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#Twitterschau – Schenken Sie dem Theater ein Lächeln
Katharsis 2.0
von Michael Wolf
17. Februar 2017. Die Zeichen sind eindeutig: Gefühle sind in. Während Damen und Herren alter Schule noch diskret eine Träne verdrücken, hasst, fürchtet und gluckst die Jugend von heute zwanglos bis die Schwarte kracht. Aber nicht nur mehr der Körper schüttelt sein Zwerchfell aus wie eine tüchtige Hausfrau die Spitzengardine. Auch in dem Internet sendet die Generation digitaler Eingeborener beständig ihre Insignien LOL (Abk.: "lustig ohne Limit") und OMG ("Oh, du meine Güte!") in den Äther.
Es wird Zeit, den veränderten Status Quo anzuerkennen. Die Leitungsebenen unserer Theater sind gefragt, Emotionen nicht länger aus falsch verstandener Sittlichkeit aus Salon und Spielplan zu verbannen. Vielmehr fordern wir die Dramaturgien der deutschsprachigen Länder auf, ein Auge zuzudrücken, auf dass es ein wackres Zwinker-Smiley bilde. Nicht länger sollen Dünkel und Restauration die fruchtbare Verbindung vereiteln, die der humanistische Kanon ohne Scheu mit neuester τέχνη (techne) einzugehen bereit ist.
Denn was ist die allerorten nun zu bestaunende Erregung anderes als karthatische Erschütterung dionysischen Ursprungs? Ist ein sogenannter "Facepalm" nicht nahe liegende Reaktion auf Kreons Starrsinn? Tun Pennäler etwa Unrecht daran, Ödipus' Schicksal als Shitstorm der Götter zu beschreiben? Und Goethes Blocksberg und Bibis Beauty Palace – kömmt es nicht auf eines?
Es gilt, die Gelegenheit beim Schopfe zu ergreifen, und im Dienste der Wahrung der schönen Bühnenkünste von der gemeinsamen Quelle neuer Empfindsamkeit und klassischem Drama zu künden. Als humanistisches Medium sieht es nachtkritik.de als seine Pflicht an, mit gutem Beispiel und einem lachenden Gesicht voranzugehen. Eine Wiedergeburt der Tragödie aus dem Geist der neuesten Medien ist und bleibt unsere Agenda.
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An dem lustigen und kurzen Beitrag von Michael Wolf stört mich allein, dass er nicht zwischen Emotionalität und Gefühlsheuchelei unterscheidet. Das Theater ist eine Schule des Gefühlsmanagements und obwohl die Gefühle gespielt sind, muss eine Qualität entstehen, die mehr ist als bloße Vorspiegelung. Die billige Heuchelei von Gefühlen ist: Kitsch.