Stinkt der Fisch vom Koppe her?

23. Oktober 2012. Claus Peymann findet es ist noch nicht genug, das viele Geld, das Theaterintendanten hierzulande verdienen können. Schließlich gäbe es Bürgermeister und Dezernenten wie Sand am Meer, aber man finde erst einmal einen befähigten Theaterleiter. Das Gewandhaus oder das Berliner Ensemble prägten doch das Gesicht der Städte.

Good old Claus, immer im Angriff. Bewunderungswürdig.

Herr Chailly jedenfalls, der Chefdirigent des Leipziger Gewandhauses, möchte nicht, dass seine Gage in der Öffentlichkeit bekannt wird. Andernfalls kündige er. Sein Salär jedenfalls ging zuletzt steil nach oben, während die übrigen Leipziger Kulturgelder den rapidösen Sinkflug antraten. Und Herr Reese in Frankfurt ..., und die Intendanten in Stuttgart ... insgesamt ist es durchaus interessant, was der Beitrag Wie viel kann und sollte Kultur kosten in der ARD-Sendung Titel Thesen Temperamente am vergangenen Sonntag (21.10.2012) so zusammengetragen hat.

(jnm)

 

Mehr: Frankfurter Rundschau, 18. Juni 2012, Streit um das Frankfurter Intendantengehalt

Kommentare  
ARD über Spitzengehälter: Gehaltsgefälle behindert Kunst
Ja, es ist durchaus interessant, was die ARD da anspricht, und meines Erachtens wird diese Diskussion viel zu wenig geführt. Nicht mit der Ziel, Geld zu sparen, sondern das Geld gerechter innerhalb des Kulturbereichs zu verteilen. Das Gehaltsgefälle zwischen Intendanten und Schauspielern und die unterschiedliche finanzielle Ausstattung der Stadts- und Staatstheater und aller anderen Häusern und Gruppen sind nicht nur ein Glaubwürdigkeitsproblem, sie sind auch kontraproduktiv - durch höhere Intendantengagen entsteht nämlich nicht bessere Kunst...
ARD über Spitzengehälter: Mühen der Ebene
Interessante Dokumentation.
Abgesehen von Chailly (...), (dessen Fall) nicht die Ausnahme unter Dirigenten ist, sondern die Regel, wie eine Gagenliste der Spitzendirigenten belegen würde, haben mich 2 Statements gefesselt:

1. Peymann: "Berlin ist das Berliner Ensemble."
Aha.
Mann von der Straße, übernehmen sie...
(gerne auch in Paris, New York, Athen und wo das BE sonst noch überall mit Wilson-Inszenierungen gastiert)

2. Ulrich Khuon: "Künstler sind Menschen, die etwas ganz Besonderes können. Das ist nicht so greifbar, das ist nicht so abrechenbar, wie jemand, der eine Firma nach vorne bringt." (in wegwerfendem Ton artikuliert)
Wird hier ein neuer Künstlerkult zelebriert? Eine neue Kunstreligion gefordert?
Ist das der Hochmut des Geistesmenschen vor dem Kaufmann?
Und: wie „greifbar“, „abrechenbar“ sind eigentlich Manager-Gehälter?
Hat Herr Khuon da eine gesellschaftliche Debatte verpennt?

Ich weiß nicht: Ein gewisses Reflexionsniveau dürfte doch selbst beim spontanen Daherplappern nicht unterschritten werden. Andernfalls bekäme ich ja geradezu ein schlechtes Gewissen, wenn ich meine Lust an geistiger Auseinandersetzung den von diesen Herren geleiteten Unternehmen anvertraue.

(Und ich spreche nicht davon, dass diese gediegenen Unternehmen doch eher die Mühen der Ebene repräsentieren - was ich ihnen nicht vorwerfe - als die Gipfel der Kunst.)
ARD über Spitzengehälter: absolutistischer Ton
was ich vor allem bedenklich finde ist die art und weise und des tons der "argumentation", diese vehemenz in der ablehnung, ja geradzu schon mit dem unterton der blasphemie, wenn es um gehälter-höhe sowie -transparenz geht. das hat schon etwas sehr absolutistisches.

peymann kommt dann mit allgemeinplätzen a la "kunst war immer subvention", als ob das jemand bestritten hätte.

und der aufrechte herr khuon tritt ein für "wertschätzung für das außergewöhnliche, den schauspieler" - ach, wenns denn so wäre! wer will denn an die schauspielergehälter, es geht um die der "manager", um relationen etc. seltsam, dass sich da hierzulande alle verantwortlichen so sträuben, da können sich dann kunst & wirtschaft gern die hand geben. wäre es nicht so ärgerlich, man müsste laut lachen!

ok, die orchestermusiker stehen da im vergleich prima da, das wird allgemein anerkannt und gilt sogar als sakrosankt. wenn auch in weiten kreisen des establishments auch nur eher widerwillig.

der khuonsche vergleich mit dem fussball ist dann schon ein solch geschicktes argument, das es einem (mäßig talentierten) hütchenspieler zu ehren gereichen würde:
ein fussballspieler "spielt sein gehalt wieder ein". daran könne man sehen, dass ein solcher verglich hinken muss, weil ja die (subventionierte) kunst dies gar nicht kann. deshalb müsse man "sich einer neiddiskussion stellen" *lol*

- die finanzierung "des" fussballs kann sich jeder selbst zusammengoogeln, der darüber nicht eh schon bescheid weiß
- auf dem felde ließe sich u.u. die frage nach "der moral" stellen

es geht doch einzig und allein um markt & marktwert, "was lassen wir uns die kunst kosten?". und so wie es aussieht hat man für einen kleinen markt (intendanten- und leitungsstellen) ein eher größeres angebot (an potenziellen leitern), d.h. "angebot größer nachfrage", d.h. preise sinken (eigentlich). solche gesetzmäßigkeiten lassen sich nur mit den peymanschen regeln aushebeln:
- "jemanden von meiner qualität oder der des dirigenten xy gibt es kaum"
woraus folgt: "ich müsste das doppelte verdienen"

sorry, aber: beweisaufnahme abgeschlossen.

übrigens: bin es nur ich oder findest sonst noch jemand, dass peymann in dem interview eine gewisse ähnlichkeit mit max schreck in "nosferatu" hat? (was ja dann auch irgendwie passen würde...)
ARD über Spitzengehälter: der Vollständigkeit halber
Mir wird aus dem Artikel aber nicht ganz klar, auf wen in dem Zusammenhang schon wieder die Erwähnung von Herrn Reese vom Schauspiel Frankfurt zurückgeht: ging es in dem Titel Thesen Temperamente-Beitrag um ihn oder wurde er der Vollständigkeit halber hier von der Nachtkritik wieder einmal angeführt?
(Liebe Kunigunde, der Vollständigkeit halber, was sich leicht überprüfen lässt: es geht im TTT-Beitrag auch um ihn. die Redaktion)
ARD über Spitzengehälter: in einen Topf geworfen
ärgerlich 1: der beitrag von ttt, der alles in einen topf wirft, bzw. werfen lässt, was weder monitär und auch sonst oft nicht, etwas miteinander zu tun hat. jetzt denken wieder alle, dass theaterintendanten soviel bekommen wie dirigenten, schauspieler soviel wie intendanten, alle zusammen wollen soviel wie fussballer und sind so opportunitisch wie herr reese ... . was ein undifferenzierter käse. den schauspielern und tänzern mit abstand mehr geld, die orchester, v.a. die dirigenten (noch mehr) auf diät, die leitungsetage im verhältnis zu den bühnenkünstlern ordentlich bezahlen und v.a. mit kulturamtsleuten flankieren, die welche sind. dann wird vielleicht ein schuh draus.

ärgerlich 2: alle machen diese doofe diskussion mit, reden stundenlang über peymann und co., machen das forum für die vorzeigeblödis noch größer, auf dass die vielen, die für wenig kohle viel arbeiten im fröhlichen kulturbetrieb noch besser dahinter verschwinden.

ärgerlich 3: und dann noch die lustige staats-, stadt-, freie theaterdiskussion. schon mal bemerkt, dass alle ihr geld aus den selben händen bekommen? schon mal darüber nachgedacht, dass es in ordnung ist, wenn sich eine gesellschaft kontinuierliche und (!) flexible strukturen erlaubt? auch in der kunst? was ist frei an einer szene, wenn sie dasselbe will, wie die sog. festen häuser? warum und wofür wollen die einen das, was die anderen haben und worin unterscheiden sie sich, wenn das dann so wäre? oder reden wir hier von einer grundsätzlich falschen politik. wenn das so ist, kann dieser alte unnütze grabenkrieg gleich wieder beendet werden und dafür zusammen neue strukturen ersonnen werden, für die man dann aber auch steht. dieses reflexhafte "zu viel" und zu wenig" ist nicht klüger und würdiger, als das, was der beitrag mitsamt den interviewten da zusammengepuzzelt haben.

ärgerlich 4: die kurzzusammenfassung von nk fasst nur die "bad of ..." der einzelnen interviewten zusammen, spart sich aber eine einordnung des beitrag an sich. das ist schade, weil man nun glaubt, der beitrag an sich wäre untadelig, allein die beiträge der befragten seinen blöd. das stimmt aber nicht. der beitrag selbst weiss gar nicht nach was er fragt und wovon er redet, ansonsten kann man es nicht durchgehen lassen, wenn z.b. von den bühnenkünstlern geredet wird, um deren gehalter es doch gar nicht gehen sollte, oder?
ARD über Spitzengehälter: Rolle der nk-Redaktion
Liebe Olympe,
nachtkritik versteht sich nicht prinzipiell als das Medium, das per einordnenden Kommentaren der Redaktion Orientierung gibt.
Das ist für uns nicht zu leisten und wir wollten es auch nicht in jedem Fall leisten. Selbst wenn wir könnten.
Wir sind durchaus angetan davon, dass Kommentator_innen wie Sie das Material, welches wir finden und weiterreichen, dann ihrerseits kommentieren und einordnen.
Natürlich müsste dieser schriftliche "Diskurs" wiederum noch einmal zusammengefasst und verdichtet werden.
Wie wir (Redaktion, Autor_innen, Kommentator_innen) das alle zusammen hinkriegen könnten, das wissen wir (Redaktion) auch noch nicht. Wir arbeiten derzeit daran.
Gruß
Nikolaus Merck
ARD über Spitzengehälter: Vorgehensweise
olympe, sie haben völlig recht: der ttt-beitrag nimmt sich aus wie ein gemischtwarenladen.
aber: seine stoßrichtung ist m.e. völlig klar - es geht in erster linie um systemische veränderungen. und so unwahrscheinlich sie auch immer sein mögen, sie beginnen (oder könnten, ja müssten! beginnen) bei der tranparenz von leitungsgehälter - was ja auch der aufmacher des beitrages war.
dann kamen die blendwerk-abfeuerer zu wort, mit sich selbst entlarvender rhetorik.
schade nur, dass diese thematik immer nur in nischensendungen auftaucht. was wiederum dann vielleicht auch die von ihnen beschriebenen defizite mit sich bringen mag. anyway, ich finde es wichtig, diese (von seiten ttt) problematisierten dinge aufs tapet zu bringen. für die von ihnen, olympe, beklagte vermischung hat doch dann hauptsächlich herr khuon gesorgt...

wo sie, olympe, jetzt den ewigen vicious-circle für ihr "ärgerlich drei" hernehmen ist mir jetzt ein wenig unklar. wie sähe denn ihr vorschlag bzw. ihre vorgehensweise in der grundsätzlichen sache aus? vorausgesetzt, wir könnten uns auf eine solche überhaupt einigen...
ARD über Spitzengehälter: Wellen der Umverteilung
Die Brille setzt den Bezugsrahmen: "Manager-Gehälter", eine Debatte die in die affektierte Schäumerei führt, Ackermann + Reese = Frankfurt City, dazwischen Occupy und Brecht-Abende mit Stephane Hessel! So sieht sie halt aus, die alte westdeutsche Diskursdemokratie - zumindest sah sie für mich immer so aus, der ich aus den "Neuen Bundesländern" komme. (Ahash ist auch nicht mein Klarnahme, sorry, aber nach Stasi-Erfahrung und Gauck-Behörden-Erfahrung sag ich nur noch unter vorgehaltener Hand, was ich denke... ich frag mich gerade, ob das eine ostdeutsche Grunderfahrung sein könnte) Na ja, aber ich rede hier auch mit, ich lebe noch: Also der Heiner hat den schönen Satz gesagt "Das westdeutsche Kapital hebt sich immer zu Tode", und jetzt, da die alte BRD versinkt in den Wellen der Umverteilung von Unten nach Oben, zeigt sich auch, dass Argumente nicht allein für Demokratie stehen, die wirtschaftliche Macht schafft Fakten. Kurzum: In der BRD ist das Offenlegen von Verdiensten strafrechtlich relevant. Reese wehrt sich nicht, unterstützt also die Offenlegung, was ich lobenswert finde. Im Vergleich zu den Gewerkschaftsskandalen oder Steinbrück-Einnahmen, die allesamt viel später aus der Presse entnehmbar waren, scheint Reese die Transparanz zu begrüßen, indem er das Schweigegeld zwar annimmt, aber auch der Presse zur Kenntnis gibt (oder wer hat die Frankfurter Rundschau informiert?). -
ARD über Spitzengehälter: Ärgerlich mal drei
lieber nikolaus merck,danke für die antwort. verstehe ich, was sie schreiben. dann das nächste mal vielleicht eine (fast) vollständige aufzählung dessen, was alles nicht zusammengehört, damit es der werte leser selbst merken kann, dass da was unlauter zusammengerührt wird?
am meisten habe ich mich übrigens über die macher des beitrags geärgert, die einfach nicht nachsetzen, wenn mit bühnenkünstlern argumentiert wird, wo doch über leitungsgehälter gesprochen wird, mit fussballern ein system gerechtfertigt wird, dass ja auch im fussball banane ist, exorbitant verdienende dirigenten unkommentiert zwischen intendanten gesetzt werden, denen es auch nicht immer um das selbe geht, sh zb laufenberg und khuon ... .

lieber maxim gorki, mein "ärgerlich drei" bezieht sich auf die stoßrichtung von beitrag 1, den ich so lese, dass nicht die frage der rolle der darstellenden kunst in der gesellschaft und die daraus folgende evtl veränderung der kulturpolitischen systematik gestellt wird, sondern einfach nur das verteilungskarussel angeworfen werden soll und dann ist schon wieder gut. im übrigen erlebe ich es so, dass wenn über geld geredet wird, sofort die lobbyisten aus allen kulturgräben gesprungen kommen und gerne die leiche noch etwas mitfleddern, bevor sie dann wieder biedere, avantgardistischen, kritische ... kunst daraus machen. die ernsthafte und durchaus völlig simple frage: wer will/kann/soll/muss dieser gesellschaft was erzählen und wie nimmt er/sie/es diese gesellschaft überhaupt wahr. wohin sollen diese erzählungen führen und wer ist es, dem wir (noch) zuhören wollen?, geht dabei völlig verloren. Darum, finde ich, geht es aber eigentlich. der rest ergibt sich - mit etwas glück - folgerichtig daraus. tatsächlich aber - sowohl im ttt-beitrag, wie auch in diesen posts - wird eher über die, in der tat unschöne oberfläche diskutiert und das auch gerne recht populistisch - je nachdem, wo man selbst gerade steht, monitär meine ich.
ARD über Spitzengehälter: nur sich selbst verpflichtet
die kunst ist weder der politik noch der kultur verpflichtet. sie ist nur sich selbst verpflichtet, weshalb die frage des geldes keine frage der kunst ist, sondern eine frage der kultur, die anders als die kunst der politik verpflichtet ist. sich für die kunst zu entscheiden, geht mit einer entscheidung gegen die kultur einher, woraus nun klar wird, dass die politik gar kein interesse daran haben kann, dass kunst bezahlt wird. der hinweis der befragten, vollen häusern würden volle städte folgen, ist hier folgerichtig, in seiner verkürzung jedoch falsch, da es gerade nicht die aufgabe der kunst ist, den mächtigen zu dienen
ARD über Spitzengehälter: Widerspruchsgestrüpp
Man kann doch darstellen, ob der Leistungssprung von einem darstellenden Künstler hin zu einem Intendanten tatsächlich so hoch ist, dass er einen solch enormen Unterschied in der Entlohnung rechtfertigt. - Oder besser gesagt, dies ist eben kaum darstellbar, und von daher kaum zu rechtfertigen. Deshalb greift Peymann immer in solchen Momenten zu frechen Äußerungen, ein Khuon setzt sein (...) Gesicht auf und lenkt auf die Künstler, wo es doch eher um seine Gage geht und und und

Dann ist eine "Entschädigung" in Köln auch nochmal etwas anderes, als eine Gagenerhöhung in Frankfurt, denn der ehemalige Intendanten der Kölner Oper ist ja nun ersteinmal eine zeitlang für den Markt verbrannt.

Selten erlebt man, dass eine "Diamant" sich selber bewertet und seine Karat großzügig selbst bestimmt. Doch bei Peymann ist mittlerweile alles möglich. Wenn jemand bei so wenig brillianten Leistungen immer noch jeden Erklärungsbedarf verspottet und sich gleich zum Gesicht einer Metropole erklärt, ließe sich eigentlich fast daraus ein Kündigungsgrund ableiten.

Aber da müsste erst einmal der OB von Berlin, den es ja wie Sand am mehr gibt, seine Linsen schärfen und Kriterien formulieren, an denen sich eine Intendantenleistung messen ließe. Hier aber sagt ja Khuon Schauspielerleistungen seien nicht messbar. Und doch sind sie es in dem Sinne, dass sie vom Grunde her immer schmaler bemessen werden, als die eines Intendanten.

Was bleibt ist ein Gestrüpp aus Widersprüchen, in dem der eine sich zu verbergen sucht, während der andere vorgibt sich aus ihm herausarbeiten zu wollen. Lügen tuen beide. Und hierfür gibt es Gründe.

Erst die hohen Gagen machen diese "Männer" zu besonderen Repräsentanten und nicht umgekehrt. Und hieran soll bitte keiner rühren. Wenn doch gilt er als Neider.

Lächerlich.
ARD über Spitzengehälter: das Maß der Qualität
Wer kann sagen, was gute Kunst ist oder eine gute Intendanz? Darin liegt das Problem.

Kulturpolitiker, die IntendantInnen in ihre Ämter bringen, können anschliessend kaum anfangen, eine/n Intendanten/ Intendantin genauer unter die Lupe zu nehmen. Man kann dann wohl lediglich seine Entscheindung schönreden. I.d.R. bleibt nur eine Nichtverlängerung der Intendanz. Da aber damit die Gefahr künstlerischen Scheiterns nicht gebannt ist, verlängert man schon mal die Verträge, weil man glaubt, damit größerem Ärger aus dem Weg zu gehen. Ein Interesse, über Qualität zu reden, gibt es eher nicht. Und wenn, verlässt man sich auf vom Theater selektierte Clippings. Oder lässt sich vom Theater durch die Zahl der Einladungen an andere Häuser, Festivals oder zum Theatertreffen blenden - auch diese sind nicht immer aussagekräftig. Blenden - wie auch durch die Eigen-PR der LeiterInnen der Kultureinrichtungen, dessen ausgewiesener Ober-Profi C.P. aus Berlin ist.

Ein Beschwören der ach so besonderen deutschsprachigen Kulturlandschaft ist einfach nicht hilfreich. Ich wäre der Letzte, der gegen hohe Gehälter spricht, wenn auch die Häuser, an denen sie gezahlt werden, wirklich spitze wären und auch ausgezeichnete Zuschauerzahlen vorweisen könnten.

Gerade weil PolitikerInnen auf genauere Aussagen angewiesen sind (und so auch besser kontrollierbar wären), wäre eine genaue Auswertung der Kritiken durch eine neutrale Seite samt Einbezug der wirtschaftlichen Performance einer Kultureinrichtung sinnvoll, wobei klar ist, dass KritikerInnen nicht unfehlbar sind, aber eine Tendenz könnte es trotzdem geben, die sich durch die Vielzahl von Kritiken ausgleicht. Aber wer sollte ein solches Instrumentarium aufbauen und dann auch anwenden? Der Deutsche Bühnenverein oder Theater heute? (Kleiner Scherz.) Sicher nicht.
ARD über Spitzengehälter: in der zweiten Reihe
Ja, wie messen?! - Es gab mal einen guten Dramaturgen am DT. Der bekam ein Stück auf den Tisch, es hieß "Kunst". Und er lehnte es ab. Wie gesagt, ein guter Dramaturg. Er beschrieb es später als einen Fehler seines Lebens. Dieser Mann hat tolle Sachen konzipiert. Es gibt Menschen, die sagen, die Baracke ginge auf hin zurück. Aber vor der großen französischen Dramatikerin versagte er. Wir alle wissen, die Schaubühne machte damals das Rennen.

Wenn heute Khuon ein kleines Ding der selben Dramatikerin ansetzt, im selben Haus, dem DT, das damals so versagte, dann ist dies in gewisser Weise messbar.

Wir wissen, Khuon schlägt ein paar Funken aus einem erloschenem Feuer der jüngsten Vergangenheit. Dafür bekommt man normalerweise kein Spitzengehalt. Dafür sitzt man normalerweise in der zweiten Reihe.
ARD über Spitzengehälter: Artikel zum Thema
Zwei aktuelle Artikel zum Thema: http://www.sueddeutsche.de/kultur/gagen-fuer-orchester-im-takt-der-klingenden-muenze-1.1507550 (diskussionswürdig) und http://www.goethe.de/kue/tut/tre/de9956967.htm.
ARD über Spitzengehälter: nur Jelinek macht das Haus nicht voll
@13 Na ja, das kann ja wohl kein Kriterium sein. Zu Y.R. kann man stehen wie man will, mein Favorit ist sie nicht, insoweit steigt mein Respekt für die von Ihnen erwähnte Entscheidung, zumindest aus künstlerischer Sicht. Was ich zuvor geschrieben hatte, bezog sich immer auf den Gesamtauftritt. Eine Erfolgsinszenierung wird da nicht reichen. Khuon-Spielpläne folgen m.M. einem bestimmten Muster, das war z.B. schon sehr gut in Hamburg zu beobachten. Aber wer will es ihm verdenken, man braucht schon ein bisschen Boulevard, nur Jelinek macht das Haus vielleicht doch nicht ganz voll; bringt aber die Großkritik gesammelt ins und wohl auch ein bißchen Ruhm für das Haus. Y.R. ist halt nicht zweite Reihe, eine UA von ihr dürfte ziemlich ins Geld gehen, von perönlichen Beziehungen gar nicht zu reden. Erloschen? Glaube ich nicht. Aber Sie haben recht: Wie messen? Und auch, was alles "messen"?
ARD über Spitzengehälter: besoldeter Narzissmus
@15

Schlagen sie Kriterien vor. Wenn die Arbeit von Darstellern immer "billiger" ist als jene von Intendanten sollte es doch welche geben!?

Pardon, ich schaue nicht immer hier rein;...und natürlich darf man zu Y.R. ein ambivalentes, kritisches Verhältniss haben. Aber sie kann Häuser füllen, wenn man es richtig anstellt.

Zudem dürfen Häuser auch leer sein, wenn es dafür einen außerordentlichen künstlerischen Grund gibt;....solche Gründe hießen mal Grüber, Stein,....und und und.....und danach gab es einen innovativen Schub in dem ganzen Medium.

Aber kommen wir auf die Spitzengehälter zurück. Die hat mittlerweile keiner mehr verdient.

Hat Peymann tatsächlich gesagt, man hätte ihn auf eine Idee gebracht....schon morgen wolle er das Doppelte fordern!? Denken Menschen wie er tatsächlich, es sein schwieriger das BE zu leiten, als eine Stadt wie Berlin zu regieren?!

Nein, sowas denkt Khuon nicht;...dafür ist er zu sehr "Schwabe".

Warum sagt Peymann nicht: Ich halbiere meine Gage, weil ich bekomme eh genug....und aus Wien fließt ja sicher auch noch was zu....und dafür schaffe ich mehr Stellen für Schauspieler. Ich verdoppel mein Ensemble. Ich verdoppel ihre Gagen. Ich verlange, dass der Etat für das Schauspielhaus in W. und in R. verdoppelt wird.

Ich sage ihnen, warum er das nicht sagt: Weil er eine schwere narzistische Störung hat.

Und dem Kulturbetrieb gefällt es mehr diese Störungen zu besolden, als vom Grunde her die Struktur zu ändern.
ARD über Spitzengehälter: Schwächen des Systems
@ 16
Verstehen Sie mich nicht falsch, ich bin für gut bezahlte Stellen. Ich bin aber damit nicht für Riesen-Gehälter. (Ich bin auch nicht für diesen Lohn-Gap verantwortlich!) Ich denke, die Stellen müssen gut bezahlt werden, damit man gute Leute findet; ganz nebenbei ist es, wenn man es gut machen will, auch kein leichter Job. Gut bezahlte Führungsstellen müssen ja nicht gleichzeitig schlecht bezahlte Künstler-Stellen bedeuten. Unten dazu mehr.

Dass die Besetzungspolitik in deutschen Landen schon recht komisch ist, brauchen wir sicherlich an dieser Stelle nicht zu diskutieren. Aber deren Verwerfungen sind es, mit denen wir es hier zu tun haben. Wenn Stadt A der Stadt B den Intendanten abluchst und dafür viel Geld hinlegen muss - dann führt das einerseits zu diesen Gehältern, man wird aber auch das Gefühl nicht los, dass für den Führungsnachwuchs nicht ausreichend getan wird. Wem muss man dafür die Schuld geben? Den Theater? Den Kulturträgern?

Was ist damit ausgesagt, dass IntendantInnen i.d.R. oder immer mehr verdienen als SchauspielerInnen? Das is für mich nur logisch. Darin liegt auch nicht mein Gedanke einer Evaluation begründet. Die Kriterien (siehe auch 12.) würden natürlich nach dem "Erfolg" fragen. Bevor jemand aufschreit: Ich bin für künstlerische Qualität. Wer nur Seichtes spielt, dürfte in so einem Ranking bei allem Zuschauererfolg nicht automatisch auf die ersten Plätze kommen. Ich bin aber zugleich der Meinung, Theater dürfen nicht leer sein. Mit Ausnahme von Privattheatern. Das verunmöglicht Experimente keinesfalls. Weniger Zuschauer, aber künstlerische Innovation - kann ja trotzdem einen guten Platz in so einem Vergleich bedeuten. Wie beschrieben, ginge es neben der künstlerischen Qualität um das Gesamtauftreten eines Hauses. Wie kommuniziert es, wie gut ist der Service? Mails an Theater, die unbeantwortet bleiben, sind auch heute noch keine Ausnahme. Das könnte man z.B. untersuchen. Sie erwarten scheinbar einen ganzen Kriterienkatalog. Da dies hier rein theoretische Überlegungen sind, kann und braucht es gar nicht um eine vollständige Liste zu gehen. Das könnten Bereiche sein wie Innovation, Soziale Standards (negativ z.B.: Lohndumping bei Künstlern, übermässiger Einsatz von PraktikantInnen, bestenfalls noch unbezahlt oder lächerlich entschädigt), Transparenz. Das müsste auch nicht alles jedes Jahr erhoben/untersucht werden. Da könnte man Schwerpunkte setzen.

Oben habe ich von guten Leuten geschrieben. Bisher habe ich schon die Förderung des Nachwuchses erwähnt. Um es auf den Punkt zu bringen: Man bräuchte heute gut ausgebildete Kräfte. Solange RegisseurInnen ohne Leitungserfahrung und auch ohne andere entsprechende Ausbildung in Leitungspositionen kommen, kann man sich schon fragen, ob das die richtige Antwort auf die schwierige Situation der Theater ist. Aber bevor man sich über einzelne IntendantenInnen aufregt - was meiner Meinung nichts bringt -, sollte man vielmehr schauen, was die Schwächen des gesamten Systems sind. Diese haben eben nicht nur mit den Gehältern zu tun.
ARD über Spitzengehälter: Kriterien
Lieber 12, 14, 15, und 17

bedeutet, dass Sie ohne Namen oder Pseudonym schreiben, dass Sie Mitarbeiter der Nachtkritik oder gar der Autor des obigen Hauptbeitrages sind? Entschuldigen Sie meine doofe Frage, aber vielleicht können Sie mich aufklären.

Ihrem letzten Beitrag möchte ich entschieden zustimmen. Die Debatte um die Spitzengehälter am Theater entspricht unserer Zeit und ihren Realitäten. Umso mehr braucht sie klare Kriterien. Auch wenn sich aus denen dann vielleicht nicht ohne weiteres objektive Messverfahren herleiten lassen, könnten sie die Diskussion doch ein wenig objektivieren.
Andernfalls droht ein Abgleiten in die Neiddebatte, wie sich am Beispiel des, mit seiner Gehaltserhöhung in die Schlagzeilen geratenen, Frankfurter Intendanten leicht beobachten lässt. (Zugegeben, das Bekanntwerden dieser Gehaltserhöhung nahm sich etwas seltsam aus - zumal der Zeitpunkt des Bekanntwerdens, im Zusammenhang mit Sparrunden für das Schauspiel und die Oper Frankfurt, denkbar ungünstig erschien. Trotzdem muss man fragen dürfen, ob nicht gerade eine Überprüfung der Frankfurter Theaterarbeit anhand benennbarer Kriterien ergeben würde, dass Herr Reese gute Arbeit leistet und die Steigerung seines Gehaltes durch den Nutzen, welchen er dem Schauspiel bringt, nicht sogar gerechtfertigt erscheint: so die Steigerung der Zuschauerzahlen, der künstlerischen Qualität, Bindung und Pflege eines Stabs hervorragender Schauspieler und künstlerischer Mitarbeiter, um nur einige zu nennen.)

Darum begrüße ich die Bildung von Kriterien als Schritt in Richtung Transparenz sowohl in der hier geführten Debatte als auch am deutschen Stadttheater.
ARD über Spitzengehälter: große Vergleichsstudie nötig
@18
Nein, weder noch.

Solche Kriterien könnte man zwar öffentlich benennen, überprüfen ließen sie sich aber von jedem Einzelnen wahrscheinlich eher nicht. Das müsste schon von zentraler Stelle ausgehen - um noch annähernd die Gewähr von Neutralität zu haben. Erst die Ergebnisse einer solchen Erhebung wären auf eine Art aussagekräftig, vergleich- und diskutierbar.

Sicher ist eine solch große Vergleichsstudie unrealistisch. Aber gespannt wäre ich wirklich darauf.
ARD über Spitzengehälter: Intendanten Pförtner des akademischen Salons
@17 Ich folge ihnen weitgehenst. Auch ich stemme mich nicht gegen gute Bezahlung. Aber im peymannschen Bochum hätten Dene und Voss die besten Gehälter verdient. Dies ist mir heute klar. Und so gibt es viele darstellende Künstler, die das Recht hätten mehr zu verdienen, als jene, die vorgeben sie zu leiten.

http://videos.arte.tv/de/videos/sensation-impressionismus--7010974.html

Schauen sie einmal in diese Dokumentation. Man kann sich dort noch einmal rückerinnern, was die Aufgabe von Mäzenen, von Förderern ist. Das Intendantensystem ist eindeutig eine Vertretung des "offiziellen Salons", gerade und ganz besonders, weil sie es verstehen immer wieder Teile der Innovation abflachend ins Repertoire zu überführen.

Die Besoldungsstruktur der Staatlichen- und Stadttheater bildet in ihrem Kern nur den unbedingten Willen zu einem ästhetischen Konsens ab und zugleich ein Muster von Hörigkeit, dass sich in Geldeinheiten messen lässt.

Sich einem Intendanten andienen zu müssen, heißt soviel, wie seine Farben zu verlieren, bis hin zu einem Punkt, wo sie wieder erträglich werden für die staatlich geförderte kleine Minderheit, die Theater überhaupt besucht. - Dieser Tage wurden im Bellevue Bilder umgehangen, weil sie zu bunt waren. Wir sind nicht so weit von dieser Dokumentation entfernt.

Und so schließe ich mit einer Überlegung, eines der Hauptkriterien müsste sein, dass Intendanten Bewegungen erkennen und ihnen die Tür öffnen, statt Pförtner zu einem offiziellen Salon zu sein.
ARD über Spitzengehälter: bestmöglich positionieren
@20
Besonders Ihr letzter Punkt gefällt mir. Nicht nur in künstlerischer, sondern auch auch aus Management-Sicht. IntendantInnen sollten nicht darin kreativ sein, bestehende Tarifverträge zu umgehen oder zu unterwandern, sondern darin, das jeweilige Haus bestmöglich innovativ zu positionieren. In jeder Hinsicht, künstlerisch, sozial, finanziell ...
ARD über Spitzengehälter: verstanden
@20

Ich danke Ihnen. So sollte man mich verstehen. Ich dachte schon, ich müsste mich auf einen langen Diskurs einrichten. Denn ich hätte auch Argumente gegen meine Haltung, die abgearbeite werden müssten; aber ich fühle mich verstanden! Merci!
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