Monika Grütters zur Satire-Aktion #allesdichtmachen
Im Spannungsfeld
23. April 2021. In Zusammenhang mit der satirischen Web-Aktion #allesdichtmachen, mit der 53 Schauspieler*innen gestern die Corona-Maßnahmen kritisiert hatten, äußert Kulturstaatsministerin Monika Grütters in einer Pressemitteilung Kritik: "Bei allem Respekt vor der Freiheit der Kunst: Ich hätte mir von den an der Aktion '#allesdichtmachen' beteiligten Schauspielerinnen und Schauspielern deutlich mehr Empathie für die Menschen gewünscht, die vom Corona-Virus betroffen sind oder im Gesundheitssystem harte Arbeit leisten", heißt es in ihrem Statement.
"Es geht in dieser Naturkatastrophe um die Rettung von Menschenleben, das dürfen wir nie vergessen", so Grütters weiter. Zu einer "komplexen Abwägung in einer hochpolitischen Frage wie bei dem Infektionsschutzgesetz" gehörten Kontroversen, Kritik und alternative Anregungen dazu, sie habe auch Verständnis, dass Betroffene der Corona-Maßnahmen auf die spezifischen Einschränkungen für ihre Branchen oder Berufszweige hinwiesen. Doch "wie immer macht auch hier der Ton die Musik". Einmal mehr zeige sich, so Grütters, "vor welch große Herausforderungen uns die Gefahren der Pandemie im Spannungsfeld zwischen Infektionsschutz und Kunstfreiheit stellen".
Mit ihren Videos hatten die an #allesdichtmachen beteiligten Film- und Theaterschauspieler*innen – darunter Meret Becker, Ulrike Folkerts, Inka Friedrich, Jan Josef Liefers, Heike Makatsch, Nicholas Ofczarek, Trystan Pütter, Ulrich Tukur oder Hanns Zischler – auch in den sozialen Medien Kritik auf sich gezogen.
Sandra Hüller, Elyas M’Barek oder Laura Tonke wandten sich gegen die #allesdichtmachen-Aktion. Schauspiel-Kollegin Nora Tschirner kritisiert auf Instagram, an Jan-Josef Liefers gewendet, die "brandgefährlichen Stilmittel von Zynismus und Sarkasmus": "Als Schauspieler beschäftigt Ihr Euch täglich mit dem Stilmittel Sprache in all seinen Facetten. Und ihr müsstet wissen, wie sie wirkt. Mittlerweile ist doch wirklich dem letzten klargeworden, dass das nicht das Kommunikationsmittel eines nachhaltigen Diskurses sein kann." Auch Christian Ulmen schloss sich der Gegenaktion #allesschlichtmachen auf Twitter an, wie der Tagesspiegel berichtet.
Zurückgezogen haben ihre Videos u.a. Heike Makatsch und Meret Becker. Heike Makatsch postete eine Entschuldigung auf Instagram, in der es heißt: "Ich finde es wichtig, unsere nicht mehr wieder zu erkennende Welt auf irgendeine Art zu spiegeln oder zu kommentieren. Wenn ich damit rechten Demagogen in die Hände gespielt habe, so bereue ich das zutiefst." Meret Becker bezeichnet die #allesdichtmachen als "vielleicht zu zynisch gestaltete Kunstaktion" und erklärt in einem Instagram-Video, dass sie an den Corona-Maßnahmen die ungleiche Behandlung von Wirtschaft und Kultur störe. Auch die Webseite der Aktion ist nicht mehr online. Auf ein Laufwerk mit den Videos verlinkte auf Twitter der ehemalige Verfassungsschutz-Präsident Hans-Georg Maaßen, der die Aktion als "großartig" bezeichnete. Auf diejenigen Tatort-Schauspieler*innen, die bei der Aktion nicht mitgemacht hätten, darunter Maria Furtwängler, Axel Prahl oder Fahri Yardim, weist der Tagesspiegel hin. "Gefeiert wird die Aktion dagegen von Querdenkern, Rechtsextremisten und anderen Verschwörungsgläubigen", heißt es in dem Beitrag.
(Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien / Tagesspiegel / Instagram / eph)
Update vom 24. April 2021:
Distanziert haben sich von der Satireaktion #allesdichtmachen mittlerweile auch Ulrike Folkerts und Richy Müller, wie der Spiegel berichtet. Jan Josef Liefers verteidigte bei Radio Bremen das Projekt, zieht aber das gewählte Mittel in Zweifel: "Ich finde auch den Punkt interessant, dass vielleicht Ironie wirklich ein ungeeignetes Mittel ist", zitiert ihn der Spiegel. ER sehe aber eine Lücke, so Liefers: "Es gibt nicht nur auf der Seite der Erkrankten Trauer und Leid, sondern auch auf der Seite derer, die unter diesen Maßnahmen inzwischen nun wirklich anfangen zu leiden, die sehe ich nicht so richtig vertreten", sagte er dem Spiegel zufolge in der Talkshow "3nach9".
Armin Laschet, NRW-Ministerpräsident und Kanzlerkandidat der CDU, Kanzlerkandidaten der Union, äußerte, ebenfalls in der Talkshow "3nach9", Verständnis: "Man darf das sagen in einem freien Land", betonte Laschet. Es sei "ganz schlimm", gegenüber Andersdenkenden zu leichtfertig der Vorwurf einer rechten Gesinnung zu erheben. "Von diesen 50 ist keiner AfD, ist keiner rechts", sagte Laschet in Bezug auf die Teilnehmer*innen der Social-Media-Aktion. "Sie haben eine andere Meinung als die Mehrheit." Er teile diese Meinung nicht, finde es aber wichtig, dass sie geäußert werden dürfe, so der Spiegel.
Ulrich Matthes hat bei 3sat kein Verständnis für die Aktion: "Das Wundern vieler Kolleginnen und Kollegen dieser 50, die jetzt sagen, 'Ach Gott, wir sind ganz erschrocken darüber, dass Hans-Georg Maaßen, die AfD und alle möglichen anderen aus der Querdenker-Szene jetzt begeistert von uns sind', halte ich für komplett naiv."
Zu Wort meldet sich auch der Geschäftsführer der Wunder am Werk GmbH, Bernd Wunder, dessen Agentur die Videos initiiert hatte. Dem Evangelischen Pressedienst epd sagte er, mit Gegenwind habe man gerechnet, nicht aber mit einem „Bashing“ in diesem Ausmaß, so der Spiegel: „Die Kulturschaffenden wollten Kritik äußern, aber niemals pietätlos sein; sie sehen die Gefahren von Corona“, sagte Wunder. Ziel der Kampagne für mehr Öffnung im Kulturbereich sei gewesen, mit den Mitteln von Satire, Ironie und Zuspitzung Gedankenanstöße zu geben, "den Diskussionsraum wieder zu öffnen und andere Meinungen zu hören". Nun sehe man sich "in eine Ecke gestellt mit rechten Verschwörungstheoretikern, Reichsbürgern und Corona- und Pandemieleugnern. Nichts liegt uns ferner", so Wunder. "Von der AfD sind wir weit, weit entfernt."
(Der Spiegel / 3sat / eph)
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Zu unterstellen, diese 53 seien zynisch und somit empathielos, ist natürlich Quatsch. Empathie bedingt das Zynische.
nein, die 53 sind nicht zynisch. genausowenig wie sie satirisch sind. oder ironisch. die ganze aktion ist einfach nur dämlich. und dumm. und das gejammer über den applaus aus der falschen ecke: bodenlos peinlich.
unerträglich aber auch die rufe nach konsequenzen für die beteiligten.
und wir betrachter: regen wir uns ab. unser fehler, wenn wir ihn denn gemacht haben, war, unter den 53 ausschließlich intelligente köpfe zu vermuten. verstand? so manchem schauspieler scheint zur ausübung seiner tätigkeiten ein gutes gedächtnis zu genügen.
anstand halten!
eigentlich..., sollte von einem erwachsenen publikum erwartet werden können, dasz es, wenn es sich schon entgegen seiner gewohnheiten einmal ins theater begibt, die mühe auf sich nimmt, das stück, so es dieses meint, nicht zu verstehen, zuerst als theater auch zu begreifen. das eben manchmal auch fragen aufwerfen kann in einer komplexen gesellschaft, die es ja, wenn es sich modern nennt, auch in ihrer komplexität reflektiert. dasz nicht auf dem theaterzettel steht, was uns der autor oder regisseur damit sagen will, versteht sich von selbst, oder? also..., man wird meinetwegen kurz in die figuren eingeführt (die protagonisten sind aus funk und fernsehn bekannt), man bekommt informationen über die statisten (also funk und fernsehn) und man wird evtl. triggergewarnt, dasz man als publikum einbezogen werden, in mitleidenschaft (empathie) gezogen, provoziert und bloszgestellt werden könnte. wenn es sich um einen guten regisseur (oder *in) handelt, dann läuft das ganze stück sehr kontrolliert ab, niemand kommt zu schaden, und nur die leute, die an den falschen stellen lachen bzw. klatschen, werden in der mensa dann zum gespräch. diese stellen zu überarbeiten ist aber aufgabe der nächsten aufführung – um noch mehr falsche lacher zu provozieren oder, indem die interaktion der protagonisten mit diesen etwas deutlicheren eingang auf der textebene findet.
ein paar der künstler durften die bühne bereits verlassen, zugaben gibt es wohl keine, aber einige werden noch heftig beklatscht. das falsche publikum ist sich ziemlich sicher, in ihnen alles andere als den spiegel :seiner: interpretation der protagonisten zu sehen, sonst würde es irgendwann aufhören, daumen usw. zu vertickern für eine masznahmenkritik, die hier m.e. nicht stattgefunden hat. jdfs. nicht von der bühne aus.
ich finde, etwas paranoia darf man bei einem theaterbesuch durchaus mitbringen, sonst hat man beständig verständnisschwierigkeiten.
Mit unfreundlichem Gruß an die Beteiligten,
Hendrik Arnst
(Teile dieses Kommentars wurden gekürzt, weil sie nicht dem Kommentarkodex von nachtkritik.de entsprechen. Nachzulesen ist der Kommentarkodex hier: https://www.nachtkritik.de/index.php?option=com_content&view=article&id=12&Itemid=102 d. Red.)
Da habt Ihrs: Natürlich gilt das Recht auf freie Meinungsäußerung
und die Kunstfreiheit. Das wißt ihr ja. Das ist GG_konsens, claro.
Aber bitte nur in einer Form, dass "uns" eure Äußerungen auch gefallen. Doch wo blieb am Ende der 1minütigen Clips euer "mea culpa" und die ganzheitliche Reflexion auf die Komplexität der klinischen und der Weltlage? Und wenn dann noch Falsche klatschen - na dann seid ihr sowieso unten durch. Wundert euch nicht, wenn Ihr in bälde hier und da nicht mehr mitmachen dürft.
So in etwa tönt es unterschwellig in den öffentlichen Medien/Kritiken
wie auch bei der Staatsbeauftragten für Kultur & Kunst Frau Monika durch.
Wer nun hier meine Ironie nicht versteht, erkennt vielleicht, wieso Kunstschaffenden seit gut einem Jahr Bühnen wie Auftrittsmögglichkeiten verschlossen werden.
Sie könnten sich ja mal zu kritisch äußern ...
Von der Kunstfreiheit als Freiheit Gebrauch machen...
Einen anderen Blick auf die Lage werfen...
Und sich sogar gegen Regierungshandeln wenden...
DAS ABER IST NICHT UNERWÜNSCHT!
Pardon Leute.... Kunst muss schwierig sein dürfen, auch schmerzlich
und zuweilen unzumutbar. Das müssen und sollten wir ertragen können,
denn es steckt oft eine tiefere Wahrheit darin.
(Lieber Volker Ballweg, der nachtkritik-Redaktion ist derzeit danach, die Debatte abzubilden. Ob ein*e Redakteur*in oder Autor*in sich zu einem späteren Zeitpunkt noch äußern möchte, besprechen wir, wenn die Redaktion das nächste Mal konferenziert. Einen guten Abend Ihnen! Beste Grüße von Tagesdienst Elena Philipp)
Also bitte, entspannt euch!
Heute hat sich "Mitinitiator" Tim Bohn in der "Welt"zu Wort gemeldet, der seit 2019 auch als freier Journalist für das Springer-Blatt schreibt. Bohn ist u.a. Regisseur und Drehbuchautor vieler "Tatorte", was wohl erklärt, warum so viele bekannte "Tatort"-Schauspieler mitwirken. Seit 2018 ist Bohn FDP-Mitglied und seit 2020 zudem Stadtrat und Mitglied des Kreisvorstands in Landsberg am Lech. Er plädiert u.a. dafür, das ZDF privatisieren, und hat sich auch schon auf Twitter und in Interviews zu der Aktion geäußert.
tom-bohn.de/#work
twitter.com/realTomBohn
www.welt.de/videos/plus230623937/Mitorganisator-von-Allesdichtmachen-im-WELT-Interview.html
www.planet-interview.de/interviews/tom-bohn/52297/
ZAPP vom NDR berichtete dann am 23.4.
"Zu den Initiatoren der umstrittenen Aktion zählen die Schauspieler Volker Bruch, Jan Josef Liefers und der Drehbuchautor und Regisseur Dietrich Brüggeman. Dies bestätigt der Münchner Filmproduzent Bernd K. Wunder, der als Verantwortlicher im Impressum der Homepage www.allesdichtmachen.de geführt wird, gegenüber ZAPP. "
(Quelle) https://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/zapp/Zerknirschung-bei-den-Machern-der-Kampagne,allesdichtmachen106.html
Zu Ihrer Frage der Finanzen zitiert ZAPP Bernd K. Wunder wie folgt:
"Alles sei ohne Anschub oder Finanzierung von außen aus der Gruppe heraus entstanden. Man habe die Texte, die in den Videos vorgetragen werden, untereinander ausgetauscht und redigiert. Einige, darunter Jan Josef Liefers, hätten ihre Texte komplett selbst geschrieben. Dietrich Brüggemann und Bernd K. Wunder hätten die Videos dann an mehreren Tagen in Berlin, München und Wien selbst gedreht und anschließend geschnitten."
Und nun erdreisten sich diese Künstler, sich kreativ zu Wort zu melden. Ohne Honorar und garantiert mit dem Risiko keiner positive Publicity.
Sicher, über eine oder andere Zuspitzung kann man streiten. Soll man ja auch.
Aber ist es denn schon wieder so, wie es Tucholsky beschrieb: „Wenn einer bei uns einen guten politischen Witz macht, dann sitzt halb Deutschland auf dem Sofa und nimmt übel.“
Und das äußert sich dann in den Hasstags (oder wie schreibt man das).
Mir gefällt auch nicht jeder Witz. Aber alles ist engagierter und durchdachter als manche belanglose Beschreibung der Zustände.
Und ist es zynisch, über Maßnahmen intelligent zu streiten, statt auf erschreckende Demonstrationen zu gehen?
Oder ist es zynischer, die Verfasser zu kritisieren, weil sie nicht an die Opfer und die aufopferungsvollen medizinischen Kräfte denken, aber gleichzeitig zu dulden, dass Leute in diesen Bereichen abwandern, weil sie weniger Unterstützung als Fluggesellschaften bekommen; dass man trotz Warnungen vor einer zweiten und dritten Welle die Kapazitäten an Intensivbetten nicht entsprechend aufgestockt hat und Anreize für das dafür notwendige Personal geschaffen hat?
Niemand – und ich bin sicher, auch die Kreativen nicht – wollen das Virus verharmlosen. Ich habe selbst ein enges Familienmitglied an Corona verloren. Und ich unterstütze jede Maßnahme, die mit dem gesunden Menschenverstand nachvollziehbar ist. Doch als ich neulich geimpft und getestet im vollbesetzen Bus gestanden habe, hätte ich mich in der Außengastronomie mit dem Abstand und der Nachverfolgungsorganisation, die ja schon mal organisiert waren, deutlich sicherer gefühlt.
Aber ich verliere den Faden: Ich bin entsetzt, dass offensichtlich niemandem aufgefallen ist, dass die Künstler nicht über ihre schwierige Corona-Situation gejammert haben, sondern für die Allgemeinheit – bewusst ironisch und überspitzend – Maßnahmen in Frage gestellt haben.
Sicher, die Maßnahmen sind von den gewählten Vertretern des Volkes (teilweise zähneknirschend und mit Fraktions-, bzw. Koalitionsdisziplin) beschlossen worden. Dann war es vielleicht Pech, dass die Wahlen erst im September sind. Denn wer weiß, ob es dann eine Mehrheit gegeben hätte. (Um eine Zweidrittel-Mehrheit ging es ja zum Glück nicht.)
Ich freue mich, dass Minister Spahn einen Dialog mit den Kreativen angeboten hat und hoffe, dass der für eine große Öffentlichkeit zur Prime-Time zustande kommt.
Und ich teile – für alle Seiten - die Hoffnung, die Curt Goetz seinen Hiob Prätorius äußern lässt:
„Und wenn es gelingt, ein Serum gegen die Dummheit zu finden, diese entsetzlichste aller ansteckenden Krankheiten, dann wird es im Nu keine Kriege mehr geben, und an die Stelle der internationalen Diplomatie wird der gesunde Menschenverstand treten!“
Und ich möchte ergänzen: Dann wird auch der Krieg gegen Corona intelligenter und einfallsreicher geführt werden, so dass man alle mitnimmt, statt einengt. Vielleicht sogar das Tübinger Modell genauer unter die Lupe nimmt. Und dann werden auch die nicht nachvollziehbaren shitstorms gegen die Impfkampagne nur noch eine lächerliche Randerscheinung werden.
Und für das alles sollte man Kreativität, die sich einbringt, nicht verteufeln, sondern nutzen.
Sie haben sicher das Statement auf der allesdichtmachen.de-Seite gelesen. Wenn Sie nun anprangern, dass die "Macher*Innen die Armen nicht ins Licht gehoben haben", dann möchte ich hiermit das Statement von der Seite zitieren: "Es geht um eine Rhetorik von „Wir” und „Gemeinsamkeit”, die schon deswegen falsch ist, weil offensichtlich nicht “wir alle” da “gemeinsam” drinstecken, sondern in sehr unterschiedlichem Maße: Die Schere von Arm und Reich geht immer weiter auf. Es geht am Ende auch um den bekannten Slogan: Leave no one behind. Wir sind bei all jenen, die zwischen die Fronten geraten sind. Den Verängstigten, den Verunsicherten und Eingeschüchterten und jenen, die verstummt sind."
Es geht darum, den Menschen eine Stimme zu geben, die keine Lobby haben und das hohle Pathos zu demaskieren.
Die "peinlich weißen Lofträume" gehören zur Inszenierung. Der Dreh der meisten Clips wurde in dieser einen lichtdurchfluteten Loft-Wohnung gemacht - man erkennt es an den Wänden, der beigen Couch und das Setting an sich, welches aus unterschiedlichen Winkeln gefilmt wurde. Auch das Designer-Fahrrad im Hintergrund ist kein Zufall. Das ist eine Persiflage auf die bessergestellte und wohlmeinende Medienelite, den gut verdienenden TV-Promis, die vor ein paar Monaten mit zahlreichen #wirhaltenzusammen und #wirbleibenzuhause-Clips ihre Solidaritäts-Sprüchlein in die TV-Kamera gesprochen haben.
Und für die diese Lockdown-Maßnahmen sicher eine andere Lebensrealität darstellt als für eine 4 köpfige Familie in einer 3 Zimmer-Wohnung.
Beim Hauptdrohort handelt es sich (laut Niels Rufs Sidekick in der letzten Folge von „Sodom und Corona“) um eine Berliner Wohnung, die ihm Heike Makatsch bei einer Zwangsauktion vor der Nase weggeschnappt hat. Aber vielleicht war das ironisch gemeint. Zwinker, zwinker.
Also liegen bei ihnen - wie vermutlich den meisten Künstler:innen sowie auch Gastronom:innen und vielen anderen, die ihren Beruf seit Monaten nicht gescheit ausüben können und denen es an künstlerischem Ausdruck und Einkommen fehlt -, die Nerven blank. Das hat sich nun in Satire Bahn gebrochen. Das ist eine Form des Umgangs mit der Causa Corona; auch eine Form der Selbstreinigung. Sie können ja nicht alle Leitartikel schreiben!
Ob Satire gut ist oder nicht, ist Geschmackssache, auf beiden Seiten, Satiriker:in wie Rezipient:in. Aber auch schlechter Geschmack hat nichts mit fehlender Empathie oder gar Coronaleugnung zu tun.
Hinter vorgehaltener Hand stellen doch viele Nicht-Querdenken:innen die Sinnhaftigkeit von dieser oder jener Maßnahme in Frage. Ein paar Halbprominente haben das nun mal überspitzt. Nicht jede:r der/ die Beschränkungen in Frage stellt - oder gar alternative Vorschläge macht - ist ein:e Coronaleugner:in und schon mal gleich gar nicht in einer rechtsextremen Ecke zu verorten. Sie sind vielleicht einfach verzweifelt - und mutig genug, das laut zu äußern. Das Recht dazu haben sie. Gefallen muss das nicht jedem/ jeder und auch das zu äußern hat jede:r das Recht. Aber bitte nicht Kritik am Ausdruck mit dem Totschlagargument Rechtsextremismus beschweren, das wird nichts und niemandem gerecht.
Betroffen sind davon alle ... aber wenn ich mir die Filmbraache ansehe, und ich habe relativ viel damit zu tun... dann ist dort von einem "Einbruch" der Aufträge weit und breit nichts zu sehen.
Ich musste eher an lukács Grand Hotel Abgrund denken, welches dieses Mal wohl auch in Venedig steht und aus dem Hr. Tukur sehr ernst herüber winkt, als an irgendeine Form von Solidarität mit Betroffenen (sei es gesundheitlich oder beruflich).
Aber das Unangenehmste ist und da ist es natürlich extrem individuell, dass ich keines der Videos auch nur ansatzweise lustig finde.
Und wirklich schade, dass die ganzen Satire- und Kunstfreiheitsverteidiger:innen sich nicht damals für den WDR-Kinderchor eingesetzt haben.
https://www.youtube.com/watch?v=8AQD50V-ONw
Das war ebenso von der Kunstfreiheit gedeckt wie die 50 shades of #allesdichtmachen.
Und nach wie vor gilt zum Glück in beiden Fällen: Natürlich darf man es sagen, aber andere dürfen dann eben dazu auch etwas sagen.
Beides MEINUNGSFREIHEIT.
Es wird hier hilflos ein angeblicher Vorwurf herbeikonstruiert, was doch eine ziemlich schäbige Sache ist. (Übrigens eine beliebte "Querdenker"-Taktik: Die behaupten auch ständig, man würde sie allesamt "Nazis" schimpfen, wobei man ihnen lediglich vorwirft, sich nicht deutlich von den Nazis unter ihnen abzugrenzen.)
Es geht in der Betrachtung doch vielmehr und in erster Linie um die nach wie vor ungeklärte Frage nach Sinn, Zweck, Adressat und v.a. Wahl der Mittel, viel zu selten auch um die eigentliche "künstlerische" Qualität der Darbietungen (aber wer mag schon einem Hanns Zischler sagen, dass man ihn das letzte Mal so unmotiviert 2004 in "Apokalypse Eis" gesehen hat?), allesamt Fragen, denen man sich als Kunstschaffende*r ohnehin ständig zu stellen hat; hier freilich hatte man immerhin die Möglichkeit, seine eigene Peinlichkeit wieder zurückzuziehen.
Hier die zwei Sachen im Vergleich:
Brüggemann:
https://www.youtube.com/watch?v=ykBG0taqjLo
Lotz:
https://www.youtube.com/watch?v=nuSd2eWa3HU
Mal sehen, was noch ans Licht der Öffentlichkeit kommt.
tagesspiegel.de/kultur/wer-steckt-hinter-allesdichtmachen-die-aktion-war-so-minutioes-geplant-wie-ein-tatort-dreh/27140704-2.html
Ich treffen manchmal Leute aus der Querdenker-Versammlung und habe noch niemanden darunter persönlich getroffen, der die Existenz von "Corona" - was immer das ist "Corona" - infragestellt. Alle wissen, dass Coronaviren allgemein Bestandteil sämtlicher Influenza-Viren-Mixturen sind und keiner ist so blöd, das abstreiten zu wollen. Auch habe ich noch niemanden unter den sich selbst zu der breiten Querdenker-Bewegung zurechnenden Menschen getroffen, der infragstellt, dass Covid19 eine durch ein bisher noch nicht beschriebenes Corona-Virus ausgelöste Erkrankung sei. Fast alle möchten hingegen nicht etwa die Öffentlich-Rechtlichen abschaffen, sondern den Zwang diesen undifferenzierten Schwachsinn, der über sie und Mitmenschen, die wenig andere Wahl haben, zwischen Medien zu wählen, tagtäglich ergossen wird, weiter zu bezahlen. Sie sind halt noch mit dem bewusstsein aufgewachsen, wie öffentlich-rechtliche Medien ihren Staatsauftrag wahrzunehmen haben. Im Einzelnen und im Detail. - Und da darf man sehr gespannt sein, was da noch so alles über diese Medien und ihre Art zu recherchieren, ihre Motivationen zur Indifferenz sowie Hintergründe immer weniger objektiv aufzubereiten, so ans Licht der Öffentlichkeit kommt... Hinter#allesdichtmachen stecken - oh wunder! - SchauspielerInnen und Regisseure mit Verbindungen zu Menschen! Unter denen sich auch Menschen befinden, die der Querdenker-Bewegung angehören! So what - man muss schon in einer ziemlich kleinen Blase unterwegs sein, um bei einer so großen Bewegung NICHT in seinem Alltag auf Menschen zu treffen, die der Bewewgung nicht angehören! (nein, das wird sicher als Kommentar auch nicht veröffentlicht, man kann auch mal nachforschen, wie denn nk so finanziert wird ohne Spenden - mal sehen, was da noch ans Licht der Öffentlichkeit kommt).
(Sehr geehrte*r "Ablenkung is alles?": Woran denken Sie denn, wenn Sie fragen, wie sich nachtkritik so finanziert und was da noch ans Licht der Öffentlichkeit kommen könnte? Würde uns sehr interessieren. Dass wir uns großteils über Werbung der Theater finanzieren, sieht man vergleichsweise transparent an unserer Webseite. Mit Gruß: d. Red.)
Offenbar findet die Redaktion auch nichts dabei, dass sich sofort geierhaft auf die Finanzierungshintergründe dieser Schauspieleraktion gestürzt wird, um diese effektiv als unkünstlerisch oder unmoralisch diffamieren zu können - und da darf man sich das doch gern auch einmal - wenn auch unkonkret nebulös - retour vorstellen.
Wahrscheinlich habe ich das alles nur ganz falsch verstanden und es ging der Redaktion nur darum, edel, hilfreich und gut einen aktuellen gesellschaftlichen Diskurs abzubilden. Wie stets. Ganz vollkommen objektiv und unabhängig nur berichtend wie es ist.
https://taz.de/Geschaefte-machen-mit-der-Pandemie/!5754871&s=Corona+ist+Gold+wer/ und ähnliches in der Zeit vom 25. Februar 2021 "Im Fanshop für "Querdenker".
(Teile dieses Kommentars wurden gekürzt, weil sie nicht dem Kommentarkodex von nachtkritik.de entsprechen. Nachzulesen ist der Kommentarkodex hier: https://www.nachtkritik.de/index.php?option=com_content&view=article&id=12&Itemid=102 d. Red.)
Danke an die 50 Schauspielerinnen und Schauspieler für 50 Videos, die so unglaublich viel Satire und Ironie versprühen.
Danke, dass 50 SchauspielerInnen, denen es in der Fernsehwelt in den vergangenen 13 Monaten so schlecht ergangen ist, dass Ben Becker am Set nun sogar von Plastikgeschirr essen muss, sich die Zeit genommen und die Mühe gemacht haben, uns diese Petitessen zu kredenzen.
Danke, dass ihr, von denen wohl die meisten von euch schon mal auf einer richtigen Bühne gestanden habt, uns Theaterleute (Grundgage €2.400 brutto IM MONAT!) umarmt und euch solidarisch zeigt.
Danke, dass ihr erkannt habt und uns Unwissenden endlich klarmacht, dass wir in einem Staat leben, in dem man nicht alles sagen darf und die Medien gesteuert sind, wie damals, ´89…
Danke, dass wir endlich wissen, dass Ben Becker seine Schwester liebt und uns allen in seinem Interview mit der Springer-Presse (oh, oh…) in charmanter Maske zuruft: „wir sind doch nicht dumm!“ Nein, Ben, dumm sind wir nicht und es tut so gut, dies aus Deinem Munde zu hören.
Danke, es brauchte diesen Weckruf der 50 Aufrichtigen an die Obrigkeit, dringend, er war längst überfällig… nach mehr als einem Jahr Pandemie, auf den letzten Metern.
Danke für diesen Bärendienst, den ihr einer ganzen Branche erwiesen habt.
Fazit des Artikels eines Rechercheteams im "Tagesspiegel": "Somit wird immer klarer, dass #allesdichtmachen nicht bloß die spontane Äußerung einer Gruppe von ernstlich besorgten Filmschaffenden ist, als die sie Dietrich Brüggemann in den Medien darstellt. Sondern Teil einer größeren Kampagne, die eine antidemokratische Agenda verfolgt."
tagesspiegel.de/kultur/filmbranche-und-querdenker-das-antidemokratische-netzwerk-hinter-allesdichtmachen/27149604.html
"In den vergangenen Tagen haben sich sechs Schauspieler:innen gegenüber dem Tagesspiegel zu Wort gemeldet, die entweder für ihre Mitarbeit an #allesdichtmachen angefragt wurden oder ihre Videos wieder zurückgezogen haben. Niemand möchte namentlich genannt werden, aber alle bestätigen, dass die Kampagne schon längere Zeit für Verwerfungen innerhalb der Filmbranche sorgt.
Doch traut sich niemand, öffentlich über die Entstehungsgeschichte zu reden, weil damit in einem Umfeld, in dem persönliche Beziehungen eine wichtige Rolle spielen, die eigene Karriere aufs Spiel gesetzt werden könnte. Auch #allesdichtmachen ist ein Produkt dieser Verflechtung privater und beruflicher Kontakte."
https://www.tagesspiegel.de/kultur/filmbranche-und-querdenker-das-antidemokratische-netzwerk-hinter-allesdichtmachen/27149604.html?fbclid=IwAR1Oja2K9JC3ThJXQz3znVmh7WNDbN-kNLz81zYB-7ex_mIJalMYKZ6j_u4
Herr Brüggemann nimmt zu sämtlichen Auslassungen des Tagesspiegel- Artikels in seinem Blog Stellung. https://d-trick.de/blog/
z.B.
"Ein solches Geraune mit unscharfen Begriffen wie „Nähe“ und Kontaktschuld erscheint mir hochproblematisch, und die Vermutung eines geheimen Netzwerks in der Filmbranche ist ja selbst eine Art Verschwörungstheorie. Anscheinend hat man beim Tagesspiegel Schwierigkeiten mit dem Gedanken, daß Kritik an den derzeitigen Maßnahmen eine Sache breiter Schichten sein könnte, und spinnt lieber Theorien, in denen ein finsterer Hintermann andere manipuliert. Also: Die Initiative 1bis19 war an der Produktion von „allesdichtmachen“ in keiner Weise beteiligt. Weder floß Geld noch wurde dienstgeleistet noch sonst irgendwas. Die Aktion wurde initiiert aus dem gemeinsamen Willen einer Gruppe von Schauspieler:innen, Kritik an den Corona-Maßnahmen zu äußern. Ich stieß dazu, und die Aktion nahm Gestalt an. Ansonsten stimme ich garantiert nicht mit allen Aussagen von Paul Brandenburg überein, er vermutlich auch nicht mit allem, was ich von mir gebe, aber da sollten wir uns wiederum alle einig sein, dass das Selbstverständlichkeiten sind. Herr Brandenburg wusste im Vorfeld von der Aktion, aber da war er nicht der einzige – sehr viele deutsche Schauspieler:innen und Filmschaffende wussten davon, meine Bandkollegen wußten davon, alle meine Freunde und viele Bekannte wussten davon."
Zu der Erkenntnis des Tagesspiegels, dass Herr Brüggemann und Herr Brandenburg mit seiner Initiative "1bis19" im Impressum das gleiche Postfach teilen, antwortet Brüggemann:
"Dort stand bis vor einer Woche die Adresse des Arbeitsraums, den ich mir mit Freunden teile. Als der Shitstorm losging, wollte ich diese Freunde aber vor jeder noch so entlegenen Gefahr einer Belästigung schützen und bin daher vorübergehend Untermieter in Paul Brandenburgs Postfach geworden. Ich muß gestehen, dass ich ein gewisses Vergnügen daran empfand, Investigativjournalisten diese Freude zu bereiten. Hätte ich eine Verbindung zu 1bis19 verschleiern wollen, dann hätte ich schon eine andere Adresse gefunden. Es ist auch keine Dauerlösung, denn so wie das hier gerade läuft, steht im Impressum meiner Website vermutlich bald ein Medienanwalt. Wie auch immer: Ich habe nichts zu verbergen."
Zudem bietet Herr Brüggemann öffentlich auf seinen Kanälen wie Instagram und Facebook ein Gespräch mit dem Tagesspiegel an, um miteinander und nicht übereinander zu reden.
Ich appeliere auch an nachtkritik, wenn es denn die Intention der Redaktion ist, die Debatte von allen Seiten abzubilden, das persönliche Gespräch mit Herrn Brüggemann zu suchen, um den Mutmaßungen und Unterstellungen des Tagesspiegels hier nicht noch einer größeren Plattform zu bieten.
Auch das Streitgespräch zwischen der Ärztin Frau Holzner und Herrn Brüggemann auf Stern TV kann ich jedem ans Herz legen, der gewillt ist, den Standpunkt des jeweils anderen verstehen zu wollen. https://www.youtube.com/watch?v=ayQxRM72Ego
Und in der Taz vom Wochenende ein launiger Kommentar von Michaela Dudley, die mit so schönen Begriffen wie "menage a mois" jongliert und gegen Ende, neben der notwendigen und unstritten Meinungsfreiheit den Begriff der "Meinungsverantwortung" einführt:
https://taz.de/Aermel-hochkrempeln-zum-Wohle-aller/!5763432&s=Dudley/ .
@ #35, Lena, bisher habe ich allerdings den Eindruck, dass es überwiegend so ist, dass die ästhetische und inhaltiche Unschärfe von #allesdichtmachen deutlich grösser ist als dass, was Herr Brandenburg und die Leute, mit denen er sich umgibt, nämlich eine Deligitimierung unseres Staatswesens zu betreiben. Die Coronamassnahmen gehören krititisiert, ob die deutsche Politik neben anscheinender teilweiser Unfähgikeit ein strukturelles oder ein 'Personalproblem' wird wohl noch lange diskutiert werden. Sich aber im Umfeld von zB Lenz, Sodenkamp zu bewegen, die beharrlich von einer 'faschistischen Diktatur' fabulieren, hilft nicht in der Bewältigung dieser Pandemie. Zitate aus Wochenzeitung "Demokratischer Widerstand": "das Corona-Regime unter Merkel ist Rundbrief 290 »der totalitärste Apparat der Geschichte« (Prof. Giorgio Agamben)" Rundbrief 285: "... der nächste Faschismus werde sich mit der Maske des Antifaschismus tarnen. Und so kommt es." und ebanda: "Ich teile inzwischen die mit solchen Aufforderungen verbundene Auffassung, dass nur noch massenhafte Aufstände die Tyrannei abwenden können." Den Begriff der "Schwurbelei" der für viele der Äusserungen, die aus dem Lager der Corona Massnahmen ZweiflerInnen kommen ist eigentlich zu nett, die Videos würde ich aber als ästhetisch verschwurbelt bezeichnen,
Nur gut, dass Liefers sich so vehement und öffentlichkeitswirksam in den Medien, noch dazu auch mehrfach in Öffentlich-Rechtlichen, gegen die Unterstellung gewehrt hat, auch nur ansatzweise irgendetwas mit den Querdenkern zu tun zu haben. (Der letzte Satz war ironisch gemeint. Das Stilmittel der Ironie habe ich erst durch diese wirklich tolle Aktion der deutschen Schauspielelite wirklich begriffen. Deshalb wollte ich einfach mal danke sagen. Danke.)
www.tagesspiegel.de/politik/allesdichtmachen-initiator-volker-bruch-stellte-mitgliedsantrag-bei-querdenker-partei/27156094.html
„Die Inzidenz von 10 habe ich auch schon – glaube ich – vor 2 Wochen gesagt, das wäre eine coole Zahl, weil wir davon ausgehen, wenn wir 10 haben, dann haben wir 830 Fälle pro Tag und ich habe schon im Frühjahr gesagt, dass das eine Zahl ist, wo wir wirklich gut regulieren können und das Geschehen kontrollieren können.“
Einige Politiker sind sofort auf diesen vermeintlichen Zug gesprungen. Er fuhr in einen Sackbahnhof. Praktischerweise lassen sich jedoch an die Zahl 10 gut Nullen anhängen, ohne dass es groß auffällt. Wenig später war für RKI und Politik dann die 100 eine „coole Zahl“.
Mittlerweile wird das Gros der Corona-Fälle durch Massenschnelltests, die vor allem bei Kindern, Schülern und Berufstätigen erfolgen, detektiert. Die „Fälle“ oft asymptomatisch, also bloße positive Laborbefunde. Auf der letzten Bundespressekonferenz verwies der RKI-Präsident den Bundesgesundheitsminister stolz auf die Corona-„Heattable“ der altersbezogenen Inzidenzen, aus denen die derzeitige Corona-Politik alle Maßnahmen ableitet.
Ironie und Satire mögen nicht zu den derzeit 3.000 COVID-19-Beatmungspatienten in Deutschland passen, von denen die Hälfte tragischerweise sterben wird. Sie mögen auch nicht zu den wöchentlich 1.500 Todesfällen passen.
Sie passen aber schon eher zur Ignoranz, die sich auf die Altersverteilung der Inzidenzen stürzt, ohne jegliches Interesse für die Altersverteilung der COVID-19-Intensivpatienten oder Todesfälle.
Schon seit längerem erhalten „Hinz und Kunz“ (aus Kleists Michael Kohlhaas) Corona-Impfungen, während weiterhin ein Drittel der über 80 Jährigen, 70% der über 70-79 Jährigen und wohl noch mehr 60-69 Jährige keinen Impfschutz haben. Obwohl 47% der 1.661 Corona-Toten vorletzte Woche 80+ sowie 30% 70-79 Jahre alt waren und selbst in der Altersgruppe 60-69 Jahre mit 246 wesentlich mehr Todesfälle verzeichnet wurden als bei allen Personen < 60 Jahre (156 Todesfälle). Die Abweichung von der Alterspriorisierung beim immer noch knappen Impfen kostet täglich Menschenleben!
Leider weiß ich nicht, wie man bei medizinisch-wissenschaftlichen Debatten ohne Arithmethik auskommt, Herr Zischler. Deshalb vielleicht noch der Versuch einer Wendung in höhere Sphären: Mit Corona erleben wir das Drama des postmodernen Wissens, „dass Wissen und Macht zwei Seiten derselben Frage sind: Wer entscheidet, was Wissen ist, und wer weiß, was es zu entscheiden gilt? Die Frage des Wissens ist ... die Frage der Regierung.“ (Lyotard)
Zur Dialektik von Macht und Wissen gehört, die eigenen Entscheidungen als alternativlos darzustellen. Was sie nicht sind, siehe Schweden. (Ist Schweden ein ‚rechtes‘ Land?)
Für den Einzelnen ergibt sich die schwer zu ertragende postmoderne Konsequenz: „Jeder ist auf sich selbst zurückgeworfen. Und jeder weiß, dass dieses Selbst wenig ist.“
(...)
(Dieser Kommentar wurde gekürzt. Bitte keine Werbung in eigener Sache in den Kommentaren. Herzliche Grüße aus der Redaktion: jeb)