Das Riesending in Mitte

21. Oktober 2021. Was ist eine "trotzfrigide" Art, einen Intendanzstart anzugehen? René Pollesch weiß es, praktiziert es und plaudert es im neuen Theaterpodcast #40 aus. Und er erklärt, wie er im Kollektiv mit Bertolt Brecht die Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz Berlin neu startet.

Von Susanne Burkhardt und Elena Philipp

Das Riesending in Mitte

20. Oktober 2021. Seit vier Wochen läuft die Spielzeit an der Volksbühne, der nun das Team Pollesch vorsteht. Swingende Lässigkeit bescheinigen die einen dem eröffnenden "Zirkusabend, der Revolutionäre im Rentnerparadies zeigte". Unter der Latte durchgesprungen! Wie souverän. Deutlich war aber auch das Murren über den "enttäuschend lahmen" Einstieg. "Wovon außer von seinen eigenen Stars in der Manege handelt dieses Theater eigentlich?", fragte etwa die Kritikerin Eva Behrendt. "Wo weist es in die Zukunft?" Einige Antworten darauf hat René Pollesch selbst,  und er teilt sie im Theaterpodcast #40 mit Susanne Burkhardt und Elena Philipp.

 

 

"Es gibt da kein Konzept für ein Understatement", sagt er etwa. "Wir haben auch nichts verlautbart, deswegen wart Ihr (Journalist:innen, d. Red.) in der Not und musstet eine eigene Pitching Line finden." Auch das ist eine Form geteilter Verantwortung, so wie die Leitung des "Riesendings in Mitte". Wie es funktioniert, seine mit den Spieler:innen geteilte Arbeitspraxis als Autor und Regisseur auf ein ganzes Haus zu übertragen – einer der "Pitches" in der Kollektiv-Bewerbung 2018 –, mag René Pollesch zwar nicht beantworten. Aber inwiefern er die neue Volksbühne etwa in Besetzungsfragen wegweisend findet, erzählt der neue Chef gerne, der zwar als Einzelner da sitzt, aber immer auch all diejenigen repräsentiert, mit denen er im steten Austausch ist.

René Pollesch © Thomas AurinRené Pollesch © Thomas AurinWoran er arbeitet? Am Intendant-Sein, ja, aber nicht in patriarchaler Manier, wie er betont: "Ich weiß gar nicht, was Intendanz heißt, was eigentlich meine Aufgabe wäre. ... Ich weiß, dass verschiedene Leute am Haus wissen, wie so ein Theater funktioniert. Das sind Leute, die so ein Theater am Leben halten. Ich bin regieführender Intendant und ich schreibe auch – und das werde ich auch weiterhin tun."

Im November folgt die nächste Pollesch-Premiere, "Herr Puntilla und das Riesending in Mitte". Eine Serie beginnt bekanntlich erst bei Drei, und so begeht der Autor-Regisseur seinen Volksbühnen-Wieder-Einstand mit einer Trilogie, deren Titel sich an Brecht anlehnen.

Brecht, der Autoren und Schauspieler:innen unter Umgehung des Regisseurs zusammendachte und der offiziell ebenfalls Intendant war, aber den Job Helene Weigel überließ, steht Pate für das Unternehmen Neustart Volksbühne. Über Brecht, politische Kämpfe heute und "trotzfrigide" Reaktionen spricht Pollesch im Theaterpodcast #40.

 

Alle Folgen des Theaterpodcast gibt es hier.

 

 

 

 In Kooperation mit Deutschlandfunk Kultur.

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Kommentare  
Theaterpodcast: Brettchen
Meine Güte, ist das alles dünn. Und unangenehm elitär. Und versnobbt. Und kenntnislos. Alles außer der eigenen Praxis wird gemacht von "Theaterfuzzis und Papas" und alle schielen auf die Gunst von Dössel. Komm mal an in 2021, René, staub Dein Feindbild ab, Du Spiegelei des Terrors.
Und ein bisschen schärfer nachfragen darf man schon auch – pardon – wenn einer so einen eitlen Quark quirlt, seine Ahnungslosigkeit oder Faulheit als Methode verkauft und wirklich NULL Verantwortung übernimmt. Das ist doch peinlich. Nee, ehrlich gesagt: feige und faul ist das.
Theaterpodcast: Ruhig Blut
#1
What? Da versucht jemand einen anderen Weg und schon wird wieder draufgeschlagen.Ein alter weißer Mann macht auf flache Hierarchie!!
Und jetzt fehlt die "Verantwortung" und die "Schärfe"?
Ruhig Blut und lass sie ihren "Quark machen".
Vielleicht schmeckt er sogar.
Theaterpodcast: Faulheit
#2
Wahr? Ein alter weißer Mann geht einen anderen Weg und schon geht die Kritik los? an anderen Theatern brennt die Hütte! "Verantwortung" übernehmen? Ja. " Schärfe"? Ja! "Ankommen in 21"? Ja!
Lieber ein neuer "Quark"-versuch als pseudomordenistisches Spiegelei.
Was modern ist, wird die Zukunft beschreiben und Faulheit ist die Basis der Kreativität.
Alles andere ist Beton im Kopf.
Theaterpodcast: unklar
Die vier Mitbewerber:innen der Intendanz sprechen also in diesem Podcast durch Pollesch hindurch! Namen kann man leider nicht nennen. Einen Körper oder eine eigene Sprache haben sie wohl auch nicht. Ich höre immer nur Pollesch und Brecht, Brecht und Pollesch - und die Verneinung dieser Position. Was an die Stelle tritt, bleibt mehr als unklar. Ferner zucke ich zusammen, wenn ich höre, dass Zuschauer:innen, die nur Sehen und sich nicht bewegen, inaktiv sind. Ich sehe täglich tausende sich bewegende passive Körper in der Stadt, kenne hunderte Beispiele von äußerlich unbewegten, aber wachen, denkenden, wahrnehmenden und aktiven Menschen.
Theaterpodcast: Nachfragen
Vielleicht sollten sich Künstler:innen nicht durch Interviews entzaubern. (Wobei bei mir mehr als der schöne Titelzauber von Pollesch eh nie funktioniert hat - das Möchtegernsoziologiegewäsch jedenfalls nicht.)
Nur ein Beispiel: Wenn ein Intendant darauf achtet, dass nicht immer nur die selben Spieler:innen seines Ensembles besetzt werden, ist es paternalistisch. Wenn Rene selbst seine Lieblinge besetzt, ist es hingegen kollektiv-demokratisch-gut?
Mich würde auch die Frage interessieren, ob er ein anderes Gehalt kriegt als die anderen, weil er ist ja gar nichts besonderes da und weiß auch gar nicht, was ein Intendant zu tun hat…
Theaterpodcast: Brecht zum Internet
Eigentlich geht es um etwas vollkommen anderes. Da fehlen so viele Aspekte. Sitzen denn da wirklich nur ZuschauerInnen und MacherInnen auf der Bühne? Was hätte Brecht zu der Anwesenheit des Internet im Zuschauerraum gesagt? Hätte er sein Modell nicht neu gedacht? - Kaum nachvollziehbar, dass jemand mit solchen historischen Ansätzen meint, tatsächlich den heutigen Kommunikationsraum entschlüsselt zu haben. Das Fluidum zwischen Darstellung und Dargestelltem und den Menschen in der Wahrnehmung auf allen Seiten ist etwas umfassender geworden, als hier besprochen.
Theaterpodcast: Entzauberung
Mit großer Vorfreude habe ich den Podcast gehört und mit einem kalten Schauer, der über mich kam, habe ich ihn beendet, was für eine Selbstdemontahe? Trotzfrigide? Ist das die Demonstration seiner Wortschöpfung? Alles klingt irgendwie hübsch und sexy und bleibt als schale Hülle, substanzlos, inhaltsfrei und unglaubwürdig im Raum stehen. Eo ist das Kollektiv? Wie verändert diese neue Leitungsstruktur das Theater? Schauspielerinnen dürfen jetzt auch Vorschläge machen? Brecht als Erklärungsinstrument für eine heutige Gesellschaft? Das ist so schade!
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