Habt Geduld!

29. Januar 2024. Theater mit Menschen mit Behinderungen ist so präsent wie nie, im Stadttheater, in der Freien Szene, auf Festivals. Zugleich gibt's Gegenwind und Rückschläge. Prägnantestes Beispiel: die Münchner Kammerspiele. Kann das Theater retten, was die Gesellschaft bei der Inklusion vertrödelt hat?

Von Georg Kasch

Inklusives Theater auf der Höhe der Zeit: Jan-Christoph Gockels Alexander-Kluge-Abend "Wer immer hofft, stirbt singend" an den Münchner Kammerspielen © Maurice Korbel

29. Januar 2024. Was ist nur mit den Münchner Kammerspielen los? In der Süddeutschen Zeitung schreibt Theaterkritikerin und Feuilleton-Redakteurin Christine Dössel wiederholt gegen deren Agenda "politischer Korrektheit" unter Auslassung der Kunst an. Jakob Hayner findet in der Welt, dass es genügend inklusive Theater gebe, da müsse man nicht die Kammerspiele ruinieren. "Selten ist das grosses Theater, meist zielgruppenorientierte Gebrauchsware für die Vervollständigung des Gesinnungshaushalts", urteilt Bernd Noack in der Neuen Zürcher Zeitung.

Man hat den Eindruck, dass sich nicht nur Teile der Kritik, sondern auch des Münchner Publikums nicht mehr in "ihren" Kammerspielen wiederfinden, auch vor Ort, im zuweilen halbleeren Jugendstilsaal. Dorte Lena Eilers hat die Gründe im vergangenen Sommer analysiert. Eine Argumentation aber, die in den kritischen Texten zu den Kammerspielen auffällt, ist die: Weil das Haus inklusiv arbeitet, ist die Qualität gesunken.

Seit dem Amtsantritt von Barbara Mundel im Sommer 2020 gibt es im Ensemble zwei Schauspieler*innen mit Körperbehinderung und mehrere mit kognitiven Beeinträchtigungen. Es ist dabei nicht nur das erste Stadttheater, das diesen Schritt in der Besetzungspolitik geht. Sondern auch das erste aus dem Kreis jener Häuser, die wegen ihrer Geschichte, ihres Ensembles und ihres Budgets zu den leistungsstärksten im deutschsprachigen Raum gehören.

Inklusion als Querschnittthema

Das ist ja eigentlich ein Ausrufezeichen und passt gut in die allgemeine Entwicklung. Gerade erst ist mit "Riesenhaft in Mittelerde" vom Schauspielhaus Zürich und Theater HORA erneut eine Produktion zum Theatertreffen eingeladen worden, die unter wesentlicher Beteiligung von Künstler*innen mit kognitiver Beeinträchtigung entstanden ist. 2023 kam mit "Der kaukasische Kreidekreis", einer Koproduktion von Helgard Haug (Rimini Protokoll) und Theater HORA, erstmals eine inklusive Produktion bei den Salzburger Festspielen heraus. Der Regisseur Leander Haußmann und der Dramatiker Thomas Köck arbeiten mit dem Berliner RambaZamba Theater, das Kollektiv hannsjana macht mit dem Berliner Thikwa hinreißende Arbeiten wie zuletzt "Bauchgefühl". Beim Festival Theaterformen in Hannover und Braunschweig ist unter der Leitung von Anna Mülter Inklusion zu einem Querschnittthema geworden. Auch im Tanztheater ist Bewegung: Sophia Neises hat 2023 den Deutschen Tanzpreis erhalten, Rita Mazzas "Matters of Rhythm" wurde für die Tanzplattform 2024 ausgewählt, und mit Claire Cunningham am HZT Berlin gibt es jetzt die erste Tanzprofessorin mit Behinderung.

Man könnte also sagen: Die Kammerspiele kamen gerade zur rechten Zeit. Zumal sie auch nicht im luftleeren Raum entstanden. 2014 war das Staatstheater Darmstadt das erste Haus, das mit Samuel Koch und Jana Zöll zwei Schauspieler*innen mit Körperbehinderung fest ins Ensemble holte. 2019 richtete zudem das Schauspiel Wuppertal ein inklusives Schauspielstudio ein, um mangelnde Ausbildungsmöglichkeiten zu kompensieren. Die fünf Elev*innen werden auch im regulären Repertoire eingesetzt. Mit Yulia Yáñez Schmidt gibt es eine erste Absolventin, die ihr Festengagement am Jungen Schauspielhaus Düsseldorf angetreten hat. Am Schauspiel Hannover ist Alrun Hofert engagiert.

Das System infrage stellen 

Das sind alles wichtige Entwicklungen. Die Kammerspiele aber legen noch eine gute Schippe drauf. Nicht nur haben sie das einzig wirklich inklusive Ensemble. Sie erforschen auch, wie man ein Stadttheater barrierefrei umbaut. Dabei geht es um Treppenstufen, zu schmale Türen und verwinkelte Räume. Aber vor allem um die Frage, welche Strukturen es braucht, um den Hochleistungsbetrieb Stadttheater so zu gestalten, dass alle an den kreativen Prozessen teilhaben können. Menschen mit Behinderung am Theater haben das Potenzial, das gesamte System infrage zu stellen. Was bedeutet Effizienz, was Produktivität? Warum dauert eine Probenphase im Schnitt sechs Wochen und nicht acht, zehn, zwölf? Müssen es wirklich 30 Premieren im Jahr sein? Haben wir aus den Erkenntnissen während der Pandemie nichts gelernt?

Die größte Furcht der Kritiker*innen dieses Prozesses ist ja, dass die Qualität leidet, guter Wille und politische Entscheidungen die Kunst ersticken. Was stimmt: Theater mit Menschen mit Behinderung ist eine Herausforderung für einen Betrieb, der in den vergangenen dreißig Jahren auf Effizienz und Output getrimmt wurde. Solange inklusives Theater an den Rändern stattfand, in Gruppen wie Theater HORA, Theater RambaZamba oder Meine Damen und Herren, konnte man das noch ignorieren – niemand zählte Premieren nach und wunderte sich. Aber jetzt, da Stadt- und Staatstheater wie Wuppertal und München inklusiv zu arbeiten versuchen, knirscht es. Natürlich auch, weil man überall Erfahrungen sammelt. Weil jedes Haus individuelle Voraussetzungen hat in der Struktur und der Architektur. Und weil es eine Kunst ist, bei derartigen Herausforderungen die ganze Institution – immerhin in der Größe eines mittelständischen Unternehmens – mitzunehmen.

Aber wo sonst sollen denn diese Versuche gemacht werden? Welches Haus hat die logistischen und finanziellen Möglichkeiten? An welchem Theater kommt man nicht vorbei? Dass es ausgerechnet die Münchner Kammerspiele sind, die mit so viel Engagement vorangehen, passt auch deshalb so gut, weil sie in den 1980er Jahren das erste Stadttheater waren, auf dessen Bühne mit Peter Radtke ein Schauspieler mit Körperbehinderung auftrat. Übrigens in der heute so verklärten Intendanz von Dieter Dorn.

Salzburger Festspiele 2023/ Der kaukasische Kreidekreis/ in einer Fassung von Helgard Haug (Rimini Protokoll) mit dem Theater HORA/ Musik von Barbara Morgenstern/ Premiere am 12.08.2023/ Helgard Haug:Konzept und Regie/ Barbara Morgenstern:Komposition/ Laura Knüsel:Bühne/Marc Jungreithmeier:Video und Licht/ Christine Ruynat:Kostüme/Rozenn Liévre:Sounddesign//Remo Beuggert, Robin Gilly, Tiziana Pagliaro, Minhye Ko, Simone Gisler,  Simon Stuber (im Video)"Der kaukasische Kreidekreis" von Theater HORA und Helgard Haug bei den Salzburger Festspielen 2023 © Monika Rittershaus

Zum Start von Mundels Intendanz hat das inklusive Ensemble vermutlich deshalb nicht für mehr Aufmerksamkeit gesorgt, weil mitten in der Pandemie Theaterarbeit ohnehin nur eingeschränkt möglich war – und Menschen mit Behinderungen zur besonders vulnerablen Gruppe gehörten, kaum proben oder auftreten durften. Nun aber zeichnet sich allmählich ein Profil ab. Da ist Jan Christoph Gockels überbordender Alexander-Kluge-Abend "Wer immer hofft, stirbt singend" voller Zirkusbilder und eher einer Idee zu viel als zu wenig. Aber es ist doch eine Arbeit, die zu einer inneren poetischen Wahrhaftigkeit findet. Insbesondere dann, wenn Johanna Kappauf auf der Bühne steht, eine der erstaunlichsten Schauspielerinnen gerade.

Das gilt auch für ihre Titelrolle in "Anti·gone" in leichter Sprache, inszeniert von Nele Jahnke. Der Abend hat seine luftleeren Momente. Aber wieder ist es Kappauf, die mit ihrer so heiter geäußerten Todeslust, herausgeschleudert, als wären ihre Worte Passions-Arien von Johann Sebastian Bach, für Momente der Faszination, Konzentration, auch Irritation sorgen. Johanna Eiworth und Nancy Mensah-Offei beweisen im Kreon-Haimon-Schlagabtausch, dass leichte Sprache genauso spannungsreich klingen kann wie Schiller-Verse.

Und dann gibt es da noch jene Abende, die man als das Schwarzbrot des Repertoires bezeichnen könnte, nahrhaft, aber nicht unbedingt sinnlich, wie Anne Habermehls "Frau Schmidt und das Kind aus Charkiw". Hier spielt Frangiskos Kakoulakis den Sohn, störrisch, eigenwillig, vernuschelt. Das passt gut zu den krummen Elternfiguren von Johanna Eiworth und Edmund Telgenkämper, die immer dann schweigen, wenn sie reden müssten.
Dass bei alledem noch nicht die bahnbrechende, die alles umstürzende Produktion dabei war, gar eine Theatertreffeneinladung ("Wer immer hofft, stirbt singend" immerhin wurde im vergangenen Jahr diskutiert), ist nicht verwunderlich. Bis ein Theater, das sich tiefgreifend wandelt, rund läuft, braucht es seine Zeit. Aber keiner dieser Abende hat zum Beispiel versucht, die Körperlichkeit ihrer Spieler*innen zu interpretieren, sie in einen neuen Sinnzusammenhang zu überführen, wie das in Darmstadt oft der Fall war. Demnächst wird übrigens Falk Richter mit Kappauf arbeiten, in seiner Elfriede-Jelinek-Uraufführung "Asche". Da kommt noch was.

Bleibt neugierig!

Die Kammerspiele aber begreifen sich aber nicht nur als Produktionsstätte, sondern auch als Labor. Das betrifft Fragen wie die Barrierefreiheit, die insbesondere in historischen Theatergebäuden eine Herausforderung ist: Denkmalschutz, Bauordnung, Antragsfristen. Das betrifft aber auch Fragen der Geschwindigkeit. Habt Geduld, ist eine Erkenntnis, die man allen mit Stadttheater- und Freie-Szene-Hintergrund mitgeben möchte, sich dafür interessieren, mit Menschen mit Behinderungen Theater zu machen (neben Augenhöhe bei künstlerischen Prozessen und einer kritischen Analyse der Machtverhältnisse).

Habt Geduld – das gilt allerdings auch für die Kritiker:innen, die nicht sofort die Kunst geliefert bekommen, die sie zu sehen gewohnt sind und die inklusive Arbeit der Kammerspiele mit der Qualitäts- und Kanondebatte vermischen. Schüttet das Kind nicht gleich mit dem Bade aus, wenn Abende ästhetisch nicht funktionieren. Bleibt neugierig, sonst verpasst ihr am Ende die entscheidende Volte. Und lest von Zeit zu Zeit, wie vor 40 Jahren in euren Zeitungen über Peter Radtke geschrieben wurde. Das erdet.

Antigone, Münchner Kammerspiele.       Mit: Sebastian Brandes, Johanna Eiworth, Dennis Fell-Hernandez, Frangiskos Kakoulakis, Johanna Kappauf, Nancy Mensah-OffeiRegie: Nele JahnkeBühne: Sabina WinklerKostüm: Lea SøvsøMusikalische Leitung: Hans-Jakob Christian MühlethalerChoreografie: Ula LiagaitėDramaturgie: Rania MleihiVideo: Hanieh BozorgniaLicht: Maximilian KraußmüllerJohanna Kappauf als "Antigone" in Nele Jahnkes Inszenierung an den Münchner Kammerspielen © Judith Buss

Habt Geduld!, will man aber auch manchmal den Aktivist:innen und Theatermacher:innen zurufen. Man kann ihren Frust und ihr Drängeln verstehen, dass jetzt wenigstens das sich so menschenfreundlich, sozial bewusste, "links" gebende Theater der Inklusion annehme. Und zwar nicht nur als Kooperations-Feigenblatt auf der Studiobühne. Sondern im Großen Haus, aus dem eigenen Ensemble besetzt. Aber das Theater kann nicht mal eben wettmachen, was die Gesellschaft seit Jahrzehnten vertrödelt – unter Missachtung der UN-Behindertenrechtskonvention, die Österreich 2008, Deutschland 2009 und die Schweiz 2014 ratifizierten und die Teilhabe am Arbeitsleben (Artikel 27) und an der Kultur (Artikel 30) garantiert. Zumal viele von ihnen finanziell und organisatorisch mit dem Rücken zur Wand stehen und zugleich mit Forderungen und Ansprüchen überrannt werden – an Auslastung, Eigenerwirtschaftung, Programm für eine vielfältige, aber dann doch nicht zu experimentierfreudige Stadtgesellschaft.

Allerdings versteht man ihre Ungeduld, wenn man bedenkt, dass es immer noch Theater gibt, für die Cripping up eine Praxis ist, an der man aus organisatorischen und finanziellen Gründen nicht vorbeikommt, wenn man von Behinderung erzählen will (das betrifft übrigens nicht nur das kleine Aachener Das-da-Theater, sondern auch viele Stadttheater, die Wohlfühlstücke wie "Ziemlich beste Freunde" auf dem Spielplan haben). Oder dass Leuchtturmprojekte wie Making a Difference, das Künstler*innen mit Behinderung im Tanz unterstützte, und "Inklusion in der Lehre der Theaterkünste" an der Hochschule für Schauspielkunst, das danach forschte, wie die Ausbildung inklusiver werden könnte, mangels Anschlussförderung enden oder nur noch stark reduziert fortgesetzt werden können. Und ob die Münchner Kammerspiele nach Ende von Mundels Intendanz 2028 weiterhin inklusiv arbeiten werden, ist völlig ungewiss.

Freie Republik HORA

Vor diesem Hintergrund sind alle Versuche so wichtig, Menschen mit Behinderungen – körperlicher, aber auch kognitiver – darin zu unterstützen, selbst künstlerische (Leitungs-)Verantwortung zu übernehmen. Auch hier sind die Kammerspiele führend. Mit Tiziana Pagliaros Splatter-Tanz in Live-Regie "Horror und andere Sachen" sind sie das erste Stadttheater, dass eine Gast-Regisseurin mit kognitiver Beeinträchtigung dazu eingeladen hat, eine Inszenierung zu machen. Verantwortlich dafür ist Nele Jahnke, die viele Jahre am Theater HORA arbeitete und ihre dort gewonnenen Erkenntnissen jetzt auf das Stadttheater überträgt. Bei HORA war sie unter anderem für die "Freie Republik HORA" verantwortlich, ein über sechs Jahre laufendes Langzeit-Performance-Projekt, in dem künstlerische Leitungsentscheidungen sukzessive auf die Ensemblemitglieder übertragen wurden. Auch Pagliaro schuf hier erste Inszenierungen.

Überhaupt haben sich die etablierten Gruppen wie HORA in Zürich, Thikwa und RambaZamba in Berlin und Meine Damen und Herren in Hamburg, aber auch nicht so sehr im Fokus stehende wie die Freie Bühne München oder das Klabauter Theater Hamburg, von reinen Kunstproduktions- (und oft auch Ausbildungs-)stätten zu Anker- und Expertise-Zentren gewandelt. Hier arbeiten Menschen, die dann von Stadt- und Staatstheater, Film und Fernsehen angefragt werden. Aber auch künstlerisch beachtet man eine neue Lässigkeit. Anfangs ging es vielen Gruppen durchaus darum zu zeigen, dass Menschen mit kognitiver Behinderung auch Heiner-Müller- und Shakespeare-Texte sprechen, Rollen verkörpern, anmutig tanzen können. Die Phase ist vorbei. Heute gibt es eine nie gekannte Bandbreite künstlerischer Ausdrucksformen, performativer Formate, kollektiven Arbeitens.

Und es geht auch ihnen zunehmend um Disabled Leadership, also darum, Künstler*innen mit Behinderung auch Leitungsfragen (mit-)entscheiden zu lassen – als Regisseur*in, Autor*in oder im kollektiven Diskussionsprozess. Anfang Februar inszeniert Lina Fisahn zusammen mit ihrem Kollektiv I Can Be Your Translator am Theater Dortmund eine "Romeo und Julia"-Version. Meine Damen und Herren in Hamburg, die mit ihrem Autorregisseur Dennis Seidel früh in diese Richtung aufbrachen, wandeln sich gerade zum Kollektiv (ein Prozess, den Beteiligte als durchaus anstrengend beschreiben). Das Berliner Theater an der Parkaue hat das Stück "Das Spiel" des Thikwa-Ensemblemitglieds Rachel Rosen im Repertoire – inszeniert vom Hausherrn Alexander Riemenschneider.

Jana Zöll 600 Steven Solbrig uPerformerin und Aktivistin Jana Zöll in ihrem Solo-Abend "Ich bin" 2021 am Theater der Jungen Welt Leipzig © Steven Solbrig

Bei Künstler*innen mit Körperbehinderungen sind diese Prozesse interessanter Weise auf dem Gebiet des Tanzes und der Performance weiter fortgeschritten, unterstützt von Verbänden wie EUCREA und Making a Difference, aber auch von PiK der Bundeskulturstiftung: Kampnagel etwa lässt sich von Choreograf und Performer Dan Daw Programmreihen kuratieren, Choreograf*innen, Tänzer*innen und Performer*innen wie Michael Turinsky, Sophia Neises, Rita Mazza und Jana Zöll zeigen regelmäßig eigene oder im Kollektiv entstandene Arbeiten.

Theater entspannt

Andere Häuser nehmen eher ein inklusives Publikum in den Blick. Das Schauspiel Leipzig hat sich zum Zentrum für Audiodeskription entwickelt und baut nun sein Angebot in Gebärdensprache aus. Das Theater Oberhausen bietet Touch Tours für blinde, sehbehinderte und seheingeschränkten Menschen an. Am Theater Münster gibt es "Theater entspannt", äquivalent zu den relaxed performances, die sich zunehmend insbesondere in der Freien Szene durchsetzen: vorzeitiger Einlass für Menschen, die Zeit brauchen, Sitzkissen, Matratzen und Couches als Stuhlalternative – und gehen darf man jederzeit. Das Schauspiel Köln hat im vergangenen November einen barrieresensiblen Monat ausgerufen.

Für den Auf- und Ausbau all dieser Entwicklungen braucht es Geduld und einen langen Atem. Strukturen wie Sehgewohnheiten ändern sich nicht von heute auf morgen; Änderungen brauchen Zeit, bis sie ihre Wirkung entfalten. Manchmal stellt sich spät eine erstaunliche Resonanz ein. Die "Anti·gone" in leichter Sprache an den Kammerspielen hat in einigen Premierenkritiken teils herbe Schelte bekommen. Das Publikum aber reagierte anschließend eher positiv. Es gab Aussagen wie: "Ich habe 'Antigone' schon oft gesehen, aber jetzt zum ersten Mal verstanden." Momente wie diese zeigen, dass von Inklusion wirklich alle profitieren können.

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Kommentare  
Essay Inklusion: Wille und Wahrheit
Warum sollte sich der auf Effizienz und Output getrimmte Theaterbetrieb ändern, wenn nun inklusive Ensembles wie das RambaZamba nicht nur ihr Theater im Prenzlauer Berg bespielen, sondern auch noch das Haus der Berliner Festspiele und das Deutsche Theater? Das ist doch eine bloße Behauptung, keine Realität. Wie man von Inklusion "profitiert", wissen vor allem die daran beteiligten Theater, an jedem Inklusionsprojekt hängen Fördergelder von der Bundeskulturstiftung. Man müsste doch einmal ehrlich darüber sprechen, ob die Inklusion, wie sie gerade stattfindet, wirklich etwas verändert, oder nur als Veränderungssignal dient. Und warum die Veränderung, die offenbar im Theater dringend erwünscht wird (welche genau eigentlich?), überhaupt an die Inklusion delegiert wird.
Essay Inklusion: Zustimmung
Danke Georg Kasch! Sehr umfassend und bringt es auf den Punkt!
Essay Inklusion: Aus dem Herzen
Lieber Georg Kasch, ich kann garnicht genug sagen, wie sehr mir Ihr Artikel aus dem Herzen spricht. Seit fast 50 jähren gehe ich in die Kammerspiele und ich finde gerade die jetzige Intendanz und das Programm extrem spannend und bereichernd.
Es muss einem nicht alles gefallen, aber was ist denn Kultur ? Doch wohl vor allem die Auseinandersetzung mit der Gegenwart und die ist ja im Moment sehr komplex.
Nur ein Wort zur Auslastung: seit wann ist das ein Kriterium für Qualität... schaut doch mal in die Geschichte der MK
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