Ein Satz der Goethe'schen Iphigenie – die sie, natürlich in der Regie ihres Ehemanns Hans Neuenfels, vor mehr als drei Jahrzehnten verkörperte – ist ihr besonders lieb: "Doch immer bin ich, wie im ersten, fremd." Nein, eine Vertrautheitsspielerin ist Elisabeth Trissenaar nicht. Sie sucht in den ihr aufgegebenen Figuren nicht das Alltägliche auf, nicht das Natürliche, sondern das Ferne, Fremde und Künstliche. Vom Fremden in sich aber wird sie, wenn sie Fräulein Julie, Penthesilea, Medea oder all die anderen großen Frauenrollen spielt, regelrecht durchtobt. Ihr sprachlicher Duktus nähert sich dabei dem hohen Ton, dem sie jedoch alles Elegische und alles Kulinarische ausgetrieben hat. Sie kann schrecklich sein, schrecklich spitz, schrecklich schrill, schrecklich ironisch und schrecklich schön. Und manchmal hält man sie kaum aus. Doch immer bleibt sie dabei, wie im ersten, fremd – und groß.
Elisabeth Trissenaar, die mit Hans Neuenfels in rund 70 Inszenierungen – eine unglaubliche Zahl –, aber auch mit Ruth Berghaus, Rainer Werner Fassbinder oder Einar Schleef gearbeitet hat, vollendet heute das siebte Jahrzehnt ihrer Lebensreise. Nach dem Glück befragt, sagte sie einmal: "In jedem Fall sollte ja doch eine Anstrengung dahinterstecken, und heute wird der Glücksbegriff allgemein mit wenig Anstrengung verbunden." Wenn wir ihr etwas wünschen dürfen, dann das: ein erworbenes, ein nicht anstrengungsloses Glück.
(wb)
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