Kürzungspläne in Potsdam
Neuverschuldung runter, Theater kaputt
Potsdam, 21. November 2012. Auf dem Online-Portal der Märkischen Allgemeinen Zeitung (MAZ) verbreitet Volker Oelschläger heute (21.11.2012) die neueste Hiobs-Botschaft. Während Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) mit Intendant Tobias Wellemeyer über eine Verlängerung seines derzeit bis Sommer 2014 laufenden Vertrags um weitere fünf Jahre verhandelt, schlägt der Kämmerer (Finanzstadtrat) für das Hans-Otto-Theater "drastische Kostenreduzierungen" vor.
Um die Neuverschuldung der Hauptstadt des Bundeslandes Brandenburg bis 2014 zu halbieren, sähe ein Verwaltungsbericht, der heute im Finanzausschuss erstmals diskutiert werde, vor, die freiwilligen Ausgaben für kulturelle Leistungen für die nächsten zwei Jahre auf dem Niveau von 2012 einzufrieren. "Für das Theater würde das eine Einbuße von 1,67 Millionen Euro bedeuten." So viel Geld sollte nach bisheriger Planung 2013 und 2014 auch als Teuerungsausgleich zusätzlich fließen.
Insgesamt sollte das Theater von der Stadt 2012 bis 2014 einen Zuschuss von 15,3 Millionen Euro bekommen. Über 10 Prozent weniger, wie geplant, würde nicht bloß Kürzungen bei Personal und Angebot bedeuten. Es bestünde auch die Gefahr, schreibt die MAZ weiter, dass das Ensemble seine Verpflichtungen im Theater- und Orchesterverbund des Landes (der die Städte Frankfurt an der Oder, Brandenburg an der Havel und Potsdam mit Konzerten, Musiktheater und Schauspiel "versorgt") nicht mehr erfüllen könne, was wiederum dazu führen würde, dass die "Fördermittel des Landes" ebenfalls gekürzt und das Theater zuletzt nicht bloß 10, sondern im schlechtesten Falle 20 Prozent seines vorgesehenen Etats einbüssen würde.
(MAZ / jnm)
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wir sind das volk und können uns den käse nicht mehr anschauen der dort produziert wird!
biederes, ultrakonservatives, unpolitisches theater.
da kann ein intendant nicht alles richtig gemacht haben. im gegenteil.
aber jedes jahr hunderttausende nachgeschossen zu kriegen, für meist nur mittelmäßige arbeit, trotz eines symphatischen ensembles und gelegentlich sehenswertem, reizt eben zu einsparfantasien.
schade.
@anne
Es ist schon eklig: Da diskutiert ein Kämmerer einen absurden Sparplan, eine Zeitung berichtet darüber, und aus allen Ecken kommen Leute, die das Theater in Potsdam schon immer schlecht fanden, so daß - ja, so daß was? daß es jetzt dem Theater RECHT geschieht, wenn es kaputtgekürzt wird??
Eine Debatte über die Qualität des Theaters muß immer sein, aber wie so oft hier in Kommentaren über Kürzungen, sei es Wuppertal, sei es Potsdam wird erst mal auf die Theater eingedroschen, die bedroht sind.
Mir gefällt auch nicht alles was das Theater meiner Stadt macht. Für meinen Geschmack könnte es weniger "High Society" und mehr "Eisvogel" sein. Aber ist das nicht in JEDEM Stadttheater so, daß der Intendant AUCH darauf sehen muß, daß die Auslastung stimmt? Es gibt noch genug spannendes Programm - und wirklich ein erstklassiges Ensemble, das den Vergleich mit keinem Berliner Ensemble scheuen muß.
vielleicht lesen sie erst den artikel, bevor sie solch haltlose behauptungen in die welt setzen.
und überhaupt: was verdammt noch mal hat die arbeit von wellemeyer ( von dem man ja halten kann was man will und der auch nicht für 200 jahre itendant sein wird ) mit dem vorgang zu tun, dass eine stadt einfach mal eben große teile ihrer leistungen für kultur (eben nicht nur das theater) drastisch zu kürzen und so nachhaltig (für doofe: also auch über die ära wellemeyer hinaus)schaden anrichtet?!
es geht nicht um die frage ob wir in einer stadt mit oder ohne wellemeyer, sondern ob wir in einer stadt mit oder ohne theater leben wollen.
Nun, ich bin kein Kenner vom HOT und war in den letzten 15 Monaten nur in etwa 10 Aufführungen, fuhr deswegen extra von Berlin nach Potsdam. Was man den Regisseuren vielleicht etwas ankreiden kann, ist der fehlende Mut für Innovationspotentiale und Neuansätze. Die Regiekonzepte sind auch von der Zusammensetzung des Publikums abhängig, an dem man nicht vorbeispielen kann. Wellemeyers „Krebsstation“ (Solschenizyn) war hochinteressant und für mich ein Highlight, kam aber beim Publikum nicht sonderlich gut an und wird in diesem Jahr, so weit ich informiert bin, nicht mehr gespielt. Immerhin hat das Ensemble eine recht hohe Qualität.
In Oberhausen, über 200 Millionen Schulden, würde momentan niemand wagen, das Theater von Peter Carp mit Einsparungen in Potsdamer Größenordnung zu konfrontieren. In Senftenberg, 50 Millionen Schulden, ist Latchinians Neue Bühne ähnlich unantastbar,also: der Fisch stinkt vom Kopf, oder eben nicht.
und lieber max, nun mal butter bei die fische: wo sehen sie denn verbesserungen in der qualität am HOT? was haben sie gesehen? was hat sie begeistert? berührt? genervt? inspiriert? erregt? angeregt?
Klar gilt, das mit vom Kopf her stinkenden Fisch auch für die Kulturpolitiker, nur die haben ja auch die Theaterleitung gewählt, und wenn die sich jetzt in aller Öffentlichkeit gegenseitig runterziehen, dann ist das eine doppelt peinliche Entwicklung, die alle Theater gefährdet. Wenn Potsdam schon so sparen muß, wer soll dann andere Sparfans noch hindern?
Daher mein leidenschaftlicher Kummer, meine Sorge.
Aber an stinkende Fische sollte am besten gar keine Butter, insofern ist mein Rest in diesem thread jetzt Schweigen.