medienschau
Unsere auswahl ist subjektiv
Presseschau vom 20. August 2016: "Art but fair"-Gründer Schatz fordert im Interview mit der SZ ein Gütesiegel für deutsche Theater
Fair Trade am Stadttheater?
20. August 2016. Die Süddeutsche Zeitung (20.8.2016) interviewt Johannes Maria Schatz – den Gründer von "Art but fair". Die Künstlerinitiative setzt sich für faire Arbeitsbedingungen und Gagen an Theatern ein. Die SZ zitiert in dem Interview eine Studie, laut der 35 Prozent der Befragten Machtmissbrauch durch Vorgesetzte beklagen. Schatz: "Es geht zunächst um so etwas Simples wie Arbeitszeiten. Die Künstler stecken oft über Tage hinweg in Proben und Aufführungen. Mit einer Familie lässt sich das kaum vereinbaren."
Presseschau vom 18. Agust 2016 – Tim Renner kritisiert "Kampagne" gegen Chris Dercon
Menschlich schofelig
18. August 2016. Im Interview mit dem Kulturradio des RBB äußert sich Tim Renner zum Streit um die Berliner Volksbühne und ihren designierten Intendanten Chris Dercon. "Ich finde es etwas absurd, wenn wir hier eine Kampagne erleben gegen jemanden, der noch gar nicht angefangen hat."
Presseschau vom 10. August 2016 – Der Schauspieler Ulrich Matthes im Gespräch mit der Berliner Zeitung
"Ich überlege sogar, in eine Partei einzutreten."
10. August 2016. "Ich versuche grundsätzlich, dem allgemeinen Alarmismus, den ich bei erschreckend vielen Leuten wahrnehme, eine Gelassenheit entgegen zu setzen, die zu meinem Charakter gehört," sagt der Schauspieler Ulrich Matthes im Gespräch mit der Berliner Zeitung. "Mich beunruhigt natürlich der weltweite islamistische Terror. Mich beunruhigt aber auch das Aufkommen einer Partei wie der AfD, die sich teilweise erfolgreich bürgerlich verkleidet, sowie anderer rechter europäischer Parteien und damit die Gefahr einer Erosion der Demokratie in Europa."
Presseschau vom 6. August 2016 – Der Noch-Intendant Oliver Reese und der künftige Intendant Anselm Weber zum Sanierungsfall Schauspiel Frankfurt
Barbarischer Akt oder historische Chance?
6. August 2016. Die Frage, ob es bei den Hauptspielstätten der Städtischen Bühnen Frankfurt – Oper und Schauspiel – zu einer Sanierung, einem Umzug oder gar zu einem Neubau kommen sollte (hier die entsprechende Meldung zum maroden Zustand der Gebäude), hat nun auch den derzeitigen und den künftigen Schauspielintendanten auf den Plan gerufen: Oliver Reese gab der Frankfurter Rundschau (1.8.2016) ein Interview, Anselm Weber der Frankfurter Allgemeinen (5.8.2016).
Presseschau vom 3. August 2016 – Shenja Lacher begründet im FAZ-Interview, warum er das Theater verlässt
"Dann tut es keiner"
3. August 2016. Im äußerst lesenswerten Interview mit Jörg Seewald in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung begründet Schauspieler Shenja Lacher, warum er am Münchner Residenztheater gekündigt hat und – zumindest vorübergehend – dem Theater den Rücken kehren wird, um sein Geld unter besseren Arbeitsbedingungen beim Film zu verdienen: "Ich liebe Theater über alles, aber die Strukturen innerhalb des Theaters sind mir zu autokratisch, fast noch feudalistisch. Das ist nicht neu, ich weiß, aber ich möchte mich diesem System nicht mehr aussetzen und zur Verfügung stellen."
Presseschau vom 1. August 2016: FDP-Politiker Gerhart Baum und und Burkhard Hirsch kritisieren Ferdinand von Schirachs Stück "Terror"
Terror gegen das Grundgesetz?
1. August 2016. Im Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (31.7.2016) üben die FDP-Politiker Gerhart Baum und Burkhard Hirsch harsche Kritik an Ferdinand von Schirachs "Terror". (Hier unsere Nachtkritiken zur Doppel-Uraufführung am Deutschen Theater Berlin und am Schauspiel Frankfurt.) Das Stück handelt von einem Gerichtsprozess gegen einen Major der Luftwaffe, der ein entführtes Passagierflugzeug abgeschossen hat, das offenbar in ein vollbesetztes Fußballstadion gesteuert werden sollte. Am Ende jeder Aufführung werden die Zuschauer aufgefordert, über Schuld oder Unschuld des Kampfpiloten abzustimmen.
Presseschau vom 27. Juli 2016 – Der Standard interviewt Alvis Hermanis vor seiner Opernpremiere bei den Salzburger Festspielen zu Kunst und Politik
Konservativ und stolz drauf
27. Juli 2016. "Das Konzept, dass Kunst von Politik handeln muss, entstand erst im 20. Jahrhundert", sagt Alvis Hermanis, dessen Inszenierung von Richard Strauss' "Die Liebe der Danae" demnächst bei den Salzburger Festspielen Premiere haben wird, im Interview mit Andrea Schurian in Der Standard (27. Juli 2016) und bezeichnet sich als "altmodischen Künstler" – "Kunst ist für mich in erster Linie Schönheit und Poesie."
Presseschau vom 26. Juli 2016 – Die FAZ über die Harry Potter Adaption am Palace Theatre London
Hermine als Zaubereiministerin
26. Juli 2016. Selten dürfte ein Theaterpublikum fast bis zum letzten Mann mit Experten bestückt gewesen sein, so holt Gina Thomas in der Frankfurter Allgemeine Zeitung aus in ihrem Bericht über die Vorpremiere der Harry-Potter-Inszenierung am Palace Theatre London aus.
Magazinrundschau Juli 2016 – Volker Lösch kämpft um das verunsicherte Publikum und Förderjurys der Freien Szene kämpfen um die richtige Verteilung von zu wenig Geld
Die neue Dramatik: Gourmethäppchen für Feingeister?
von Wolfgang Behrens
Juli 2016. Die Frage nach der Relevanz des Theaters in heutiger Zeit hat uns schon in der Magazinrundschau Juni beschäftigt. Angesichts des "Rechtsdruckes" auf die Bühnen sagt nun Volker Lösch, das Theater könne und müsse sein Publikum "in einen Zustand der geistigen Beweglichkeit versetzen". Aber Obacht! Verabschiedet sich die neue Dramatik derweil von jeglicher "Möglichkeit einer gesellschaftlichen Wirkung"?
Die Themen: Mülheimer Dramatikerpreis: Der Moderator spricht | Mülheimer Dramatikerpreis: Der Kritiker spricht | Rechtsdruck auf die deutschen Bühnen | Volker Lösch über verunsichertes Publikum | Michael Merschmeier zum Tod von Moidele Bickel | Freie-Szene-Förderung
Presseschau vom 20. Juli 2016: Shermin Langhoff gründet am Maxim Gorki Theater Berlin ein "Exil Ensemble" mit Flüchtlingen
Kein Mitleidsbonus
20. Juli 2016. Shermin Langhoff, Intendantin des Maxim Gorki Theaters Berlin, hat die Gründung eines Exil-Ensembles initiiert. Dem Projekt gehe es nicht um einen "um einen Mitleidbonus oder um paternalistische Gesten, sondern um Kunst", erklärt sie im Interview mit der Süddeutschen Zeitung (20.7.2016): "Wir suchen professionelle und hochbegabte Schauspieler und Performer, die aus Konflikt- und Krisengebieten kommen oder politisch verfolgt sind."
Presseschau vom 19. Juli 2016 – Die taz reüsmiert die erste Spielzeit von Matthias Lilienthal an den Münchner Kammerspielen
"Sonst geht es gar nicht"
17. Juli 2016. "Hat Matthias Lilienthal einen Jahrmarkt aus einem der ehrwürdigsten Sprechtheater des Freistaats gemacht?", fragt Annette Walter in der tageszeitung zum Ende von Lilienthals erster Spielzeit an den Münchner Kammerspielen. Die Zahlen sprächen für ihn: "Ihm ist es nicht nur gelungen, die Auslastung der vorherigen Saison bei 75 Prozent zu halten, und das, wie er selbst im Gespräch äußert, 'bei einem starken ästhetischen und inhaltlichen Wechsel'." Er habe das Publikum verjüngt (der Anteil von Studierenden stieg von 15 auf 30 Prozent), dafür Teile der Bürgertums verloren.
Presseschau vom 17. Juni 2016 – Berlins Kulturstaatssekretär Tim Renner gratuliert Frank Castorf zum Geburtstag und räumt Kommunikationsfehler bei der Ernennung seines Nachfolgers Chris Dercon ein
Frank is not dead
17. Juli 2016. "In Castorfs Fußstapfen zu treten ist ein Himmelfahrtskommando. Das wollten wir vermeiden, deshalb erschien uns eine Nachfolge aus Franks künstlerischem Umfeld als die falsche Lösung", schreibt Berlins Staatssekretär für Kultur Tim Renner in einem Glückwunsch zu Frank Castorf 65. Geburtstag in der Berliner Morgenpost. "Also kein Fritsch, kein Pollesch", führt Renner weiter aus. "Nicht weil wir sie nicht lieben. Im Gegenteil, wir verehren sie und wollen sie vor dem Vergleich schützen. Die Wahl von Chris Dercon vermeidet jedoch den direkten Wettbewerb, weil die Volksbühne damit etwas Neues wagen soll."
Presseschau vom 13. Juli 2016 – Der britische Dramatiker Simon Stephens im Interview mit der Süddeutschen Zeitung
"Wir dürfen nicht weinen"
13. Juli 2016. In einem Interview von Alexander Menden für die Süddeutsche Zeitung spricht Simon Stephens, einer der produktivsten und erfolgreichsten Gegenwarts-Dramatiker Großbritanniens, ausführlich über den Brexit und den Rücktritt von David Cameron: "Ich habe mich nicht mehr so gefühlt, seit Margaret Thatcher Premierministerin war. Mein Blut geriet jedes Mal vor Wut in Wallung, wenn ich an Politik dachte."
Presseschau vom 13. Juli 2016 – Philipp Ruch zieht im Tagesspiegel-Interview Bilanz und spricht über "Flüchtlinge Fressen"
"Wir verklagen jetzt die Bundesregierung!"
13. Juli 2016. "Es ging einzig darum, sich des strafrechtlich relevanten Vorwurfes der Beihilfe zum mehrfachen Suizid schuldig zu machen," sagt ZPS-Frontmann Ruch im Gespräch mit Robert Klages über "Flüchtlinge Fressen". "Das Zentrum für Politische Schönheit wolle damit verdeutlichen, dass wir uns alle der Tausend-fachen Beihilfe zum Suizid schuldig machen, indem wir tatenlos dabei zusehen, wie unsere Politik Menschen dazu zwingt, über das Mittelmeer Richtung Europa zu flüchten. Der Europäischen Union, insbesondere aber der Bundesrepublik, wirft Ruch vor, mit der Genfer Flüchtlingskonvention zu brechen, weil sie einen Visumszwang für Kriegsflüchtlinge eingeführt hat: "Die meisten Journalisten fanden es nicht besonders aufregend, dass das deutsche Innenministerium bei Air Berlin die Bundespolizei vorbeischickt und die völkerrechtlich völlig unhaltbare Rechtsauffassung der Bundesregierung nachreicht, es gäbe keine legale Grundlage für den Transport von syrischen Kriegsflüchtlingen mehr." Dies sage einiges über unsere Abgestumpftheit gegenüber der "Flüchtlingsabwehrpolitik" der Bundesregierung aus.
Presseschau vom 12. Juli 2016 – In der Süddeutschen Zeitung nimmt Peter Laudenbach die verwischten Grenzen zwischen Theater und Wirklichkeit unter die Lupe
Im Real-Erlebnispark
12. Juli 2016. In der Süddeutschen Zeitung fasst Peter Laudenbach den Polizeieinsatz bei einer Kunst-Aktion während des Berliner Festivals Foreign Affairs zusammen, um dann allgemein auf die "Reibung zwischen Kunst und Wirklichkeit" zu sprechen zu kommen: Die kleine Referenzrahmenverschiebung sichere noch dem banalsten Vorgang erhöhte Aufmerksamkeit. "Weil das so prächtig funktioniert, ist die systematische Entgrenzung der Kunst und das Verwischen der Differenzen zwischen ästhetischem Spiel und sozialer Praxis, Kunstraum und öffentlichem Raum, Bühne und Flüchtlingscafe zur inflationär benutzten Strategie geworden, mit der sich auch billige Einfälle mit der Zuverlässigkeit eines pawlowschen Reflexes gegen die wertvollste Ressource des Kunstbetriebs eintauschen lassen: Aufmerksamkeit."
Presseschau vom 11. Juli 2016 – neue Sparrunden in den Etats der Städte in NRW
Gefahr durch Stärkung
Stefan Keim nimmt in der Welt (Zugriff 11.7.2016) den Hagener Protestmarsch gegen die bevorstehenden Kürzungen im Theateretat zum Anlass, auf die Lage der Bühnen in Nordrhein-Westfalen zu blicken. Denn nicht nur Hagen sei von Kürzungen bedroht: "die Sparrunden in den Etats der Städte in NRW erreichen eine neue Dimension." Der Hagener sei nur insofern besonders dramatisch, als dass die Stadtverwaltung dort "besonders innovative Pleiten hingelegt hat. Da hat man zum Beispiel mit Derivaten (Zinswetten) gezockt, um die Schulden in den Griff zu bekommen – und 39 Millionen Euro verloren."
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