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Pius-Bruderschaft droht Hamburger Thalia Theater
In höchstem Maße beleidigend
22. Januar 2012. Die konservative katholische Pius-Bruderschaft hat heute dem Hamburger Thalia Theater mit rechtlichen Schritten gedroht, sollte es im Rahmen der Lessingtage zu einer Aufführung der eingeladenen Inszenierung von Rodrigo Garcías Stück Gólgota Picnic kommen.
Die Aufführung sei für Christen in höchstem Maße beleidigend, schreibt die Organisation auf ihrer Internetseite in einer Erklärung, die mit "Kirche im Kampf gegen moderne Gottlosigkeit" überschrieben ist. Der Intendant des Thalia-Theaters müsse sich darüber im Klaren sein, "dass er gemäß §166, Abs. 1, eine Straftat begeht. Dieser Paragaph des StGB wurde schon in viel geringfügigeren Fällen angewandt."
Die Piusbruderschaft wurde 1970 gegründet, um gegen zentrale Reformbeschlüsse des 2. Vatikanischen Konzils in Position zu gehen. Die offene Opposition zum Vatikan führte in der Vergangenheit immer wieder zur Exkommunikation hochrangiger Geistlicher der Bruderschaft. Einzelne ihrer Vertreter taten sich in der Vergangenheit auch durch Leugnung des Holocaust oder Verunglimpfung des Islam hervor.
Das bekämpfte Stück des spanisch-argentinischen Theatermachers Rodrigo García geht unter anderem der Frage nach, ob nicht Religionen, die doch stets Erlösung vom Bösen in Aussicht stellen, in Wahrheit ein Ursprung des Bösen sind. Schauplatz des Abends ist ein Picknikplatz, der mit Hamburger-Brötchen übersäht ist: eine Art letztes Abendmahl auf einem Schlachtfeld des Konsums, der keine Ethik, kein Maß und keinen Genuss mehr kennt. Es gibt drastische Theaterbilder, deren Sprache sich allerdings auch aus dem kulturell überlieferten ikonografischen Kanon des Christentums speist, dessen Zeugnisse bekanntlich oft ebenfalls nichts für schwache Nerven sind. Kreuzigungsszenen zum Beispiel.
Die Lessingtage wurden 2010 vom Thalia Theater ins Leben gerufen, um sich anhand von Gastspielen mit der Frage auseinanderzusetzen, wie in Zeiten religiöser Radikalisierung Verständigung von Kulturen und Religionen noch möglich sein kann. Schon im Vorfeld sei es zu massiven Protesten und perfiden Drohungen radikalkonservativer Katholiken gekommen, ist auf der Internetseite des Thalia Theaters zu lesen. Gastspiele des Garcia-Stücks, wie zuletzt beim Steirischen Herbst in Graz oder im Dezember in Paris, sind regelmäßig von Protesten fundamentalistischer Christen oder Gruppierungen vom rechten Rand des politischen Spektrums begleitet (mehr hier).
Informationen des NDR zufolge hat sich das Erzbistum Hamburg, die offizielle Vertretung der katholischen Kirche in Hamburg also, nicht dem Protest gegen das Gastspiel angeschlossen. "Wir wollen versuchen, diese Produktion in angemessener Weise zu begleiten und entsprechend darauf zu reagieren", wird der Sprecher des Erzbistums Manfred Nielen zitiert. Im Anschluss an das Gastspiel findet ein Publikumsgespräch statt, an dem, neben Thalia-Intendant Joachim Lux auch der Jesuitenpater Hermann Breulmann von der Katholischen Akademie Hamburg teilnehmen wird.
(sle)
Stücktrailer:
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