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Brasiliens Theaterikone Zé Celso verstorben

7. Juli 2023. Der brasilianische Theatermacher José Celso Martinez Corrêa, genannt Zé Celso, ist gestern im Alter von 86 Jahren in São Paulo verstorben, wie unter anderem das Portal g1.globo.com mitteilt. Zé Celso erlag seinen Verbrennungen nach einem Brand in seiner Wohnung. Der Gründer des Teatro Oficina in São Paulo gilt als Theaterrevolutionär und prägende Gestalt des brasilianischen Theaters in den letzten Jahrzehnten.

Zé Celso wurde am 30. März 1937 in Araraquara in der Region São Paulo geboren. Er begann seine Karriere in den 1950er Jahren mit zwei eigenen Stücken: "Vento Forte para Papagaio Subir" (dt. Starker Wind für den Aufstieg des Papageien) und "A Incubadeira" (dt. Der Brutkasten). Zudem trat er in Filmen wie "O Rei da vela" (dt. Der Segelkönig) und "25" auf.

Zé Celso studierte an der juristischen Fakultät Largo São Francisco, schloss aber das Studium nicht ab. Stattdessen gründete er Ende der 1950er Jahre während seiner Studienzeit die Amateurtheatergruppe Oficina. Zé Celsos Kunst war aktivistisch geprägt, partizipatorisch und politisch. In der Frühphase seines Schaffens stand er unter dem Eindruck von Bertolt Brecht und seiner Praxis des Epischen Theaters. Zum Markenzeichen seiner Arbeit wurde die Einbeziehung des Publikums ins Spiel. Zé Celso stand dem Tropicalismo nahe, einer kulturell-politischen, musikalisch geprägten Bewegung in Brasilien, die Impulse der Studentenbewegung aufnahm.

1961 erhielt Zé Celsos Theatergruppe ihren Sitz in der Rua Jaceguai im Zentrum von São Paulo, und so entstand das Teatro Oficina. 1966 wurde das Gebäude von paramilitärischen Gruppen in Brand gesetzt und anschließend wiederaufgebaut. Seit 1982 steht es unter Denkmalschutz.

Die Mitglieder des Teatro Oficina wurden vom Militärregime verfolgt. 1974 ging Zé Celso ins portugiesische Exil, nachdem er 20 Tage lang festgehalten und gefoltert worden war. Während seines Exils führte er Theaterstücke auf und drehte den Dokumentarfilm "O Parto" (dt. Die Geburt). 1978 kehrte er nach Brasilien zurück, widmete sich der Forschung und gab Workshops. Mit dem Teatro Oficina tourte Zé Celso weltweit und gastierte unter anderem auch an der Berliner Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz.

Nach rund vierzig Jahren gemeinsamer Beziehung heiratete Zé Celso im Juni dieses Jahres seinen Lebensgefährten Marcelo Drummond im Teatro Oficina. Drummond überlebte den Wohnungsbrand mit Rauchvergiftungen.

Brasiliens Staatspräsident Luiz Inácio Lula da Silva würdigt Zé Celso in einer offiziellen Stellungnahme auf Twitter als einen der "größten Namen in der Geschichte des brasilianischen Theaters" und einen "seiner kreativsten Künstler", der "sein Leben lang nach Innovation und Erneuerung im Theater strebte". Zé Celso "war ein mutiger Verfechter von Demokratie und Kreativität, der sich oft der Zensur widersetzte. Er verwandelte das Teatro Oficina in São Paulo in einen lebendigen Ort für die Ausbildung neuer Künstler. Er hinterlässt ein immenses Vermächtnis in der brasilianischen Dramaturgie und in der nationalen Kultur", so Lula da Silva.

Das Teatro Oficina verabschiedet sich auf Instagram von seinem Gründer mit den Worten: "Alles ist Zeit und Gegenzeit! Und die Zeit ist ewig. Ich bin eine siegreiche Form der Zeit. // Unser Phönix hat sich soeben in die Wohnstätte der Sonne begeben // Liebe von vielen // Liebe immer."

Der Bürgermeister von São Paulo, Ricardo Nunes, ordnete eine dreitägige Staatstrauer an. Die Totenwache für Zé Celso findet in der heutigen Nacht ab 23 Uhr bis Samstag um 9 Uhr im Teatro Oficina statt.

(g1.globo.com / en.wikipedia.org / twitter.com / chr)

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Tod Cé Celso: Tragisch
Das ist sehr, sehr traurig. Und die Umstände seines schmerzvollen Todes tragisch. Das aufregende Gastspiel seines Teatro Oficina mit den in allen Teilen fast 24-stündigen Marathontheater "Os Sertões" ("Krieg im Sertão") in der Volksbühne 2005 bleibt unvergessen. Descanse em paz, mestre!
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