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17. Mai 2011. Nora aus Oberhausen, gestern. Sehr fein das wieder. Erstaunlich, wenn man es gegen den Schweriner Biberpelz hält. Dort eine erdige, rohe, slapstickkomische dann eben doch Sozialästhetik, wenn auch aus dem Kaschperletheater mit Pritsche und Krokodil. Hier eine Unsere-Leichen-reiten-wieder-Spieluhr-Ästhetik, bei der man glaubte, Achim Freyers "Woyzeck", der vor gefühlten hundert Jahren auf dem Theatertreffen gastierte, und bei dem Martin Schwab als Woyzeck possierlich auf einer schräg gestellten Spieluhr-Oberfläche agierte, seien irgendwie die Federn durchgeknallt und die Figuren begönnen im mechanischen Endkampf zu rasen.
Also schon sehr eindrucksvoll und ebenso ungewöhnlich, dass da einer, der gerade als Regisseur entdeckt wird, doch gleich zwei höchst unterschiedliche Handschriften schreibt.
Aber dann dieser Ibsen – Üüüüüübsen, diese Sätze, uuuuaaaaach, "mein Eichhörnchen", ich hörte drei davon (Sätze) und war eingeschlafen. Ich bekenne, ich habe "Nora" in guten Teilen verschlafen. Erste Reihe ganz rechts, sehr peinlich. Aber je doller ich mich zur Räson und Wachheit rief und aufzwingen wollte, desto mehr verschwand ich in meinem Sitz und der Kopf ward tonnenschwer. Ich will mich nicht entschuldigen für mein unstatthaftes Verhalten, aber, jetzt mal ehrlich, abgesehen davon, dass die Spieler sehr hübsch spielten und Kostüm und Maske wirklich grausig anzusehen waren, gab es etwas Neues auf dem Festspielparkett mit diesem Übsen? Dass alle Kerle ins Allerheiligste unter Noras Rock wollten? Geschenkt, wir sehen das seit 20 Jahren. Dass Fritsch die gängigen Ästhetiken von überallher gesampelt hat und auf einen klassischen Stoff abgebildet? Häh, ist das nicht die Hauptbeschäftigung des zeitgenössischen Theaters? Also bitte, Kollegen und Kommentatorinnen, rüffelt und zaust mich. Sagt mir, was ich Großes bei der "Nora" verschlafen habe!
(jnm)
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Und ich frage mich (ernsthaft, nicht rhetorisch), was die Sehnsucht der Leute ist, die solches Theater nicht "verstehen" ("verstehen" eher im emotionalen denn im intellektuellen Sinne)!
Meine Sehnsucht jedenfalls, zumindest die, welche durch beispielsweise Fritsches "Nora" angesprochen wurde, lässt sich schwer formulieren, aber vielleicht am ehesten auf folgendes verkürzen: Kraft / Macht / Eindeutigkeit + Skurrilität / Bizarrheit / Traumhaftigkeit (und somit etwas, das über den konkreten Alltag hinausgeht, mir als Zuschauer eine nicht-alltägliche Sichtweise abverlangt)!
Dinge, die eine schauspielerzentrierte psychologisierte Stanislawski-Erzählung ebenso selten (nicht: nie!) bietet, wie eine schauspielerzentrierte Improvisationsanarchieperformance!