Nachtkritikstream - "Dekalog" inszeniert von Alexander Nerlich in Ingolstadt
"Dekalog", inszeniert von Alexander Nerlich
29. Juni 2020. Weil die Theater nur sehr allmählich wieder Türen, Tore und Bühnen öffnen, stellt nachtkritik.de noch bis in den Juli einen digitalen Spielplan mit ausgewählten Inszenierungen zusammen, die bei uns im Streaming laufen: Am 29. Juni ab 18 Uhr zeigten wir für 24 Stunden Dekalog, inszeniert von Alexander Nerlich nach den Filmen von Krzysztof Kieślowski und Krzysztof Piesiewicz unter Verwendung der Bühnenfassung von John von Düffel am Theater Ingolstadt. Premiere war im April 2017. Bühnenbildner Wolfgang Menardi hat für den Abend einen vielfach gelobten Raum entworfen, und Malte Preuss hat die Musik erstellt.
Über Stück und Inszenierung schreibt das Theater Ingolstadt auf seiner Webseite:
Dekalog ist ein 10-teiliger Filmzyklus, der sich am Beispiel von menschlichen Grundkonflikten und Dilemmata mit den 10 Geboten auseinandersetzt. Inzwischen gehört Dekalog zu den meistgefeierten Filmserien aller Zeiten. Alle Filme spielen in einer Mietskaserne in Warschau kurz vor dem Zusammenbruch des Ostblocks und zeigen die Schicksale der einzelnen Bewohner aus verschiedenen Perspektiven. (...)
Kieślowski sagt in einem Interview von 1989 der taz: "Ich bemühe mich, die Sachen so zu zeigen, wie sie sind, und nicht so, wie sie sein sollten oder so, wie wir uns wünschten, daß sie aussehen. (…) Ich bin kein religiöser Mensch. Aber ich denke, sowas gibt es schon. Es gibt etwas Höheres, das diese Welt ordnet. Vielleicht ist es nur unsere Idee oder unsere Sehnsucht, die als dieses ordnende Element zu begreifen ist. Ich weiß es nicht. Doch sehr oft gibt es Situationen, wo wir denken: Ja, so mußte es kommen."
Dekalog – Die 10 Gebote
Nach den Filmen von Krzysztof Kieślowski und Krzysztof Piesiewicz
unter Verwendung der Bühnenfassung von John von Düffel
Regie: Alexander Nerlich, Ausstattung: Wolfgang Menardi, Musik/Sounddesign: Malte Preuss, Choreografie: Alice Gartenschläger.
Mit: Mira Fajfer, Victoria Voss, Jan Gebauer, Marc Schöttner, Enrico Spohn, Felix Steinhardt.
Premiere am 6. April 2017
Dauer: 3 Stunden
theater.ingolstadt.de
meldungen >
- 30. Mai 2023 Peter Simonischek gestorben
- 29. Mai 2023 Alfred-Kerr-Darstellerpreis 2023 an Dominik Dos-Reis
- 29. Mai 2023 Cannes-Preise für Filme mit Sandra Hüller
- 29. Mai 2023 Margit Bendokat ist Ehrenmitglied des DT Berlin
- 26. Mai 2023 Mülheimer Kinderstücke-Preis an Roland Schimmelpfennig
- 25. Mai 2023 Die Schauspielerin Simone Thoma ist gestorben
- 25. Mai 2023 Auszeichnung für Schauspielerin Vivienne Causemann
(Liebe Birte Niederhaus, der Stream war nur bis heute (30.6.) 18 Uhr verfügbar. Aber vielleicht haben Sie morgen ab 18 Uhr Lust auf "Fiskus" von Felicia Zeller. Herzliche Grüsse aus der Redaktion)
Zuletzt ließ sich Christopher Rüping von dem Stoff während des Lockdowns für zehn kurze Online-Episoden am Schauspielhaus Zürich inspirieren, die vor allem zu Beginn technisch unausgereift waren und mangels Proben- und Vorbereitungszeit oft oberflächlich blieben.
Aber auch die Ingolstädter Inszenierung von 2017, die Nachtkritik in einem - vor allem im letzten Drittel schlecht ausgeleuchteten - Mitschnitt präsentierte, konnte mich nicht überzeugen. Alexander Nerlich komprimierte die zehn Filmstunden auf zweieinhalb sehr lange Theaterstunden, bei denen sich eine Miniatur an die nächste reiht.
In einem unwirtlichen Kellerraum voller realsozialistischer Hässlichkeit, den Wolfgang Menardi, einer der interessantesten Bühnenbildner der Theaterszene, für das Kleine Haus des Stadttheaters Ingolstadt gestaltet, arbeiten sich die Figuren aneinander und an ihren Skrupeln ab. Episode reiht sich an Episode. Was beim Bingewatchen oder etappenweisen Gucken einer Serie gut funktioniert, gerät hier an seine Grenzen. Ermüdend eintönig schleppt sich der schwere Brocken dahin.