Kolumne: Als ob – Michael Wolf wünscht sich mehr Philosophie im Theater

Kolumne: Als ob

Vielleicht mal beten

von Michael Wolf

1. Dezember 2020. Vor kurzem habe ich "Gott" gesehen, die TV-Adaption des Stücks von Ferdinand von Schirach (am Theater uraufgeführt in Berlin und Düsseldorf). Ich halte den Film für solide Fernsehunterhaltung, gestört hat mich nur der Titel. Denn es geht hier natürlich kein bisschen um Gott, sondern um die Frage, wie man die Tatsache des Todes gesellschaftlich am besten managt. Folgerichtig ist der Text als Gerichtsdrama angelegt. Das ist das Erfolgsrezept des Autors. Schirach bricht die ganz großen Themen auf ihre juristische Ebene herunter, leitet einen so gleichsam an einem schützenden Geländer entlang immerhin in Sichtweite existenzieller Abgründe. Und das ganz ohne transzendenten Schwindel, jeder Zweifel erübrigt sich hier, sicher führen die Argumente zum Ziel, am Schluss einer 90-minütigen Erörterung ist die Antwort auf eine weitere Frage nach Sein oder Nichtsein auch schon wieder geklärt.

Kolumne: Aus dem bürgerlichen Heldenleben – Esther Slevogt über den Appell von Berliner Theatern, trotz steigender Covid-Zahlen zu spielen

Kolumne: Aus dem bürgerlichen Heldenleben

Weitermachen, als wäre nichts?

von Esther Slevogt

10. November 2020. Zeitungen berichten, dass erstmals mehr Menschen mit schweren Corona-Verläufen auf Intensivstationen behandelt werden, als beim Ausbruch der ersten Welle. Auch an Tag 10 des zweiten Shutdowns steigen die Zahlen noch immer. Doch die Theater wollen wieder spielen. Wichtige Häuser in Berlin haben gemeinsam einen Brief an den Regierenden Bürgermeister geschrieben und auf ihre Hygienekonzepte verwiesen. Die nämlich würden auf wissenschaftlichen Erkenntnissen basieren und maximalen Schutz bieten. Die Theater in den folgenden Monaten wieder bespielen zu können, eröffne also mehr Chancen als Risiken. "Die demokratische Gesellschaft nährt und bildet sich durch kulturelle Teilhabe", heißt es auch. Der Besuch dieser öffentlichen Räume sei für viele Menschen existentieller Teil des gesellschaftlichen urbanen Lebens und für dessen Zusammenhalt substantiell.