nachtkritikstream - Falk Richters "Small Town Boy" vom Maxim Gorki Theater
"Small Town Boy" von Falk Richter
1. April 2020. Weil die Theater nicht mehr spielen können, stellt nachtkritik.de einen digitalen Spielplan aus Mitschnitten von Inszenierungen zusammen. Vom 1. April 18 Uhr bis 2. April 18 Uhr zeigen wir "Small Town Boy", geschrieben und inszeniert von Falk Richter. Premiere war im Januar 2014 am Berliner Maxim Gorki Theater. Ein besonderer Abend, der schwule Identität und die Auseinandersetzung mit den neuen Rechten zusammenbrachte – mit Mitteln, die auch kritisch diskutiert wurden. Schauspieler Thomas Wodianka hält an dem Abend eine Wutrede, der viele weitere im deutschsprachigen Theater folgen sollten.
Um 20 Uhr – Community-Viewing + Live-Chat mit Falk Richter
Ab 18 Uhr ist der Mitschnitt auf nachtkritik.de zu sehen. Um 20 Uhr starten wir unser Community-Viewing – für einen gemeinsamen Theaterabend lang. Wer nicht allein vorm Bildschirm hocken, sondern lieber in virtueller Gemeinschaft mit anderen Streamtheater gucken will, drückt um 20 Uhr auf Play. Alle, die gemeinsam einschalten, sehen dasselbe zur selben Zeit – und können parallel dazu mit dem Autor und Regisseur Falk Richter und anderen Zuschauer*innen in einem Chat-Fenster chatten (einfach einen Nutzer*innennamen wählen oder per Facebook einloggen). Ebenfalls dabei: die nachtkritik-Redakteur*innen Christian Rakow und Esther Slevogt.
Der Chatverlauf ist hier dokumentiert.
Der Hashtag auf Twitter ist #smalltownstream.
Über "Small Town Boy" auf der Homepage des Maxim Gorki Theaters:
»You leave in the morning with everything you own…Run away, turn away, run away, turn away, run away.«
So besangen Bronski Beat die Flucht eines Jungen aus einer engen Welt von versagter Anerkennung und Unterdrückung in die ferne große, freie Stadt: London, New York, Berlin… Diese Metropolen waren und sind der Ort, an dem sich Menschen neu finden und erfinden können, traditionelle Rollen und Bilder verweigern und in Frage stellen, ihre Zugehörigkeiten neu aushandeln, Partnerschaft und Familie neu definieren, all das ausprobieren, was ihnen die Familie Zuhause verweigert hat, zu leben. Kann man anders Mann sein? Anders Frau? Kann man aufhören, Sohn oder Tochter zu sein? Kann man Herrschaft verweigern und anders lieben und leben? Die Liebe und wie sie gelebt werden soll, scheint weiterhin das diskursive Schlachtfeld der Stunde zu sein, auf dem viele gegenwärtige Konflikte um geschlechtliche, sexuelle und kulturelle Identitäten in unserem alltäglichen Leben ausgetragen werden. Was kann und soll ein "Mann", eine "Frau" heute sein? Wie definiert sich in Zukunft Familie, wie Nation und Zugehörigkeit?
Falk Richter erkundet mit dem Ensemble des Gorki in diesem Rechercheprojekt die Frage, was passiert, wenn auch die jungen Männer aus dem Patriarchat aussteigen.
Aus der Nachtkritik:
"Irgendwann aber holt der Schauspieler Thomas Wodianka Fotos nach vorne, die den russischen Staatschef Wladimir Putin zeigen: mit Angela Merkel bei der Eröffnung der Hannover-Messe, mit seinem guten Freund Silvio Berlusconi, mit Anna Netrebko, die seinen Wahlkampf unterstützte. Schon wie Wodianka die Bilder aufstellt, lässt einen spüren: Das ist jetzt kein Spaß mehr, das ist bitterer Ernst. In seinem zehnminütigen Wut-Monolog kommt der Abend zu sich selbst, findet er sein wahres Thema. Stürzt sich nicht nur auf Putins Frontmachung gegen Homosexuelle, sondern zieht seine Kreise auch weiter zu denen, die ohne Not rechtskonservative Politik betreiben. (...) Wodiankas Wutrede ist eine eigene Klasse für sich, der Anker dieses Abends, der sich inszenatorisch aufsprengt in unterschiedliche Spielszenen und Musikeinlagen, die nicht immer schlüssig verbunden sind. In satirische Überhöhung und dann wieder in Songs, interpretiert von Mehmet Ateşçí, der selbst aus den poppigen Beats des titelgebenden Bronski-Beat-Songs Smalltown Boy eine Ballade macht. Ja, Gefühle zeigen die Männer an diesem Abend auch." (Simone Kaempf, nachtkritik.de)
Mehr über Falk Richter im nachtkritik-Lexikon
Die Nachtkritik zu "Small Town Boy" vom 11. Januar 2014
Small Town Boy (UA)
von Falk Richter
Regie: Falk Richter, Bühne und Kostüme: Katrin Hoffmann, Musik: Matthias Grübel, Dramaturgie: Jens Hillje / Daniel Richter.
Mit: Mehmet Ateşçí, Niels Bormann, Lea Draeger, Aleksandar Radenković, Thomas Wodianka.
Dauer: 2 Stunden, keine Pause
www.gorki.de
Unser digitaler Spielplan mit diversen Streaming- und Kulturangeboten online.
Unterstützen Sie uns mit einer Spende, damit wir weiterhin täglich Aufführungen streamen können.
meldungen >
- 25. April 2024 Staatsoperette Dresden: Matthias Reichwald wird Leitender Regisseur
- 24. April 2024 Deutscher Tanzpreis 2024 für Sasha Waltz
- 24. April 2024 O.E.-Hasse-Preis 2024 an Antonia Siems
- 23. April 2024 Darmstadt: Neuer Leiter für Schauspielsparte
- 22. April 2024 Weimar: Intendanz-Trio leitet ab 2025 das Nationaltheater
- 22. April 2024 Jens Harzer wechselt 2025 nach Berlin
- 21. April 2024 Grabbe-Förderpreis an Henriette Seier
- 17. April 2024 Autor und Regisseur René Pollesch in Berlin beigesetzt
neueste kommentare >
-
My Little Antarctica, Berlin Grüße und Glückwunsch
-
Harzer nach Berlin Zunichte gemacht
-
Akins Traum, Köln Autor und sein Stoff
-
Leserkritik P*rn, Berlin
-
Staatsoperette Dresden Frage
-
My Little Antarctica, Berlin Gelungen
-
Essay Berliner Theaterlandschaft Vielen Dank!
-
Essay Berliner Theaterlandschaft Die raren absoluten Ausnahmen
-
Neue Leitung Darmstadt Lange Zusammenarbeit
-
Essay Berliner Theaterlandschaft Zwei andere Akzente
nachtkritikcharts
dertheaterpodcast
nachtkritikvorschau
Die "Small Town Boy"-Inszenierung war nach zwei Live-Erlebnissen im Gorki Theater auch als Stream eine tolle Erfahrung, die ich nicht missen möchte. Wenn Mehmet Ateşçí singt und Thomas Wodianka sich. schwitzend in Rage redet, springt der Funke über.
Anne: Ich habe auch nur eine Figur, die vom wutredenden Thomas als Thomas gesehen, und keine shifts, das macht für mich die Qualität aus: man MUSS sich nicht zurechtfinden in den Haltungsperspektiven des Monologs, sondern man muss nur merken, dass es Wut ist, Wut über eine Verzweiflung mit der Menschen - aus ganz unterschiedlichen Gründen - allein gelassen werden von anderen. - Ich kann das nicht zwischendrin schreiben, sorry, einfach chat-unfähig - Grüße an alle, wär schön gewesen, Euch in echt zu treffen zu treffen - Macht weiter!