Kolumne: Straßentheater
Die einen wüten, die anderen schaudern
von Janis El-Bira
27. April 2021. Nein, an der verschallerten Videoaktion #allesdichtmachen der 52 Film- und Theaterschauspieler:innen von vergangener Woche gibt es nicht viel zu verteidigen. Dass sie als Satire hemdsärmelig daherkam und als sarkastischer Kommentar nicht funktionierte, weil bloß zynisch ist, wer in Fragen von Leben und Tod das Spotten nicht lässt – darüber waren sich die Top-Athlet:innen unter den Kommentierenden aller Sparten, Profile und Kanäle schon Stunden nach Veröffentlichung der Filmchen weitgehend einig. Man selbst musste sich nicht einmal bis zum infamierten, mittlerweile zurückgezogenen Video des in Plastiktüten atmenden Richy Müller durchgeklickt haben, um ihnen recht zu geben: Mit dieser Aktion hat keine:r der an ihr Beteiligten sich auch nur den geringsten Gefallen getan. Sie ist ein Auffahrunfall mit Vorsatz.
Kolumne: Heimatgeschichten
In der Erklärschleife
von Lara-Sophie Milagro
20. April 2021. Als im März dieses Jahres die Ergebnisse der Studie "Vielfalt im Film" veröffentlicht wurden, war das eigentlich Erstaunliche, dass es kaum jemanden zu erstaunen schien, dass Vielfalt im deutschen Film nach wie vor ein frommer Wunsch ist. "Rassismus, Sexismus, Altersdiskriminierung" meldete die Süddeutsche Zeitung und merkte an: "Die Ergebnisse sind bitter, wirklich überraschend sind sie nicht". "Diskriminierung als Normalzustand" titelte die taz und die Nachtkritik veröffentlichte die Ergebnisse unter der lapidaren Headline: "Überraschend?" Mehr als 5.000 Filmschaffende verschiedener Gewerke hatten im letzten Jahr an der Studie teilgenommen, mehr als die Hälfte von ihnen gab an, am Arbeitsplatz rassistisch, sexistisch, aufgrund ihrer sexuellen Identität, Religion, sozialen Herkunft, gewichts- oder altersbedingt diskriminiert worden zu sein.
Kolumne: Als ich noch ein Kritiker war
Impfen wie damals bei Peymann
von Wolfgang Behrens
30. März 2021. Gestern habe ich ein neues Wort gelernt. Ich begegnete ihm in einer nachtkritik-Meldung über die Auswertung des Pilotprojekts in der Berliner Philharmonie zur Öffnung von Kulturveranstaltungen während der Corona-Krise. Meine spontane Interpretation des Wortes lief jedoch ins Leere, denn "No-Shows" (ja, um dieses Wort geht es) sind mitnichten das, was derzeit an allen Theatern und Konzerthäusern zu erleben ist, nämlich "keine Shows". Wenn eine erste schnelle Internet-Recherche nicht trügt, dann stammt der Begriff "No-Show" vielmehr aus der Touristik und bezeichnet das Nicht-Erscheinen einer Person, obwohl diese eine Buchung getätigt hat. Im Falle des Pilotkonzertes in der Berliner Philharmonie gab es bei 1000 Buchungen 43 solcher No-Shows – der Quelle zufolge ist das eine recht geringe "No-Show-Rate". Demnach würde eine No-Show-Partei normalerweise bei Wahlen die Fünf-Prozent-Hürde locker überspringen (falls sich die Menschen hinter den No-Shows nicht als Nichtwähler erweisen sollten).
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