Presseschau vom 22. Februar 2014 - Armin Petras' Brandbrief gegen die Schließung der Leipziger Theaterwissenschaft in der Zeit
Unveräußerlicher Wert
22. Februar 2014. Die Onlinepetition gegen die Schließung der Leipziger Theaterwissenschaft wurde auch von etlichen Theatermachern unterzeichnet, darunter Armin Petras, Intendant des Schauspiels Stuttgart. In der Zeit erklärt er in einer Brandrede, warum das Aus des Instituts ein gravierender Fehler ist.
Die täglichen Nachrichten über Spar-, Reduzierungs- und sogar Schließungspläne machten ihn wütend, "gerade aus meiner neuen Erfahrung in Stuttgart heraus, wo Wirtschaft und Kultur als Kapital einer Stadt, einer Landschaft, einer Region wahrgenommen und zusammen gedacht werden", schreibt Armin Petras in der Zeit (20.2.2014). Denn es mangele an Weitsicht. Wenn ein solches Institut wie in Leipzig zur Disposition stehe, "was bleibt dann verschont von der falschen Logik der Regierung Rotstift? Vermutlich nicht die Klassische Archäologie an der Universität Leipzig – auch dies eine Wissenschaft, die uns mit der Idee konfrontiert, Gegenwart nur aus der Geschichte heraus begreifen zu können." "Ich frage mich, wie viel kulturelles Kapital noch durch finanzielle 'Sachzwänge' zerstört wird, unwiederbringlich, bis sich unter den Verantwortlichen die Einsicht durchsetzt, dass Kultur eben Kapital ist. Ein unveräußerlicher Wert eines jeden Landes in jeder seiner Regionen; nicht nur nach Kosten zu berechnen; weil dennoch zins- und vor allem zukunftsträchtig."
(sik)
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Und was wäre, wenn Kultur eben NICHT Kapital wäre, sondern das Gegenteil?
".....gerade aus meiner neuen Erfahrung in Stuttgart heraus, wo Wirtschaft und Kultur als Kapital einer Stadt, einer Landschaft, einer Region wahrgenommen und zusammen gedacht werden." Herr Petras sollte sich mal vornehmen, den Wirtschaftsbossen im Schwabenland an den Karren zu fahren und nicht rumzuschleimen -- und auf Distanz über die Schliessung des Instituts zu klagen, etwas, das niemand wirklich hören wird, der es nicht will. Zudem höre ich auch nichts aus Stuttgart, dass Herr Petras auch nur irgendetwas ändern würde an der Machtstruktur an seinem Theater, das - wie alle Stadttheater - funktioniert wie eine kapitalistische Fabrik aus dem 19.Jahrhundert - mit Petras als "gütigem" Patron. Es wäre redlicher, wenn diese Intendanten mal bei sicher selber anfangen würden... selbstkritischer argumentieren würden. Das würde mehr helfen, dass diese Institutionen wieder ernster genommen würden - "Brandreden" mit denen man sich bei seinesgleichen ( und den lokalen Wirtschaftsbossen ) beliebt macht - verschlimmern die Lage
Echt schlimm, wenn der böse lehnsherr petras die schliessung eines instituts für theaterwissenschaften beklagt. das macht der mit absicht, um beim stammtisch mit den wirtschaftsbossen zu punkten. buhuuu.
er sollte mal sich selber öffentlich anklagen weil er vom guten berlin ins böse wirtschaftsländle gegangen ist, nur um dort besser künstler knechten und ausbeuten zu können. kann man ihn dafür nicht eigentlich anzeigen? oder wenn das nicht geht vielleicht steinigen. vielleicht mal bei den taliban nachfragen?
Wat haben Sie eigentlich gegen die Theatertanker? Ich meine, in aller Regel arbeiten da vor allem durch Kollektiv-Praxis hochqualifizierte Leute in sehr vielen Gewerken und mehreren betriebswirtschaftlichen, kunsthandwerklichen wie künstlerischen Berufen, die eine besondere persönliche Eigenschaft eint: sie sind in der Lage, sich für die Segnungen und Anstrengungen eines anderen Berufes ebenfalls zu begeistern, Verständnis dafür zu haben und haben Freude daran, ihre Erfahrungen an Schnittstellen des Gemeinsamen zu bündeln. Jemand der so einen heut-zeitigen, hochtechnisierten Tanker leitet, wird also nur mit selbstgefälligem Patronat nicht weit kommen. Er braucht vor allem ein ungeheures logistisches Talent, globales Denken, internationale Netzwerkfähigkeit, möglichst Mehrsprachigkeit, künstlerische Erfahrungen in der Bildenden Kunst, der Schauspielkunst, dem Tanz, der Filmkunst, der Musik, der Literatur… Er braucht übrigens auch Naivität ebenso wie ein gewisses Schamgefühl, wenn er sich selbst bei solcher ertappt. Wenn er – oder sie selbstverständlich – das nicht hat, geht der Tanker nämlich unter. Und mit ihm die ungefähr 200 bis 250 Leute, die mit ihren spezifischen, zur Bündelung stets bereiten, Fähigkeiten dort arbeiten. Wer als Leiter/in eines solchen Tankers alle diese Begabungen hat, um ihn heute, hier und im Moment über Wasser zu halten, ist kein Patron/keine Matrone, der/die darauf besteht, Autorität zu haben, sondern der/die hat die einfach. Er/Sie hat dann auch keine Zeit daran zu denken, ob er/sie nun Autorität hat oder nicht. Oder sich in ihr zu gefallen. – Wenn Sie wüssten, wie man unter Verzicht auf alle diese oben gebündelten Begabungen einen Theatertanker mit so vielen an einer Sache Arbeitenden ohne Führungseigenschaften und widerliche Autorität führen könnte, hätten Sie ja einen und dann würden Sie sich auch nicht immer so über die großen, halbwegs gesicherten Strukturen aufregen, sondern einen Heidenrespekt haben vor so einer beruflichen, persönlichen, menschlichen Leistung…
Diese "alternativlos" Denke ist genau das Problem! Fragen sie mal bei einer gut funktionierenden Rockband nach...die sagen Ihnen wie es geht! Auch Jan Lauwers von der "Needcompany" sprach auf dem letzten SPIELART Festival von Rockband Strukturen als zu ereichendes Ziel. Warum sollten Modelle ohne "Prinzipal" nicht sogar die Kunst nach vorne bringen??? Es gibt sie schon..und zwar erfolgreich!