nachtkritikstream: Wie das Streamen von abgefilmtem Theater der Bühnenwelt neue kulturelle Bedeutung verschaffen kann
Das Theater und sein digitales Double
12. April 2020. Das Streaming von Theatervorstellungen ist umstritten. Dabei kann es Kanäle öffnen, die der Bühnenwelt bis dato verschlossen waren.
Von Christian Rakow
12. April 2020. Kennen Sie den Moment, wenn es auf Partys gesellig wird und ein spontanes Stegreifspiel anhebt: "Hasta la vista, Baby" brummt jemand mit kernig österreichischem Englisch. Und alle posaunen blitzschnell raus, woher das Filmzitat stammt. Oder "Ich habe Dinge gesehen, die Ihr Menschen niemals glauben würdet, brennende Schiffe, draußen vor der Schulter des Orion…". Na, Sie wissen, wie solche Ratespiele ablaufen. Es ist ein Turnen in den Schatzkammern unseres populärkulturellen Wissens. Man zeigt sich gegenseitig Vorlieben, man teilt, man performt ein wenig. Ich habe mir immer vorgestellt, wie wunderbar es wäre, wenn es in solcher Runde auch einfach heißen könnte: "Wenn wir Schatten Euch missfielen, denkt zum Trost von diesen Spielen…" – und zwar ganz selbstverständlich, ohne Bildungsdünkel, einfach weil man weiß, dass andere wissen.
Das Glühen der Router
Wir sind jetzt einen knappen Monat im Corona-Shutdown der Theater und also einen Monat inmitten eines ungekannten Rushs von Theaterstreams im Netz. Inszenierungen, die aktuell nicht live gezeigt werden können, brechen über die Bildschirme herein. "Corona-Reflex"-haft (Katja Grawinkel-Claasen) werde "gestreamt, bis die Router in die Knie gehen" (Uwe Mattheiss). So winken die ersten kritischen Stimmen lautstark ab. Mich irritiert diese Rasanz, mit der gerade geöffnete Türen sogleich zugeschlagen werden sollen. Natürlich irritiert sie mich. Unsere Website nachtkritik.de tut ja mit dem #nachtkritikstream an vorderster Front mit und zeigt allabendlich eine in Proben- oder Aufführungsmitschnitten festgehalte Theaterproduktion, aus großen und kleinen Häusern, Stadttheatern und freier Szene. Von der Rampe in den Router, dass er glühe.
So, lasst ma gucken wie das so ist mit der digitalen Copräsenz. #streamingtrommeln pic.twitter.com/dvKftXej2w
— Fabian Raith (@der_fabs) March 29, 2020
Bis vor kurzem waren solche Vorgänge ein Ding der Unmöglichkeit. Die komplexe Rechtelage zwischen Theatern, Verlagen und beteiligten Künstler*innen stand einer breiteren Sekundärverwertung im Netz entgegen. Die Exklusivität des Live-Ereignisses war bei allem offensiv zur Schau getragenen Verständnis für Öffnungsdiskussionen sakrosankt. (Veteranen der Livestream-Diskussionen in der Heinrich Böll Stiftung oder bei der Böll-Nachtkritik-Konferenz "Theater und Netz" wissen ein Lied zu singen.) Die Corona-Krise aber, in der riesigen kulturellen Sektoren ihr Gegenstand schlagartig abhandenkommt, zwingt jetzt zum Umdenken und zum Vollzug lange angedachter Experimente. Die Rechteinhaber setzen angesichts der Ausnahmesituation auf Kulanz.
Die Schrumpfungsdiagnose
"Das alles hat mit Theater nichts zu tun!“, tönt es allenthalben selbst von klügsten Köpfen, die sich in der Krise nicht scheuen, das Offensichtlichste vorzutragen. Es ist nicht live, nicht ko-präsent (also mit Spieler*in und Publikum in einem gemeinsamen physischen Raum), es ist nicht sozial (also ohne Cappuccino und Schwatz im Foyer) und so fort. Das Netzabbild hat eine andere "Materialität" (Mattheiss).
Ja, nun, wer hätte wohl auch anderes angenommen? Selbst wenn das im Netz Gezeigte nicht Konserven wären, sondern genuine Livestreams (also in Echtzeit abgefilmte Proben oder Aufführungen) käme das digitale Ergebnis in seinem Repräsentationscharakter wenig näher an das Gesamtereignis Theater heran. Die Frage nach Abbildhaftigkeit und Adäquatheit führt vollkommen in die Irre. Wir befinden uns online in einem anderen Raum: und der verweist auf den Ausgangspunkt Theater in höchst reduzierter Form. Er bietet – wie auch immer gut gefilmt – ein Zitat des Abwesenden. Der Regisseur Christopher Rüping sagte in den letzten Tagen verschiedentlich (zuletzt im Theaterpodcast #24): Streams verengen das Theater auf den "informativen Wert". Was sicherlich die theoretisch prägnanteste Formulierung dieser Schrumpfungsdiagnose ist.
Etwas geht verloren, etwas entsteht
Wie aber? Was gibt es von diesen Streams mehr zu sagen als die offensichtliche Verlusterzählung? Um diese Frage zu beantworten, muss man den Blick vom Ursprung umlenken auf die Praxis, die in der Netzkultur an jedwede Erzeugnisse und also auch an das multimedial transformierte Theater anschließt. Im Zitat gewinnt das eigentlich so exklusive Ereignis eine ungekannte Mobilität. Plötzlich kann man auch in Berlin schauen, wovon in Düsseldorf die Rede ist. Das Privileg von Kurator*innen und Dramaturg*innen, selbst ohne Reiseaufwand breit zu sichten, demokratisiert sich. Alles, was Rumor war (und hier bei Nachtkritik kennen wir uns mit Rumor in der Theaterwelt ziemlich gut aus) kriegt plötzlich eine höhere Plastizität. Was Kolleg*innen in Kritiken lobten, wird nun um Grade anschaulicher. Aber eben um Grade. Es bleibt im Kern zunächst "Information" (Rüping).
.@vogeskay wusste schon 2012, was man sich in den leeren Theaterkantinen während der Coronakrise über #theaterstreams #nachtkritikstream #theaterdigital erzählen würde. 👉 https://t.co/9HDJbmGMEX pic.twitter.com/A7lJWtsuWA
— Christian Rakow (@ChRakow) March 31, 2020
Will man wissen, was über den Informationscharakter hinausgeht, muss man schauen, welche ästhetischen und kommunikativen Handlungen an Streams anschließen, wie Spuren des abwesenden Theaters neuen Lektüren unterworfen werden. Angeregt von Christopher Rüping selbst haben wir für den nachtkritikstream seiner Brecht-Inszenierung Trommeln in der Nacht einen parallelen Live-Chat organisiert. Zunächst einfach in dem gemeinsamen Bestreben, für das Filmschauen etwas Gemeinschaftlichkeit herzustellen, ein Theatergefühl des Miteinander zu simulieren. Alle verabreden sich auf 20 Uhr, drücken simultan auf Play, schauen und schwatzen los.
Epiphanien des Sinns
So ein Chat aber – als genuines Netzformat – hat seine eigenen Gesetze. Und die erzeugen im Zusammenstoß mit gestreamtem Theater unvermutete Effekte. Ich stimme Christopher Rüping absolut zu, dass Theater im Netz, dort wo es kontextfrei bleibt, den Touch des "Enigmatischen" hat, als connoisseurshafter Genuss für Hardcore-Nerds abgebucht werden kann (theaterpodcast #24, Minute 26:40). Der Chat aber als starkes Kontextualisierungsangebot erwies sich bisher in der Praxis als unheimlich durchlässig. Schon dank des Tempos und der aberwitzigen Fülle an Beiträgen (meist sind rund 30 Leute von etwa 200 Angemeldeten aktiv).
Nirgends wird lange getippt. Statt gelehrter Ko-Referate, wie man sie von Publikumsgesprächen kennt, gibt es kurze, prägnante Fragen, laienhafte und kennerhafte, kleine Beobachtungen und hingehuschte Interpretationsangebote, Zwischenrufe und Zwischenapplaus, im Gemenge dabei: Fans, Kritiker*innen, Macher*innen. Ein enthierarchisiertes und ziemlich ungeschütztes Sprechen, wenig distinguiert, ganz anders als man es vom Theater landläufig kennt. Kurz gesagt: Der Pop-Appeal war hoch, das eingangs beschriebene Partygefühl nicht fern.
Viele Theaterstreams heißt auch viele #theaterGIF Möglichkeiten :D Tyrannis von @ErsanMondtag @nachtkritik pic.twitter.com/lUP8Nby2OB
— Tina 🌈 (@twena) March 17, 2020
Aber das ist nur der allgemeine Formaspekt dieses Chat-Diskurses. Zugleich gab es immer wieder Epiphanien von starker Inhaltlichkeit in der Auseinandersetzung. Der Chat bietet ganz offenbar eine Möglichkeit, wie sie bis dato dem Theater nicht zur Verfügung stand: ein performatives Close-Reading, Analysen im Schnellzeichner, sehr konkret an Szenen und Momenten der Inszenierung angepinnt. So nah kommt kein Publikumsgespräch an eine Inszenierung und ihre sinntragenden Strukturen heran.
Vom Stream zum gif
Natürlich erschöpft sich die Frage nach den "Netz-Praktiken", die an Streamings anschließen, nicht in bloß diskursiven Effekten (also in dem neuen Sprechen, das hier über Theater ermöglicht wird). Die Netzaktivistin Tina Lorenz (die bereits 2014 in einem Essay für nachtkritik.de länger über Livestreaming im Theater nachdachte) schoss, kaum dass der nachtkritikstream startete, das erste selbstgebastelte gif raus (zu Ersan Mondtags "Tyrannis"). Memes, gifs – solche visuellen Kleinstbotschaften, die dann irgendwo in andere Kommunikationskanäle schwappen, sind Teil jener Kultur des Zitats, der Kopie, des "Mash-Up" (Dirk von Gehlen), die dem Theater bis dato verschlossen war. Nicht zu seinem Guten.
Potenziell gif-fähig: Wiebke Puls als Frau Balicke in "Trommeln in der Nacht" an den Münchner Kammerspielen
Populärkulturelle Praktiken werten das Ursprungsereignis auf, statten es mit neuem symbolischen Kapital aus. Kennen Sie das gif, in dem Leonardo di Caprio Ihnen zuprostet, wenn Sie auf Twitter eine richtig schöne Punchline rausgehauen haben? Warum sollte das Theater in solchen Galerien fehlen? Warum zum Beispiel sollte der unsterblich cool verspannte Tanz von Wiebke Puls als angetrunkener Frau Balicke in "Trommeln in der Nacht" nicht auch solch einen ikonischen Moment abwerfen und in die Weiten des Netzes schwappen? Es wäre die Rückkehr des Theaters an die Orte, an denen heute das Gespräch über Kultur abläuft.
Den Sorgenträgern à la Mattheiss, der Live-Künstler*innen im Zeitalter ihrer digitalen Reproduzierbarkeit bereits zu Uber-Taxifahrern degradiert sieht, sei einstweilen zur Beruhigung mitgegeben: Ein Streaming für maximal 24 Stunden, das momentan die gängige Vereinbarung ist, nimmt dem Live-Event noch kaum etwas von seiner Exklusivität (und Profitabilität, sofern dieser Begriff im unterfinanzierten Theaterbereich überhaupt greift). Und der strukturelle Zitatcharakter des Ganzen verweist jede Kopie selbstredend auf das Real-Life-Event.
Pioniere des Streams
Die Netzpraktiken (Chat, Mash-up), die das visuelle Zitat des Theaterereignisses aufladen, statten es mit neuem Kontext aus, verwandeln die Repräsentation (das bloße Senden) in Interaktion (Spiel / Verarbeitung / Verwandlung). Und "Interaktion" ist natürlich der Schlüssel, um über Theater im Netz nachzudenken (Grawinkel-Claassen). Gesucht sind fraglos mehr Theaterstücke, die sich diesen Netzmöglichkeiten auch in der eigenen Genese bewusst sind. 2015 streamte nachtkritik live die Performancereihe Shakespeares Complete Works von Forced Entertainment (im Rahmen des Festivals "Foreign Affairs" der Berliner Festspiele).
Netzcompatible Shakespeare-Nacherzählung mit Haushaltsgegenständen von Forced Entertainment © Tim Etchells
Bis heute scheint mir diese Arbeit richtungsweisend. Weil Forced Entertainment in ihrer Inszenierung den strukturellen Zitatcharakter der gesamten Unternehmung und des Streams antizipierten. Weil Shakespares klassische Werke hier in hochgradig netzkompatiblen Paraphrasen und abkürzenden Nacherzählungen dargeboten wurden, an einem Küchentisch in lockerem Vortragston, mit Küchenutensilien, die die handelnden Figuren repräsentierten: Richard III. als Soja-Flasche. Reduktion war also schon im Ursprung Programm (hier mein Bericht von damals).
Auf Twitter formierten sich seinerzeit zwischen Sheffield und Berlin die Zuschauenden und hielten ihre Momente, Sentenzen und Beobachtungen wie im Poesiealbum fest (Twitter ist quasi das behagliche Äquivalent zum hektischeren Chat). Und tatsächlich gab es denn dort auch Sätze, die ich seit 2015 mit mir herumtrage, und die im eingangs beschriebenen Sinne absolut partyfähig wären, wenn sie denn einen größeren Echoraum bekämen. "He smiles as he kills" – Richard III., von William Shakespeare, nacherzählt von Forced Entertainment. Wer bietet mehr?
Christian Rakow, geboren 1976 in Rostock, ist nachtkritik.de-Co-Chefredakteur und Mitkurator der Konferenz Theater & Netz.
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Die Streaming-Angebote der Theater und der sehr vielfältige Spielplan, den Nachtkritik kuratiert, präsentieren viele Inszenierungen, die ich schon länger sehen wollte, aber wegen Reise-Aufwand, Zeit und Kosten vermutlich nie gesehen hätte, oder Inszenierungen, von denen ich noch gar nicht gehört hatte. Deshalb unterstreiche ich Christian Rakows Hoffnung, dass Mitschnitte von Inszenierungen auch nach der Krise für Interessierte leichter zugänglich werden, und schließe mich dem Appell mit drei Ausrufezeichen an.
Ich bin auch dankbar für die interessante Schilderung, wie viele Möglichkeiten sich der Flüchtigkeits-Dogmatismus eines mythisch überhöhten Live-Theater-Purismus selbst abschneidet, in dem er auf Einflüsse auf Populär-Kultur und Gifs verzichtet und sich stattdessen elitär abschottet.
An einer Stelle muss ich widersprechen: Auch Streams können mehr als nur "informativen Wert" haben. Im besten Fall bietet auch die Auzfzeichnung ein tolles Erlebnis und einen intensiven Kunst-Genuss. Das schafft sicher nicht jeder Stream, genausowenig aber jeder Live-Theater-Abend.
Die Aufzeichnungen von Mehmet Atescis "Small Town Boy"-Songs oder Birte Schnöink/Mirco Kreibich als "Romeo und Julia" zählen zu meinen Highlights der Saison. Ich möchte sie genauso wenig missen wie einige Live-Theater-Erlebnisse. Deswegen kann ich mich nur Christian Rakows Mahnung anschließen, nicht das eine gegen das andere auszuspielen und Türen vorschnell zuzuschlagen.
(Hallo Bernd Beck -
wir wissen, dass die Theater mit viel Aufwand die Rechte klären, es sind teils Abendgagen für Schauspieler*innen im Gespräch, die Theaterverlage handeln für die Dramatiker*innen Honorare aus fürs Streaming. Welche freischaffenden Künstler*innen meinen Sie genau?
sik / nachtkritik.de)
trotzdem wundere ich mich, dass der erste impuls nicht ist, auf die straße zu gehen und für menschen am geöffneten fenster oder auf sicherer distanz theater zu machen (klar, die cops, aber da könnte es ja eine lösung geben). das wäre doch gerade jetzt spektakel, wo man digital tiger king nur schwer das wasser reichen kann.
(und der zugang zum internet auch weiterhin privileg ist, während die marginalisierten menschen, die auf der bühne so oft beschworen und konstruiert werden auf der straße oder in den geflüchtetenunterkünften ohne netzzugang leben müssen)
Hinzu kommt: Was ist nicht permanent die Rede von Zeitgemäßheit und Relevanz des Theaters, von dem Einfluss des Digitalen usw., das muss sich doch auch im Online-Auftritt abbilden.
Wer nun sagt, Theater sei doch etwas anderes als Netflix, der hat Recht - aber genau das wäre auch ein Argument, online zu gehen, um zu zeigen, dass es noch ganz andere Arten von Erzählung und Gestaltung gibt als endlose Serien mit dem obligatorischen Cliffhanger etc.
Und ein letzter Gedanke: Wie viele Regisseure setzen heute selbstverständlich Video im Theater ein - aber jetzt meutern sie, wenn es darum geht, Theater als Video zu veröffentlichen..?
wir wissen, dass die Theater mit viel Aufwand die Rechte klären, es sind teils Abendgagen für Schauspieler*innen im Gespräch, die Theaterverlage handeln für die Dramatiker*innen Honorare aus fürs Streaming. Welche freischaffenden Künstler*innen meinen Sie genau?
sik / nachtkritik.de)
Ich weiss, dass einige Theater die Rechte klären, aber wieso betonen Sie "mit viel Aufwand"? Streamen ohne die Rechte vorher zu klären ist rechtswidrig, Dennoch passiert.
Welche freischaffenden Künstler*innen meine ich genau? z.B. Regisseur*innen, Bühnenbildner*innen, Kostümbildner*innen.
Sie meinen "es sind teils Abendgagen für Schauspieler*innen im Gespräch". Bitte nennen welche Theater führen solche Gespräche,
Das wissen Sie also`? Es ist in der Verallgemeinerung absoluter Quatsch was Sie hier schreiben. Ich weiß von drei Staats-Theatern welche die Regieteams um tantiemenfreie Streamingrechte bitten und diese einfordern.
Es geht NICHT IMMER nur um die Darstellende Sparte, dies wird in fast allen Diskussionen vergessen.
Von den Theatern, von Nachtkritik und von den Hilfsfonds , welche als Empfehlung (Baden Württemberg) angeben: da gelten die Hartz IV Bestimmungen.
Urheberrechte haben ihren Sinn, sie zu entwerten hat seinen Preis.
Ich liebe die Idee von theaterstudent*, Straßentheater zu machen! Muss man allerdings für raus aus der Komfortzone.
Meine Vorstellung war noch viel banaler: Vielleicht nutzt man die Zeit auch einfach, um Stücke mal wieder zu lesen? Das ist natürlich etwas anstrengender, als neben dem Bügeln einen Computer laufen zu lassen. Immerhin würden für das Partyspiel des Autors auch manche Sätze herausspringen.
Fazit: Als Ablenkung, als mauer Ersatz, als Covid-Maßnahme begrenzt okay; und in der Tat ist es eine Freude, mal in alte Inszenierungen schauen zu können. Aber überhöhen muss man‘s auch nicht. Lesen!
Danke!
forms.gle/Qa6K81zFwcu6GGA28
Theater ein neu geschriebenes Stück mit dem
Titel Home Office, welches das Drama der Gegenwart inszeniert. Der Plot Bestände aus den inszenierten Proben der Schauspieler*inn-
en im jeweiligen Home Office, bildmäßig ver-
schnitten mit deren inszeniertem Alltag.
Dieser würde sowohl privat,als auch medial
gespiegelt und gebrochen. Eine Pandemie ist ja in vielerlei Hinsicht gefährdend und gefährlich. Geprobt würde in diesem Gegen-
wartsdrama, entweder die imaginäre Theater-
Adaption eines Romans von Defoe,Camus oder
Boccacio oder ein Stück von Shakespeare,
Jelinek & Co..So etwas würde sowohl Theater-
als auch Spartenübergreifend stattfinden können. Ja,das kann man alles machen, ein instant geschriebenes Drama, welches alle
Online-Facetten nutzt und natürlich live gestreamt würde. Könnte man machen.
(Werte*r K.I., nachtkritik.de zahlt kein Geld. Die Aktion ist aus dem Gedanken entstanden, den geschlossenen Theatern weiterhin Sichtbarkeit zu verschaffen und das Gespräch über Theater auch in Zeiten des Shutdown fortsetzen zu können – und so viele Menschen wie möglich daran zu beteiligen. Viele Grüsse aus der Redaktion, Esther Slevogt).
du schreibst: "Entweder wird das über eine Ausnahmeregelung geregelt, die alle anderen Gesetze eine Zeitlang aushebelt, dann steht auch niemandem ein Stream zu"
Ohne dir nun zu nahe treten zu wollen, aber hast du dir als du das geschrieben hast, ein paar Sekunden Gedanken gemacht, was genau du das schreibst? Die Logik seiner Sätze sind: "na dann, ist es halt Ausnahmezustand. Dann können sie halt nicht partizipieren, na und?"
Du schreibst: " oder aber sie werden nicht ausgegrenzt, so dass sie keinen Stream brauchen ..."
Aha.
Ist nun so, dass die "nicht Ausgegrenzten" entscheiden, was die "Ausgegrenzten" als Ausgrenzung zu verstehen haben.
Nein, da muss man nur ein bisschen tiefer nachdenken. Es braucht eine einzige Klage eines älteren Theaterfreundes, der nicht ins Theater darf, wenn wir jungen alle dürfen und er wird Recht kriegen und einen Stream erhalten. Es ist also besser, nun etwas vorauszudenken, als sich dem Denken zu verweigern, lieber Paul. Aber ich mag eigentlich nun gar nicht in den Angriffmodus wechseln, das Thema erscheint mir zu ernst.Nicht zu vergessen sollten wir aber auch die ökonomischen Potentiale. Das Durchschnittspublikum der Theater ist alt. Viele werden - wenn wie ihnen einen schönen Live-Stream von Sandra Hüllers neuer Show - als Angebot vorschlagen, auch einen guten Preis für diesen Live-Stream bezahlen. Auch das sich vorzustellen, braucht nur etwas Wille, aber keine Phantasie.
#19: Ich hoffe sehr, dass das alte Durchschnittspublikum (wieso schreiben Sie eigentlich nicht vom hohen Durchschnittsalter des Publikums, sondern von "Durchschnittspublikum", was genau soll das sein?) nicht bereit ist, einen guten Preis für Ihr "wir"-Angebot der neuesten Sandra Hüller-Show zu zahlen. Weil Weder Sandra Hüller noch ihre Mit- und Zuarbeiter von diesem Preis eine für das Bestreiten ihres Lebensunterhaltes relevant hohe Summe erhalten werden, sondern vor allem die bereitsstellenden Plattformen daran verdienen werden. Und das auch noch in den Ländern in denen sie beansprucht werden als Sender, steuerfrei. Sich das vorzustellen braucht es weder Fantasie noch Willen, sondern lediglich volkswirtschaftlicher Kenntnisse und solidarisches Verhalten gegenüber diktatorisch Ausgebeuteten.
Und nein, ein "bedingungsloses Grundeinkommen" ist keine Lösung des Problems. Denn die Bedingungslosigkeit für ein allgemein gültiges Grundeinkommen hierzulande hat zur Bedingung, die noch schärfere Ausbeutung der Produktivkräfte und Naturressourcen anderswo- es ist nicht nur so ein SiebzigerJahre-Hippie-Gerede, dass die Welt, in der wir leben, EINE ist. Selbst dann, wenn wir gerade gezwungen sind, mit unserem Arsch zuhause zu bleiben...
Über kurz - wohlgemerkt über kurz, nicht über lang! - führt kein Weg an der Hoch-Besteuerung der Großvermögen und der Kapitalerträge der rasant in Echtzeit digital betriebenen Finanzmarkt-Ping-Pong-An-und Verkäufe z.B. mit Wohnimmobilien oder Pharmazievoraussagen - vorbei. Niemand, wirklich NIEMAND muss Milliarden privat besitzen, um gut und sogar - wenn er es denn selbst braucht für sein Ego - luxuriös zu leben... Man muss das nur besitzen, wenn man ganze Staaten und Gesellschafts-Entwürfe, also private Welt-Macht, kaufen will... Das aber sind faschistoide Motive für Privatbesitz und keinesfalls mehr humane, ganz gleich, wie die sich öffentlich gerieren...
Mir scheint ja, dass die Öffentlich-Rechtlichen nicht verstanden haben, was Inklusion und Teilhabe bedeutet, die sollten Sie befragen! -
Und darüber hinaus wären die Öffentlich Rechtlichen Sender gut beraten ließen sie sich bei einer Neueinrichtung eines niveauvollen u.a. "Alten"gerechten Formates von so erfahrenen Kritikerpersönlichkeiten unterstützen, wie diesen, die hier seit 2009 aus eigener Initiative eine mediale Riesenlücke via Internetangebot füllen und damit herausragende Bildungs- und Informationsarbeit geleistet haben, deren Gemeinnützigkeit bisher nicht so recht angemessen vergolten wurde. Ganz anders als viele überdimensioniert in den Programmen angebotene Unterhaltung für schlichte unkritische oder eher einseitig gebildete also gleich-geschaltete Geister, für deren Unterhaltung offenbar stets genug Geld da ist. Eventuell kann die Medienministerin auf dieses Defizit im Bildungsauftrag der Öffentlich -Rechtlichen Sender diese einmal aufmerksam machen und zum Abhilfeschaffen durch kulturjournalistische und künstlerische Kräfte von deren Arbeit sie sich bereits mehrfach persönlich überzeugen konnte (z.B. auf ihrer thüringischen Theaterreise vor zwei Jahren (oder drei?)), inspirieren?
(...)
Will sagen: Sehr guter Vorschlag, Herr Schwarz! Wenn sich in drei Wochen immer noch keiner rührt von den Öffentlich Rechtlichen in dieser Theaterangelegenheit, klagen Sie! Das ausgesperrte Publikum wirds Ihnen danken, wenn es davon erfährt. Rechnen Sie aber damit, dass es nicht davon erfährt...
(Anm. Eine längere Passage, die sehr weit vom Thema wegführte, ist gestrichen worden, und damit ergeht die Bitte, den Gegenstand Streaming im Blick zu behalten. Mit freundlichen Grüßen, Christian Rakow / Redaktion)
ich kann das noch nicht 100% bestätigen, aber es ist sehr gut möglich, dass es in der tat nur eine/n kläger/in braucht, und die streaming-infrastruktur muss ausgebaut werden, aus gründen der teilhabe und barrierefreiheit. wir sprechen kommenden montag mit einem der proflierteren medienanwälte der schweiz, dann kann ich noch genaueres dazu sagen. ich persönlich finde es äusserst beunruhigend, dass wir einerseits uns alle hier an diese massnahmen halten - und gleichzeitig scheinbar nur wenige theater und journalist*innen dran denken, dass die öffnung ja mit sehr sehr hoher wahrscheinlichkeit nur partiell sein wird - die theater aber auf anfrage immer noch "optimistisch" sind, dass es im herbst weitergeht und diesen sehr wahrscheinlichen fall nicht miteinkalkurieren, dass sie diese streamings werden einrichten müssen - aus humanitären, juristischen ethischen gründen. dass die kollateral-effekte positiv wären - neue formate entstehen würde, wäre ja dann der schöne nebeneffekt. aber der treiber der streaming-innovation wird die krankheit sein - nicht der wille der theaterhäuser. für uns künstler*innen, aber auch für das publikum - aber auch für nachtkritik wäre dieser innovationsschub zu begrüssen, weil diese neue infrastruktur von der öffentlichen hand bezahlt werden müsste. der schlimmste fall könnte nämlich auch eintreten, dass nicht gespielt werden darf, weil diese teilhabe und barrierefreiheit nicht gewährleistet ist. ich weiss mittlerweile aus stundenlangen ZOOM-diskurserfahrung, dass diese gedanken für viele wie science-fiction klingen - aber das hätte das virus und die folgen mitte februar auch. ich bin in dem sinn etwas entsetzt über die phantasielosigkeit der ganzen branche und wie sie in das nächste fiasko hineinstolpert und nicht die chancen ergreifen will, die sich durch die bitteren lehren des virus erteilt worden sind. diese lehren wären: streaming ist gesund. streaming ist ein teil der theaterzukunft. wer bei TROMMELN IN DER NACHT dabei war (aus meiner sicht ein theaterwunder, da teile ich die begeisterung und die argumente von herrn rakow) konnte eine ahnung davon erschnuppern. in keinster weise wurde da die "real"-erfahrung des theaters geschnmälert. das war was neues. aber um nun auch nachtkritik und ähnliche pioniere zu stärken, muss man nun eben auch eine konsolidierung mit den älteren und kranken machen, und dadurch auch die eigene haut retten. so profan und nüchtern sehe ich das.