Trend zur Stückentwicklung

18. November 2014. Die große Biennale des Kinder- und Jugendtheaters "Augenblick mal!" hat ihre Auswahl für das Festival 2015 bekannt gegeben. Für die kommende 13. Auflage dieses Theatertreffens, die vom 21. bis 26. April 2015 am Berliner Theater an der Parkaue und am Grips Theater stattfindet, wurden von einer fünfköpfigen Jury 195 Theaterinszenierungen in ganz Deutschland gesichtet und jeweils fünf Kinder- und fünf Jugendtheaterarbeiten eingeladen. Zudem werden drei internationale Gastspiele zu sehen sein:


Kindertheater aus Deutschland

35 Kilo Hoffnung (ab 9 Jahre)
nach Anna Gavalda und Petra Wüllenweber
Regie: Martin Grünheit
Junges Staatstheater Braunschweig

Ein Bein hier ein Bein dort (ab 8 Jahre)
von Anna Konjetzky
Choreographie: Anna Konjetzky
Anna Konjetzky, in Koproduktion mit dem Think Big! Festival, München

Höhenflug oder warum weinen (8–11 Jahre)
Idee & Entwicklung: Beate Höhn, Arne Forke, Katharina Baur
Choreographie, Regie: Beate Höhn
CO>LABS, Tafelhalle Nürnberg

Nimmer (6–10 Jahre)
ein Tanzstück von Antje Pfundtner in Gesellschaft
Choreografie: Antje Pfundtner
K3 / Tanzplan Hamburg, in Koproduktion mit Kampnagel, HELLERAU -
Europäisches Zentrum der Künste Dresden, FFT Düsseldorf |

Trashedy (ab 11 Jahre)
von Performing Group (von und mit: Leandro Kees, Daniel Mathéus, Martin Rascher)
Idee & Regie: Leandro Kees
Performing Group, in Kooperation mit tanzhaus nrw, Düsseldorf


Jugendtheater aus Deutschland

2 Uhr 14 (ab 14 Jahre)
von David Paquet
Regie: Ronny Jakubaschk
Theater der Jungen Welt Leipzig

Ein Bodybild (ab 14 Jahre)
von Corinna Sigmund
Regie: Martin Grünheit
Theater Marabu, Bonn, in Kooperation mit cobratheater.cobra

Kindersoldaten (ab 14 Jahre)
Text & Regie: Gernot Grünewald
Junge Akteure, Theater Bremen

Räuberhände (ab 16 Jahre)
von Finn-Ole Heinrich, in einer Fassung von Michael Müller
Regie: Anne Lenk
Nachtkritik vom 16. August 2013
Thalia Theater, Hamburg

Steh Deinen Mann (ab 13 Jahre)
von Christopher Weiß
Regie: Reimar de la Chevallerie
boat people projekt GbR, Göttingen, in Kooperation mit Göttinger
Sport und Freizeit GmbH & Co. KG, Stiftung Leben & Umwelt /
Heinrich-Böll-Stiftung Niedersachsen, Aktion Libero


Internationale Gastspiele

Adishatz / Adieu (ab 15 Jahre)
Konzept & Performance: Jonathan Capdevielle
Regie: Jonathan Capdevielle |
Jonathan Capdevielle, Paris (FR), in Koproduktion mit CCNMLR (FR),
CCNFC (FR), Belfort, und BIT Teatergarasjen, Bergen (NO)

Rauw (8–12 Jahre)
Konzept & Choreographie: Joke Laureyns & Kwint Manshoven
kabinet k, Gent (BE)

SWIFT! (3 – 14 Jahre)
von & mit: Paolo Cardona
Regie: Isabelle Hervouët
SKAPPA! & associés, Marseille (FR)

Der Auswahljury für Festival 2015 gehörten an: der Kölner Dramaturg, Theaterkritiker und Übersetzer Dirk H. Fröse, der Kulturjournalist Bernd Mand aus Mannheim, der Theatermacher Steffen Moor aus Dortmund, die Berliner Dramaturgin, Theaterpädagogin und Projektleiterin Anne Paffenholz sowie die Tanzjournalistin Melanie Suchy aus Düsseldorf und Frankfurt a.M. Die internationalen Gastspiele wurden vom Intendanten des Theaters an der Parkaue Kay Wuschek und Festivalleiter Gerd Taube kuratiert.

In ihrer Presseaussendung zur Festivalauswahl hebt die Jury hervor, dass in der Mehrzahl "Stückentwicklungen" eingeladen sind, "die über Improvisationen, Recherchen und die frühe
Einbeziehung des jungen Publikums in den Probenprozess einen eigenen, unmittelbaren Zugang zu ihrem Thema aufbauen. Nur eine der Inszenierungen hat eine dramatische Stückvorlage als Grundlage. Zwei weitere Produktionen adaptieren Romanvorlagen für die Bühne."

(chr)

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Kommentare  
Augenblick mal 2015: was fehlt
Bei den Kinderstücken fehlt mir definitiv "Bei den wilden Kerlen" vom Hamburger Thalia Theater!
Augenblick mal 2015: wieso kaum Stückvorlagen?
Die Jury streicht es als positiv heraus, dass kaum Inszenierungen dramatischer Stückvorlagen eingeladen sind. Interessant, dass auch das Kindertheater offenbar Schwierigkeiten mit Autoren hat (siehe Diskussion TT Stückemarkt). Warum? Was macht Liquid literacy PER SE wertvoller?
Augenblick mal 2015: schwindende Auseinandersetzung
@quer: Es schwindet die Lust, sich mit einer Vorlage auseinander zu setzen. Es sei denn, man kann die nach eigenem Gusto umgestalten (Romanadaption). Dies wird von RegisseurInnen freimütig bekannt. Auch bei Stückentwicklungen ist man freier, das zu tun, was einem durch die Birne schießt. Das kann ja auch zu hochwertigen Ergebnissen führen. Trotzdem finde ich die Abkehr von der literarischen Form bedauerlich. Vermutlich hat es auch damit zu tun: Wenn sowieso nicht so viel nachgespielt wird, kann man auch projektorientiert denken - diese Projekte kommen selten ins Repertoire anderer Theater. Ein Text muss es schaffen, dass verschiedene Theater sich an ihm abarbeiten können. Eine Stückentwicklung nicht. Wobei das Kinder- und Jugendtheaterzentrum sich ja um Repertoire-Bildung bemüht ...
Augenblick mal 2015: Anforderung komplexe Erzählungen
@Autorin: Vielleicht liegt es aber auch an der literarischen Form. Ich lese häufig Texte für Kinder und Jugendliche, die in ihrer Form abgeschlossen, eineindeutig und damit für einige Regisseure und/oder Dramaturgen unspannend sind. Ich glaube, dass Autoren/Regisseure/Dramaturgen = Theater vor einer gewaltigen Aufgabe stehen, die Ulf Schmidt auf der dg-tagung im letzten Jahr in Mannheim so formulierte: "die nächste Gesellschaft ist eine komplexe, die komplexes Theater erfordert. Ich rede von Erzählungen, die in ihrem Umfang den traditionellen Theaterabend überschreiten." Ich kann nicht für alle eingeladenen Produktionen beurteilen, ob sie dem gerecht werden, aber vielleicht schaffen das im Moment eher Stückentwicklungen und Projekte, die prozessorientiert und daher offener sind...
Augeblick mal 2015: bleibt abzuwarten
@Dramaturg: Interessante Frage. Dazu fällt mir ein, dass, wann immer ich eher "offene Formen" hatte, sowohl Verlag als auch Theater bemüht waren, auf mich einzuwirken, dass ich deutlicher werde, geschlossener. Keine Erklärung dafür. Und zum anderen gibt's ja auch längst die Gegenbewegung zu dem, was Ulf Schmidt formuliert - Stegmann schreibt zum Diskurs des Postdramatischen: "Ärgerlich wird dieser Diskurs, wo er sich zum ästhetischen Maßstab erhebt und mit eben dieser Sprache nicht das gegenwärtige Theater analysiert, sondern dem Theater seine weitere künstlerische Entwicklung vorschreiben will."

Bleibt also abzuwarten, ob aus den formulierten Thesen Schmidts die Kunst der Zukunft wird.

Hier der Link, Quelle zum Zitat:


http://www.schaubuehne.de/uploads/Nach-der-Postdramatik.pdf
Augenblick mal!-Auswahl: Kaderentscheidung
Leider eine politische Kaderentscheidung des Kinder- und Jugendtheaterzentrums, die wollen auf Biegen und Brechen den "jungen" Tanz fördern, dabei erreicht dieser nicht mal ein Prozent aller Zuschauer in Deutschland. Die Theater, die seit Jahrzehnten das Basisangebot für Kinder- und Jugendliche wurden gänzlich ignoriert, auf DVD gesichtet ... Kinder- und Jugendtheater ist bunt, ist vielfältig und nicht nur Tanz. Nur weil es gerade einmal hip ... Schade für die Szene.
Augenblick mal!-Auswahl: Verschwörungstheorie
@Zuschauer: Die Jury besteht nicht aus dem KJTZ - . Verschwörungstheorien sind also unpassend.
Augenblick mal 2015: Frage
Aber vom wem wird die Jury berufen? Doch auch von Gerd Taube, dem Leiter des KJTZ.
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