Presseschau vom 21. August 2010 – Elisabeth Trissenaar spricht in der FAZ über Armin Holz

In die Ohnmacht getrieben

In die Ohnmacht getrieben

21. August 2010. Die Schauspielerin Elisabeth Trissenaar, 1944 in Wien geboren, hat Irene Bazinger in der FAZ (21.8.2010) ein Interview gegeben. Sie spricht über ihre Frankfurter Zeit unter Peter Palitzsch: "Ich habe am Schauspiel Frankfurt fast zehn Jahre gespielt und gelernt, mich als mündiger, denkender Schauspieler zu begreifen." Von 1972 bis 1981 war Trissenaar in Frankfurt. Seit über 40 Jahren ist sie mit dem Regisseur Hans Neuenfels verheiratet: "Regisseursgattinnen werden mitunter ungern von anderen Regisseuren engagiert, das ist ein Fakt. Aber große Köpfe wie Rainer Werner Fassbinder, Einar Schleef oder Ruth Berghaus etwa, bei denen ich auch gespielt habe, hat es nicht gestört, mit wem ich privat zusammen war."

Und sie spricht über den Regisseur Armin Holz, in dessen Inszenierung von Was ihr wollt bei den Ruhrfestspielen sie zuletzt zu sehen war. "Ich glaube", sagt Trissenaar, "sein System besteht vor allem darin, gute, erfahrene Schauspieler zu engagieren, die seine Inszenierungen stützen - wie tragende Steine ein Gewölbe. Mit diesen Besetzungen zieht er Zuschauer an, denn die freuen sich auf Schauspieler, die sie kennen." Sie ist nicht gut auf ihn zu sprechen: "Wir waren acht Schauspieler, davon wollten vier aus dieser Produktion aussteigen, einer war sogar beim Rechtsanwalt."

Mit Holz allerdings habe es keine Möglichkeit gegeben, "die Unstimmigkeiten auszudiskutieren. So wird die Freiheit, die Grundvoraussetzung unseres Berufes, verletzt. Dabei habe ich noch nie einen Regisseur erlebt, der sich so wenig Zeit für die Arbeit mit den Schauspielern genommen hat." Er habe geprobt, wann immer er wollte, nichts habe sich zusammengefügt. "So etwas wie ein Krach war gar nicht möglich, und schon gar kein produktiver!" Allen Konflikten sei Holz ausgewichen, zwei Tage sei er sogar den Proben ferngeblieben. "Da wird man als Schauspieler natürlich in Ohnmachten getrieben."

"Was ist das für eine Zeit", fragt Trissenaar, "in der die Fama eines Regisseurs größer ist als seine tatsächliche Arbeitsleistung? Und in der künstlerische Unfähigkeit durch geschickte Öffentlichkeitsarbeit ersetzt wird, die für positive Porträts des Regisseurs, gute Vorberichte und manchmal sogar Kritiken sorgt?" "Heutzutage scheinen meines Erachtens manche Regisseure viel mehr Zeit darauf zu verwenden, mit Medienleuten zu kungeln und sich strategisch wichtige Netzwerke - oder sagen wir gleich Seilschaften - zu organisieren, als mit den Schauspielern zu arbeiten." Ganz bestimmt sei dies jedenfalls die "schlimmste Erfahrung", die sie mit einem Regisseur hatte. Und warum, fragt Bazinger, "gelangen derartige Geschehnisse fast nie in die Öffentlichkeit?" Antwort: "Ich weiß auch nicht, warum so selten einer von uns den Mund aufmacht. Was haben wir denn zu verlieren – außer unseren Ketten?"

(dip)

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