Redaktionsblog - Volksbühnenschauspieler*innen
Wo sind die "Verbrannten"?
Berlin, 14. November 2009. "Wo spielt Kathrin Angerer beispielsweise morgen Abend, wenn in der Volksbühne wiederum 'Ozean' läuft?", fragte User "123" am Freitagabend um 21:49 Uhr im Forum zu Castorfs Volksbühnen-Wiedereröffnungsinszenierung. "Wo? Auf welcher Bühne? Vielleicht wäre dies ja die Alternativveranstaltung." Castorf selbst hatte im Vorfeld der "Ozean"-Premiere in einem Interview gesagt, er habe "früher nie gesehen, wie sich alle abkämpfen für dieses Theater. Ich war das begabte Kind, das gespielt und seine Inszenierungen gemacht hat und nicht mitkriegt, wie sich die anderen verbrennen."
"Wo ist der Abend, an dem ich die 'Verbrannten' in einer anderen Regie sehen kann?", wollte nun User "123" wissen. "Einige haben sich in andere Medien 'hineingerettet'. (...) Andere 'vegetieren' wie ausgeknipste Satelliten einer vergangenen Epoche? Kreisender Weltraumschrott im Kosmos des Theaters? Das glaub ich einfach nicht. In anderen Verhältnissen könnten sie auf der Bühne wieder herausragend sein. Es wäre, unter anderen, auch die Aufgabe der Volksbühne, oder aber anderer Bühnen, ihnen diesen 'eigenen' Rahmen zu bieten. Die Pflicht. Fern von Castorf. Da sind so enorme Versäumnisse geschehen."
Anlass genug, noch einmal das nachtkritik-Archiv nach den Vermissten zu durchstöbern – eine Liste für alle Fans der (ehemaligen) VolksbühnenschauspielerInnen (ohne Anspruch auf Vollständigkeit):
Kathrin Angerer spielte im März 2007 noch in Dimiter Gotscheffs Der Selbstmörder an der Seite von Samuel Finzi auf ihrer alten Stammbühne. Für Sebastian Baumgartens Hannoveraner Faust war sie im Oktober 2007 das schön kess-ironische Gretchen und kehrte im Februar 2008 als dessen Tosca, bei Angerer eine betörend nölende "Königin der Uneigentlichkeit", auf die Volksbühnen-Bretter zurück. Auch für Baumgartens Requiem an der Komischen Oper (September 2008) stand sie auf der Bühne, und seinem Professor Unrat am Maxim Gorki Theater (Juni 2009) war sie die Rosa Fröhlich. Und gestern (13. November) war sie als Interimsgeliebte des wiederum von Finzi verkörperten Protagonisten in der neuen ZDF-Serie "Flemming" zu sehen.
Hendrik Arnst steckte, so berichtet der Nachtkritiker, wie Angerer bei Baumgartens Requiem im "grell-poppigen Fantasy-Outfit". Außerdem wirkte er auf dem Stückemarkt des Theatertreffens 2008 in einer szenischen Lesung von Paul Brodowskys Regen in Neukölln mit, ohne dass er dem Nachtkritiker – es wird wohl dem Format geschuldet sein – dabei weiter aufgefallen wäre. Dafür ist er demnächst (ab 19. November) live in der Nähe Neuköllns zu sehen, nämlich am Kreuzberger Ballhaus Naunynstraße in Hakan Savaş Micans "Die Schwäne vom Schlachthof".
Herbert Fritsch gab in Gotscheffs Selbstmörder wiederum die Mutter Kathrin Angerers und stand wie seine ehemalige Volksbühnen-Kollegen Angerer und Arnst für Baumgartens Requiem an der Komischen Oper (September 2008) auf der Bühne. Ansonsten war er vor allem als Regisseur produktiv: Sich selbst inszenierte er als "großen Ulkator" in Angst. Ein performatives Konzert über den schlechtesten Berater unserer Zeit im Berliner Engelbrot (November 2007). Es folgten weitere aberwitzige Abende aberwitziger Stücke wie Das Haus in Montevideo (Februar 2008) und Der Raub der Sabinerinnen (Februar 2009) in Halle, Spielbank (April 2008) und Volpone in Wiesbaden (November 2009), Tartuffe (September 2008), Beute (Mai 2009) und Pferd frisst Hut in Oberhausen (September 2009). Für seine "zuweilen beängstigenden Spielwut" wurde er überdies im Frühjahr 2009 in Mülheim an der Ruhr mit dem Gordana-Kosanovic-Schauspielerpreis ausgezeichnet. Bereits 2006 brachte er außerdem, gemeinsam mit Sabrina Zwach, das Hamlet_X Bilderbuch zu seinem interdisziplinären Film- und Internet-Theater-Projekt Hamlet_X heraus.
Henry Hübchen hat offenbar seit ziemlich langer Zeit keine Theaterpremiere mehr veredelt, sondern nur noch Filme gedreht – es ist leider keine Nachtkritik zu finden, die Spuren einer aktuellen Bühnen-Aktivität Hübchens verzeichnet. "Natürlich ist es für Henry Hübchen oder Martin Wuttke angenehmer, beim Film Geld zu verdienen", lautet Castorfs Erklärung hierfür, das könne er ihnen auch nicht verdenken. "Diese langen Abende an der Volksbühne, wo sie sich bei jeder Vorstellung abgefackelt haben, die allabendliche Entäußerung, die kurzen Produktionszeiten – das ist Hochleistungssport. Die Qual des täglichen Theaterproduktionsbetriebes will sich Henry nicht mehr antun." Trotzdem merke er, so Castorf, wenn er Hübchen treffe, "wie sehr er das vermisst, diese Art des anderen Umgangs und Produzierens, nicht diese industrielle Routine und Hackordnung wie beim Fernsehen."
Astrid Meyerfeldt gab in Schorsch Kameruns "Überprüfungsrevue" Der kleine Muck eine "preußeneuphorische Orientalistin". Eine orientalische Brautmutter skizzierte sie hingegen bei der szenischen Lesung von Müserref Öztürk Çetindogans Migrantenhochzeit auf dem Stückemarkt des Theatertreffens 2007. Und beim Stückemarkt 2009 war sie in Oliver Klucks Das Prinzip Meese mit von der Partie.
Milan Peschel spielte länger als andere seiner Kollegen für Castorf, etwa in dem ursprünglich in Wien herausgekommenen Céline-Abend Nord (Juni 2007). In Castorfs Emil und die Detektive (Dezember 2007) zeigte er als großäugig verhetzter Biberkopf-Grundeis den Gauner als Opfer – und der Nachtkritiker wurde von den Kommentatoren vehement dafür gescholten, dass er zu schreiben gewagt hatte, Peschel habe sich "in seiner bisherigen Karriere als ein Darsteller von mittleren Gnaden gezeigt (...), nicht unbegabt, aber in seinen Mitteln eklektizistisch und begrenzt", sei im darstellerischen Umfeld des "Emil" jedoch der "handwerkliche Star". Ein halbes Jahr später inszenierte Peschel dann seinen eigenen Kästner, nämlich ein fulminantes Doppeltes Lottchen für Kinder ab 7 am Berliner Theater an der Parkaue, wo er mit dem hinreißenden Konsumparabel- und Mitmachtheater-Spaß "Der Fischer und seine Frau" zwei Jahre zuvor bereits sein Regiedebüt gegeben hatte. Mit besonderer Vorliebe lief Peschel allerdings vom Rosa-Luxemburg-Platz ans nahe gelegene Maxim Gorki Theater über. Zum Beispiel um für Jan Bosse und Fritzi Haberlandts Anna Karenina der gerade richtig unverschämt-schnoddrige Wronski zu sein (Premiere bei den Ruhrfestspielen Recklinghausen, Mai 2008). Oder um in Armin Petras' Rummelplatz (Januar 2009) den "Intelligenzler unter Tage" zu mimen. Und im März 2010 wird am Gorki auch inszenieren: Nachdem er für Castorf in "Endstation Amerika" und "Forever Young" gespielt hat, macht er nun selbst einen Tennessee Williams, "Die Glasmenagerie".
Sophie Rois ist dem Hause Castorf bzw. seinen Trabanten ebenfalls ziemlich lange treu geblieben. Ihren grandios hysterischen Diventon lieh sie diversen Pollesch-Inszenierungen, nämlich L'Affaire Martin (Berlin, Oktober 2006), Diktatorengattinnen (Berlin, Oktober 2007), Hallo Hotel Nachtportier! (Berliner Premiere Dezember 2007), Fantasma (Wien, Dezember 2008) und Ein Chor irrt sich gewaltig (Berlin, April 2009). Für Castorf spielte sie zuletzt in dem Limonow-Abend Fuck off, Amerika (Februar 2008), in dem sie stellenweise toll singen durfte. Für Luc Bondy war sie im Juni 2008 in Wien eine der Genet'schen Zofen, und im September 2009 verhalf sie Gero Troikes seltsamem Vier-Todesarten-Abend Gute Nacht, du falsche Welt als Mozarts Intim-Feind Salieri zu hochkomischen Momenten.
Bernhard Schütz war im Juni 2007 neben Peschel in Castorfs Nord eine jener Céline-Splitterfiguren. Im November 2007 gab er in dessen Brecht-Fingerübung Der Jasager / Der Neinsager den Lehrer, und stellte sich wenig später, nämlich in Polleschs Darwin-Win & Martin Loser-Drag-King & Hygiene auf Tauris im April 2008 in Berlin, als Redner auf einem Futurologischen Kongress vor.
Martin Wuttke stand als Premierenbeteiligter, so sagt das nachtkritik-Archiv, zuletzt im Oktober 2006 in jenem unvergesslichen Ganzkörperanzug zum In-die-Wand-Verschwinden in René Polleschs L'Affaire Martin auf den Brettern vom Rosa-Luxemburg-Platz, nachdem er dort so gut wie alle Castorf'schen Dostojewkij-Helden von Nikolaj Stawrogin ("Dämonen") über Fürst Myschkin ("Der Idiot") bis zu Raskolnikow ("Schuld und Sühne") gespielt hatte. Danach inszenierte er in Köln Rolf Dieter Brinkmanns Erkundungen für die Präzisierung des Gefühls für einen Aufstand (März 2007), Gretchens Faust (März 2008) und Das abenteuerliche Herz: Droge und Rausch (Juni 2009) am Berliner Ensemble. Außerdem spielte er, abgesehen von "Tatort" und Tarantino, in René Polleschs Ping Pong d'Amour in München (Februar 2009), wo er mächtig gegen die "Seele" wettern durfte: "Seele! Überall Seele! Ich kann sie nicht mehr sehen, diese Seele! Wir müssen uns die Welt als Leiche denken." In Polleschs Wiener Fantasma hingegen war er ein wunderbar verstolperter Leslie-Nielson-Wiedergänger (Dezember 2008). Und über die Geburt dieses Stückes aus dem Geiste der "Nackten Kanone 2 1/2" sprach er anlässlich der Mülheimer Theatertage 2009 in Bild und Ton. Bereits diese Pollesch-Veranstaltung brachte Wuttke ans Burgtheater, genauer: in dessen Akademietheater-Dependance. Seit der Spielzeit 2009/10 gehört der Ausnahmespieler nun fest zum Ensemble der Wiener Burg, allerdings war er dort bisher noch nicht in Aktion zu sehen.
(to be continued)
(ape)
Hier geht's zu den gesammelten Blog-Beiträgen im Menü "gemein & nützlich".
Wir bieten profunden Theaterjournalismus
Wir sprechen in Interviews und Podcasts mit wichtigen Akteur:innen. Wir begleiten viele Themen meinungsstark, langfristig und ausführlich. Das ist aufwändig und kostenintensiv, aber für uns unverzichtbar. Tragen Sie mit Ihrem Beitrag zur Qualität und Vielseitigkeit von nachtkritik.de bei.
meldungen >
- 23. März 2023 NRW: Studie über Wünsche und Erwartungen an Theater
- 23. März 2023 Preis der Leipziger Buchmesse: die Nominierten 2023
- 23. März 2023 Dieter Hallervorden erhält Preis des Berliner Theaterclubs
- 21. März 2023 Die Auswahl der Mülheimer Theatertage 2023
- 20. März 2023 Metropoltheater München setzt "Vögel" endgültig ab
- 19. März 2023 Leipziger Schauspieler Gert Gütschow verstorben
- 17. März 2023 Hannover: Künstlerische Leitung für neues Tanzfestival
Was ist mit Sir Henry oder dem ins Greisenalter eingetretenen Tomaschewsky, mit dem jeder rüstige Senior ein identifikatorisches Bündnis eingehen konnte? Oder Irina Potapenko und die - Minichmayr? Letztere hüpfte unter anderem bei "Schuld und Sühne" und "Strepitolino" über die Bühne.
Und noch ein Nachtrag zu den Fernseh-Aktivitäten: man braucht bloß eine Zeitlang herumzuzappen, und schon taucht Bernhard Schütz in einer leichten, "flockigen" (Dirk Pilz-Vokabular) Serie oder einem Krimi auf. Gestern schaltete ich kurz bei der oben angesprochenen Serie "Flemming" ein und da erschien sogleich Hendrik Arnst als Ordnungshüter, gewohnt rundlich gedrungen, so dass er auf der Toilette wohl Mühe hat, den Strahl der dachartig überwölbten Merkmale seines empfindlichsten Organs zu erkennen. Nun, ich habe nie auf dem Volksbühnenklo mein Wasser neben ihm abgeschlagen.
JdA, ich habe Ihnen schon einmal gesagt, dass ich mich mit Ihnen geistig nicht auseinandersetzen möchte, weil das für mich unergiebig ist. Marx hat auch nicht von der Religion als "Opium fürs Volk" gesprochen, sondern vom "Opium des Volkes", was ein großer Unterschied ist. Die Religion ist demnach nichts von oben (Staat oder Pfaffen) Verordnetes, sondern ein Grundbedürfnis des Volkes. Und, um noch einmal auf einen Ihrer fatalen Ausflüge in die Philosophie einzugehen: das Schöne bei Kant ist auf das Theater nicht anwendbar. Ich habe einmal Philosophie studiert, möchte aber in einem Theaterblog die Leser von meinen philosophischen Erkenntnissen verschonen.
@lauslöwe: Vielleicht kam das falsch rüber, aber ich halte die Liste von Anne Peter für gut und bei Vollständigkeitkeit hätte das ein Riesenarbeitspensum erfordert.
Tomaschewsy müsste jetzt 90 sein. Vor ein paar Jahren stand er noch in den "Dämonen" auf der Bühne. Also gut: Ein Hoch auf Tomaschewsky!
Darüber hinaus pflegte Sie zu einigen Tänzern jahrzehntelange Beziehungen. Kontinuität wäre in diesem Zusammenhang ein Zauberwort. Natürlich kamen immer junge Tänzer hinzu, schon allein weil man das Opfer in „Sacre“ nicht ewig tanzen kann. Doch ein Kern, ein Wärmekuchen blieb immer, auch über ihren Tod hinaus. Ich habe schon als junger Mensch Alte geliebt, entwicklungsfähige alte Menschen. Ich genoss ihren Vorsprung. – Was macht es heute so schwer zu reifen ? Für immer Jung. Welch seltsame Anmaßung. – Ja, die Liste ist gut. Sie zeigt uns noch einmal all die aufgegebenen Lieben. Noch leben die Geister dieser Schauspieler auf der Volksbühne, wenn man sie besucht. Es ist schwer sie zu ersetzen. Und das ist gut so. Schwer auch für all die, welche sie ersetzen sollen. All diese Darsteller auf der Liste müssen sich zudem fragen lassen: Ob sie nicht Heimatlose geworden sind ? Ob sie nicht ihre künstlerische Heimat verloren haben ? Und wie es für sie, falls sie zurückkehrten, weiter gehen könnte. - Ich plädiere für ein „Klassentreffen“ im „Café Müller“. (Kleiner Scherz.)
Zudem, "Opium des Volkes", das geht natürlich auch. Beide Formulierungen laufen jedoch auf dasselbe hinaus. Marx hat damit, in Weiterführung der Feuerbachschen Religionskritik, auf die Plazebofunktion der Religion verwiesen, welche die notwendige (!) Veränderung der materiellen Basis der Lebensverhältnisse durch einen metaphysischn Schicksalsglauben ersetzt.
Schließlich, Kants Begriff des Schönen ist meines Erachtens durchaus auf das Theater anwendbar. Denn das Schöne verweist auf die Zweckfreiheit der Kunst, welche weder politischen noch kommerziellen Interessen, sondern allein dem interesselosen Wohlgefallen diene. Indem die Kunst auf diese Differenz zwischen Ästhetik und politischer Repräsentation verweist, kann sie neue Denk- und Spielräume eröffnen. Ob das dann auch in der aussertheatralen Realität zu Veränderungen führt, das muss offen bleiben.
Aber auch ich würde mir wünschen: Jeanne d'Arc, lassen Sie sich bitte nicht auf jedes Scharmützel ein. Gelehrtheit ist gut, muss aber nicht auf jedem daher gelaufenen Flohbären abgeladen werden. Manches Gefecht lässt hier die Threads ausufernd und unlesbar werden.
www.kat.ch/bm/pw/asthetik.html
Nun ja. Ich für meinen Teil fragte mich heute morgen, wie es eigentlich um den "Liebesbegriff" von Frank Castorf steht? Ich stellte mir vor, er würde "Romeo und Julia" inszenieren. Hoffnung oder Alptraum?
Dann versuchte ich mich kurz der "Endstation Sehnsucht" zu erinnern.
Was würde eigentlich geschehen, wenn man ihm seine ganze Dekonstruktion wegnehmen würde, seine Zertrümmerung und all diese Zerrbilder, und ihn auf seine Emotionen zurückwerfen würde. Momentan sieht es ja so aus als folge der Zertrümmerung von Stücken die Dekonstruktion der eigenen Person. Muss das so sein? Nein. Wieso findet dieser Mann kein neues Ufer, wo er doch schon seine ganze Mannschaft auf ein Schiff verfrachtet hat mit viel Munition und Schnaps ?
Vielleicht hätte er doch etwas anderes einpacken sollen.
Schließlich, diese naiv-romantisierende Sicht, dass das "wahre Genie" sich selbst und sein Umfeld verbrennen müsse, dass halte ich schlichtweg für Unsinn. Ob die diesbezügliche Selbstkritik Castorfs glaubwürdig oder nur ein medienwirksame Werbemaßnahme war, das wird sich in der Zukunft erwiesen haben.
Die Frage stellt sich, ob zum Beispiel Castorf sich nicht unbewußt und doch dankbar in eine solche Rolle drängen ließ, da er ja Theater eher für einen "diktatorischen" Vorgang, frei von Demokratisierung hält? Rollenzuweisungen geschehen ja oft beidseitig im stillen Einvernehmen. - Erstaunlich bleibt, ich kann mich an keine herausragende "Frauenregie" an der Volksbühne erinnern. Tu ich da gerade jemandem Unrecht? - Allerdings denke ich, so kommen wir in der Verarbeitung des "Wechsels" an dieser Bühne nicht weiter. Obwohl,...Erneuerung wäre auch auf diesem Gebiet für den Intendanten zu finden.
"Ozean" ist zwar nicht der große Wurf, hatte aber einige grandiose Passagen. Warum sollte Castorf mit einem Stück, das die Mehrheit der Kritiker für schwach hält, seine Person dekonstruieren? Dieses Krisengerede halte ich für unerträglich - gibt es auch eine Krise der Kritiker?
"Endstation Sehnsucht" hieß bei Castorf "Endstation Amerika". Wer soll sich denn von der damaligen Besetzung verbrannt haben? Peschel, Hübchen und Schütz sind noch verdammt gut im Geschäft. Und die Damen Rieger und Cuvelier sind noch in der Volksbühne bzw. in der Filiale Prater zu sehen.
@ Flohbär: Stummfilme kann man auch HÖREN:
www.youtube.com/watch?v=rMhO0Kfl5Ck
@ Jeanne. Ja. Vielleicht der letzte feudalistische Betrieb, weil einige Künstler demokratische Vorgänge für immer noch nicht steuerbar halten, da ihnen das Talent dazu abgeht. Und selbstverständlich ist es die übliche Form von Mißbrauch an Männern, sie als Ochsen vor ein Karren zu spannen, um sie dann im Nachhinein vorzuführen. Dies bemerkte so gar einst Frau Schwarzer.
und nun ist er braungebrannt und urlaubsreif..aber statt die volksbühne - wie andere das wahrscheinlich in diesem falle tun würden - dem nachfolger zu überlassen, und sich an neue gestade zu begeben, um ein wenig fremden wind um die nase flattern lassen zu können (und gastinszenierungen in fremden ländern zählen da nicht, wenn zuhause die alte tretmühle wartet) - bleibt er fett hocken im satten wohlstandslinken, pseudoantikapitalistischen ostbühnenstrand, der ihn so gut ernährt....und durch der seit vielen jahren gleichbleibenden eintönigkeit, die nun mal..einfach..einfach..müde macht....- ja, so sonnenklar ist das..- sollte er nun gehen. besser gegangen werden. umdenken lernen. risiken eingehen. dann würde alles wieder gut..
ich fürchte allerdings, daß er das nicht mehr schafft...sich mental schon auf den ruhestand und die gute rente eingestellt hat. endgültig im kapitalistischen denken (sicherheit, altersvorsorge, privatleben) angekommen ist. und bleibt. ohje.
deine vorstellung von leibeigenschaft hat was paradiesisches.
"Die Berufung auf einen zornigen Gott oder die Versicherung 'In God we trust' instrumentalisieren auf symmetrische Weise ein Bedürfnis, einen Wunsch, eine Angst des Zusammen-Seins. Sie machen daraus erneut ein Werk - zugleich ein Heldengedicht, ein grandioses Spektakel, einen unersättlichen Handel. [...] Angesichts der Monstrositäten des Denkens (oder der 'Ideologie'), die sich ebenso monströser Einsätze an Macht und Profit wegen einander entgegenstellen, gibt es eine Aufgabe: Man muß das Undenkbare, das Unanweisbare, das Nichthandhabbare des Mit-Seins zu denken wagen, ohne es irgendeiner Hypostase zu unterwerfen."
123, es sind ja heftige Bettgeschichten, die Sie sich da zu Gemüte führen. Kämpfende Amazonen und eine liebestolle Königin Penthesilea, die ihren angebeteten Achill zerreißt. Einen sanften Schlummer bekommen Sie dabei wohl kaum. Castorf hatte, soweit ich informiert bin, Penthesilea nie im Programm, da mussten Sie zu Perceval ausweichen.
mfg
Penthesilea von Castorf würde ich mir schon wünschen. Aber ich habe künstlerisch keinen Einfluss auf ihn. (in aller Kürze hingeworfen)