Leto - Der inhaftierte Regisseur Kirill Serebrennikow feiert in seiner filmischen Hommage an die legendäre russische Band "Kino" die Freiheit der Kunst

Der Sommer kurz vor dem Kometeneinschlag

Mackie Messer. Brechts Dreigroschenfilm - Nicht immer hat der größte Fan das beste Händchen

Einmal in dem tristen Leben einem Mann mich hinzugeben

von Gabi Hift

11. September 2018. "Siehst du den Mond über Soho?"– "Ich seh ihn, Lieber". – Keinen Pappmond, der von oben herunterfährt, sondern einen, der über dem Wasser aufsteigt, denn wir sind nicht im Theater sondern im Kino. Die Liebesleute, Mackie Messer und seine minderjährige Braut Polly, fahren Boot. Von einer Brücke schaut Brecht, gespielt von Lars Eidinger, auf seine Geschöpfe hinunter und erklärt seinem Begleiter, dem Filmproduzenten Nebenzahl, wie er sich die Szene vorstellt: "Am Ruder: sie", sagt er, und: "Ein oder zwei Monde genügen." Sofort geht pflichtschuldig ein zweiter Mond auf – da ist also hinter der Kamera jemand am Werk, dem dran liegt, Brechts Phantasien akkurat umzusetzen. Man kann ja dran zweifeln, ob Brecht das mit den zwei Monden so wortwörtlich gemeint hat, aber als gleich drauf eine Balletttruppe in weißen Gewändern auf dem Gehweg auftaucht und eine schreckliche Verliebt-im-Mondlicht-Choreographie aufs Pflaster zuckert, gibts nichts mehr zu zweifeln: das kann Brecht nie und nimmer gewollt haben!

Partisan - Die Dokumentation von Lutz Pehnert, Matthias Ehlert und Adama Ulrich ist ein Erinnerungsfest für wehmütige Frank-Castorf-Volksbühnenliebhaber

In der Badewanne

von Michael Stadler

Berlin, 22. Februar 2018. Es ist eine prächtige Weltpremiere im ost-prächtigen Berliner Kino International. Gezeigt wird "Partisan", ein Dokumentarfilm über die Frank-Castorf-Ära an der Volksbühne. Einige Weggefährten schauen mit, darunter Herbert Fritsch, Alexander Scheer, Henry Hübchen. Einer ist nicht da, der Chef selbst. Castorf war ja oft nicht bei seinen Theaterpremieren anwesend, kam erst zum Schlussapplaus. Das übliche Duckmäusertum, scherzt Henry Hübchen, und erzählt nach dem Film dem Publikum, wie er an einem Premierentag um 17 Uhr im größten innerlichen Stress mit seinem Regisseur Castorf telefoniert habe. Der lag in irgendeiner Badewanne.

Kongo Tribunal - Milo Raus Dokumentarfilm über seinen fiktiven Gerichtshof in Bukavu und Berlin zur Untersuchung von Verbrechen im Ostkongo

Gerichtstag über die Ausbeuter der Erde

von Sophie Diesselhorst

14. November 2017. Mit wehendem Haar sitzt Milo Rau auf einem Auto, das über die Schotterpisten der ostkongolesischen Provinz Süd-Kivu holpert – da, wo der Erdboden am reichsten ist, und die Menschen am ärmsten. Schnitt. Wir sehen jubelnde Menschen, die sich in einem Dorf vor ihren Häusern versammelt haben und ihre hoffnungsbrennenden Gesichter dorthin zu richten scheinen, wo eben noch Milo Rau saß. Einen kleinen Moment lang wird dieses Missverständnis in der Luft hängen gelassen und dann aufgelöst – es ist nicht Rau, den sie feiern, sondern der oppositionelle Präsidentschaftskandidat Vital Kamerhe, mit dem zusammen Rau unterwegs ist und der in der nächsten Szene eine Ansprache hält, in der er um Unterstützung für Raus "Kongo Tribunal" wirbt.

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