Produktivitätsdruck in der Krise

7. April 2020. Das Coronavirus herrscht, die Theater sind geschlossen. Aber zum Stillstand sind sie nicht gekommen: Ihre Bühnen sind ins Internet verlegt worden. Häuser wie die Berliner Schaubühne oder die Münchner Kammerspiele streamen Vorstellungsmitschnitte, Schauspielerinnen rezitieren Hamlet oder melden sich aus dem Familien-Wohnzimmer, Intendanten singen "Das Lied der Viren".

Digitale Nähe in Zeiten physischer Distanz

Ganz nah kommt man den Mitarbeiter*innen der Stadt- und Staatstheater: vor ihren Bücherregalen, am Frühstückstisch, beim Schachspiel mit dem Hund. Ein Overkill an Memes, Stories und Audios. Lebenszeichen aus der Quarantäne, wie ein verzweifeltes Rufen im Wald: Wir sind noch da. Wir spielen noch!
 Setzten die Theater einfach digital fort, worüber sie im Alltag vor Corona ständig klagten: Überproduktion, neoliberales Heißlaufen – ein Zuviel von Allem? Darum geht's im Theaterpodcast #24. Zu Gast – per App von zuhause: die Regisseur*innen Monika Gintersdorfer und Christopher Rüping.

 

Christopher Rüping, Hausregisseur am Schauspielhaus Zürich, hat schon einige digitale Experimente auf den Weg gebracht. Zum Streaming seiner zum Theatertreffen 2018 eingeladenen Inszenierung "Trommeln in der Nacht" gab es auf nachtkritik.de einen Live-Chat – bei dem der Regisseur einen "Zipfel des Gemeinschaftsgefühls" erhaschte, das ihm am Theater derzeit am meisten fehlt. Dennoch findet er "abgefilmte Theaterinszenierungen ohne jeden Kontext" enigmatisch. Werden Leute, die bisher kein Theater besucht haben, durch mittelmäßige Mitschnitte eher abgeschreckt?

"Wenn wir nicht spielen können, dann ist da einfach Nichts"

Während die Stadttheater digitale Formate entwickeln, kämpfen viele Freie, wie die Künstlerin Monika Gintersdorfer von Gintersdorfer Klaßen und ihre internationale Truppe La Fleur, darum, finanziell und künstlerisch über die Runden zu kommen. "Wenn wir nicht spielen können, dann ist da einfach nichts." Gastspiele sind abgesagt, der internationale Austausch, auf dem ihre Arbeit beruht, ist zu einem Halt gekommen. Wann sich das fest zusammenarbeitende, aber immer nur temporär an einem Ort versammelte Ensemble wieder treffen wird, ist offen. Ins Digitale verlagern möchte Monika Gintersdorfer ihre Produktion nicht: ihr geht es um den Erhalt des öffentlichen Raums und darum, mitzuverfolgen was im Kontext von Corona "auf der Strecke bleibt". Gleichzeitig wünscht sie sich mehr Selbstbestimmung und Entscheidungshoheit für freie Gruppen.

 

 

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