Medienschau: SRF – Alexander Giesche verkündet Theater-Rückzug

Ende einer Liebesbeziehung

Ende einer Liebesbeziehung

17. April 2024. In einem Beitrag des SRF erzählt der Regisseur Alexander Giesche von seinen Plänen, dem Theater den Rücken zu kehren.

Dass er gerade alles absage, sei möglicherweise "künstlerischer Selbstmord", wird  Alexander Giesche im Originalton zitiert, aber er fühle sich trotz Wehmut über die Entscheidung "befreit".

Die Redakteur:innen Nicole Freudiger und Andreas Klaeui stellen Giesche als einen Regisseur faszinierender Bilderwelten vor, der seine Inszenierungen selbst als "Visual Poems" bezeichne. Theater schätzt er, weil es "einen Raum zum gemeinsam Denken“ und Assoziieren biete.

Giesche hadere mit dem Repertoirebetrieb, der von ihm verlange, bis zu einem Jahr vor der Premiere das Bühnenbild festlegen zu müssen. Das widerspreche seiner Arbeitsweise und dem, was er in der Angewandten Theaterwissenschaft in Gießen gelernt habe, berichtet Andreas Klaeui aus dem Gespräch mit dem Regisseur. Technologisch hinke das Theater zudem seinen eigenen Ansprüchen hinterher – zwar gebe es vor allem seit der Corona-Pandemie digitale Projekte, aber nicht genug Zeit dafür. Das habe Giesche ermüdet: Der Wille, neue Arbeitsweisen auszuprobieren kollidiere mit den überkommenen hierarchischen und schwerfälligen Strukturen.

Am Schauspielhaus Zürich, wo er während der nun zu Ende gehenden Intendanz von Nicolas Stemann und Benjamin von Blomberg einer der acht Hausregisseur:innen gewesen ist, habe sich der Wunsch nach dem Aufeinanderprallen verschiedener Ästhetiken nicht eingelöst. Das lag laut Giesche auch am Corona-Lockdown, der das neue Team nach einem halben Jahr ereilt habe. "Da hat die Pandemie dem Experiment einen Riegel vorgeschoben, kaum dass es angefangen hat", fasst Nicole Freudiger die "unglückliche Situation" zusammen. Andreas Klaeui ergänzt, dass die Künstler:innen auch nach den Lockerungen der Pandemiemaßnahmen als "Bande" nicht zusammengefunden hätten.

Eine Rückkehr ans Theater in Zukunft schließt Alexander Giesche nicht kategorisch aus: "Ich liebe das Theater. Es berührt mich unfassbar. Aber eben nicht mehr so oft wie das früher war. Vielleicht brauche ich jetzt mal ein bisschen Theater-Detox und das ändert sich wieder." Er überlege, noch einmal zu studieren oder eine Ausbildung im Bereich Soziale Arbeit zu machen: "Wir können nicht von der Bühne herunter predigen, ohne eigentlich etwas zu verändern."

(SRF / eph)

Kommentare  
Medienschau Giesche: Marginalisierte Positionen
Man müsste viel mehr darüber sprechen, welche klugen, visionären, radikalen Leute sich in den letzten Jahren aus dem Betrieb zurückgezogen haben oder von diesem marginalisiert werden, weil sie in die schwerfälligen und arg an Auslastungszahlen orientierten Strukturen nicht hineinpassen, oder, weil sie den zusehends einheitlicher werdenden artivistischen Vitalismus der Freien Häuser nicht mitmachen.
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