Offener Brief
Köln, 30. November 2010
Sehr geehrter Herr Bundestagspräsident, lieber Herr Lammert,
dass Ihnen die FAUST-Verleihung in Essen am vergangenen Wochenende, über deren Verlauf Sie ja weitgehend vorher informiert waren, nicht gefallen hat, ist Ihre persönliche Angelegenheit. Es wirft aber auf Ihre Meinungsfindung ein merkwürdiges Licht, dass Sie sich ein öffentliches Urteil anmaßen, obwohl Sie die Veranstaltung bereits nach etwa einer Stunde verlassen haben und deshalb vieles gar nicht wahrnehmen konnten. Hoffentlich findet Ihre Meinungsbildung in anderen wichtigen Fragen nicht auf ähnlich fragmentarischer Grundlage statt. Dass Sie weder über den Humor noch das Verständnis für eine Parodie auf ein Fernsehformat wie die Saalwette verfügen, hatten wir nicht erwartet. Auch nicht Ihre Intoleranz gegenüber dem Anliegen von zwei wunderbaren Schauspielern, einer Preisverleihung mit künstlerischem Wagemut und Ironie einen eigenen Stil zu geben, über den wir gerne streiten mögen. Mehr Grandezza gegenüber der Kunst und ein liebevollerer Blick auf das, was da in Essen geleistet wurde, hätten den zahlreichen dort anwesenden Künstlern sicher gut getan. Schade, dass gerade Sie dies nicht mitbringen. Bei vielen, vor allem jüngeren Besuchern hat im Übrigen die Veranstaltung großen Anklang gefunden. Auch das sollte Ihnen zu denken geben.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Prof. Klaus Zehelein
Präsident des Deutschen Bühnenvereins
Rolf Bolwin
Geschäftsführender Direktor
Dieser Brief antwortet auf die Kritik von Bundestagspräsident Norbert Lammert an der Faust-Theaterpreis-Verleihung am 27. November 2010 in Essen. Sarah Heppekausen schrieb für nachtkritik.de über Veranstaltung. Und hier die Meldung zu den Preisträgern.
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