Presseschau vom 16. Juni 2013 - Die Mitteldeutsche Zeitung nennt Gründe für die desaströse Kulturpolitik in Sachsen-Anhalt
"Woher rührt all das Seltsame in diesem Land?"
16. Juni 2013. Auf dem Online-Portal der Mitteldeutschen Zeitung (14.6.2013, 20:36 Uhr) betrachtet Christian Eger die Kulturpolitik von Sachsen-Anhalt mit einigem Entsetzen.
Eger konstatiert, dass der Kultusminister Stephan Dorgerloh noch im Februar, anlässlich der Überreichung des Berichtes des Kulturkonvents der sachsen-anhaltischen Kulturschaffenden, eine Erhöhung des Kulturetats von rund 85,2 auf 100 Millionen Euro für erwägenswert gehalten habe. Und fragt sich weiter, ziemlich perplex, wie es dann dazu kommen konnte, dass das Kultusministerium jetzt "Sparzahlen" festlege, ohne Vorwarnung, ohne Diskussion und vor allem ohne ein Konzept für die Umsetzung zu haben.
Entkoppelung
Den Grund dafür sieht Eger darin, dass "eine Entkopplung der politischen Sphäre von der Kulturgesellschaft stattgefunden" habe. Man habe sich "angewöhnt", die "Kultur- und Kunstsparte" als eine Aufgabe zu behandeln, die ein "Oberbürgermeister gerne selbst" erledige oder die "ein Schulminister seinen Mitarbeitern" zuweise. "Kultur taugt als Gäste-Kulisse, der Umgang mit deren Akteuren ist leicht lästig."
Wenig Positives außer der Kulturlandshaft
Der "kulturpolitische Umgangston" in Sachsen-Anhalt sei "das Schweigen". Als der in Berlin lebende Konvent-Moderator Olaf Zimmermann zur ersten Sitzung nach Sachsen-Anhalt angereist sei, habe er erwartet, der einzige zu sein, "dem die Kulturakteure unbekannt seien". De facto hätten sich aber die meisten Teilnehmer untereinander nicht gekannt. Und nicht ein einziger Politiker habe es, als am 21. Mai in Halle 7.000 Menschen für die Kultur demonstrierten, für nötig befunden, die Versammelten zu grüßen und ihnen zu versichern, dass ihr Anliegen ernst genommen werde.
"Woher rührt all das Seltsame in diesem Land?", fragt Eger. Es sei schon so, wie Olaf Zimmermann zum Missvergnügen der Landespolitik "zugespitzt" konstatiert habe: dass Sachsen-Anhalt "bis auf die Kultur wenig anderes Positives", nämlich "überregional Einzigartiges und weithin Sichtbares" zu bieten habe.
Fehlende Zivilgesellschaft
Sachsen-Anhalt, so Eger, sei "der Ernstfall einer deutschen Kulturregion" mit einer "Fülle welterberelevanter Vergangenheit" - "Luther, Bauhaus, Quedlinburg, Dessau-Wörlitzer Gartenreich, die Franckeschen Stiftungen". Doch bei nur 2,3 Millionen Einwohnern, von denen rund 70 Prozent auf dem Land lebten, mangele es an "zivilgesellschaftlicher Organisation". Außerhalb der Städte sei die "Kulturlobby" klein. Und vor allem "die Fläche" sei "wählertechnisch von Interesse". Als Parlamentarier interessiere man sich für Theater, wenn es vor der Haustür spiele.
- "Bis auf die zwei, drei Vorzeige-Museen im Land sind die anderen Häuser grotesk unterbesetzt."
- Ein "nennenswertes Literarisches Leben" finde "jenseits der Autorenförderung" nicht statt. Es werde "auch nicht mehr vermisst".
- Für das 800jährige Jubiläum des Landes Anhalt 2012 sei Geld erst im Herbst 2011 frei gegebenen worden. Die Kultusministerin habe lapidar erklärt, ein Konzept für die Feierlichkeiten zu entwickeln, sei nicht ihre Angelegenheit.
- In der derzeit bedrohten Theater- und Orchesterlandschaft komme hinzu, dass die Staatskapelle Halle 2006 zu spät und überdimensioniert gebildet worden sei.
Grabmal
Im Parlament gebe es kaum ein, zwei "wirkliche Kulturpolitiker". Insgesamt sieben Kultusminister habe das Land seit 1990 gesehen. Jede_r Minister_in hätte neue Konzepte geschmiedet. "Es muss im Magdeburger Kultusministerium inzwischen einen wandhohen Rollschrank geben, in dem sich die Kultur-Leitpläne stapeln, die jeder Minister gern verfassen lässt. Das Grabmal des unbekannten Kulturpapiers!"
(jnm)
Wir halten Sie auf dem Laufenden
Wir sichten täglich, was in Zeitungen, Onlinemedien, Pressemitteilungen und auf Social Media zum Theater erscheint, wählen aus, recherchieren nach und fassen zusammen. Unterstützen Sie unsere Arbeit mit Ihrem finanziellen Beitrag.
Honi soit qui mal y pense!!!
Der folgende Text stammt aus dem Abschlussbericht des Kulturkonvents Sachsen-Anhalt vom Februar 2013, den weder Herr Eger noch Herr Hillger mitverfasst haben. Sollte man dieses Haus tatsächlich gleich schliessen, weil Ihnen der Dramaturg - aus welchen Gründen auch immer - nicht gefällt? Herr Eger hat ein exzellentes Fazit zum hölzernen Agieren des Kultusministers verfasst und Sie versuchen ihn nun auf billige, selbstentlarvende Art zu diskreditieren. Das ist doch des hier sonst üblichen Kommentar-Niveaus nicht würdig, Herr "Meyer"!
"Das Anhaltische Theater Dessau ist eine der ältesten Bühnen Deutschlands. Es umfasst vier Sparten mit Musiktheater, Schauspiel, Ballett und Puppentheater. Besonders das Musiktheater zieht zahlreiche Kulturtouristen von überall an. Die Anhaltische Philharmonie bestreitet das Musik- und Konzertwesen. Mit seinem 1072 Plätze fassenden Haus verfügt das Anhaltische Theater Dessau über eine der größten Bühnen Europas. In den letzten zwei Jahren hat das Anhaltische Theater mehrere Kritikerumfragen gewonnen..."
Das tut jetzt (...) André Bücker, der es versäumt hat, das Anhaltische Theater auf Maße zu konzipieren, die den Gegebenheiten und Möglichkeiten einer Stadt/eines Landes entsprechen. Ohne Wagners Ring oder die Uraufführung eines Musicals „Casanova“ (Libretto von Andreas Hilger) und all dem Premium-Gedöns und den teuren, aufgeblasenen Projekten der letzen Jahre. Das Anhaltische Theater hat Bücker für sich als Karrieresprung ausgebaut, was ihm in Halberstadt verwehrt blieb. Es gibt Beispiele, Stendal oder Eisleben, wo Intendanten sich und ihr anvertrautes Haus „runderneuert“ haben, bevor die Politiker es mit drastischen Sparmassnahmen hätten kaputmachen können. Stendal wird dafür belohnt. Eisleben nicht.
Mit Hilger (was wird aus Holger Kuhla?) findet Bücker einen Mitstreiter, den das Anhaltische Theater jetzt ernähren muss. Er macht "Theaterkarriere" und vielleicht findet er eine Redaktion, die ihn unter einem Pseudonym Theaterkritiken schreiben lässt. Oder er schreibt in „Nachtkritik“ als bezahlter Kommentarsklave für „sein“ Theater.
Mit Blick auf die Situation vieler engagierter und protestierender Theaterleute in Sachsen-Anhalt könnte man heulen.
Welche Maße sind richtig, welche Person hat den richtigen Posten, welche Zuschauerzahlen sind echt, wer hat was geduldet bzw. gewusst, was ist aufgeblasen???
Sinnloses Aufeinanderrumgehacke.
Der arme Herr Kuhla, den "das Theater vorher ernähren musste", wird - ohne das Zutun der Herren Bücker und Hillger - eine attraktive Stellung an einem namhaften Berliner Schauspielhaus antreten; qualifiziert durch seine vorherige Tätigkeit am Anhaltischen Theater ... und so weiter und so fort.
Herr Ehemaliger, verwenden Sie doch Ihre Kampfeslust für die Theater, die für die Menschen da sind! Offensichtlich sind Sie aber von Neid und Mißgunst derart beherrscht, dass Sie den Blick für das Wesentliche verloren haben. Oder aber Sie gehören nach Magdeburg, wo man vom Kultusministerium nichts zu befürchten hat und deshalb in dessen Horn stößt.
Herzlich Willkommen in Sachsen-Anhalt.
Schauen Sie doch vorher lieber noch hier: www.youtube.com/watch?v=Hja8OVtcZTw
Vielleicht hätte man die Theaterlandschaft im anhaltenden Sachsen gleich mit aufnehmen sollen.