Keine Chance, die Sache größer zu denken

15. September 2011. Das erfolgreiche Ballhaus Naunynstraße, unter Leitung Shermin Langhoffs zu einigem Ruhm inklusive einer Einladung zum Theatertreffen (mit Nurkan Erpulats Verrücktes Blut) gelangt, ist in seiner Existenz bedroht. Das schreibt Shermin Langhoff heute selbst im Berliner Tagesspiegel. Wenn nicht zumindest der Wegfall von zehn durch die Initiative Kulturarbeit geförderten Stellen kompensiert werden könne, müsse das Haus zum Ende der Spielzeit schließen und bereits ab Januar 2012 auf reinen Gastspielbetrieb umstellen.

Das bestätigte Shermin Langhoff auch noch einmal auf Nachfrage von nachtkrititik.de. Die zehn geförderten Stellen, die im Bereich Technik, Ticketing und Verwaltung eingesetzt worden seien, fielen ab Oktober weg. Das Ballhaus sei um € 200.000 unterfinanziert und könne die Stellen aus eigener Kraft nicht finanzieren. Damit könne der Betrieb in der jetzigen Form nicht mehr aufrecht erhalten werden.

Fehlende Planungssicherheit und keinerlei Aussicht darauf, das Projekt Ballhaus Naunynstraße "größer zu denken", weiterzuentwickeln und in Berlin-Kreuzberg Deutschlands erstes postmigrantisches Ensemble aufzubauen, so Shermin Langhoff weiter, habe sie schließlich auch dazu bewogen, das Angebot der Wiener Festwochen anzunehmen. Dort wird sie 2014 als stellvertretende Intendantin und Chefkuratorin antreten (mehr hier). Politisch gewollt und gefördert, wie sie hinzufügt.

(sle)

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Kommentare  
Naunystraße vor dem Aus?: Wo ist die Unterstützung?
Meldung von vorgestern. Wo bleiben die Unterstützungsmaßnahmen? Hieß es doch "Intendanten, migriert euch!"
Vielleicht das Haus einfach schließen und "Verrücktes Blut" auf Dauerschleife. Als Musical aus der guten alten Zeit. "Wir haben verstanden!"
Das wäre die Konsequenz aus beklatschter Selbstgefälligkeit der deutschen Häuser. Das Feuilleton kann dann ein paar Jammerartikel hinklatschen.

Knut ist ja auch ins Wasser geplumpst.
Naunynstraße Berlin vor Aus: Leiden auf hohem Niveau
Puh, in Berlin wird wirklich auf sehr hohem Niveau gelitten. Keine Frage, dass das Ballhaus Naunynstraße eine gute und wichtige Arbeit leistet, aber ich frage mich wieviele feste Stellen es dort insgesamt gibt, wenn jetzt 10 wegfallen und wie hoch der Etat ist, wenn allein die Unterfinanzierung 200.000 Euro beträgt. Kann da überhaupt noch von einem freien Theater die Rede sein? In den diesjährigen Kritikerumfragen lag bei den freien Theatern das Bpchumer Rottstr5-Theater nur knapp hinter der Naunynstraße. Soweit ich weiß, bekommt dieses Haus im Ruhrgebiet überhaupt keine öffentlichen Gelder außer einer Einmalförderung für ein Projekt im letzten Jahr über 20.000 Euro von der Sparkasse. Wer unter solchen Umständen so herausragendes Theater macht, hat meinen ganzen Respekt, vor allem wenn er dann noch nicht mal jammernd herumläuft.
Naunynstraße Berlin vor dem Aus: nutzloser Vergleich
@2: wem nützt der vergleich? genau, niemand. der rottstraße nicht - die können ja mit wenig geld, solln se doch so billig weitermachen, und der naunynstraße auch nicht - die bekommen nämlich keine neue stelle pro nutzlosem vergleich. wem die arbeit der kleinen - mehr oder weniger freien häuser - was wert ist, der streitet für jedes einzelne. wer nur trittbrett fahren will auf schlechten meldungen, der jammert auf niederem niveau. nicht schön.
und was die naunynstrasse angeht: wowi reloaded ist in der pflicht: wie können wir ihn erinnern, shermin?
Naunystraße Berlin vor dem Aus: kein Ausweg?
Der Naunynstraße sei jedes Geld der Welt gegönnt.....wie auch den zahlreichen anderen mehr oder weniger freien Theatern in Berlin und anderswo. Und natürlich ist das unerwartete Wegbrechen von Geldern immer ein schmerzhafter Einschnitt. Doch ärgerlich ist die reflexhafte Argumentation, dass so die Arbeit nicht weitergeführt werden könne und es keinen Ausweg gäbe, als zu den Wiener Festwochen zu wechseln. Das klingt schon sehr nach Ausrede und danach, als ginge es eben nicht wirklich um das Theater, sondern darum, seine Pfründe zu sichern.
Naunynstraße Berlin vor dem Aus: fragwürdige Argumentationslinien
@4: absolut Ihrer Meinung. aber vergleichbar fragwürdige argumentationslinien lagen ja schon bei der ablehnung der einladung zum "Augenblick mal!"-festival in der luft. ärgerlich!
Ballhaus Naunynstraße vor Aus: Äpfel und Birnen
hmm - schwierig. das ausschlagen der einladung zum augenblick mal! war doof und kleinlich - allerdings hat das mindestens soviel mit erpulat/hillje zu tun, wie mit langhoff. der hilfeschrei in sachen "10 personalien weniger" und "selbstausbeutung leck mich" ist pflicht einer chefin und nachvollziehbare karriereplanung - und die sollte mit freie-szene-hintergrund und ohne erlaubt sein. will sagen das zusammendenken von äpfeln und birnen haut nicht hin. wenn ein produktionsteam beschliesst auf die einladung "zum grossen" zu spekulieren und deshalb schubladentechnisch völlig systemerhaltend (schade) reagiert, hat das nix damit zu tun, dass eine erfolgreiche theaterermöglicherin von anderen als solche erkannt und abgeworben wird - zumal die bisherige wirkungssätte nix zuzusetzten hat. "mehr oder weniger freies theater" ist nicht persönliche angelegenheit derer, die dafür arbeiten, sondern immer noch eine struktur, die eine gesellschaft zu wollen hat. wenn die das per politik mit kürzungen/hindernissen sanktioniert, darf das subject/die chefin ihre konsequenzen ziehen. das ist in jedem theater, in jeder firma, auf jedem bauernhof so. und der moralische impetus nach dem in der sog. freien szene selbstausbeuterisch bis zum "get no" gearbeitet werden muss und das ergreifen jeder persönlichen chance zum verrat einer sich nie konstituierten kunstklasse erhoben/dergradiert(?) wird, ist so alt, wie die schulden "der scherben", die rio reiser nur mit "juni mond" und ähnlichem kompensieren konnten. will sagen, warum wird eigentlich auf die eingewirkt, die einen misstand beklagen, anstatt auf die, die ihn verursachen? oder: 10 leute weniger - welches theater - ob frei oder unfrei - sagt dazu "ja"?
Ballhaus Naunystraße vor aus: allein gelassen
... merkwürdig, das Familie Langhoff erst kurz vor Terminschluss die Misere als Argument einsetzt. 10 freie Stellen in einem halbfreien Theater, die dann noch wegbrechen sind natürlich eine Bürde. Der Weggang nach Wien wäre auch so, ein nicht ausschlagbares Argument, das Frau Langhoff sicher angenommen hätte.Diskussionen über eine mögliche HAU Kandidatur schwirrten ja auch schon eine ganze Weile durch die Berliner "Halbfreie Szene".Ein wichtiges Argument ist jedoch die Angreifbarkeit der Naunynstr. Macher, das sie wissend um das wegfallen der dreijährigen Förderung keine Alternativen geschafft hatten, die den Fortbestand ( vielleicht ja doch noch ?!) ermöglichen. Wohlgemerkt, die Stellen sind, wie auch in weiteren Berliner Einrichtungen, am Rande der Selbstausbeutung bezahlt, alles länger bekannt. Langhoff und Familie gehen nach Wien, viel Glück, schade, das z.Zt. noch keine Nachfolge Debatte einsetzt, so wird die Naunynstr. wahrscheinlich alleingelassen und mit Ihr ihre verdienten Mitarbeiter.
Ballhaus Naunynstraße vor Aus: unredlich
niemand fordert ein "ja" zu stellenkürzungen - gleich ob frei oder nicht frei. ein in-die-waagschale-werfen durch fortgang hat selten funktioniert. es steht jeder/jedem erfolgreichen/erfolgreichem leiterin/leiter frei, an andere häuser zu wechseln. nur dafür einen mit anderen mitteln zu bekämpfenden sachverhalt zu instrumentalisieren ist unredlich.

zu doof/kleinlich: es gab zusagen einer nichtinterferenz. meinen wir wirklich, die jury des tt hätte sich von der voreinladung zum AM abhalten lassen?? DAS wäre kleinlich gewesen. das wäre misskredit geworden.
was wäre das für ein signal gewesen: eine inszenierung die zu beiden kommt! und es ist ja nicht so, dass andere einladungen ausgeschlagen worden wären.
eine lösung fürs tt bei annahme der AM-einladung hätte sich gefunden! wer zweifelt daran? oder ist theater als ganzes neuerdings eine hierarchische bürokratie? überall sind absprachen möglich, warum nicht auch hier.
dies über ein wir-wurden-nicht-gefragt zu begründen, was soll das? wie souverän und OFFEN wäre es gewesen, das WÄHREND des AM zu diskutieren.

zurück zur nachvollziehbaren karriereplanung: das gegenteil von denkverboten sind nicht unbedingt redegebote.

(selbst-)ausbeutung bis zum "get no" ist nun beileibe kein alleinstellungsmerkmal der "freien".
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