleicht gar nur noch am Samstag und Sonntag, gespielt werden könne: "Es kann nicht angehen, dass die Stadt gleichzeitig über einen Neubau nachdenkt, dessen Sinn ja vor allem darin besteht, repertoirefähiger zu werden, weniger Schließtage zu haben. Es ist völlig verkehrt, an der Kunst zu sparen und dafür das Gehäuse aufzublasen." Sie sehe natürlich ein, so Beier, "dass es in dieser Haushaltssituation zu Einschränkungen kommen muss". Deshalb forderte sie, die sich noch vor zwei Monaten für einen Neubau ausgesprochen hatte, Oberbürgermeister Jürgen Roters auf, vom Neubau-Plan abzuweichen und stattdessen das alte Haus zu sanieren. Ansonsten könne man einzig bei den Produktionskosten sparen, also weniger spielen. "Natürlich könnte man auch weniger begehrte Gastregisseure und Bühnenstars einladen, weniger aufwändige Inszenierungen planen", wendet Christian Bos ein. "Außerordentliche Produktionen" wie Signas "Martha Rubin" und Katie Mitchells "Wunschkonzert", beide zum Theatertreffen eingeladen, wären nach der Budget-Kürzung allerdings kaum noch möglich. Doch gerade solche Arbeiten hätten "wesentlich zum wiedergewonnenen guten Ruf des Kölner Schauspiels" beigetragen.


Köln, 30. August 2008. nachtkritik.de meldet, dass die Stadt Köln den Neubau des Schauspielhauses und die Sanierung der benachbarten Oper am Offenbachplatz beschlossen hat, und allein die Kosten für den Neubau mit 230 Millionen Euro veranschlagt werden.


Köln, 20. August 2009. nachtkritik.de meldet mit Bezug auf den Kölner Stadt-Anzeiger, dass die Stadt vorhat, den Kulturetat um 20 Prozent zu kürzen.


Weitere Informationen zu aktuellen Sparplänen und der Debatte um die finanzielle Situation der Theater und Künstler finden Sie im nachtkritik-krisometer.

Kommentare  
Kölner Neubaudebatte: Karin Beiers Pläne
Mit Zorn auf die Zielgerade

Von Hartmut Wilmes, 02.04.10, 20:32h
Karin Beier will eigene Vorschläge zur Sanierung des Kölner Schauspiels machen. Bei ihren Ideen will sie so viel wie möglich vom Bestand erhalten. Sie lässt sich zwar von Theaterplanern beraten, eine Animation ihrer Pläne wird es aber nicht geben.
KÖLN - Sie lenkt die laufende, plant die nächste Saison, brütet über Spielplänen - und Grundrissen. Kölns Schauspielchefin Karin Beier will am 11. April im Kölner Rathaus eigene Sanierungsvorschläge machen. „Ich habe mich mit meinem ,Plan B angemeldet, der natürlich einer gewissen Professionalität entbehrt. Schließlich bin ich keine Theaterplanerin“, stellt Beier klar.

An der Anlieferung und am internen Wegesystem des Hauses hat sie angesetzt, „und ich habe versucht, auf vier Stockwerken Räume so aufzuteilen, dass sich die Arbeitsbedingungen für die Mitarbeiter spürbar verbessern.“ Zwar findet sie die Idee der Bürgerbegehrens-Initiatoren „faszinierend, den Bühnenturm vorzuziehen und so den Zuschauerraum zu verkleinern“, sie selbst aber wolle „architektonisch eher nicht in Saal und Portalzone eingreifen“.

Es gehe ihr darum, „so viel wie möglich vom Bestand zu bewahren und die Oper so wenig wie möglich zu tangieren. Aber eine Sanierungsvariante mit optimierten betrieblichen Abläufen kann es natürlich nur dann geben, wenn das Schauspiel wie seit über 50 Jahren einige Räume des Operngebäudes mitbenutzt.“ Zwar lässt sie sich von Theaterplanern beraten, doch eine Animation dieser Pläne wird es ebenso wenig geben wie eine konkrete Preisermittlung: „Die Verwaltung hat es mir nicht erlaubt, diese Planung professionell untersuchen zu lassen, das finde ich nicht in Ordnung. Man hätte mich und Herrn Laufenberg gemeinsam beauftragen müssen, eine Planung zu machen. Denn angesichts mehrerer Damoklesschwerter, die über dem Projekt hängen, halte ich es für fahrlässig, dass eine exakte Prüfung der Sanierung nicht längst stattgefunden hat.“ Der Anwalt der Riphahn-Erben habe ihr versichert, dass man bis zur Einstweiligen Verfügung gehen werde, und den massiven Einwänden der Denkmalpflege stehe kein entsprechender Mehrwert des „Rumpf-Neubaus“ gegenüber. „Ich verstehe nicht, dass der Kulturdezernent immer noch von positiven Signalen des Landeskonservators aus dem Sommer 2009 spricht - da sah der Neubau als Produktionszentrum mit Werkstattgraben ganz anders aus.“
[...]
Kölner Neubaudebatte: über Nacht die Demokratie erfunden
Der Bürger als Hobby-Architekt

Was hält sie vom Informationstag am 11. April? „Es drängt sich schon der Gedanke auf, dass es sich um eine etwas perfide Vernebelungstaktik handelt. Man tut so, als habe man über Nacht die Basisdemokratie erfunden und ruft alle Bürger auf, innerhalb von zwei Wochen alternative Sanierungsvarianten zu entwerfen, um diese dann in einer Viertelstunde im Rathaus zum Besten zu geben. Hallo?! Seit Februar bettele ich beim Oberbürgermeister darum, alternative Sanierungsvarianten als Plan B von Fachleuten entwickeln zu lassen! Aber jetzt sollen plötzlich die Bürger zu Hobbyarchitekten werden und mit dem Geodreieck aus dem Schulranzen ihrer Kinder alternative Pläne entwerfen.“ Die, so Beier, sollen zwar durchkalkuliert werden, doch „die Perfidie ist in einem harmlos klingenden Nachsatz versteckt: Man werde nur jene Alternativen kalkulieren, die das gesamte bestehende Raumprogramm realisieren. Aber wissen Sie was: Diese Kosten kann ich Ihnen auch kalkulieren - die liegen immer so ungefähr bei 260 Millionen Euro.“ Sparen könne man nur am Raumprogramm, „und darüber können doch nur beide Intendanten mit der Stadtverwaltung sprechen“.

So sieht sie es als Ziel der Veranstaltung, „keine ,belastbare Variante vor der Ratssitzung am 13. April auf dem Tisch zu haben“. Was erwartet sie von der Politik? „Ich hoffe nicht, dass die Parteien der Versuchung erliegen, den Schwarzen Peter an die Bürger weiterzugeben. Sondern ich gehe selbstverständlich davon aus, dass sie ihrer Verantwortung gerecht werden. Denn man stelle sich vor, der Bürgerentscheid im Sommer scheitert - dann wird an einer Lösung weitergearbeitet, die nach erfolgreichen Klagen zurückgebaut werden müsste.“

Sollte der Rat das Bürgerbegehren abweisen, „dann ist die Sache für mich auch durch. Ich glaube, dann bin ich erst mal eine Weile in Wien“. Flucht auf Zeit oder Rückzug aus Köln? Dazu schweigt Karin Beier sibyllinisch.
Kölner Neubaudebatte: was für eine Leidenschaft!
Selten gehe ich ins Theater, man kann mich nicht als wissend bezeichnen, ich bin auch schon Rentner, aber wenn ich beobachte, was Karin Beier für diese Stadt leistet, dann lasse ich mich wirklich hinreissen. Was für eine Leidenschaft! Entgegen all dieser Gedankenverhinderer, Sesselfurzer und Minipotentaten hält sie fest an einem einfachen Wunsch: Das Köln gutes Theater bekommt. Und damit meint sie eben auch das Gebäude, dessen architektonische Qualität außer Frage steht. Wir beginnen gerade erst, diese Ästhetik zu schätzen, sowohl auf dem Theater, als auch in der Architektur: Was für ein Fehler wäre ein seelenloser Neubau. Wie wenig Chancen auf eine Wertschätzung der Kölner hat er bereits jetzt, geschweige denn, wenn er dann doch erst vier Jahre später fertig und 150% teurer wird. Mindestens.
Kölner Affäre: Freude
Freude, Freude, Freude...und viel Glück für Karin Beier,...bleiben Sie in Köln. - Die Stadt könnte Sie lieben.

Gruß 123
Erhalt in Köln: Stellungnahme der Grünen
Bezug nehmend auf Ihre Meldung möchte ich ergänzen:
Die Grünen haben nach intensiven Diskussionen entschieden, im Rat für einen Beitritt zum Bürgerbegehren zu stimmen.
Wichtigstes Argument war neben der Kostenexplosion und der ungeklärten Fragen zu Denkmalschutz und Urheberrecht, dass die abgespeckte Version des Neubaus den Abriss des bestehenden Schauspielhauses nicht rechtfertigen kann. Zudem gab es aus breiten Teilen der Kulturszene keine Unterstützung für den Neubau.
Die Bürgerbegehrer haben gegen den Ratsbeschluss zum Neubau des Kölner Schauspielhauses vom 17.12.09 sehr große Erfolge verbuchen können. Die nötigen Unterschriften waren lange vor Fristablauf gesammelt.
Dass es eine so breite Bewegung für das Kölner Schauspiel gibt, dass sich in Köln so viele Menschen als Impulsgeber und Korrektiv einmischen - das finde ich überwältigend. Und ich denke, dass dies für die Kölner Poltik eine große und gute Chance ist.
WIr haben sehr großen Respekt vor dem Engagement der Bürgerbegehrer und danken ihnen sehr.

Nachdem am 17.12.09 die Ratsentscheidung zum Schauspielhaus erfolgte, obwohl nach Meinung der Grünen die Vorlage noch nicht entscheidungsreif war,
haben wir sehr intensiv weiterdiskutiert in der gesamten Fraktion, sowie in den Fach AKs Kultur und Stadtentwicklung und Finanzen.
Wir haben uns ausführlich mit dem zur Verfügung stehenden Material beschäftigt und uns mit Verwaltung, Neubau- Befürwortern und natürlich den Initiatoren des Bürgerbegehrens, den IntendantInnen, mit Vertretern des technischen Bühnenpersonals, und der Schauspieler beraten.
Innerhalb der Fraktion habe wir ergebnisoffen diskutiert. Somit ist das Ergebnis unserer Abstimmung nicht ein "Nachgeben", sondern ein aktiver Schritt.(leider ohne unseren Koalitionspartner).

Nun geht es darum, eine Sanierungslösung zu finden, die ein höchstmögliches Maß an Funktionalität entwickelt für die künstlerischen und technischen Bedarfe der Häuser, mit möglichst geringen Eingriffen in das bestehende Schauspielhaus, sodass
Interessen wie Denkmal- und Urheberrechtsschutz nicht tangiert werden.
Bürgerbegehrer und Karin Beier haben an dieser Stelle schon bewundernswerte Energie aufgebracht und Konzepte entworfen, die wegweisend sind.

Dass es im Rat eine Mehrheit für den BÜrgerentscheid gegeben hat, ist ein Gewinn nicht nur unter zeitliche Aspekten - es kann(und muss) nun direkt mit den Sanierungsplanungen begonnen werden. Es ist auch ein finanzieller Gewinn - denn im gebeutelten Stadthaushalt können die ca. eine Mio Euro, die der Bürgerentscheid gekostet hätte, nun an anderer Stelle gebraucht werden.
Kommentar schreiben