Trumps Vize Mike Pence in New Yorker Theater ausgebuht
"Conversation Is Not Harassment"
20. November 2016. In New York hat der designierte Vizepräsident Mike Pence das pulitzerpreisgekrönte Musical "Hamilton" besucht. Es erzählt die Geschichte des ersten US-Finanzministers Alexander Hamilton, der ein Einwanderer aus der Karibik war und dem der Aufstieg zur rechten Hand des ersten US-Präsidenten George Washington gelang.
Was das Musical von Lin-Manuel Miranda, der bis Juli diesen Jahres auch die Titelrolle spielte, darüber hinaus zu einer Signatur der offenen Gesellschaft machte, ist, dass die amerikanischen Gründerväter und -mütter im Richard-Rogers Theatre am New Yorker Broadway im Wesentlichen von Actors of Color oder offen queeren Schauspielern dargestellt werden. Neben dem Pulizerpreis hat "Hamilton" auch elf "Tony"-Musicalpreise erhalten und spielt der Süddeutschen Zeitung zufolge pro Woche mehr als 1,5 Millionen Dollar ein.
Als Mike Pence am Freitag, dem 18. November die Vorstellung besuchte, sei er zunächst von den Zuschauern ausgebuht worden, wie auch die Deutsche Welle berichtet.
Here's Pence getting booed as he gets to his seats at Hamilton pic.twitter.com/IRQG68x1sB
— David K (@dkipke12) 19. November 2016
Am Ende der Vorstellung wandten sich auch Darsteller*innen des Musicals an Pence, der Medienberichten zufolge während des Appells das Theater verließ, das Geschehen aber vom Flur aus weiterverfolgte: "Wir, Sir, sind das vielfältige Amerika, das alarmiert und besorgt ist, dass Ihre neue Regierung uns, unseren Planeten, unsere Kinder und Eltern nicht beschützen wird oder uns nicht verteidigen und unsere unabänderlichen Rechte nicht aufrechterhalten wird", so der Schauspieler Brandon Victor Dixon, Darsteller von Aaron Burr, Vizepräsident unter Thomas Jefferson, dem US-Präsidenten Nummer zwei.
This is the statement made by @HamiltonMusical after the performance on November 18, 2016. pic.twitter.com/H2UhXjvWUf
— Hamilton (@HamiltonMusical) 19. November 2016
Via Twitter kritisierte Donald Trump das Vorgehen. Das Ensemble sei sehr grob zu Pence gewesen und er forderte eine Entschuldigung für das von ihm als "Übergriff" bezeichnete Verhalten.
Our wonderful future V.P. Mike Pence was harassed last night at the theater by the cast of Hamilton, cameras blazing.This should not happen!
— Donald J. Trump (@realDonaldTrump) 19. November 2016
The Theater must always be a safe and special place.The cast of Hamilton was very rude last night to a very good man, Mike Pence. Apologize!
— Donald J. Trump (@realDonaldTrump) 19. November 2016
"Conversation is not harassment, Sir", entgegnete Dixon daraufhin auf Twitter.
@realDonaldTrump conversation is not harassment sir. And I appreciate @mike_pence for stopping to listen.
— Brandon Victor Dixon (@BrandonVDixon) 19. November 2016
Und Lin-Manuel Miranda bekräftigte, im Theater sei jeder willkommen.
Proud of @HamiltonMusical. Proud of @BrandonVDixon, for leading with love.
— Lin-Manuel Miranda (@Lin_Manuel) 19. November 2016
And proud to remind you that ALL are welcome at the theater.
Donald Trump hat inzwischen via Twitter das "in höchstem Maße überbewertete" Ensemble und Produktionsteam von "Hamilton" ein weiteres Mal aufgefordert, sich bei Mike Pence zu entschuldigen.
The cast and producers of Hamilton, which I hear is highly overrated, should immediately apologize to Mike Pence for their terrible behavior
— Donald J. Trump (@realDonaldTrump) 20. November 2016
Update
21. November 2016. Gefragt nach seiner Reaktion auf den Appell des Ensembles, antwortete Pence am Sonntag in Fox News Sunday: "Hamilton ist eine tolle Produktion. Sie zu sehen, hat viel Spaß gemacht. Als wir ankamen gab es ein paar Buhs und einigen Applaus, ich hab zu meinen Kindern gesagt: So hört sich die Freiheit an. Ich fühlte mich nicht beleidigt, durch das was gesagt wurde. Ob es der angemessene Ort dafür war, müssen andere beurteilen." (Übersetzung jnm)
(sle / Deutsche Welle / SZ / Twitter / www.broadway.com / jnm)
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Schneller haben sich eine Leitung und Künstler selten von ihren Kollegen distanziert.
Hört die Signale
#1 - Naja- bei einem eingefleischten Medienmenschen wie Trump könnte es vielleicht klappen...
http://www.mopo.de/hamburg/polizei/bei-afd-protest-in-der-city-schauspielhaus-hisst-anti-nazi-banner-
Unter dem anderen Text über die moralinsaure Anstalt habe ich noch was dazu geschrieben, ist ja eigentlich alles fast die selbe Diskussion, nur in verschiedenen Facetten oder Formen oder Ländern.
"Sind Sachen, die ich nicht verstehe. WARUM vertrauen die nicht auf ihre eigene Kunst, wenn der designierte Vize drin ist? Sie sprechen doch mit ihrer Vorstellung - auch u.U. mit Improvisationen/ Überraschung wie in Salzburg - JEDEN im Saal an. Da ist doch der Vize, der noch nicht einmal Vize ist, keine Ausnahme!"
Weil die Leute Angst um ihr Leben haben. Und das hätte ich jetzt auch, wenn ich den USA leben müßte und nicht WASP wäre!
In der ganzen USA und der Welt wird täglich und nicht nur im Theater gezeigt, das Vielfalt gut ist. Und trotzdem läst sich die neue Regierung der USA davon nicht überzeugen. Und da soll die Vorstellung von Hamilton Herrn Pence überzeugt haben und er geht zu Herrn Trump und überzeugt ihn davon das er bisher etwas falsch verstanden hat?
Ja, ein rosarotes Weltbild. Dazu weiß Taubä anscheinend auch nicht, worum es sich hier handelt. Es ist eine teure kommerzielle Broadwayshow, die zufällig auch Inhalt hat. Die Tickets kosten hunderte von Dollar. Es ist ungefähr, als würde man sagen, dass das Musical Les Miserables der politischen Schulung dient.
(Werte*r Taubä, Mike Pencewhat sich inzwischen zu Wort gemeldet, siehe das Update unter der Meldung, Freundliche Grüsse aus der Redaktion, sle)
(Lieber Sascha Krieger, danke für den Hinweis! Ist berichtigt. Herzlich, Christian Rakow / Redaktion)
Vor dem Hintergrund der aufgehitzten Rassismusdebatte wurde "Hamilton" ein Symbol und Phänomen in den USA. Jetzt sind die Einspielergebnisse irre, angefangen hat es ja anders.
Man kann davon halten was man will- die Beliebtheit und der politische Aktivismus der Akteure auch vor dem Pence-Zwischenfall sollten hier im Forum bei der Beurteilung nicht unterschätzt werden.
Ich kenne das amerikanische und englische Theatersystem gut, sogar von innen. Außerdem liebe ich Musicals und würde mir Hamilton sofort ansehen - ich habe spaßeshalber auf die Website geschaut, heute ist die nächste Karte für Mitte Juli 17 erhältlich, für 1198 Dollar. Die günstigen Karten für 350 Dollar sind lange ausverkauft. Hier zeigen sich die Auswüchse des Systems: diese horrend hohen Preise muss man nicht nehmen, um die Produktion zu finanzieren, da verdienen Leute sehr sehr viel Geld darüber hinaus. Weil der Markt es hergibt. Es sei ihnen gegönnt, Hamilton ist eine für die USA wichtige und nach allem, was man hört auch gute Produktion, aber man muss wohl im Moment Mike Pence heißen muss, um mal eben Karten für die ganze Familie zu bekommen. Ein gutes Beispiel dafür, was man in Deutschland am subventionierten Theater hat, dass solche Aufführungen eben nicht nur einer (oft weißen, aber nicht nur) Elite zugänglich sind.
Der abfällige Ton, den sie ausgemacht haben, bezog sich konkret auf den Post von Taubä, der/die tolle Aktion des Casts kritisierte mit der Begründung, sie hätten das Stück für sich sprechen lassen müssen. Das finde ich naiv und gefährlich. Ich nehme jetzt nicht wieder Les Miserables als Beispiel, dann heißt es wieder, das sei abfällig (hab ich zweimal gesehen, und sie?). Aber trotzdem muss man bedenken, dass das politische Aufklärungs-, Verstörungs- und Provokationspotential solcher amerikanischer Produktionen doch oft unter dem liegt, was man sich in Deutschland unter politischem Theater vorstellt und außerdem Gefahr läuft, von den unterhaltenden Elementen überlagert zu werden. Und dazu nur einer bestimmten Schicht zugänglich ist, siehe mein vorheriger Post.
Inzwischen stellt ja Trump seine Riege auf und alle überschlagen sich vor Verwunderung darüber, dass er nicht nur Konservative, wie es seinem gewählten Lager entspricht, sondern sogar Erz-, und Super-Konservative einwählt- Und da nutzt es ja nichts, wenn in Amerika an die appelliert wird, sondern nur, wenn dort unter den Wählern untereinander appelliert wird mit neueren und wirksameren Methoden als PR-PR - Ansonsten bin ich sehr froh, wenn hier auch Leute kommentieren, die einzelne Theatersysteme in anderen Ländern auch von innen kennen - deshalb liest man ja hier, um von denen was auch über einem fremde Systeme zu erfahren - Danke also.
Lin-Manuel Miranda hat mit Hamilton den Pulitzer Prize für Theater gewonnen, Musical hin oder her.
Vielleicht ist auch dieser Link von Interesse:
http://mobile.nytimes.com/2016/04/16/theater/hamilton-producers-and-actors-reach-deal-on-sharing-profits.html?smid=tw-share&mc_cid=5bf77351f4&mc_eid=a1671e1f50&referer=
Die Schauspieler der Erstbesetzung haben sich eine Beteiligung an den Umsätzen gegenüber den Produzenten erstritten.
Ja, das steht auf der Website, 179 Dollar. Aber für den Preis bekommt man keine. Einfach mal einen Termin aussuchen und ausprobieren und bis kurz vor Schluß dranbleiben, es kommen nämlich noch hohe Gebühren drauf. Für den Zeitraum, in dem ich in New York bin, gibt es Tickets ab 1100 Dollar. Last Minute geht es anscheinend besser, für heute Abend könnte ich ein Ticket für 679 bekommen. Wie viele Tickets tatsächlich in der 10 Dollar Lottery sind, können wir nicht überprüfen, aber danke für den Hinweis, ich werde es versuchen, wenn ich dort bin.
@19 Das ist eine gute Nachricht mit der Umsatzbeteiligung!