Geschichten aus dem Wiener Wald - Stefan Bachmann inszeniert Horváth zum Saisonauftakt am Schauspiel Köln
Das Durchdrehen der Schraube
von Andreas Wilink
Köln, 31. Oktober 2015. Walter Benjamin prägte den Begriff der "möblierten Psyche", wonach der Mensch an seiner Wohnstube und deren Interieur zu erkennen sei. Er bezog ihn auf Wien, wo er nicht nur in der Berggasse 19 zuhause ist. Als Stefan Bachmann 2010 die "Geschichten aus dem Wiener Wald" für die Burg von Matthias Hartmann inszenierte und eigenem Bekunden nach daran gescheitert sei, glich die Bühne im Akademietheater einem Möbellager: eine beschränkte Welt der Schrankwände.
Musika - Aristide Tarnagda beschließt das Coltan-Projekt des Africologne Festivals im Kölner Theater im Bauturm
Ritus im Regen
von Tilman Strasser
Köln, 21.06.2015. Springt aus vollem Lauf auf einen Felsen neben der Freiluftbühne, rutscht weg, fängt sich gerade noch – und fordert unverdrossen Applaus: Der Mann im Anzug, Spielleiter, Showmaster (Lamine Diarra) ist nicht von seinen Animateurskünsten abzubringen, schon gar nicht durch das widrige Gelände. Applaus für die Darsteller! Applaus für die Musik! Und immer wieder: Applaus für die Sponsoren, diese geheimnisvollen Gestalten, deren Gesicht niemand kennt, die aber alles, was er in seine raumgreifenden Gesten einschließt, erst möglich gemacht haben. Alles: Das sind die mit grünen Zweigen ausgelegten Podeste, die Schauspieler, angereist aus Westafrika, sind die aus Altmetall gefertigten Kunstwerke auf dem Gelände des Odonien. Das Publikum applaudiert. Die Schauspieler singen.
Segen der Erde - Robert Borgmann schöpft Knut Hamsuns Roman am Schauspiel Köln aus Urwasser und Urschlamm
Entglitscht
von Tilman Strasser
Köln, 29. Mai 2015. Da ist endlich der Nazi: Wenn Miguel Abrantes Ostrowski in der Rolle des Beamten Geissler einmal mehr aufmarschiert, um seine neuesten Pläne für die Kupfergruben kund zu tun, tut er's in Mantel, Mütze, Handschuhen, Stiefeln – nur die Hakenkreuzbinde fehlt noch zur kompletten schwarzen Gestapo-Uniform. Knut Hamsun, Autor der Romanvorlage "Segen der Erde", war ein Bewunderer Hitlers. Könnte ein Grund sein, warum selbst sein Opus magnum nur zögerlich adaptiert wird (Wikipedia weiß von genau einer anderen Bühnenumsetzung, von Sebastian Hartmann), und wenn, muss die schreckliche Verfehlung des Schöpfers mindestens einen Auftritt bekommen.
Supernerds - Angela Richters Whistleblower-Inszenierung zum transmedialen WDR-Überwachungs-Großprojekt
Postmodernes Nordkorea
von Tilman Strasser
Köln, 28. Mai 2015. Stichprobe in der Straßenbahn: Ein Pärchen googelt den nächsten Lieferservice, zwei Sportstudenten ertindern den nächsten One-Night-Stand, ein Mädchen wischt sich durch Instagram. Von zehn Fahrgästen haben acht die Nase ins Smartphone gesenkt und füttern das Netz mit Daten (was ja nicht mal beim Lesen dieses Textes zu vermeiden ist). Die Macher von "Supernerds" haben sich reichlich Mühe gegeben, Paranoia im Vorfeld keimen zu lassen – nicht von allen Premierengästen goutiert. Schon der Weg zum Schauspiel Köln könnte auch Teil der Inszenierung sein.
Die göttliche Komödie - Sebastian Baumgarten inszeniert am Schauspiel Köln Dante als Fiebertraum
Fahrstuhl in die Hölle
von Dorothea Marcus
Köln, 12. April 2015. "Via Mala", schlechter Weg, prangt in Gothic-Kitschlettern über dem grandiosen zweistöckigen Endzeit-Bürokomplex von Thilo Reuther, der Profanes, Pathetisches und Politisches perfekt abmischt. Aber gibt es überhaupt schlechte Wege auf diesem Selbstfindungstrip eines Dichters, als den Regisseur Sebastian Baumgarten Dantes "Göttliche Komödie" anlegt? Auf einem Plakat kreuzen sich zwei Maschinengewehre vor arabischer Schrift, ein Autowrack mit Kreuzritter-Abzeichen steht davor, daneben ein Kasten mit Schnee, der langsam vor sich hin schmilzt. Die Fenster sind entweder geheimnisvoll verschlossen oder es schwimmen bedrohlich-bedrängt fette Video-Haie dahinter.
Regie: Felix Höfner, Asta Nechajute, Janosch Roloff
Regie: Helene Hegemann
Regie: SEE!
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